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Evaluierung der Schmerzausschaltung bei der Kastration männlicher Ferkel unter automatisierter Isoflurannarkose

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(1)

Tierärztliche Hochschule Hannover

Evaluierung der Schmerzausschaltung bei der Kastration männlicher Ferkel unter automatisierter Isoflurannarkose

INAUGURAL–DISSERTATION

zur Erlangung des Grades einer Doktorin der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von Maria Steigmann

aus Hamburg

Hannover 2013

(2)

Wissenschaftliche Betreuung: Univ.-Prof. Dr. Karl-Heinz Waldmann

Klinik für Kleine Klauentiere und Forensische Medizin und Ambulatorische Klinik

1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Karl-Heinz Waldmann

2. Gutachter: Prof. Dr. Sabine Kästner

Tag der mündlichen Prüfung: 15.11.2013

(3)

Meiner Familie

(4)
(5)

Inhaltsverzeichnis

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ... VIII TABELLENVERZEICHNIS ... XI ABBILDUNGSVERZEICHNIS ... XIII

1 EINLEITUNG ... 1

2 LITERATURÜBERSICHT ... 3

2.1 Rechtliche Grundlagen der Ferkelkastration ... 3

2.1.1 Gesetze in Deutschland ... 3

2.1.1.1 Tierschutzgesetz ... 3

2.1.1.2 EU-weite Regelungen ... 4

2.1.2 Regelungen in anderen europäischen Ländern ... 4

2.2 Indikation zur Kastration männlicher Ferkel ... 5

2.2.1 Ebergeruch ... 5

2.2.2 Haltungsprobleme ... 6

2.3 Alternativen zur chirurgischen Kastration männlicher Ferkel ... 7

2.3.1 Immunokastration ... 7

2.3.2 Jungebermast ... 8

2.3.3 Spermasexing ... 9

2.4 Chirurgische Saugferkelkastration ...10

2.5 Anästhesie / Analgesie bei der Ferkelkastration ...11

2.5.1 Lokalanästhesie ... 11

2.5.2 Kastration unter Allgemeinnarkose ... 12

2.5.2.1 Injektionsnarkose... 13

2.5.2.2 Intranasale Applikation ... 14

2.5.2.3 Inhalationsnarkose ... 15

2.6 Isofluran-Inhalationsanästhesie ...17

2.6.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften von Isofluran ... 17

2.6.2 Pharmakokinetik ... 18

2.6.3 Pharmakodynamik ... 18

2.6.4 Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK) ... 20

2.6.5 Umweltbelastung ... 21

2.6.6 Anwendung beim Schwein ... 22

2.7 Nichtsteroidale Antiphlogistika ...25

2.7.1 Wirkung NSAID ... 25

2.7.2 Flunixin ... 26

2.8 Schmerz ...27

2.8.1 Schmerz bei Tieren, Schmerz bei Neugeborenen ... 27

2.8.2 Physiologie der Schmerzverarbeitung ... 28

2.8.3 Auswirkungen von Schmerz auf den Organismus ... 29

2.8.4 Parameter der Schmerzerkennung ... 30

(6)

2.9 Elektroenzephalogramm (EEG)...31

2.9.1 Grundlagen und Durchführung der Elektroenzephalographie ... 32

2.9.2 EEG-Veränderungen ... 33

2.9.2.1 Veränderungen bei der Allgemeinanästhesie ... 33

2.9.2.2 Einfluss von Isofluran auf das EEG ... 34

2.9.3 EEG-Monoparameter ... 36

2.9.4 Parameter, die das EEG beeinflussen ... 36

2.9.4.1 Physiologische Einflussfaktoren ... 36

2.9.4.2 Artefakte ... 37

2.9.5 EEG beim Schwein ... 37

2.10 Elektrokardiogramm (EKG) ...38

2.11 Die arterielle Sauerstoffsättigung (SpO2) ...38

2.12 Wundheilung ...39

3 MATERIAL UND METHODEN ...42

3.1 Ziel der Untersuchung ...42

3.2 Anzeige des Versuchsvorhabens ...42

3.3 Betrieb, Patientenauswahl und Gruppeneinteilung ...42

3.4 Narkosesystem ...44

3.5 Durchführung des Versuches ...45

3.5.1 Schmerzbehandlung ... 45

3.5.2 Kastration ... 46

3.5.3 Klinik und weiterführende Untersuchungen ... 47

3.5.3.1 Kreislauf ... 47

3.5.3.2 Pulsfrequenz und SpO2 ... 48

3.5.3.3 EKG ... 48

3.5.3.4 EEG ... 50

3.5.3.5 Schmerzreaktion und Verhalten ... 52

3.5.4 Wundheilungskontrollen ... 52

3.6 Statistik ...54

4 ERGEBNISSE ...56

4.1 Allgemeinbefunde / Verluste ...56

4.1.1 Allgemeinbefunde ... 56

4.1.2 Verluste... 56

4.2 Klinik und weiterführende Untersuchungen ...57

4.2.1 Kreislaufreaktionen ... 57

4.2.2 Arterielle Sauerstoffsättigung ... 60

4.2.3 EKG ... 62

4.2.4 EEG ... 65

4.2.5 Schmerzreaktionen und Verhalten ... 67

4.3 Wundheilung ...70

4.4 Einfluss von Alter und Gewicht der Ferkel ...73

(7)

4.5 Einfluss von Flunixin-Meglumin ...75

5 DISKUSSION ...77

5.1 Methodenkritik ...78

5.1.1 Versuchsdurchführung ... 78

5.1.2 Angewandte diagnostische Methoden ... 79

5.2 Versuchstiere ...81

5.3 Klinische Befunde ...82

5.3.1 Kreislaufreaktionen ... 82

5.3.2 Arterielle Sauerstoffsättigung ... 84

5.3.3 EKG ... 85

5.3.4 EEG ... 86

5.3.5 Verhalten und Schmerzreaktionen... 87

5.3.6 Wundheilung ... 89

5.3.7 Einfluss von Flunixin-Meglumin ... 90

5.4 Schlussfolgerungen ...92

6 ZUSAMMENFASSUNG ...95

7 SUMMARY ...98

8 LITERATURVERZEICHNIS ... 100

9 ANHANG ... 128

(8)

Abkürzungsverzeichnis

A. Arteria

Abs. Absatz

ACTH Adrenocorticotropes Hormon AMG Arzneimittelgesetz

Anl. Anlage

ANOVA Analysis of variance

BHZP Bundeshybridzuchtprogramm

ca. circa

cm Zentimeter

CO2 Kohlenstoffdioxid

COX Cyclooxygenase

DFD dark, firm, dry

EEG Elektro-Enzephalographie EG Europäische Gemeinschaft

EKG Elektrokardiogramm

EU Europäische Union

EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft F-Wert Prüfwert des F-Tests (Varianzanalyse)

Fa. Firma

ggr. geringgradig

g Gramm

GnRH Gonadotropin-Releasing-Hormon

Gr. Gruppe

h Stunde(n)

hgr. hochgradig

Hz Hertz

IASP International Association for the Study of Pain i.m. intramuskulär

Kap. Kapitel

Kastr. Kastration

kg Kilogramm

KGW Körpergewicht

(9)

kHz Kilohertz

Max. Maximum

mg Milligramm

mgr. mittelgradig

µg Mikrogramm

MHz Megahertz

Min. Minimum

Min Minute(n)

mind. mindestens

Mio Million(en)

ml Milliliter

mm Millimeter

MMA-Syndrom Mastitis-Metritis-Agalaktie-Syndrom

MW Mittelwert

µV Mikrovolt

N. Nervus

n Anzahl

ng Nanogramm

Nr. Nummer

NSAID nonsteroidal antiinflammatory drug

O2 Sauerstoff

o.b.B. ohne besonderen Befund

OP Operation

Pl. Plexus

p-Wert Irrtumswahrscheinlichkeit Q 25 % 25 %-Quartil

Q 75 % 75 %-Quartil

QS-System Qualitätssicherungssystem

RL Richtlinie

s. c. subcutan

sec Sekunde

SD Standardabweichung

SGL single precision

SHL Schweizerische Hochschule für Landwirtschaft

spp. Spezies

(10)

t Tonnen

tgl. Täglich

TRPA-1 Transient receptor potential channels, Unterfamilie-A TSchG Tierschutzgesetz

V. Vena

VO Verordnung

vs. Versus

W Watt

ZNS Zentrales Nervensystem

(11)

Tabellenverzeichnis

TABELLE 1: GRUPPENEINTEILUNG ...43

TABELLE 2: WUNDHEILUNGSSCORE (MODIFIZIERT NACH LACKNER 2003) ...53

TABELLE 3: VERLUSTE WÄHREND DES VERSUCHES ...57

TABELLE 4: SCORES FÜR KREISLAUFREAKTIONEN (EINZELGRUPPEN) ...58

TABELLE 5: SCORES FÜR KREISLAUFREAKTIONEN (GESAMTGRUPPEN) ...59

TABELLE 6: P-WERTE DER KREISLAUFSCORES DER GESAMTGRUPPEN IM VERGLEICH ...59

TABELLE 7: MITTELWERTE UND MEDIANE FÜR DIE VARIABLEN SPO2-1 UND SPO2-2 (IN %) SOWIE DIFFERENZ ZWISCHEN DEN VARIABLEN SPO2-2 UND SPO2-1 (EINZELGRUPPEN) ...60

TABELLE 8: MITTELWERTE UND MEDIAN FÜR DIE VARIABLEN SPO2-1 UND SPO2-2 (IN %) UND DIFFERENZ ZWISCHEN DEN VARIABLEN SPO2-1UND SPO2-2 (GESAMTGRUPPEN) ...61

