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Archiv "Weiterbildung in Luxemburg: Eine zweifelhafte Option" (11.06.2010)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 23

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11. Juni 2010 A 1177 WEITERBILDUNG IN LUXEMBURG

Eine zweifelhafte Option

Ärzte, die eine Weiterbildungsstelle im Ausland suchen, stoßen auch auf Anzeigen des Centre Hospitalier de Luxembourg (CHL) – eines der größten Krankenhäuser des Großherzogtums.

L

uxemburg wird im Ausland mit niedrigen Steuern, Ban- ken, internationalen Institutionen und einem hohen Lebensstandard assoziiert. Als Bewerber für eine Weiterbildungsstelle erwartet man dementsprechend eine hohe Quali- tät der Weiterbildung und ein ad- äquates Gehalt – ein Trugschluss.

Das CHL orientiert sich

am französischen und belgischen Weiterbildungs- system, wo die Assistenzärzte im- mer noch als Studierende an ihren Universitäten immatrikuliert sind und von der Universität zur Arbeit in ein Krankenhaus delegiert wer- den. So kann zum Beispiel ein Arzt in Weiterbildung aus Paris nicht frei entscheiden, ob er seine Weiterbil- dung in Paris fortsetzt. Die Univer- sität kann ihn 700 Kilometer weiter nach Toulouse schicken. Die jungen Ärzte in Frankreich und Belgien ar- beiten meistens 80 bis 90 Stunden pro Woche. Die EU-Arbeitszeit- richtlinie, die in Deutschland in Form des Arbeitszeitgesetzes um- gesetzt wurde, wird in Frankreich und Belgien nicht respektiert. Was

allerdings garantiert wird, ist die Erlangung des Facharzttitels mit dem Doktorgrad innerhalb von vier bis sechs Jahren, abhängig von der Fachrichtung.

Das CHL bemüht sich seit No- vember 2009 das Arbeitszeitgesetz umzusetzen. Manche Assistenten

müssen denoch wei- terhin mehr als 80

Stunden wöchent- lich arbeiten oder

werden von Vor- gesetzten ange- wiesen, die Über- stunden zu strei-

chen. Obwohl

Luxem- burg keine ei- gene medizini- sche Universität oder

eine Ärztekammer hat, pflegt die Verwaltung des CHL eine ähnliche Einstellung zu den Assistenzärzten wie die frankophonen Nachbarlän- der. Der deutsche Assistenzarzt in Luxemburg erlebt eine Art von

„clash of civilizations“ zwischen dem deutschen und frankophonen System; wird er doch wie ein Stu- dent oder ein Arzt im Praktikum be- handelt. Bemerkenswert dabei ist, dass jeder Bewerber aus Deutsch- land vor Antritt der Stelle folgenden Brief, adressiert an das luxemburgi- sche Gesundheitsministerium, un- terschreiben muss: „Ich bestätige hiermit, dass für die Anerkennung meiner Arbeitszeit in Luxemburg

und die Anrechnung auf meine Facharztweiterbildung lediglich die deutschen Ärztekammern zuständig sind und meinerseits keine Ansprü- che gegenüber dem Gesundheitsmi- nisterium Luxemburg bestehen.“

Einerseits stuft das CHL den appro- bierten Assistenzarzt als Praktikan- ten ein, andererseits schiebt es die Verantwortung für die Anerken- nung der Weiterbildung an die deut- schen Institutionen ab.

Der Assistenzarzt, der im CHL MEVS (médecin en voie de spéciali- sation) heißt, verdient weniger als ei- ne Krankenschwester oder Sekretä- rin und erhält anders als andere Be- rufsgruppen kein 13. Monatsgehalt.

Das monatliche Nettoeinkommen ei- nes Arztes in Weiterbildung liegt im ersten Jahr bei 2 100 Euro und im sechsten Jahr bei 3 000 Euro. Eine Pflegerin mit sechs Jahren Berufser- fahrung verdient netto circa 3 500 Euro monatlich, die OP-Schwester etwas mehr. Da die Lebenshaltungs- kosten in Luxemburg um 40 bis 50 Prozent höher sind als in Deutsch- land, ist das reale Gehalt niedriger als in Deutschland. Um Ärzte in Weiter-

bildung bei diesen Einkommen nach Luxemburg zu locken, verspricht man ihnen Dinge, die sel- ten erfüllt werden:

Unterstützung für die Familie, Möglichkeit zur Forschungsarbeit und Promotion oder spätere Einstellung als Facharzt.

