Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 106|
Heft 46|
13. November 2009 A 2317 BILDBANDFaszinierende Bilderflut
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ie Wüsten, insbesondere die Afrikas, haben es ihm angetan. Das wird beim Blättern durch diesen Bildband rasch deutlich. Seit 30 Jah- ren reist Michael Martin auf abenteuerlichen Routen durch die Welt. Seine Eindrücke von den Landschaften und deren Bewohnern hat er in mehr als 200 000 Dias festgehalten: Mit rund 300 größ- tenteils bisher unveröffentlichten Fotografien lässt er die Reisen der vergangenen Jahrzehnte noch einmal auf beeindruckende Weise Revue passie- ren. Er erzählt, wie es zu den Reisen kam, wie die Fotos entstanden sind und welche Erfahrungen er dabei sammeln konnte. Isabel SchröterG
enazino, vielfach ausgezeich- neter Meister der subtilen Alltagsbeobachtung, beschreibt in seinem Roman einen einsamen Me- lancholiker auf der Suche nach dem kleinen Glück. Gerhard Warlich, Anfang 40, ist promovierter Philo- soph und arbeitet seit 14 Jahren in einer Großwäscherei. Nebenbei ist er „Beinahe-Künstler“, der sich alle paar Wochen fragt, was wirklich in ihm steckt. Seit Jahren lebt er mit Traudel zusammen, die eine kleine Bankfiliale leitet. Eines Tages wünscht Traudel sich ein Kind. Zu- dem möchte sie Gerhard heiraten.Der ist skeptisch und befürchtet, dass Mann und Frau, die sich mit ROMAN
Das Leben aushalten
dem Glück zu zweit nicht zufriedengeben, dafür „mit einer sich kaum je aufhellenden Trauer“ bezahlen. Daher möchte Warlich seine Gefährtin auf ihrem
„Glücksfeldzug“ lieber nicht begleiten. Schein- bar ausgesöhnt mit sei- ner eigenen Bedürfnis-
losigkeit, verbringt er die Tage da- mit, neue Kunden für die Wäscherei zu gewinnen und Fahrer zu obser- vieren, die unerlaubter Pausen ver- dächtigt werden. Doch eines Tages findet er sich während der Arbeits- zeit zufällig am Rand einer De-
monstration wieder und erhält dafür die fristlose Kündigung. Als er ei- ner ehemaligen Bekannten zum Ab- schied statt seiner Hand eine Brot- scheibe entgegenstreckt, gerät sein Leben aus der Bahn.
Genazino schildert die Geschich- te seines „bestürzten“ Helden lako- nisch und warmherzig. Die meiste Zeit ist Warlich damit beschäftigt, das Leben auszuhalten – „Wer spricht von Siegen? Überstehn ist alles“, heißt es bei Rilke. Mit sei- nem „jederzeit losbeißenden Intel- lekt“ und einer „Überempfindlich- keit“, die er sich sogar als Todesur- sache vorstellen kann, ist Warlich gegen die kleinen Demütigungen des Daseins nur unzureichend ge- wappnet. Eine sprachlich sorgfältig durchgeführte Studie, die dafür Empfängliche nachdenklich zurück- lässt. Christof Goddemeier Wilhelm Genazino:
Das Glück in glücks- fernen Zeiten.
Hanser, München 2009, 160 Seiten, gebunden, 17,90 Euro
Michael Martin:
30 Jahre Abenteuer.
Frederking & Thaler, München 2009, 288 Seiten gebunden, 39,90 Euro
LYRIK
Schlicht und ergreifend Schlicht und er
Ü
ber Geschmack soll man nicht streiten, insbeson- dere nicht, wenn es um die Beurteilung von Lyrik geht. Deshalb steht hier vorab eine Kostprobe aus dem Gedichtband von Pönnighaus, der viele Jahre als Arzt in Afrika (Sambia, Malawi, Tansania) lebte. Die Ge- dichte berühren, ohne je in die Gefahr des Trivialen zu geraten – kein Wort zuviel und dennoch dem Leser ein breit gefächertes Spektrum der Zuneigung bietend. Die Liebe zur Familie und den Menschen in dieser fremden Welt ist mit Händen zu greifen. Thomas GerstAuf der anderen Seite von Njassa
Grau das Licht über dem Wasser, grau
die fernen Berge.
Vor mir rüttelt ein Eisvogel, stürzt herab, fliegt schräg
mit einem Fischlein im Schnabel wieder davon.
Grau das Licht, grau mein Schatten auf dem Lehm.
Ich wollte,
ich könnte die Dinge heller sehn,
„aber die Zeiten, sie sind nicht so“.
Jörg M. Pönnighaus: Tagewerk in Lugala. Lyrik. edition Fischer, Frankfurt/Main 2009, 112 Seiten, kartoniert, 9,80 Euro