TABELLE 9: P-WERTE DER DIFFERENZ SPO2-1 UND SPO2-2 IM GESAMTGRUPPENVERGLEICH ...61

TABELLE 10: HERZFREQUENZ DER FERKEL VOR DER KASTRATION/FIXATION (EINZELGRUPPEN) ...62

TABELLE 11: HERZFREQUENZ 90 SEC NACH BETÄUBUNGSBEGINN (EINZELGRUPPEN) ...63

TABELLE 12: HERZFREQUENZ 120 SEC NACH BETÄUBUNGSBEGINN (EINZELGRUPPEN) ...63

TABELLE 13: HERZFREQUENZÄNDERUNGEN (IN %) VOR UND WÄHREND DER KASTRATION/FIXATION, BEI DEN GESAMTGRUPPEN ...64

TABELLE 14: P-WERTE DER HERZFREQUENZVERÄNDERUNGEN IM GESAMTGRUPPENVERGLEICH ...65

TABELLE 15: SCORES FÜR DIE NARKOSETIEFE ZU BEGINN DER KASTRATION 70 SEC NACH NARKOSEEINLEITUNG (X2) IN DEN GRUPPEN 1 – 6 ...65

TABELLE 16: SCORES FÜR DIE NARKOSETIEFE ZUM ZEITPUNKT X3 IN DEN GRUPPEN 1 – 6...66

(12)

TABELLE 17: SCORES FÜR DIE NARKOSETIEFE ZUM ZEITPUNKT X4 IN DEN

GRUPPEN 1 – 6...66

TABELLE 18: VERHALTENSCORES DER TIERE BEI DER KASTRATION/FIXATION (ALLE GRUPPEN) ...67

TABELLE 19: SCORES FÜR SCHMERZREAKTIONEN DER FERKEL WÄHREND DER KASTRATION (GRUPPEN 1 – 3 UND 7 – 8) ...68

TABELLE 20: SCORES FÜR SCHMERZREAKTIONEN DER FERKEL WÄHREND DER KASTRATION (GESAMTGRUPPEN) ...69

TABELLE 21: SCORES FÜR LAUTE UND BEWEGUNGEN DER FERKEL WÄHREND DER KASTRATION (GESAMTGRUPPEN) ...69

TABELLE 22: SCOREWERTE FÜR DIE WUNDHEILUNG IN DEN

UNTERSUCHUNGSGRUPPEN ZU DEN VERSCHIEDENEN KONTROLLZEITPUNKTEN .71

TABELLE 23: P-WERTE BEIM VERGLEICH DER WUNDHEILUNGSSCORES DER

GRUPPEN 1 – 3 UND 7 – 9 BEI DER 1. WUNDKONTROLLE ...72

TABELLE 24: P-WERTE BEIM VERGLEICH DER WUNDHEILUNGSSCORES DER

GRUPPEN 1 – 3 UND 7 – 9 BEI DER 2. WUNDKONTROLLE ...72

TABELLE 25: P-WERTE BEIM VERGLEICH DER WUNDHEILUNGSSCORES DER

GRUPPEN 1 – 3 UND 7 – 9 BEI DER 3. WUNDKONTROLLE ...72

TABELLE 26: AUFTRETEN VON DEN ABSZESSEN IN DEN EINZELGRUPPEN ...73

TABELLE 27: ALTERSVERTEILUNG (IN TAGEN) DER FERKEL INNERHALB DER

GRUPPEN ...74

TABELLE 28: GEWICHTSVERTEILUNG (IN KG) DER FERKEL INNERHALB DER

GRUPPEN ...74

TABELLE 29: P-WERTE FÜR DIE VERTEILUNG DER VERSCHIEDENEN PARAMETER (GRUPPE 1 – 6) ... 128

TABELLE 30: P-WERTE FÜR DIE VERTEILUNG DER VERSCHIEDENEN PARAMETER (GRUPPE 7 – 12) ... 129

(13)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Strukturformel von Isofluran ... 18

Abbildung 2: Narkosesystem PIGNAP® PRO ... 24

Abbildung 3: Veränderungen des Roh-EEG-Signals mit zunehmendem Anästhesieeffekt beim Menschen ... 35

Abbildung 4: Übersichtsaufnahme eines fixierten und narkosierten Ferkels ... 45

Abbildung 5: Messung der Pulsfrequenz und arteriellen Sauerstoffsättigung ... 48

Abbildung 6: Langzeit-EKG-Messung bei einem Ferkel (Ansicht von links) ... 49

Abbildung 7: Langzeit-EKG-Messung bei einem Ferkel (Ansicht von rechts) ... 49

Abbildung 8: EEG-Messung bei einem Ferkel ... 50

Abbildung 9: EEG-Analyse direkt vor der Kastration ... 76

Abbildung 10: Korrelation zwischen dem Gewicht und der Herzfrequenz X3 der Ferkel während der Kastration in der Gesamtgruppe1 ... 130

Abbildung 11: Korrelation zwischen dem Alter und der Herzfrequenz X3 der Ferkel während der Kastration in der Gesamtgruppe 1 ... 131

(14)
(15)

1 Einleitung

Nach dem zurzeit geltenden Recht in Europa (EU RL 2001/93/EG) und Deutschland (Deutsches Tierschutzgesetz vom 18. Mai 2006, zuletzt geändert am 04. Juli 2013) dürfen männliche Schweine im Alter bis zu 8 Tagen ohne Betäubung kastriert werden. Diese Operation darf von Personen ohne tierärztliche Ausbildung durchgeführt werden.

In mehreren Untersuchungen wurde bisher gezeigt, dass die Neonaten trotz schlecht erkennbarer Verhaltensäußerungen schmerzkompetent und sogar empfindlicher als Adulte sind (BENRATH und SANDKÜHLER 2000, HENKE und ERHARDT 2004). In diversen Studien konnte gezeigt werden, dass die Kastration mit erheblichen Schmerzen und Stress für die Ferkel verbunden ist (MARX und BRAUN 1990, McGLONE et al. 1993, HAY et al. 2003, JÄGGIN et al. 2006, ZÖLS et al. 2006b).

Andererseits wurde festgestellt, dass die deutschen Verbraucher Fleisch von nichtkastrierten, geschlechtsreifen Ebern als Lebensmittel nicht akzeptieren (BONNEAU et. al. 1998, FONT I FURNOLS et. al. 2003). Um eine effizientere und tierschutzgerechtere Vermarktung des Fleisches von männlichen Schweinen zu erreichen, werden zurzeit Alternativen zur betäubungslosen Ferkelkastration gesucht.

Als Übergangslösung, bis ein praxistaugliches Alternativverfahren zur Verfügung steht, gilt seit dem 01. April 2009 der Einsatz von Schmerzmitteln zur Kastration als Bestandteil des deutschen QS-Systems in der Schweineproduktion.

Ziel dieser Arbeit war es, die Eignung eines mobilen automatisierten Narkosesystems, welches den Einsatz im Stall erlaubt und weitgehend automatisch abläuft, zur Schmerzausschaltung bei der Kastration männlicher Ferkel unter Isoflurannarkose in der klinischen Praxis zu prüfen und einen optimalen Zeitpunkt für die zusätzliche Applikation eines Schmerzmittels mit dem Wirkstoff Flunixin- Meglumin zu finden.

Als Untersuchungsmethoden wurden die Elektroenzephalographie (EEG) zur Bestimmung der Narkosetiefe und Reaktion auf die Eingriffe, Elektrokardiographie (EKG) zur Beurteilung von Herzfrequenzveränderungen und Pulsoxymetrie (SpO2) zur Messung der Sauerstoffsättigung des Blutes durchgeführt.

(16)

Um das Schmerzempfinden während der Kastration zu objektivieren, wurden die Reaktionen auf die Eingriffe anhand eines klinischen Scores bestimmt. Außerdem wurde die Wundheilung in der ersten, zweiten und dritten Woche anhand eines Bewertungsbogens makroskopisch und palpatorisch beurteilt.

(17)

2 Literaturübersicht

2.1 Rechtliche Grundlagen der Ferkelkastration

2.1.1 Gesetze in Deutschland 2.1.1.1 Tierschutzgesetz

In den Paragraphen 5 und 6, vierter Abschnitt (Eingriffe an Tieren) des Tierschutzgesetzes (TierSchG), Neufassung vom 18. Mai 2006, BGBl. I S. 1206, zuletzt geändert am 04. Juli 2013, BGBl. I S. 2182, steht:

„§ 5(1) An einem Wirbeltier darf ohne Betäubung ein mit Schmerzen verbundener Eingriff nicht vorgenommen werden. Die Betäubung warmblütiger Wirbeltiere (…) ist von einem Tierarzt vorzunehmen. (…)

§ 6(1) Verboten ist das vollständige oder teilweise Amputieren von Körperteilen oder das vollständige oder teilweise Entnehmen oder Zerstören von Organen oder Geweben eines Wirbeltieres. Das Verbot gilt nicht, wenn (…)

2a. unter acht Tage alte männliche Schwene kastriert werden,

5. zur Verhinderung der unkontrollierten Fortpflanzung oder - soweit tierärztliche Bedenken nicht entgegenstehen - zur weiteren Nutzung oder Haltung des Tieres eine Unfruchtbarmachung vorgenommen wird.

Eingriffe nach Satz 2 Nr. 1 und 5 sind durch einen Tierarzt vorzunehmen; im Falle eines Eingriffs nach Satz 2 Nummer 2a gilt dies auch, sofern ein von der normalen anatomischen Beschaffenheit abweichender Befund vorliegt. Eingriffe nach

1. Satz 2 (…)

2. Nummer 2a, die nicht durch einen Tierarzt vorzunehmen sind, sowie 3. Absatz 3

dürfen auch durch eine andere Person vorgenommen werden, die die dazu notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten hat. Im Anschluss an die Kastration eines über sieben Tage alten Schweines sind schmerzstillende Arzneimittel einschließlich Betäubungsmittel bei dem Tier anzuwenden.

