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Archiv "World Health Summit: Für einen gerechten Zugang zur Gesundheitsversorgung" (01.11.2013)

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A 2060 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 44

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1. November 2013

P O L I T I K

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er Weltsaal im Auswärtigen Amt war fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Wo sonst der Bundesaußenminister Diplomaten aus aller Welt empfängt, trafen sich am 20. Oktober gut 1 000 Entschei- dungsträger aus Wissenschaft, Poli- tik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft aus 50 Ländern zur Eröffnung des World Health Summit. Das Gipfel- treffen fand zum fünften Mal in Berlin statt. Im Zentrum stand der gerechtere Zugang aller Menschen zur Gesundheitsversorgung.

„Es gibt große Fortschritte in der Medizin“, erklärte der Gründungs- präsident des Gipfels, Prof. Dr.

med. Detlef Ganten. „Aber die Menschen, denen am dringendsten geholfen werden muss, haben dazu keinen Zugang. Wir haben eine Ver- antwortung, das zu ändern. Das ist eines der Ziele des World Health Summit.“ Der Gipfel schaffe ein Forum, um über Strategien zu dis- kutieren und Empfehlungen für die Politik zu erarbeiten.

Die war am Eröffnungsabend hochrangig vertreten. „Gesundheit ist

ein Menschenrecht und die Bedin- gung für Entwicklung und Stabili- tät“, sagte Bundesaußenminister Gui- do Westerwelle (FDP), der nach der Wahlniederlage seiner Partei noch so lange geschäftsführend im Amt bleibt, bis eine neue Regierung gebil- det ist. Deutschland bekenne sich zu seiner Verantwortung, sich global für den Zugang aller Menschen zur Ge- sundheitsversorgung einzusetzen.

Herzstück der Sozialmodelle Auch José Manuel Barroso betonte die Bedeutung von Gesundheit. „Sie ist das Herzstück unserer Sozialmo- delle“, sagte der Präsident der Euro- päischen Kommission. Zwar seien in der Europäischen Union (EU) die Mitgliedstaaten für die Gestaltung ihrer Gesundheitssysteme verant- wortlich. Die EU könne aber durch Rahmenvorgaben dazu beitragen, die Gesundheitsversorgung für alle zu verbessern. Als Beispiele führte Barroso Richtlinien und Verordnun- gen zur Infektions- und Tabakkon- trolle oder zu klinischen Prüfungen an. Die EU übernehme aber auch

entwicklungspolitische Verantwor- tung. Die Europäische Kommission allein gewähre jährlich mehr als acht Milliarden Euro an Hilfsgeldern, von denen etwa eine halbe Milliarde speziell in Gesundheitsprojekte flie- ße. „Unser Ziel ist es, nachhaltige Entwicklung zu fördern. Und das schließt den Zugang aller Menschen zur Gesundheitsversorgung ein“, sagte Barroso.

Bundesgesundheitsminister Da- niel Bahr (FDP) nutzte das hoch- karätig besetzte Forum, um das neu erarbeitete Konzept der Bun- desregierung zur globalen Gesund- heitspolitik vorzustellen, an dem neben seinem Haus das Bundesmi- nisterium für wirtschaftliche Zu- sammenarbeit und Entwicklung, das Außenministerium, das Wirt- schafts- und das Forschungsminis- terium beteiligt waren. „Wir wol- len uns dafür einsetzen, dass es überall auf der Welt gerechte Ge- sundheitssysteme gibt“, erklärte der Minister.

Ziel der internationalen Gesund- heitsstrategie ist es danach, deut- WORLD HEALTH SUMMIT

Für einen gerechten Zugang zur Gesundheitsversorgung

Millionen Menschen weltweit haben keinen oder nur mangelhaften Zugang zur Gesundheitsversorgung. In Europa wirkt sich die Wirtschaftskrise negativ auf die Gesundheit der Bevölkerung in den betroffenen Ländern aus.

„Gesundheit ist eine globale

Aufgabe“:

Sherry Ayittey, Ge- sundheitsministerin von Ghana, John Eu Li Wong, Präsident des World Health Summit 2013, Detlev Ganten, Gründungspräsident des World Health Summit, Bundesge- sundheitsminister

Daniel Bahr, EU- Kommissionspräsi- dent José Manuel Barroso und Bun- desaußenminister Guido Westerwelle (v.l.)

Foto: Steffen Kugler

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1. November 2013 A 2061 sche Erfahrungen, Expertise und

Finanzmittel zur Verbesserung der globalen Gesundheit bereitzustellen sowie Partnerstaaten dabei zu un- terstützen, nachhaltig finanzierte und sozial gerechte Gesundheits- systeme aufzubauen. Das Konzept sieht fünf Schwerpunkte vor: den Schutz vor Gesundheitsgefahren, die Stärkung von Gesundheitssyste- men, den Ausbau der Kooperation mit anderen Politikbereichen, die Förderung von Gesundheitsfor- schung und Gesundheitswirtschaft sowie die Stärkung der globalen Gesundheitsarchitektur. Um das zu erreichen, setzt die Bundesregie- rung vor allem auf die Weltgesund- heitsorganisation (WHO). „Diese Strategie ist ein Bekenntnis, dass Deutschland eine aktive Rolle in der globalen Gesundheitspolitik spielen will“, erklärte Bahr.

