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Archiv "Ein Nürnberger Arzt röntgte den „Englischen Gruß“" (13.12.1979)

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Ein Nürnberger Arzt

röntgte den „Englischen Gruß"

Viele Kollegen mögen wohl zwi- schen oder nach den Beratungen des diesjährigen Deutschen Ärz- tetages Gelegenheit gefunden haben, den in Nürnberg gehüte- ten Kunstschätzen einen Besuch zu machen. Der „Englische Gruß" von Veit Stoß gehört zu den bekanntesten.

Nur Kenner werden wissen, daß die Skulptur 1811 auf die Burg Nürnberg verbracht wurde, nach- dem man das Vorhängeschloß erbrochen hatte, welches das Kunstwerk sicherte. Sechs Jahre später kehrte das acht mal sechs Meter große, der Marienvereh- rung geweihte Werk auf dem Um- weg über die Frauenkirche an seinen angestammten Platz in der St.-Lorenz-Kirche zurück.

Doch beim Aufhängen riß das Hanfseil, der „Englische Gruß"

stürzte herab und zerbrach be- sonders im unteren Teil in viele Fragmente. Bei der Restaurie- rung im Anfang des neunzehnten Jahrhunderts verschwanden die Figur des Jesuskindes und zwei der ursprünglich sechs Engelsfi- guren. Anläßlich einer Überprü- fung und Säuberung des Werkes hatte der Nürnberger Arzt Dr.

Johannes Port Gelegenheit, un- ter schwierigsten Umständen ei- ne Röntgenuntersuchung des Kunstwerkes durchzuführen.

„Gottvater

vor dem Röntgenschirm"

„Gottvater vor dem Röntgen- schirm" so berichteten seinerzeit die Tageszeitungen. Gewiß war es eine schwere Arbeit, un- ter schwierigen Bedingungen auf über zweihundert Filmen 48 Quadratmeter unersetzlicher

Schnitzkunst abzubilden. Der Er- folg ist aber über jeden Zweifel erhaben. Durch sein ärztliches Können erlaubte es unser Kolle- ge den Kunstsachverständigen, eine genaue Analyse zu erstellen.

Man weiß heute, welche Teile ori- ginal erhalten, welche ersetzt sind und, ein Vergleich mit Abbil- dungen aus der Zeit vor 1800, auch, was fehlt, so zum Beispiel die große Krone, - an der der schützende und verhüllende Sack gehangen hatte, aus dem das Bildnis nur an Festtagen her- ausgenommen wurde. Dank der technisch hervorragenden Rönt- genbilder kann für spätere Re- staurierungen die Lage eines je- den bei der Reparatur 1817 ein- geschlagenen Nagels bestimmt werden; das Original enthielt kein einziges Metallteil.

Dank der Stadt Nürnberg und dem Kollegen Johannes Port

Die röntgenologisch zart abge- stimmte Wiedergabe der Farb- schichten eröffnet eine ästhe- tisch angenehme neue Dimen- sion der Betrachtung, zeigt die Schnittführung des Meisters und im Vergleich die seiner Epigo- nen, deckt Feinheiten auf, wie den Gebißabdruck der Urmutter Eva im Apfel, den die Schlange zuunterst am Rosenkranz im Maul hält und die man auch bei Fernglasbetrachtung nie erken- nen würde. Dank sei Nürnberg für die Bestellung und Bewah- rung dieser Werke, Dank und An- erkennung dem Arzte, der sich so verdient um das jahrhundertealte Meisterwerk gemacht hat.

Dr. med. H. U. Diethelm, Flensburg

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

Röntgendiagnostik des „Englischen Grußes"

einander und zeigten überraschen- de Unterschiede, auf die ich bei der Besprechung der Bilder eingehen werde. So entschlossen wir uns, alle wesentlichen Teile zu röntgen.

Vorgehen

bei der „Röntgen-Diagnostik"

Die meisten Objekte sind größer als das zur Verfügung stehende Film- format 30/40 cm. Für die Aufnahme des Engels Gabriel und der Maria von der Größe von 2,08 m benötigte ich einen Film von 80/210 cm, den ich aus 14 30/40 Filmen mit Tesafilm zusammenkleben mußte und nach Aufnahme den Tesafilm vor dem Entwickeln sorgfältig wieder entfer- nen

mußte. Als

Kassette verwendete ich nur schwarzes Papier. Ich packte immer drei Filme hintereinander ein und belichtete sie gleichzeitig. So erhielt ich immer gleichzeitig drei Originale. Um so große Objekte rich- tig auszuleuchten, mußte ich einen Fokus-Film-Abstand von 5 Meter wählen. Das bedeutete bei dem klei- nen DA 10 (60 kV, 10 mA) mit den nötigen Pausen eine Aufnahmezeit von über einer Stunde. Von jeder Skulptur wurden, soweit möglich, Aufnahmen in zwei Ebenen ge- macht. Insgesamt wurden es 60 Bilder.

Dies war nun das erste Mal, daß ein so großes Werk eingehend mit Rönt- genstrahlen untersucht wurde. Es ist erstaunlich, daß mit so primitiven Mitteln ein so gutes Ergebnis erzielt werden konnte. Röntgenuntersu- chungen an Gemälden kennt man schon seit vielen Jahrzehnten und hat diese Methode zu einer großen Perfektion entwickelt.

Im Rahmen dieses Beitrages und in dessen Fortsetzung im nächsten Heft zeige ich Beispiele von Rönt- genaufnahmen der Skulptur und da- zu zum Vergleich die entsprechen- den Oberflächenansichten.

Anschrift des Verfassers:

Dr. phil. Johannes Port Facharzt für Röntgenologie und Strahlenheilkunde

Berliner Platz 22 8500 Nürnberg

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 50 vom 13. Dezember 1979 3341

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