(18)

2.1.1.2 EU-weite Regelungen

In der EU-Richtlinie 91/630/EWG „Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen“, geändert durch RL 2001/93/EG vom 09.11.2001, ist geregelt, dass die Kastration der männlichen Ferkel ohne Betäubung nur bis zum 7. Lebenstag erfolgen darf.

Für die Beurteilung von Eberfleisch gilt zurzeit die Verordnung (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs.

Das Fleisch von Ebern gilt als genussuntauglich, wenn es „sich um Fleisch mit (...) organoleptischen Anomalien, insbesondere ausgeprägtem Geschlechtsgeruch, handelt“ (VO (EG) Nr. 854/2004Anhang I, Abschnitt II, Kap. V, Nr. 1p).

Nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der amtlichen Überwachung der Einhaltung von Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs und zum Verfahren zur Prüfung von Leitlinien für eine gute Verfahrenspraxis vom 12. September 2007 muss die Kontrolle des Fleischgeruchs und –geschmacks mit einer Kochprobe durchgeführt werden (Anlage IV, Nr. 6).

2.1.2 Regelungen in anderen europäischen Ländern

In der Schweiz schreibt die Tierschutzverordnung (TSchV) vom 23. April 2008 (Stand am 1. März 2009) des Schweizerischen Bundesrates, gestützt auf Artikel 32 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes vom 16. Dezember 2005 (TSchG) vor, dass Tierhalterinnen und Tierhalter eine Kastration von männlichen Jungtieren nur in den ersten zwei Lebenswochen des betreffenden Tieres und nur im eigenen Bestand durchführen dürfen. Für das Kastrieren ohne Schmerzausschaltung von männlichen Ferkeln bis zum Alter von 14 Tagen galt eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2009. Seit dem 1. Januar 2010 ist dann aber auch die Kastration von Ferkeln gemäß dem neuen Tierschutzgesetz nur noch unter Schmerzausschaltung erlaubt.

(19)

Zurzeit ist in der Schweiz die Inhalationsnarkose zur Ferkelkastration mit Isofluran weit verbreitet. Auch die Immunokastration, eine Vakzination mit einer synthetischen, hormonähnlichen Verbindung gegen die Freisetzung von GnRH, stellt eine – besonders bei Biobetrieben – kontrovers diskutierte Alternative dar (FRÜH 2007).

In den Niederlanden hatte sich der Lebensmittelhandel schon 2007 auf Druck der niederländischen Tierschutzorganisationen gemeinsam mit den Schweineerzeugern zu einem freiwilligen Verzicht auf die betäubungslose Kastration entschlossen. Die gesamte Erzeugerkette hat sich seit 2009 für eine chirurgische Kastration unter Einsatz eines Gasgemisches CO2/O2 entschieden.

In Norwegen ist die Kastration ohne Betäubung bereits seit dem 1. August 2003 verboten. Der Eingriff darf nur unter Schmerzausschaltung von einem Tierarzt durchgeführt werden. Hierzu wird überwiegend die subcutane und / oder intratestikuläre Lokalanästhesie durchgeführt (LINK 2008).

Die Ebermast, bei der die männlichen Schweine vor der Geschlechtsreife (mit ca.

170 Tagen) geschlachtet werden, wird bereits seit vielen Jahren in Großbritannien und Irland sowie z. T. in Portugal und Spanien praktiziert (LINK 2008).

2.2 Indikation zur Kastration männlicher Ferkel

2.2.1 Ebergeruch

Beim Erhitzen des Fleisches von Ebern kann ein unangenehmer Geruch entstehen, der allerdings nicht in allen Fällen auftritt – Angaben zur Häufigkeit schwanken zwischen 10 % und 75 % - und auch nicht von allen Personen wahrgenommen wird.

Das Pheromon Androstenon, ein Steroid, und Skatol, ein mikrobielles Abbauprodukt im Dickdarm, gelten als wichtigste Verursacher des Ebergeruchs (VOLD 1970). Die Synthese der steroidalen Verbindung Androstenon verläuft im Hoden. Sein Gehalt im Fettgewebe der Tiere nimmt mit dem Alter zu und ist daher bei älteren Tieren höher als bei jüngeren. Androstenon ist lipophil und wird im Fettgewebe gespeichert. Auf hämatogenem Wege wird es zu den Speicheldrüsen transportiert, mit dem Speichel

(20)

freigesetzt und wirkt als Pheromon auf die sich im Östrus befindliche Sau stimulierend (PLONAIT 1997).

Skatol trägt ebenfalls zum Ebergeruch bei (VOLD 1970, WALSTRA et al. 1999).

Skatol und Indol sind bakterielle Abbauprodukte von Tryptophan im Blind- und Dickdarm des Schweins, und ihre Bildung ist im Gegensatz zu Androstenon nicht an das männliche Geschlecht gebunden. Skatol kann bei weiblichen Tieren, Kastraten und Ebern vorkommen und hat im Gegensatz zu Androstenon keine Wirkung als Pheromon. Zur Bildung von Skatol sind vor allem Stämme der Bakterien Lactobacillus und Clostridium befähigt. Skatol wird zum größten Teil über den Kot ausgeschieden, proportional anteilig aber auch über den Darm resorbiert (CLAUS et al. 1993) und gelangt anschließend in den Blutkreislauf. Aus dem peripheren Blut kann Skatol ins Fettgewebe eingelagert und dort akkumuliert werden; der Abbau erfolgt in der Leber. Mit Veränderung der Fütterung und einem guten Management zur Minimierung des Kontaktes des Schweines mit den Faezes kann das Auftreten von hohen Skatolwerten jedoch weitgehend verhindert werden (BUCHER 2005).

2.2.2 Haltungsprobleme

Als Nachteile der Ebermast sind vor allem ein erhöhter Arbeits- und Logistikaufwand (Trennung männlicher und weiblicher Masttiere) sowie ein erhöhtes Aggressionspotential unkastrierter Eber zu nennen. Vermehrte Aggressionen führen häufig zu Verletzungen der Tiere und somit auch zu einer Gewichtsreduktion (AHAW 2004).

Ab der Geschlechtsreife (ca. 21. Lebenswoche) nimmt die Futteraufnahme der unkastrierten Eber ab, die Tiere verbringen signifikant weniger Zeit an den Futterautomaten. Dies geht mit der Zunahme des Sozialverhaltens einher. Dadurch verringert sich die Wachstumsrate, und die unkastrierten Tiere wiegen im Alter von 23 Wochen weniger als die Kastraten (CRONIN et al. 2003).

Rangordnungskämpfe beim Umsetzen sowie beim Transport der Tiere zum Schlachthof sind ebenfalls bei intakten Ebern deutlich erhöht. Dadurch steigt einerseits stressbedingt das Risiko der Entwicklung von DFD- (Dark, firm, dry) und PSE-Fleisch (pale, soft, exudative) (AHAW 2004), andererseits ist wiederum das

(21)

Risiko von Verletzungen, die den späteren Fleischwert reduzieren, erhöht (GIERSING et al. 2000).

2.3 Alternativen zur chirurgischen Kastration männlicher Ferkel

2.3.1 Immunokastration

Bei der sogenannten Immunokastration werden die Tiere gegen das körpereigene Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) vakziniert. GnRH steuert die Hodenfunktion über die gonadotropen Hormone Luteinisierendes Hormon (LH) und Follikel-Stimulierendes Hormon (FSH). Durch die Impfung werden Antikörper produziert, die sich an den Gonadotropin-Releasing-Factor (GnRF) binden und seine Wirkung hemmen. Dies führt zu einer verminderten Bildung und Konzentration von Testosteron und anderen im Hoden synthetisierten Steroiden einschließlich Androstenon (THUN 2006). Der Impfstoff (Improvac, Fa. Pfizer AG, Zürich) besteht aus inaktivem, synthetischem GnRH (Hapten), einem Trägerprotein (65 kDa) und einem Adjuvans (Dextran). Somit enthält der Impfstoff keine gentechnisch hergestellten Bestandteile und wirkt nicht als Hormon.

Jedes Tier erhält zwei Injektionen, davon erfolgt die erste in der achten bis 15.

Lebenswoche und die zweite vier bis fünf Wochen vor der Schlachtung.

(Gebrauchsinformation Improvac ad us. vet., Injektionslösung, Fa. Pfizer, Zürich). Die Impftermine müssen mindestens vier Wochen auseinanderliegen.

In der EU ist Improvac seit Mai 2009 zugelassen, in Australien und Neuseeland wird der Impfstoff zur Vermeidung des Ebergeruchs schon seit 1998 eingesetzt.

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass, obwohl die Immunantwort des Organismus von verschiedenen Tieren nicht gleichmäßig war, die Konzentrationen von Androstenon und Skatol bei allen geimpften Tieren auf ein genusstaugliches Niveau sanken (DUNSHEA et al. 2001, JAROS et al. 2005). Das Hodengewicht von immunisierten Ebern war signifikant kleiner, während der Muskelfleischanteil höher als bei anatomisch normalen, nicht geimpften Ebern gleichen Alters war. Der durchschnittliche Tageszuwachs unterschied sich zwischen geimpften und ungeimpften Tieren nicht signifikant, obwohl die Gruppe von immunokastrierten Tieren eine bessere Zuwachsrate zeigte (JAROS et al. 2005). In den

(22)

Untersuchungen von DUNSHEA et al. (2001) wuchsen die geimpften Tiere schneller als die ungeimpften. Verhaltensstudien zeigten, dass nach der zweiten Improvac- Injektion kein Unterschied zwischen immunkastrierten und chirurgisch kastrierten Tieren auszumachen war (CRONIN et al. 2003).