Spricht man das The- ma Gehalt gegenüber den Vorgesetzten an, wird man belehrt, dass die MEVS vorrangig im CHL arbeiten, um zu lernen, und nicht, um mög- lichst viel Geld zu verdienen. Oft hört man auch, dass die Vorgesetz- ten selbst in ihrer Aus- und Weiter- bildung Opfer bringen mussten, um den jetzigen Wissens- und Kön- nensstand zu erreichen. Dass der rechtliche und auch finanzielle Rahmen heutzutage anders als vor 20 Jahren sind, wird ausgeblendet.

Unschön ist auch die generelle Einstellung im Krankenhaus zu den MEVS. Diese erscheinen nicht in den Mitteilungen über neu einge- stellte Mitarbeiter, werden im inter- Manc

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Wirklichkeit – die Weiterbildungszeit im CHL erfüllt nach den Erfahrungen des Autors die Er- wartungen nicht.

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S T A T U S

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A 1178 Deutsches Ärzteblatt

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11. Juni 2010 nen Telefonbuch, wo alle Mitarbei-

ter zu finden sind, nicht erwähnt, haben kein Recht darauf, an den Betriebsratswahlen teilzunehmen, müssen für ein Diktiergerät eine Kaution in Höhe von 120 Euro hin- terlegen (ein Facharzt hingegen be- kommt einen Laptop geschenkt) und können, im Gegensatz zu ande- ren Berufsgruppen, erst seit No- vember 2009 ihre Überstunden kompensieren.

Alle Assistenzärzte müssen wäh- rend der Bereitschaftsdienste eine Tabelle führen, in der jeder im Dienst gesehene Patient mit Datum und Abrechnungscodierung einge- tragen wird. Die Verwaltung prüft dann, ob ein Arzt dem Krankenhaus genug Umsatz bringt. Als ob der Arzt einen Einfluss darauf hätte, wie viele Patienten zur Notaufnah- me kommen… Solche bürokrati- schen Aufgaben belasten einen im Dienst ohnehin schon stark bean- spruchten Assistenten zusätzlich.

Das CHL ist offiziell ein akade- misches Lehrkrankenhaus der Uni- versität des Saarlandes, das Curricu- lum von Weiterbildungskursen am CHL ist allerdings sehr dürftig. Po- sitiv ist, dass das CHL ab 2010 den Ärzten in Weiterbildung, die min- destens ein Jahr gearbeitet haben, ei- nen pauschalen jährlichen Betrag von 1 200 Euro für die externe Wei- terbildung zahlt. Das Krankenhaus

ist technisch bestens ausgestattet, hat viele erfahrene Ärzte, ein sehr professionelles und einsatzbereites Pflegepersonal, sehr hohe Hygiene- standards, und das in Deutschland geltende DRG-System existiert in Luxemburg nicht. Dadurch kann sich jeder MEVS besser auf die ärzt- liche Tätigkeit konzentrieren.

Letztlich ist es nicht verständ- lich, dass die Verantwortlichen des Krankenhauses, die ihre Assistenz- zeit zum Teil in deutschen Kliniken

absolviert haben, nicht willig sind, die in Deutschland geltenden Spiel- regeln zu beachten. Schlimmer noch: Wenn ein Arzt in Weiter- bildung sich wegen der Vertrags- verletzung bei der Verwaltung des Krankenhauses beschwert, wird er als Störenfried des Status quo ante aussortiert und hat keine Chance auf die Verlängerung seines nor- malerweise einjährigen Arbeitsver- trags. Dabei kommen mehr als die Hälfte der Assistenzärzte aus Deutsch- land.

Eine Ärztekammer gibt es in Lu- xemburg nicht, lediglich ein Col - lège medical, das aber keine Weiter- bildung für die Ärzte organisiert. In

den anderen Luxemburger Kran- kenhäusern gibt es nahezu keine Weiterbildungsärzte, das Arztperso- nal besteht überwiegend aus Fach- ärzten. Die MEVS sind in Luxem- burg deshalb eine kleine Gruppe und haben kaum eine Chance, mit ihren Problemen gehört zu werden.

