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Archiv "„Kollege“ Karadzic...: ...und das Problem seiner öffentlichen Ächtung als Psychiater" (26.05.1995)

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POLITIK AKTUELL/KOMMENTAR

Neulich gestand mir ein emeri- tierter Psychiater auf meine Frage, ob der Berufsverband oder die Fachge- sellschaft sich denn nicht doch nach langem Ringen zu einer öffentlichen Proklamation gegen den Serbenfüh- rer Karadiik in seiner Eigenschaft als ausgebildeter Arzt und Psychiater entschließen wolle: „Ja, dafür finden Sie doch letztlich keine Mehrheiten in den Gremien."

So ist es auch. Die Zeiten sind vor- bei, als im Mittelalter bei schweren Rechtsbrüchen der „Friedlose" aus dem Rechtsverband für ehrlos erklärt und ausgestoßen werden konnte. Im Laufe der Geschichte haben sich Acht und Bann allerdings sehr gewandelt und sind in ihrer klassischen Weise als strafendes Mittel aus dem wohlver- standen ordentlichen Rechtsverband verschwunden. Der Theologieprofes- sor und spätere Reformer Luther, der beileibe nicht den Befehl gab, gegen Leib und Leben zu handeln, wurde noch 1521 für vogelfrei erklärt. Als die absolutistische Herrscherin Maria Theresia 1756 zu Beginn des Sieben- jährigen Krieges ein Achtverfahren ge- gen Friedrich den Großen anzustren- gen suchte, scheiterte der Vollzug am Widerstand des Reichstages.

Biographische Entwicklungen und Verläufe sind in der Geschichte immer einmalig, Vergleiche äußerst problematisch. Die Verletzung berufs- ständischer Ehre anzuprangern und standesrechtlich zu verfolgen scheint heutzutage nur noch auf wenige Fälle beschränkt zu sein. Soweit es die Ärz- te angeht, zählen hierzu, gemessen je- denfalls am öffentlichen Echo, allen- falls betrügerische Machenschaften gegenüber Krankenkassen, die offen- bar heute auch eher einen zusätzlich publizistischen Stellenwert genießen.

Zur Person von Karadiic sei noch einmal daran erinnert, daß der als Sohn eines Schuhmachers in Montene- gro 1945 Geborene erst mit 15 Jahren nach Sarajevo übersiedelte, sich nach seinem Medizinstudium als Literat hervortat, eine Psychiaterin heiratete und mit ihr lange Jahre gemeinsam praktizierte (zwei Söhne sind angehen-

de Ärzte), bevor er sich nach der Auf- gabe des kommunistischen Machtmo- nopols 1990 als extrem nationalisti- scher Politiker im Schutz der „großser- bischen" Führungsrolle Belgrads der Politik zuwandte, inzwischen freilich als Marionette von Belgrad fallenge- lassen wurde und nun als Hardliner sei- ne eigene Politik in Bosnien-Herzego- wina verfolgt, die bekanntlich alle bis- herigen Friedensbemühungen torpe- dierte. Nun macht er nach längerem Schweigen seit dem 25. März 1995 über die Medien wieder machtvoll auf sich aufmerksam, nachdem ein erneuter Bruch seiner zahllosen Waffenstill- standsabkommen zu verzeichnen ge- wesen war, indem er erklärte, daß die Moslems und Kroaten (bei dem ge- planten Angriff auf Tuzla) vertrieben und vernichtet werden müßten.

Der Herrscher an seinem Amts- sitz in Pale in der Nähe der alten Kul- tur- und Universitätsstadt Sarajevo, in der er selbst studiert hatte, genießt bei den Seinen offenbar immer noch ho- hes Ansehen.

Vor dem Hintergrund der vor al- lem in Bosnien-Herzegowina begange- nen Kriegsverbrechen wurde in Den Haag im Mai 1993 mit dem Aufbau ei- nes internationalen Kriegsverbrecher- tribunals begonnen. Angesichts des zu- nehmenden Werteverfalls, vornehm- lich in der westlichen Staatengemein- schaft, hat man den Eindruck, daß bei solchen Bemühungen offenbar der

„Hund den Mond anbellt". Berufs- und Standesehre sind in der Tat in un- seren wirtschaftlich-technischen An- onymisierungsprozessen, deren heuti- ge Träger zu einem nicht geringen Teil ihren Beruf vorwiegend als „Job" auf- fassen, zu Fremdwörtern geworden.

Warum sollte da auch noch den Psychiater a. D. Karadiie ein deut- scher oder internationaler Fachver- band maßregeln? Trotzdem oder gera- de deshalb bleibt es ein dringendes Desiderat unserer Tage, wenn auch die Fachwelt sich angemessen gegenüber verbrecherischen Machenschaften ei- nes Mediziners zur Wehr setzt und nicht „wegschaut".

Prof. Dr. Klemens Dieckhöfer bryonen-Reduktion darf man zu den

Schwerpunkten der 141. Vorstands- sitzung zählen. Es wird dem Arzt empfohlen, bei der In-vitro-Fertilisa- tion alle geeigneten und angemesse- nen Maßnahmen zu ergreifen, um ei- ne Mehrlingsschwangerschaft zu ver- meiden. •

In der Präambel wird es als wün- schenswert bezeichnet, vorzugsweise zwei und nicht mehr als drei Embryo- nen zu implantieren. Die Aufnahme dieser Zahlen in den Text der eigent- lichen Empfehlung wurde mit Mehr- heit abgelehnt. Die Eltern sollen aus- führlich über die Gründe für eine Embryonen-Reduktion informiert werden, einschließlich des möglichen Risikos. Der Eingriff darf nicht ohne ihre Zustimmung vorgenommen wer- den.

Agenda for Bioethics

Weitere Arbeitsfelder für den Ausschuß „Medizin-Ethik" finden sich auf den Gebieten „Patienten- rechte" und „Klonierung menschli- cher Embryonen". Die WMA wird die Erklärung von Ixtapa „Global Agenda for Bioethics" ebenso unter- stützen wie die Bemühungen des Ro- ten Kreuzes, den Einsatz von Land- minen zu verhindern. Ob und in wel- cher Weise sich das Gremium unter dem Gesichtspunkt „Gesundheit und Leben" mit Problemen der Waffen- technik befassen wird, bedarf künfti- ger Erörterungen.

Der Bericht von Dr. Jacques Moulin (Frankreich) über den ersten afrikanischen Kongreß für Bioethik ließ erkennen, daß auf diesem Konti- nent Probleme der Basismedizin im Vordergrund der ethischen Diskussi- on stehen, insbesondere die Frage, wie angesichts sehr beschränkter Möglichkeiten eine angemessene Versorgung der Kranken erreicht werden kann. Der Kreis der Teilneh- mer reichte weit über die Gruppe der Ärzte und Medizinischen Fakultäten hinaus, er erfaßte Vertreter von Krankenhäusern, Naturärzte und Medizinmänner. Rat und Hilfe aus den Industrieländern dürften will- kommen sein, Paternalismus hinge- gen nicht. E. D.

„Kollege" Karadik...

...und das Problem seiner öffentlichen Ächtung als Psychiater

A-1498 (28) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 21, 26. Mai 1995

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