In Europa gibt es erhebliche Bedenken, besonders bezüglich der Akzeptanz der Fleischprodukte geimpfter Tiere durch den Verbraucher. Die Nachteile des Verfahrens sind der Arbeitsaufwand, insbesondere für die in der Endmast notwendige Impfung aller männlichen Schweine. Dabei muss der Arbeitssicherheit besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Der Impfstoff ist nicht speziesspezifisch und kann auch bei versehentlicher Selbstinjektion des Anwenders zu einer vergleichbaren Wirkung wie beim Schwein führen (LINK 2008).

2.3.2 Jungebermast

Die Ebermast unter Verzicht auf die Kastration und Selektion geruchsabweichender Tiere am Schlachtband ist die einfachste Alternative. Die Nachteile der Kastrationen werden vermieden, und die besseren Mastleistungen der Eber können genutzt werden. BONNEAU und SQUIRES (2001) attestierten der Ebermast aufgrund besserer Zunahmen und verbesserter Futterverwertung eine höhere Wirtschaftlichkeit als der Mast von Kastraten. Im Gegensatz dazu fanden CRONIN et al. (2003) aber eine geringere Wachstumsrate und vermehrte Aggressionen bei den intakten Eber.

Die Jungebermast wird traditionell in Großbritannien und Irland praktiziert. Das Schlachtgewicht bei den Schweinen dort beträgt ca. 80 kg (HEINRITZI et al. 2008).

In den meisten Ländern der EU werden die Schlachttiere jedoch mit höherem Gewicht geschlachtet, weshalb in diesen Fällen vermehrt geruchsabweichende Schlachtkörper auftreten, die am Schlachtband erkannt werden müssen. Eine elektronische Messung eberspezifischer Geruchskomponenten mit der so genannten

„elektronischen Nase“, die den Androstenon-Gehalt im Fleisch bestimmen kann, befindet sich weiterhin in der Entwicklung und ist noch nicht praxisreif (DIJKSTERHUIS et al. 2000). Das geruchsbelastete Fleisch kann klassischerweise mittels Koch- und Bratprobe ermittelt werden; diese Methode ist aber für die

(23)

Schlachthöfe mit sehr hohem Aufwand verbunden und somit nur für sehr große Schlachthöfe wirtschaftlich (FREDERIKSEN und NAFSTAD 2006).

Ein weiteres noch nicht geklärtes Problem der Ebermast ist die Frage nach dem Verbleib der tatsächlich im Geruch abweichenden Tierkörper. Diese Tiere, deren Anteil im Extremfall bis zu 30 % der männlichen Tiere ausmachen kann, müssen so verarbeitet werden, dass keine Geruchsabweichung mehr im Lebensmittel besteht.

Damit ist bisher aber in den meisten Fällen eine Wertminderung des Tieres verbunden (HEINRITZI et al. 2006).

Nicht zuletzt muss bei der Ebermast berücksichtigt werden, dass die intramuskulären Fettgehalte im Fleisch deutlich niedriger als bei Kastraten sind. Daher ist von einer Beeinträchtigung der sensorischen Fleischqualität v. a. hinsichtlich Zartheit, Saftigkeit und Aroma auszugehen (LINK 2008).

Die Zucht von Eberlinien mit geringerem Androstenon- und Skatolgehalt kann das Problem des Ebergeruchs lösen. Ein entsprechendes Zuchtprogramm soll fünf bis zehn Jahre dauern, wobei der Zuchterfolg ungewiss bleibt (HAGMÜLLER 2006, KNAPP 2010). Allerdings könnte mit der züchterischen Bearbeitung des Ebergeruchs auch eine Verschlechterung anderer Zuchtwerte, wie zum Beispiel der Fruchtbarkeit bei den Muttertieren, verbunden sein. Problematisch ist zudem, dass die Wahrnehmung des Ebergeruchs durch die Verbraucher sehr unterschiedlich ist.

Die Akzeptanz der Ebermast ist deshalb nur gegeben, wenn man das Auftreten von Ebergeruch in der Lebensmittelkette zu 100 % ausschließen kann (THOLEN et al.

2009).

2.3.3 Spermasexing

Die Selektion von Eberspermien mit dem Ziel der ausschließlichen Produktion von weiblichen Mastschweinen ist mit Hilfe der Durchflusszytometrie möglich. Das Gewicht der Spermien hängt davon ab, welches geschlechtsspezifische Chromosom (X- oder Y-) sie tragen. Die Spermien werden nach dem Gewicht sortiert und mit fluoreszierendem Farbstoff markiert (JOHNSON 2000).

Dieses Verfahren ist zurzeit aufgrund des großen Spermavolumens und der hohen Anzahl von Spermien, die für eine erfolgreiche Befruchtung beim Schwein benötigt

(24)

werden, noch nicht praxisreif. Eine Spermaportion muss etwa 3 Mrd. motile Spermien pro 100 ml enthalten, die Spermienselektion ist aber derzeit nur mit einer Geschwindigkeit von 15 Millionen Spermien pro Stunde möglich (JOHNSON et al.

2005). Umgerechnet würden demnach für die Herstellung einer Spermienportion für die künstliche Besamung einer Sau etwa 200 Stunden benötigt (ALM et al. 2006, HOFMO 2006).

2.4 Chirurgische Saugferkelkastration

Die Hoden beim Schwein befinden sich zum Zeitpunkt der Geburt meist bereits im Skrotum (SCHNORR 2001, GILLE 2005). Die komplexe sensorische Innervation des Hodensacks und der Hodenhüllen erfolgt über den Nervus pudendus und den Nervus genitofemoralis. Der Samenstrang verläuft mit den Nerven aus dem Lendenplexus und Nerven aus dem sakralen Teil des Nervus sympathicus, der Arteria testicularis, dem Musculus cremaster und dem Samenleiter nach kaudal in Richtung Skrotum, in dem die Hoden und die Nebenhoden liegen (GILLE 2005).

Die chirurgische Ferkelkastration wird in der Praxis in der Regel in der ersten Lebenswoche ohne Betäubung durchgeführt. Dabei werden die Ferkel entweder in einem „Kastrationsbock“ in Rückenlage oder von dem Kastrateur oder einer Hilfperson fixiert. Nach ggf. erforderlicher Reinigung der Skrotalhaut werden die Hoden mit Hilfe einer Hand möglichst weit nach kaudal geschoben und im Skrotum fixiert. Danach werden zwei Schnitte parallel zur Raphe scroti mit einem Skalpell durchgeführt. Die Schnitte durchtrennen die Haut und die Tunica vaginalis und reichen bis in das Hodenparenchym; es erfolgt also in der Regel eine unbedeckte Kastration. Mit leichtem Druck werden die Hoden vorgelagert, mit einer Hand fixiert, und mit der anderen Hand wird der Samenstrang mittels Emaskulator durchtrennt (HEINRITZI 2006, SCHNURRBUSCH 2006). Die Wunden werden nicht verschlossen, häufig wird anschließend ein antibakterielles Mittel lokal angewendet.

Es gibt einige Variationen in der Durchführung dieses Eingriffes. So kann nur ein Schnitt quer über beide Skrotalhälften gesetzt oder der Samenstrang mit einem Skalpell durchtrennt werden (PRUNIER et al. 2006).

(25)

In einigen Studien wurde die Wundheilung nach der Ferkelkastration untersucht und festgestellt, dass die Kastrationswunden schneller und komplikationsärmer verheilen, wenn die Ferkel in der ersten Lebenswoche kastriert werden als bei der Kastration im späteren Alter (HOBEL 1990, MARX und BRAUN 1990, LACKNER 2003).

Auf die Hormonkonzentrationen, das Verhalten sowie die Gewichtszunahmen nach der Kastration hat ein Kastrationzeitpunkt zwischen drei und 12 Tagen (CARROLL et al. 2006), sieben und 14 Tagen (KATTESH et al. 1996) bzw. drei und 17 Tagen (TAYLOR et al. 2001) keinen Einfluss.

2.5 Anästhesie / Analgesie bei der Ferkelkastration

2.5.1 Lokalanästhesie

Lokalanästhetika blockieren in charakteristischer Weise in einem umschriebenen Gebiet die Empfindung der Schmerzwahrnehmung durch spezifische Effekte auf neuronaler Ebene. Auf molekularer Ebene beruht die lokalanästhetische Wirkung primär auf einer spezifischen Blockade schneller spannungskontrollierter Natriumkanäle des neuronalen Axons, wodurch die Ausbildung eines Aktionspotenzials verhindert wird (NIESEL und AKEN 2003).

Nach der Applikationsart unterscheidet man die Oberflächen-, Infiltrations-, Leitungs- und Rückenmarksanästhesie. Es gibt zwei Gruppen von Lokalanästhetika: die Aminoamide (z. B. Lidocain) und Aminoester (z. B. Procain, Tetracain) (LÖSCHER 2003a). Die Aminoamide werden in der Leber metabolisiert und sind stärker wirksam als Aminoester. Die Metabolisierung der Aminoester erfolgt bereits am Applikationsort und im Blutplasma (LARSEN 2006). In der Tabelle 1 der Verordnung (EU) 37/2010 der Kommission vom 22. Dezember 2009 sind als Lokalanästhetika die Wirkstoffe Benzocain, Procain und Tetracain für alle zur Lebensmittelerzeugung genutzten Arten, Lidocain und Mepivacain dagegen nur für Equiden aufgeführt.

Benzocain und Tetracain sind als Monopräparat für Tiere nicht erhältlich, deswegen ist Procain das einzige für Schweine anwendbare Lokalanästhetikum (UNGEMACH et al. 2010).