Ein Dialog mit Assistenzärzten wird von der CHL-Direktion nicht gewünscht. Im Sommer 2009 hat diese eine Mitarbeiterbefragung in Auftrag gegeben. Die Mehrheit der Fachärzte, die zumindest aus der Sicht eines Assistenzarztes sehr gu- te Arbeitsbedingungen haben, äu- ßerte sich negativ über ihre Arbeits- situation. Von den 45 MEVS haben neun den Fragebogen ausgefüllt.

Ihre Meinung wurde in den Analy- sen des beauftragten Forschungsin- stituts wegen der zu niedrigen Be- teiligungsrate nicht berücksichtigt.

Das CHL mag eine gute Option für die Assistenzärzte aus Frankreich und Belgien sein. Die meisten von ihnen sagen zu den Arbeitsbedingun- gen „C’est normal et je suis content“, letztendlich sind die Bedingungen in ihrem Heimatland schlechter. Für die Assistenzärzte aus Deutschland und besonders für jene, die etwa wegen ihrer Familie auf ein gewisses Ge- haltsniveau angewiesen sind, ist die Weiterbildung im CHL jedoch keine

attraktive Option. ■

Marek Koch

Ein von den Krankenkassen geschuldeter Be- hinderungsausgleich, zum Beispiel bei Hörpro- blemen, bemisst sich danach, ob eine Leistung des unmittelbaren oder des mittelbaren Aus- gleichs beansprucht wird. Das hat das Bundes- sozialgericht (BSG) mit einem Urteil klargestellt.

Im Bereich des unmittelbaren Behinde- rungsausgleichs ist die Hilfsmittelversorgung grundsätzlich vom Ziel eines vollständigen, funktionalen Ausgleichs geleitet. Dieser ge- lingt, wenn das Hilfsmittel die Ausübung der beeinträchtigten Körperfunktionen ermöglicht, ersetzt oder erleichtert. Dafür gilt das Gebot eines weitgehenden Ausgleichs des Funktions- defizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und tech- nischen Fortschritts.

Wenn die Erhaltung beziehungsweise Wie- derherstellung der beeinträchtigten Körper- funktion nicht oder nicht ausreichend möglich ist und deshalb Hilfsmittel zum Ausgleich ei- ner Behinderung benötigt werden (mittelbarer Behinderungsausgleich), sind die Leistungs- pflichten der gesetzlichen Krankenversiche- rung (GKV) beschränkt. Dann sind die Kran- kenkassen nur zu einem Basisausgleich von Behinderungsfolgen verpflichtet. Im entschie- denen Fall ging es um die Versorgung eines hochgradig schwerhörigen Patienten mit ei- nem digitalen Hörgerät. Die beklagte Kran- kenkasse hatte nur einen Teilbetrag der Kos- ten übernommen. Der ärztliche Sachverstän- dige hatte festgestellt, dass dieses Hörgerät nach dem Anpassungsbericht des Hörgeräte-

akustikers besser geeignet sei als andere.

Dem gegenüber argumentierte der Medizini- sche Dienst der Krankenversicherung, dass für den höheren therapeutischen Nutzen digi- taler Geräte ein wissenschaftlicher Nachweis fehle. Zwar habe das besagte Gerät Ge- brauchsvorteile. Anspruch auf eine optimale Hilfsmittelversorgung hätten GKV-Mitglieder jedoch nicht.

Dem ist das BSG nicht gefolgt. Die Versor- gung mit Hörgeräten diene dem unmittelbaren Behinderungsausgleich. Allerdings sei nicht jede für optimal gehaltene Versorgung zu ge- währen. Anspruch darauf bestehe nur für solche Hilfsmittel, denen im Alltagsleben ein wesentlicher Gebrauchsvorteil zukomme.

(Bundessozialgericht, Urteil vom 17. Dezember 2009, Az.: B 3 KR 20/08 R)

RAin Barbara Berner

RECHTSREPORT

Hörgeräte: Krankenkasse muss digitales Gerät finanzieren

Das Centre Hos- pitalier de Lu- xembourg ist offi- ziell ein akademi- sches Lehrkranken- haus der Universität

des Saarlandes.

Wer sich beschwert, hat keine Chance auf eine Vertragsverlängerung.

S T A T U S

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