Mehr als Entwicklungshilfe Bei den Experten für globale Ge- sundheit fand das Konzept überwie- gend Anklang. „Es ist ein Anfang“, sagte Prof. Dr. rer. pol. Ilona Kick- busch vom Graduate Institute Ge- neva. Deutschland habe Schwer- punkte gesetzt, an denen es sich messen lasse. Länder wie die Schweiz, Großbritannien, Japan, Schweden und Norwegen hätten ähnliche Papiere erarbeitet. „Ich halte das eigentlich für alle Staaten für wichtig“, sagte Kickbusch dem Deutschen Ärzteblatt. Begrüßens- wert sei vor allem der ressortüber- greifende Ansatz, „denn Gesund- heit ist in vielen Politikbereichen von Bedeutung“. Jetzt müsse man sicherstellen, dass das Konzept

nach dem Regierungswechsel nicht in der Schublade verschwinde.

Positiv findet Dr. med. Peter Tin- nemann vom Institut für Sozialmedi- zin, Epidemiologie und Gesund- heitsökonomie der Charité in Berlin, dass sich die Bundesregierung aus- drücklich für eine Stärkung der WHO einsetzt. Das sei absolut not- wendig, denn die WHO sei die einzi- ge internationale Gesundheitsinstitu- tion, die repräsentativ und demokra- tisch legitimiert sei. Kritisch sieht der Wissenschaftler allerdings, dass die Bundesregierung in ihrem Kon- zept die Gesundheitswirtschaft als Feld herausstellt, „auf dem deutsche Wirtschaftsinteressen vertreten und befördert werden können; da habe ich große Bedenken“. Tinnemann hält es ebenfalls für ein Manko, dass das Konzept nichts über die Implika- tionen globaler Gesundheit für Deutschland enthält. „Wenn wir über globale Gesundheit reden, den- ken viele an Entwicklungshilfe.“

Das greife aber zu kurz.

Im Programm des World Health Summit fand sich dieser Gedanke wieder. Man beschäftigte sich unter anderem mit den negativen Auswir- kungen der Wirtschaftskrise auf die Gesundheit der Bevölkerung in den am meisten betroffenen Ländern Europas. „Es gibt starke Belege da- für, dass vor allem arme und vulne- rable Bevölkerungsgruppen betrof- fen sind“, sagte Dr. med. Hans Klu- ge, Leiter der Abteilung Gesund- heitssysteme und öffentliche Ge- sundheit im Regionalbüro für Europa der WHO.

Die betroffenen Staaten stehen vor enormen Herausforderungen,

denn die Schulden- und Wirtschafts- krise – gepaart mit den strengen Sparvorgaben der Troika aus Euro- päischer Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds – erfordert tiefe Einschnitte auch im Gesundheitswe- sen. Um die Länder bei ihren Re- formbemühungen zu unterstützen, hat die WHO zehn Empfehlungen abgegeben, die Kluge in Berlin er- läuterte. Unter anderem fordert die WHO betroffene Länder auf, lang- fristige Gesundheitsziele, wie den allgemeinen Zugang der Bevölke- rung zu medizinischer Versorgung, nicht kurzfristigen Sparmaßnahmen zu opfern. Um das zu gewährleisten, sollten Regierungen von direkten Patientenzuzahlungen absehen und stattdessen durch strukturelle Refor- men Einsparreserven heben. Kluge betonte aber vor allem, dass es an den Gesundheitsministerien liege, Prioritäten zu setzen. „Die Verant- wortlichen haben eine Wahl“, erklär- te er. „Sie können entscheiden, in welchen Bereichen sie kürzen und in welchen sie investieren.“

Krise ermöglicht Reformen Irland ist wie Griechenland und Por- tugal einer der Krisenstaaten, die un- ter den europäischen Rettungsschirm flüchten mussten. Auf der Insel wur- den die öffentlichen Ausgaben unter den Sparauflagen der EU zwischen 2009 und 2013 um zwölf Prozent ge- kürzt. Die Gesundheitsausgaben pro Kopf sanken um acht Prozent. „Die Krise hat uns aber auch die Gelegen- heit gegeben, überfällige Reformen anzugehen“, erklärte Laura McGar - rigle vom irischen Gesundheitsmi- nisterium. Die Reformpolitik habe gegen große Widerstände und Ängs- te durchgeführt werden müssen, aber man sei auf einem guten Weg. „Wir haben es geschafft, trotz massiver Einsparungen unseren nationalen Gesundheitsdienst auf einem qualita- tiv guten Niveau zu erhalten.“ Der erforderliche strukturelle Wandel sei aber schwierig und nicht über Nacht

zu schaffen.

Heike Korzilius Mehr Gesundheit weltweit – das ist nach eigenem

Bekunden die Vision des World Health Summit, der in diesem Jahr zum fünften Mal in Berlin stattfand.

Er bringt Entscheidungsträger aus Wissenschaft, Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft zusammen, um gemeinsam Strategien für Forschung und welt- weite Gesundheitsversorgung zu entwerfen.

Inzwischen stehen viele Themen auf der Tages- ordnung, die die Gesundheit in den ärmeren Län- dern der Welt betreffen. Das war nicht immer so.

Beim ersten Gipfel im Jahr 2009 veranstalteten die

etablierten Hilfsorganisationen einen Gegengipfel, weil sie den Summit für zu industrienah hielten und fanden, dass sich die Organisatoren zu sehr auf die Belange der reichen Länder konzentrierten.

Als wissenschaftliche Basis des World Health Summit versteht sich die M8-Alliance, ein Netz- werk renommierter akademischer medizinischer Einrichtungen. Die Mitglieder stammen aus Deutschland, Großbritannien, Frankreich, den USA, Kanada, Australien, Japan, Singapur, China, Brasilien, Russland und Uganda.

INTERNATIONALE NETZWERKER

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Das Regierungskonzept

zur Globalen Gesundheitspolitik und 5 Fragen an Daniel Bahr:

www.aerzteblatt.de/442060

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Referenzen

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