Studien zum Einsatz von Lokalanästhesika bei der Ferkelkastration zeigten z. T. sehr unterschiedliche Ergebnisse. So wurde in den Untersuchungen von WHITE et al.

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(1995), GUTZWILLER (2003) und KLUIVERS-POODT et al. (2007) eine geringere Intensität der Lautäußerungen der Ferkel bei der Lokalanästhesie mit Lidocain festgestellt, während HORN et al. (1999) keinen Unterschied zwischen Versuchs- und Kontrollgruppen nachweisen konnten. Als Vorteile dieser Methode gelten ein geringerer Anstieg der Herzfrequenz im Vergleich zur Kontrollgruppe (WHITE et al.

1995) und verminderte Abwehrbewegungen der Versuchstiere (HORN et al. 1999).

Die Vokalisationsanalyse in der Untersuchung von RITTERSHAUS (2009) zeigte eine deutliche Schmerzreduktion während der Kastration nach Verabreichung einer intratestikulären Lokalanästhesie in Kombination mit parenteraler Flunixingabe.

Jedoch stellt die intratestikuläre Applikation selbst ein sehr schmerzhaftes Verfahren dar (WALDMANN et al. 1994, RITTERSHAUS 2009). ZÖLS (2006a) und ZANKL (2007) maßen sogar einen höheren Cortisolanstieg bei Ferkeln nach intratestikulärer Applikation eines Lokalanästhetikums im Vergleich zur Kontrollgruppe. Dies deutet auf mindestens vergleichbare, wenn nicht größere Schmerzen durch die intratestikuläre Lokalanästhesie im Vergleich zur Kastration ohne Schmerzausschaltung hin, und die Forderung nach einer Verringerung der Schmerzen bei der Kastration von Saugferkeln wurde somit nicht erfüllt (ZÖLS 2006a).

Als weitere Nachteile dieser Methode ist die mögliche Gefahr von Wundheilungsstörungen aufgrund einer möglichen Protrusion des anästhesierten Samenstrangs zu nennen (NYBORG et al. 2000, RITTERSHAUS 2009).

RITTERSHAUS (2009) hat verschiedene topische Anästhesieverfahren bei der Ferkelkastration (Chlorethyl, Chlorethyl in Kombination mit Lidocainspray, humanmedizinisches Hautanästhetikum EMLA-Creme) erprobt und konnte bei keiner der untersuchten Methoden eine ausreichende Schmerzreduktion feststellen.

2.5.2 Kastration unter Allgemeinnarkose

Man unterscheidet zwei Formen von Narkose oder Allgemeinanästhesie: Injektions- und Inhalationsnarkose, die, wie generell jedes Anästhesieverfahren, nach dem Tierschutzgesetz nur von einem Tierarzt durchgeführt werden dürfen.

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Eine Narkose umfasst Bewusstlosigkeit, Schmerzlosigkeit (Analgesie), Verminderung oder Ausschaltung der Reflexaktivität und Muskelerschlaffung (Relaxation) (BERLIT 2005).

Die folgenden Anforderungen müssen bei der Ferkelkastration erfüllt sein: Das Exzitationsstadium muss möglichst schwach, die Analgesie ausreichend und der Nachschlaf der Ferkel kurz sein. Dazu müssen gute und leichte Anwendbarkeit in der Praxis, Rückstandsfreiheit und Wirtschaftlichkeit gewährleistet sein (LAUER et al.

1994).

2.5.2.1 Injektionsnarkose

Zurzeit sind zwei Wirkstoffe für die Allgemeinanästhesie beim Schwein zugelassen:

Azaperon (Stresnil®, Fa. Janssen Animal Health) und Ketamin (Ursotamin®, Fa.

Medistar Arzneimittelvertrieb GmbH oder Fa. Serum-Werk-Bernburg AG). Die Applikation eines Allgemeinanästhetikums beim Ferkel kann intramuskulär, subcutan, intravenös oder intraabdominal erfolgen.

Die Injektionsanästhesie mit Xylazin, Ketamin und Guaifenesin haben McGLONE und HELLMAN (1988) erprobt. Hierbei wurde festgestellt, dass diese Methode für die zwei Wochen alten Ferkel, die in den Versuch genommen wurden, nicht geeignet ist, da die Tiere während des postoperativen Stadiums drei Stunden lang durchschnittlich eineinhalb Säugeperioden verpassten und es zu großen Verlustraten (28 %) kam.

WALDMANN et al. (1994) untersuchten die Wirkung von Trapanal® (Thiopental), Tilest® (Tiletamin + Zolazepam) und Disoprivan® (Propofol). Obwohl die Narkose mit Trapanal® eine ausreichende Muskelrelaxation und Anästhesie der Tiere gezeigt hatte, wurde der Nachschlaf der Ferkel mit bis zu 30 Stunden als deutlich zu lang bewertet. Die Ferkel litten durch den verlängerten Nahrungsausfall unter Hypothermie, Energie- und Immunglobulinunterversorgung, was zu Verlusten von 9,5

% der Tiere führte. Eine ausreichende Allgemeinanästhesie mit Tilest® oder Disoprivan® konnte nicht erreicht werden, was sich durch heftige Abwehrbewegungen während der Kastration zeigte. Weiterhin führten diese Narkosen zu postoperativen Exzitationen bei den Ferkeln.

(28)

LAHRMANN et al. (2006) erprobten die zugelassene Kombination von Azaperon/

Ketamin für die Narkose von Saugferkeln. Die Tiere zeigten nach der Kastration in der Versuchsgruppe bis zu vier Stunden Nachschlaf und die Wundheilung stellte sich schlechter dar als in der Kontrollgruppe. Um eine Hypothermie und Erdrücken durch die Sau zu vermeiden, mussten die narkotisierten Ferkel nach der Kastration an einem warmen Ort für ungefähr fünf Stunden untergebracht werden. Die Sterblichkeit lag bei bis zu 3 %. 30 % der Tiere zeigten heftige Abwehrbewegungen während der Operation.

Die Kombination von Ketamin, Azaperon und Climazolam wurde von AXIAK et al.

(2007) untersucht. Climazolam erlaubt die Dosisreduzierung von Ketamin und Azaperon, für dieses Medikament gibt es außerdem einen Antagonisten (Sarmazenil), dessen Verabreichung den Nachschlaf verkürzen sollte. Nach der intramuskulären Applikation konnte zwar eine gute Allgemeinanästhesie bei den Ferkeln erreicht werden, die Nachschlafzeit war trotz Antagonisierung aber als zu lang (bis zu 80,5 Minuten) zu bewerten. Die intranasale Verabreichung dieser Kombination führte nicht zu einer ausreichenden Narkose, die Ferkel zeigten heftige Abwehrbewegungen und Lautäußerungen.

BREITINGER (2009) untersuchte die Wirkung von Brotizolam (Thieno-triazolo- diazepin) bei der Saugferkelkastration. Dieser Wirkstoff hat vorwiegend schlafinduzierende, stark sedative und hypnotische Eigenschaften und verhält sich biochemisch wie ein Benzodiazepin (BECHTEL et al. 1986). Die Studie zeigte, dass die Applikation von Brotizolam zu einer Sedation der Ferkel führt, die Kastrationsschmerzen aber nicht reduziert.

2.5.2.2 Intranasale Applikation

Der Vorteil dieser Form der Applikation ist die einfache und belastungsarme Anwendung sowie der kurze Nachschlaf – bis zu eine Stunde nach der Operation (SIDLER 2006).

Wie oben erwähnt, führte die intranasale Applikation von Ketamin, Azaperon und Climazolam in der Untersuchung von AXIAK et al. (2007) aber nicht zur ausreichenden Narkose für die Kastration der Ferkel.

(29)

In der Schweizwurde schon 2006 von einigen Wissenschaftlern (SIDLER 2006, SCHATZMANN et al. 2006) diese Applikationsart getestet. In ihren Studien wurde ein Nasenspray aus einer Kombination von Benzodiazepinderivaten, Ketamin und einem Farbstoff untersucht. Die Anästhesie war nur bei einem Teil der Ferkel ausreichend.

Als weitere Nachteile dieser Methode sind das Risiko des Missbrauchs durch den Menschen und das Suchtpotenzial der verwendeten Wirkstoffe zu nennen (SIDLER 2006).

2.5.2.3 Inhalationsnarkose

Bei der Inhalationsanästhesie werden dem Patienten dampf- (z. B. Diethylether, Halothan, Isofluran, Sevofluran) oder gasförmige (Lachgas/N2O) Substanzen verabreicht, deren Aufnahme ausschließlich und deren Elimination weitgehend über die Lunge erfolgt (ERHARDT et al. 2004). Dampfförmige Stoffe liegen bei Raumtemperatur als Flüssigkeit vor und müssen zur Verabreichung verdampft werden, Lachgas hingegen ist unter Normalbedingungen gasförmig (LÖSCHER 2003b).

Die Inhalationsanästhetika wirken sedierend und dosisabhängig hypnotisch und können in hohen Dosen die Muskel- und Herz-Kreislauf-Reaktionen, die auf Schmerzreize erfolgen, unterdrücken (ERHARDT et al. 2004).

Die Wirkstärke der Inhalationsanästhetika ist definiert durch die minimale alveoläre Konzentration (MAC), bei der 50 % aller Patienten auf eine Hautinzision nicht mehr mit Abwehrreaktionen reagieren. Der MAC-Wert ist für jedes Inhalationsanästhetikum und für jede Tierspezies unterschiedlich. Je niedriger der MAC-Wert eines Anästhetikums ist, desto größer ist seine Wirkstärke. Der MAC-Wert kann durch andere Faktoren wie Alter, Trächtigkeit, Hypothermie und vor allem durch die Kombination mit Sedativa, Hypnotika oder Analgetika reduziert werden (ERHARDT et al. 2004). Ein Einfluss von Geschlecht, Gewicht, Narkosedauer sowie Säure- Basen-Status, Hyper- oder Hypokaliämie und Hypertonie besteht dagegen nicht (BACHMANN et al. 1986, LARSEN 1999, EGER et al. 2003).

Als Vorteile werden kurze Einleitungs- und Rekonvaleszenzzeiten geschätzt. Die Nachteile dieser Methode sind ein großer apparativer Aufwand (HEINRITZI und

(30)

KÖNIG 1988) und geringe bis keine anti-non rezeptive Wirkung dieser Stoffe (ERHARDT et al. 2004).

Es gibt in Deutschland keine für das Schwein zugelassenen Wirkstoffe für die Inhalationsnarkose. Für lebensmittelliefernde Tiere sind in der Tabelle 1 (zulässige Stoffe) [VO (EU) Nr. 37/2010 der Kommission vom 22. Dezember 2009] Isofluran und Stoffe mit E-Nummern - Lachgas (E942) und Kohlenstoffdioxid (CO2) (E290), enthalten.

In verschiedenen Studien wurde die Wirkung von Halothan, CO2 - zu verschiedenen Teilen mit Sauerstoff vermischt - Isofluran und Isofluran/Lachgas (N2O) bei der Saugferkelkastration untersucht. Halothan hat eine schwache muskelrelaxierende und analgetische, gute hypnotische und bronchodilatierende Wirkung (LÖSCHER 2006). Die Ferkel wiesen niedrigere Stresshormon-Konzentrationen und besseres Wohlbefinden im Vergleich zu den Ferkeln aus den Kontrollgruppen, die ohne Anästhesie kastriert wurden, auf. Einschlaf- und Aufwachphase verliefen beim größten Teil der Tiere komplikationsfrei (KOHLER et al. 1998, JÄGGIN et al. 2001, WENGER et al. 2002). HAGA und RANHEIM (2004) stellten eine Blutdruckerhöhung bei Ferkeln während der Kastration unter Halothannarkose fest.

Halothan ist jedoch als Tier- und Humanarzneimittel in Deutschland nicht zugelassen. Wegen seiner extrem kreislaufdepressiven Eigenschaften sollte Halothan niemals zur Monoanästhesie verwendet werden (ERHARDT et al. 2004).

Weiterhin ist nach JÄGGIN et al. (2006) Halothan aus Anwenderschutzgründen abzulehnen.

Kohlendioxid (CO2) wird bisher in der Praxis nicht zur Anästhesie, sondern vornehmlich zur Schlachttierbetäubung oder Euthanasie von Tieren verwendet. Zur CO2-Betäubung ist es unbedingt nötig, mindestens 30 % Sauerstoff zuzumischen.

Die anästhetische Wirkung von Kohlendioxid entsteht durch die Ansäuerung des Liquor cerebrospinalis und Dämpfung des zentralen Nervensystems (SIEKER und HICKAM 1971, ERHARDT et al. 2004).

Während der Einleitungsphase der CO2-Betäubung sind die Ferkel unruhig und zeigen mäßige Abwehrbewegungen und Vokalisation (KOHLER et al. 1998), Hyperventilation und Exzitationen (KLUIVERS-POODT et al. 2008). Hyperventilation und Schnappatmung bei Ferkeln unter CO2-Betäubung wurden in Versuchen von STEENBLOCK (2002) beobachtet.

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Die große Stressbelastung der Ferkel unter Kohlendioxid-Betäubung wurde durch die Messung von Katecholaminen nachgewiesen (HARTUNG et al. 2002, HEINRITZI und MÜHLBAUER 2009, MÜHLBAUER 2009). SVENDSEN (2006) und MÜHLBAUER (2009) wiesen zusätzlich auf eine postoperative analgetische Wirkung von Kohlendioxid hin. Dagegen wurden in der Arbeit von HOPPE (2011) zwar verringerte Schmerzreaktionen unter der CO2-Betäubung während der Kastration beobachtet, ein operationsfähiges Stadium konnte im EEG aber nicht nachgewiesen werden. Zudem traten neben dem Absinken der Herzfrequenz und einem vermehrten Auftreten von Herzarrhythmien Maul- und Schnappatmung bei den CO2-insufflierten Ferkeln auf. Diese Parameter legten den Schluss nahe, dass der Einsatz einer CO2- Betäubung bei der Kastration von Saugferkeln nicht anzuraten ist, da sie in ihrer Wirkungsweise auf das ZNS nicht einem Narkotikum entspricht und nur für eine unzureichende Schmerzausschaltung sorgt.

2.6 Isofluran-Inhalationsanästhesie

2.6.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften von Isofluran

Isofluran, CHF2-OCHClCF3 (siehe Abb. 1), ist ein halogenierter Äther mit einem stechenden Geruch, der in klinisch eingesetzten Dosierungen nicht brennbar und nicht explosiv ist. Mit dem Blut-Gas-Löslichkeitskoeffizienten von nur 1,4 gelangt es sehr rasch von den Alveolen ins Blut und hämatogen ins ZNS. Bei 20oC Raumtemperatur liegt der Dampfdruck dieser Substanz bei 239,5 mmHg. Eine maximale Isoflurandampfkonzentration von 31,5 % ist bei 20oC erreichbar (ERHARDT et al. 2004). Das Molekulargewicht beträgt 184,5 D, der Siedepunkt liegt bei 48,5oC. Isofluran ist licht- und alkalibeständig, benötigt keine Stabilisatorsubstanz, reagiert nicht mit Metall und ist löslich in Gummi (LARSEN 2006). Der MAC-Wert von Isofluran in Sauerstoff beträgt beim Schwein 1,6 -1,9 Vol%

(CLARKE et al. 2013) und liegt damit relativ hoch, d. h. es ist ein niedrigpotentes Narkotikum, und man benötigt durchschnittlich eine höhere Anästhetikumkonzentration als bei der Narkose mit Halothan.

(32)

Abbildung 1: Strukturformel von Isofluran

2.6.2 Pharmakokinetik

Isofluran weist einen niedrigen Blut-Gas-Verteilungskoeffizienten (1,40) auf.

Hierdurch nähert sich die alveoläre Konzentration rasch der inspiratorischen Konzentration: Innerhalb von 5-10 min steigt die alveoläre Konzentration auf 50 % der inspiratorischen Konzentration an. Durch die respiratorischen Effekte von Isofluran (Atemanhalten, Husten, Atemdepression) wird dieser Prozess aber in der klinischen Praxis verzögert (LARSEN 2006).

Der Partialdruck im Inhalationsgasgemisch für die Einleitung sollte bei 3-4 Vol% und für das Erreichen und für das Erhalten eines Toleranzstadiums zwischen 1,5 und 2,5 Vol% liegen. In Plasmawasser und in den Membranlipiden der Blutzellen wird das Inhalationsanästhetikum gelöst (ENSINGER 2005).

Die Elimination wird wegen des niedrigen Blut-Gas-Verteilungskoeffizienten ebenfalls beschleunigt; sie hängt jedoch von der Narkosedauer ab (LARSEN 2006).

2.6.3 Pharmakodynamik

Isofluran erzeugt eine gute relaxierende und hypnotische Wirkung, ist jedoch nur schwach analgetisch (EMMERICH und UNGEMACH 2003, LÖSCHER 2003b, ERHARDT et al. 2004).

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Kardiovaskuläre Wirkungen

Im Kreislaufsystem bewirkt Isofluran eine Blutdrucksenkung, die auf eine Verminderung des peripheren Gefäßwiderstandes durch Dilatation der Arteriolen zurückgeführt wird (AKTORIES et al. 2009). Die Herzfrequenz bleibt annähernd konstant. Manchmal tritt eine Tachykardie, insbesondere bei jüngeren Patienten, auf (STRIEBEL 2003). Bei älteren chirurgischen Patienten wird ein Anstieg oder eine Abnahme der Herzfrequenz beobachtet, die bei chirurgischer Stimulation in der Regel leicht ansteigt (LARSEN 2006). Zur Beurteilung der Narkosetiefe eignen sich neben dem EEG am besten die Herzfrequenz und das Blutdruckverhalten (STRIEBEL 2003). Insgesamt ist die Reaktion der Herzfrequenz auf Isofluran beim chirurgischen Patienten variabel (LARSEN 2006).

Isofluran erzeugt eine Vasodilatation mit einer Steigerung der Durchblutung. Bei Patienten mit erhöhtem intrakraniellem Druck ist Isofluran nicht zu verwenden (STRIEBEL 2003).

Wirkungen auf das ZNS

XIE et al. (2007) haben in einer Reihe von Laborexperimenten gezeigt, dass Isofluran in Nervenzellen sowohl die Ablagerung von Amyloiden und Bildung des Amyloid-beta-Proteins (A-beta) fördert als auch die Apoptose steigert. Diese Befunde sind vor allem für den Morbus Alzheimer charakteristisch.

A-beta ist ein Bestandteil der Plaques, die für die irreversible Demenz beim Morbus Alzheimer verantwortlich sind. A-beta entsteht, wenn das Amyloid-Precursor-Protein (APP) statt durch die Alpha-Sekretase, welche zu einer Synthese ungiftiger Stoffwechselprodukte führt, von den Enzymen Beta-Sekretase (BACE) und Gamma- Sekretase gespalten wird. Diese Enzyme bewirken die Entstehung toxischer Spaltprodukte, die schließlich zum Untergang der Zellen führen können (XIE et al.

2006).

MATTA et al. (2008) haben nachgewiesen, dass Isofluran den wichtigsten Ionenkanal bei der Schmerzentstehung, den Nozizeptor TRPA-1, selektiv aktiviert.

Dieser Effekt kann zu einer paradoxen Erhöhung von postoperativen Schmerzen führen.

(34)

Andere Wirkungen

Isofluran bewirkt eine ausreichende Muskelrelaxation und verursacht keinen Tremor.

Die Muskulatur des Uterus wird unter Isofluran ebenfalls entspannt (STRIEBEL 2003, ERHARDT et al. 2004, LARSEN 2006).

Isofluran wirkt dosisabhängig atemdepressiv, bronchodilatierend und schwächt die hypoxisch pulmonale Vasokonstriktion ab (AKTORIES et al. 2009). Die Bronchial- und Speichelsekretion werden leicht verstärkt. Außerdem kann es in der Aufwachphase zu Erbrechen, Husten, Laryngo- oder Bronchospasmus kommen (LARSEN 1999).

Nur etwa 0,2 % des Isoflurans wird im Organismus metabolisiert, infolgedessen fehlt eine negative Wirkung auf Leber und Niere weitgehend (FREY und LÖSCHER 2007, AKTORIES et al. 2009).

Bei prädisponierten Patienten kann Isofluran eine maligne Hyperthermie verursachen (STRIEBEL 2003).

2.6.4 Maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK)

In der Gefahrstoffverordnung ist der MAK-Wert als „die höchstzulässige Konzentration eines Arbeitsstoffes, (…) in der Luft am Arbeitsplatz, die nach dem gegenwärtigen Stand der Kenntnis auch bei wiederholter und langfristiger, in der Regel täglich 8-stündiger Exposition (…), im Allgemeinen die Gesundheit der Beschäftigten nicht beeinträchtigt und diese nicht unangemessen belästigt“ definiert.

Die Gefahrstoffverordnung soll Mensch und Umwelt vor schädlichen Einwirkungen gefährlicher Stoffe schützen. Das hierzu erforderliche, die Gefahrstoffverordnung ergänzende und inhaltlich präzisierende Regelwerk wurde vom Ausschuss für Gefahrstoffe aufgestellt und als „Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)"

bekanntgemacht.

In TRGS 900 wird der definierte MAK-Werk als Durchschnittswert über einen Arbeitstag oder eine Arbeitsschicht berechnet. Die MAK-Werte werden in aller Regel als Massenwerte in ml/m3 Luft bzw. parts per million (ppm) oder auch als Gewichtswerte mg/m3 angegeben.

Der Grenzwert nach TRGS 900 für Isofluran liegt bei ca. 10 ppm bzw. 80 mg/m3.

(35)

2.6.5 Umweltbelastung

Narkosegase werden zu mehr als 80 % unverändert von den Patienten ausgeatmet und in die Luft getragen (LANGBEIN et al. 1999). Die geschätzte Emission von Isofluran in die Atmosphäre liegt weltweit bei 750 t jährlich (TANG et al. 1998).

Isofluran spielt wie die anderen Inhalationsanästhetika auch eine Rolle bei der Entstehung des Treibhausgaseffekts. Die wesentlichen Ursachen für diesen Effekt liegen in der Belastung der Atmosphäre mit CO2 und Methangas. Das globale Erwärmungspotenzial ist für Isofluran 500-mal bzw. für Sevofluran 1400-mal höher im Vergleich zu CO2 (KUPPER 2008).

Volatile Anästhetika sind für die Ozonschicht schädigend, die bei Isofluran und Enfluran geringer ausfallen als bei Halothan. Insgesamt ist nach ROSSAINT und Kollegen (2004) der durch Inhalationsanästhetika verursachte Anteil am Ozonabbau jedoch nur minimal. LANGBEIN et al. (1999) haben den Anteil von Isofluran aus humanmedizinischer Anwendung bezüglich des Ozonzerstörungspotentials und des globalen Erwärmungspotenzials mit 0.02 % bzw. 0.03 % berechnet.

Dieser Anteil liegt heute höher, da die Einträge von FCKW (Fluorchlorkohlenwasserstoffe) aus industriellen Quellen aufgrund des Verbots gemäß des Montreal Protokolls (1997) abgenommen haben. Der Anteil von Isofluran bezüglich des Ozonabbaus könnte so ansteigen, insbesondere dann, wenn der Verbrauch in der Veterinärmedizin zunehmen sollte, z. B. aufgrund einer weiten Verbreitung der Kastration von Ferkeln unter Isoflurannarkose. Der Beitrag zum Treibhauseffekt dürfte dennoch marginal bleiben, da mit einer weiteren Zunahme des Ausstoßes von klimarelevanten Gasen wie CO2 und CH4 zu rechnen ist (KUPPER 2008).

Durch das geschlossene System in Narkosegeräten, Verwendung eines Narkosegases mit geringerem Ozonzerstörungspotential (z. B. Sevofluran) und der Nutzung von Filtern (z.B. Aktivkohlefiltern) für den Abluftstrom könnte die Emission von Isofluran bei der Inhalationsanästhesie zur Kastration von Ferkeln minimiert werden (KUPPER 2008).

(36)

2.6.6 Anwendung beim Schwein

In einer Studie von DYESS et al. (1994) wurden die Auswirkungen von Allgemeinanästhesien, die durchschnittlich 12 Stunden dauerten, auf hochträchtige Sauen untersucht. Die Präanästhesie wurde mit der intramuskulären Gabe von Xylazin und der intravenösen Verabreichung von Natrium-Thiopental eingeleitet, anschließend wurde die Anästhesie mit Isofluran durch Inhalation, Sufentanil-Citrat, Propofol und Vecuronium aufrechterhalten. Komplikationen traten bei den Versuchstieren zu keiner Zeit der Versuchsdauer auf.

Bei Ferkeln wurde die Isofluran-Inhalation mittels einer neu entwickelten Maske anlässlich der Kastration untersucht (HODGSON 2006). Die Reaktion der juvenilen Tiere auf die Hautschnitte und die Durchtrennung des Samenstrangs wurde mittels eines Score-Systems über die Bewegungs- und Vokalisationsstärken ausgewertet.

HODGSON (2006) bewertet diese Art der Anästhesie bei Ferkeln als ökonomische, wirtschaftliche und sichere Methode mit rascher Einleitungsphase (47,5 ± 8,7 sek) und sanfter Rekonvaleszenzphase (122 ± 44 sek).

WALKER et al. (2004) verglichen die Isofluran- und Isofluran/N2O-Narkose bei Saugferkeln. Die Tiere unter Isofluran/N2O-Narkose zeigten keine, unter Isofluran- Anästhesie nur minimale Reaktionen auf die Kastration. Bei den beiden Narkosearten war die Einleitungsphase sanft und ohne Exzitationen, die Erholungszeit dauerte durchschnittlich 2 Minuten. Komplikationen waren nicht aufgetreten. Die Autoren empfehlen die Vorgehensweise als sichere, wenig belastende und schnelle Methode.

Untersuchungen zu den Auswirkungen der Isofluran- und Sevoflurananästhesie auf die Ferkelkastration zeigten keine signifikanten Unterschiede in Gewicht, Alter oder in der totalen anästhetischen Zeitspanne beider Gruppen, wobei die Ferkel in einer Gruppe sechs bis zehn Tage und in einer weiteren Gruppe 1,3 bis fünf Tage alt waren (HODGSON 2007). Die Einleitungszeit war bei Isofluran insgesamt kürzer, während die Rekonvaleszenzzeit sich verlängerte. Der PeCO2 (endexpiratorischer Karbondioxid - Partialdruck) war niedriger bei den Tieren, die mit Isofluran betäubt wurden (HODGSON 2007).

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Schulz (2007) untersuchte die Wirkungen der Kombination von Isofluraninhalation und parenteraler Gabe von Meloxicam (Metacam®, Fa. Boehringer/Ingelheim); als korrelierender Schmerzparameter wurde die Kortisolkonzentration im Serum herangezogen. Das Narkosegerät wurde mit Raumluft als Trägergas betrieben.

Dabei wurde festgestellt, dass die Isoflurannarkose die Stressbelastung der Tiere, gemessen am Kortisolwert, signifikant reduzierte, auf die postoperativen Schmerzen aber keine Wirkung hatte. Die Ferkel, die ohne Betäubung kastriert worden waren, zeigten die gleichen Anstiege der Kortisolkonzentrationen 30 Minuten und eine Stunde nach der Kastration wie die Tiere, die unter Isofluran-Betäubung kastriert worden waren. Die postoperativen Kastrationsschmerzen konnten nur durch die zusätzliche Applikation eines NSAIDs (Meloxicam) signifikant reduziert werden.

Erhöhte Mortalität oder Morbidität wurden in keiner der Tiergruppen beobachtet (WALKER et al. 2004, HODGSON 2006, 2007, SCHULZ 2007).

Bevor in der Schweiz zum 01.01.2010 die chirurgische Ferkelkastration ohne Betäubung verboten werden sollte, schlossen sich im Jahre 2004, initiiert von der Schweizer Hochschule für Landwirtschaft verschiedene Interessensverbände aus Administration, Großhandel, Produzentenorganisationen und Tierschutzverbänden zu einem Expertenteam unter dem Namen ProSchwein zusammen, um alternative Methoden in der Ferkelkastration zu erarbeiten (KUPPER et al. 2009). So entwickelte die Firma Agrocomp ein Narkosegerät zur Ferkelkastration mit Isofluran in Schweizer Betrieben (PIGNAP®), was je nach Anzahl der Muttersauen in dem Betrieb in drei Größen (Pro, Easy und Light) erhältlich ist. Es besteht aus einer Narkosestation und einer Halterung für ein oder zwei Ferkel (s. Abb. 2). Während für einen Zuchtbetrieb ab 30 Muttertieren das System aus einem Wagen, zwei Halterungen und Narkosestation als einmalige Anschaffung im Betrieb verbleibt, kann für kleinere Betriebe die Narkosestation gemietet werden, der Züchter hat nur die Halterung zu erwerben, was aus hygienischer Sicht von Vorteil ist, da alle Teile mit Tierkontakt im Betrieb verbleiben (AGROCOMP 2009). Tests bezüglich Praxistauglichkeit, Sicherheit für den Tierhalter und Konsumenten ebenso wie des Tierschutzes haben diese Anlage als geeignete Technik zur Ferkelkastration mit Isoflurannarkose eingestuft, dem sich mittlerweile auch andere Tierschutzverbände wie der Deutschen Tierschutzbund e. V. angeschlossen haben (WENDT 2009, KUPPER et al. 2009).

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Das System besteht aus einer abschlussdichten, flexiblen Sauerstoffdoppelmaske nach Dr. Walker mit integrierter aktiver Restgasabsaugung, die überschüssiges Narkosemittel automatisch absaugt, und mechanisch-automatischer Verschlusstechnik. Zur Atemüberwachung sind zwei senkrecht aufgehängte Atembeutel abgebracht. Ebenso gehört zur Grundausstattung eine 5 l Sauerstoffflasche (AGROCOMP 2009). Weitere Vorteile liegen in der einfachen Handhabung und der leichten Reinigung durch Verwendung von Chromnickelstahl (s. Abb. 2).

Berichten von BURREN und JÄGGIN (2008) zufolge hatte sich das Gerät PIGNAP bewährt: Zur chirurgischen Kastration unter Inhalationsnarkose mit Isofluran war bei einer effektiven Einleitungsphase von 82 – 93 Sekunden der zwei bis sechs Tagen alten Ferkeln bei 92,3 % der kastrierten Tiere eine Schmerzausschaltung erreicht worden. "ProSchwein" (2009) empfahl deshalb, die Einleitungsdauer bei der Inbetriebnahme auf 90 Sekunden einzustellen, da nach Meinung von BURREN und JÄGGIN (2008) mit längerer Einleitungsdauer eine bessere Schmerzausschaltung erreicht werden könne.

Abbildung 2: Narkosesystem PIGNAP® Pro

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2.7 Nichtsteroidale Antiphlogistika

2.7.1 Wirkung NSAID

Nichtsteroidale Entzündungshemmer (nonsteroidal antiinflammatory drug, NSAID) kommen in der Humanmedizin und in der Tiermedizin vielfältig und in größerem Umfang zum Einsatz (DAY et al. 1987, LÖSCHER 2006). Die NSAIDs dienen aufgrund ihrer antiinflammatorischen, antipyretischen und analgetischen Wirkung einer zuverlässigen symptomatischen Behandlung von Entzündungserscheinungen.

Dabei reduzieren sie die Kardinalsymptome einer Entzündung, wie Vasodilatation, Ödeme und Schmerzen. Andere Bezeichnungen für diese Stoffe sind Antipyretika, nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) und Nicht-Opioid-Analgetika (LÖSCHER 2006).

NSAIDs beeinflussen die Entzündungen primär, indem sie die Prostaglandinbildung hemmen (BHALLA und SIMON 1984). Prostaglandin bewirkt eine Vasodilatation (BÖCKER et al. 2008) und sensibilisiert afferente Nervenfasern für Kinine, Histamine und Serotonin (FORTH et al. 1987, FREY und LÖSCHER 1996). Diese wiederum bewirken eine verstärkte Einwanderung von Leukozyten ins Entzündungsgebiet (FREY und LÖSCHER 1996). Bei lokalen, akuten Entzündungsprozessen wirken NSAIDs antiphlogistisch und wirken nicht immunsuppressiv (MATHEWS 1996).

Es gibt zwei Enzymformen der Cyclooxygenase, die COX-1 und COX-2. Die erste, konstitutive Form ist an zahlreichen physiologischen Prozessen (z. B. thrombozytäre Homöostase, Magenschleimhautregeneration) beteiligt und in fast allen Organen und Zellen vorhanden. Die zweite, induzierbare Form wird bei Entzündungsprozessen synthetisiert (KIETZMANN et al. 2001, LANG 2005).

Die NSAIDs können in nichtselektive, beide Isoformen der Cyclooxygenase inhibierende, und in selektive, nur die COX-2 hemmende, eingeteilt werden.

Nichtselektive wirken eher antipyretisch und analgetisch, bei den selektiven ist die antiinflammatorische Eigenschaft dominierend. Die nichtselektiven NSAIDs, wie z. B.

Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Diclofenac und Piroxicam, können bei Dauerbehandlungen zu Nebenwirkungen wie gastrointestinalen Reizungen bis hin zu Ulzerationen, Blutungen, Bronchospasmen und Niereninsuffizienzen führen (KIETZMANN et al. 2001, HENKE und ERHARDT 2001). Die selektiven COX-2-

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Hemmstoffe, wie z. B. Meloxicam und Carprofen, haben weniger Nebenwirkungen.

McADAM et al. (1999) wiesen das Risiko einer Hemmung der antithrombotischen Substanz Prostacyclin nach, PSATY und WEISS (2007) erwähnten eine kardiovaskuläre Toxizität für diese NSAIDs.

Bei inflammatorischen Prozessen stellen die NSAIDs eine nützliche Ergänzung zur Antibiotikatherapie dar. Sie werden unter anderem beim Mastitis-Metritis-Agalaktie- Syndrom bei Sauen (STERR 2001), bei Atemwegsinfekten von Kälbern (FRITON et al. 2005) und Mastitiden eingesetzt (WAGNER und APLEY 2004). Weiterhin wird diese Wirkstoffgruppe seit langem bei Hunden zur Behandlung chronischer Muskel- und Gelenkschmerzen, insbesondere in der Orthopädie, verwendet (Ungemach 2006).

HENKE und ERHARDT (2004) empfehlen zur perioperativen Analgesie bei der Kastration die Nicht-Opioid-Analgetika (NSAIDs oder Metamizol).

McGLONE et al. (1993) konnten keinen Einfluss von oral verabreichter Acetylsalicylsäure und intravenös appliziertem Butorphanol auf kastrationsbedingte Verhaltensänderungen feststellen.

Nach den Ergebnissen von LANGHOFF (2008) sind Nicht-Opioid-Analgetika, im Besonderen potente Antiphlogistika, wie Meloxicam und Flunixin, gut geeignet, kastrationsbedingte Schmerzen bei Ferkeln zu reduzieren.

Die schmerzreduzierende Wirkung der präoperativen Verabreichung von Meloxicam konnte in Untersuchungen von ZÖLS (2006a), SCHULZ (2007) und BREITINGER (2009) bestätigt werden.

2.7.2 Flunixin

Flunixin ist ein Derivat der Fenaminsäure mit vorwiegend peripherem Angriffspunkt.

Durch den direkten Eingriff in die Prostaglandinsynthese im Entzündungsgebiet ergibt sich die ausgeprägte analgetische und antiphlogistische Wirkung. Des Weiteren besitzt Flunixin gute antipyretische Eigenschaften und eine anti-Endotoxin- Wirkung sowie als einziger Wirkstoff in dieser Gruppe nach der i. v.-Gabe zusätzlich

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eine schnell eintretende, schmerzstillende Wirkung besonders bei viszeralen Schmerzen im Kolikgeschehen des Pferdes (UNGEMACH 2006).

Flunixin hemmt die Cyclooxygenase durch irreversible Bindung an das Enzym und führt somit zu einem Abfall der Prostaglandine im Entzündungsgebiet und dadurch zu einer Reduktion der Prostaglandin-abhängigen Entzündungssymptome. Flunixin zeigt eine hohe Affinität zum Entzündungsgewebe. Im Entzündungsexsudat werden 12 - 24 h nach der Verabreichung Konzentrationen erreicht, die bis zum 4-fachen über den Plasmaspiegeln liegen und ausreichend sind, um Chemotaxis und Prostaglandinsynthese für mehr als 24 h zu unterdrücken (UNGEMACH et al. 2010).

Die pharmakologische Wirksamkeit geht über die Plasmahalbwertzeit hinaus. Sie wird mit eineinhalb (Pferd) bis zehn (Hund) Stunden angegeben (LÖSCHER 2006, UNGEMACH 2006). Die Halbwertzeit für das Schwein nach intravenöser Verabreichung beträgt fast acht Stunden (BUUR et al. 2006).

Die Applikation von Flunixin-Meglumin bei chirurgischen Kolikpatienten erwies sich in mehreren Untersuchungen als schockmildernd (EHREISER-SCHMIDT 1987, GERDEMANN 1995).

Nach Tabelle 1 (Zulässige Stoffe) der VO (EU) Nr. 37/2010 der Komission vom 22.

Dezember 2009 ist Flunixin für Equiden, Rinder und Schweine zugelassen.

Als Anwendungsgebiet beim Schwein ist die akute Atemwegsinfektion in Kombination mit einer angemessenen Antibiotikatherapie angegeben. Die Dosis beträgt bei dieser Tierart 2,2 mg/kg KGW (UNGEMACH et al. 2010).

2.8 Schmerz

2.8.1 Schmerz bei Tieren, Schmerz bei Neugeborenen

Der Schmerz an sich stellt eine subjektive Empfindung dar (SILBERNAGEL und DESPOPOULOS 2001).

Schmerz wird von der Internationalen Gesellschaft für Schmerzforschung (International Association for the Study of Pain, IASP) als „unangenehmes Sinnes- und Gefühlerlebnis, das mit tatsächlichen und/oder möglichen Gewebeschäden verbunden ist“, definiert.

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