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Archiv "Kochsalzkonsum und arterielle Hypertonie: 2 Keine Kausalität" (05.03.1993)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

DISKUSSION

Kochsalzkonsum

und arterielle Hypertonie

1 Effekte der mäßigen Kochsalzbeschränkung

In der gebotenen Kürze möchte ich zu einigen Punkten des sehr ver- dienstvollen Beitrages von Luft und Mitarbeitern Stellung nehmen. Die Befunde der Intersalt-Studie werden sehr verschieden interpretiert und von einigen Sachkennern geradezu als Beweis für die positive Beziehung zwischen Kochsalzaufnahme und Blutdruckhöhe angesehen (1). Bei Auswertung der Befunde aller 52 Zentren besteht eine direkte Bezie- hung zwischen der Höhe der Koch- salzausscheidung und der Häufigkeit der Hypertonie. Die Beziehung ist si- cher nicht sehr stark, wäre aber mög- licherweise viel deutlicher, wenn zwi- schen salzempfindlichen und salz- unempfindlichen Personen unter- schieden werden könnte. Dies gilt auch für alle Interventionsstudien mit Kochsalzbeschränkung. In den meisten dieser Studien — warum wur- de die verdienstvolle Metaanalyse von Law (2) nicht erwähnt? — wäre bei einer solchen Unterscheidung die Blutdrucksenkung bei salzsensitiven Hochdruckkranken durch Kochsalz- beschränkung wahrscheinlich höher ausgefallen. Wir sollten uns aber über jede Blutdrucksenkung durch eine moderate Kochsalzbeschrän- kung freuen, auch wenn sie nur ge- ring ausfällt. Luft weist nachdrück- lich darauf hin, daß dadurch auch bei salzresistenten Hochdruckkran- ken Medikamente eingespart wer- den können.

Die mittlere Tagesausscheidung von Natrium beträgt nach den Er- gebnissen von Intersalt in Deutsch- land bei 600 untersuchten Personen (ist das für eine Beurteilung wirklich ausreichend?) median 150 mmol Na- trium, entsprechend 9 Gramm und nicht 8 Gramm Kochsalz. Die Schwierigkeit, aus einer einmaligen Bestimmung der Natriumausschei-

Zu dem Beitrag von Prof. Dr. med.

Friedrich C. Luft und Mitarbeitern in Heft 16/1992

dung auf die durchschnittliche Koch- salzaufnahme über längere Zeit zu schließen, ist allgemein bekannt. Ei- ne moderate Beschränkung der Kochsalzzufuhr auf 5 bis 6 Gramm pro Tag bedarf aber selbst unter Zu- grundelegung der niedrigen Koch- salzausscheidung in der Intersalt- Studie immerhin eines Einsparens von 3 bis 4 Gramm Kochsalz pro Tag und macht eine Umstellung in der Ernährung erforderlich. Diese ist als Baustein der nichtmedikamentösen Allgemeinmaßnahmen in der Be- handlung der primären Hypertonie ebenso wichtig wie die Einschrän- kung des Alkoholkonsums, auch wenn die Reduktion von (nicht im- mer vorhandenem) Übergewicht ei- ne größere Auswirkung auf die Blut- drucksenkung hat. Leider wird die Notwendigkeit einer moderaten Kochsalzbeschränkung im letzten Absatz des Beitrages von Luft und Mitarbeitern sehr relativiert.

Eine moderate Kochsalzbe- schränkung führt zu keinerlei Verän- derungen der Plasmalipide, wie schon vor Jahren in mehrjährigen Studien nachgewiesen wurde (3).

Aus Kurzzeitversuchen mit extremer Kochsalzreduktion erhobene Befun- de sind für die Effekte einer mäßi- gen Kochsalzbeschränkung nicht re- levant. Dies gilt auch für eine mögli- che Blutdrucksteigerung bei einigen Personen unter diesen unphysiologi- schen Bedingungen. Effekte solcher extremen Diäten sollten als Argu- ment gegen eine mäßige Kochsalzbe- schränkung nicht mehr angeführt oder ihre unphysiologischen Bedin- gungen nachdrücklich erwähnt wer- den.

Literatur

1. Stamler, J. et al.: Intersalt Study Findings.

Hypertension 14 (1989) 570-577

2. Law, M. R.: By how much does dietary salt reduction lower blood pressure. BJM 302 (1991) 811-815

3. Stamler, R. et al.: Nutritional Therapy for High Blood Pressure. JAMA 257 (1987) 1484-1491

Prof. Dr. med. D. Klaus em. Direktor der Medizinischen Klinik

der Städtischen Kliniken Dortmund Quellenweg 7

W-4600 Dortmund 30

2 Keine Kausalität

Die kritische Auseinanderset- zung der Autoren mit den experi- mentellen und epidemiologischen Studien zum Thema „Kochsalzkon- sum und arterielle Hypertonie" ist sehr zu begrüßen. Leider vermisse ich bei den erwähnten Studien die Arbeiten von Gutenbrunner und Hildebrandt, die bei ihren Untersu- chungen zu den Wirkungsmöglich- keiten von Heilwassertrinkkuren auch mit natriumreichen Heilwäs- sern zu interessanten Ergebnissen kommen.

Im Verlauf von vierwöchigen Trinkkuren mit natriumreichen Heil- wässern fanden sie — offenbar als ad- aptiven Prozeß — eine signifikante Zunahme der Natrium-Ausschei- dungsgeschwindigkeit, die sich auch noch nach Beendigung der Trinkkur für weitere 14 Tage nachweisen ließ.

Eine Trinkkur-Behandlung selbst mit 2800 ml eines natriumreichen Heilwassers pro Tag führte bei Pro- banden im Rahmen einer Bäderkur zu keiner „Abschwächung der Bä- Dt. Ärztebl. 90, Heft 9, 5. März 1993 (55) A1-645

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derkur-bedingten Blutdrucksen- kung". Auch bei langjährigen Hyper- tonikern führte eine experimentelle Trinkkur unter häuslichen Bedin- gungen und unter Beibehaltung der bisherigen antihypertensiven Medi- kation zu einer „signifikanten Sen- kung des systolischen und diastoli- schen Blutdrucks".

Aufgrund der Ergebnisse von Gutenbrunner und Hildebrandt sind die bisherigen physiologischen Vor- stellungen zur Regulation des Was- ser- und Elektrolythaushaltes zumin- dest zu überprüfen. Die bisherige Annahme einer direkten kausalen Beziehung zwischen Kochsalzver- brauch und Hypertonus ist offenbar nicht gegeben und die einfache Rei- hung von „Kochsalzkonsum — ver- mehrte Flüssigkeitsretention — Hy- pertonus" unzulässig.

Literatur

Gutenbrunner, Chr.; Hildebrandt, G.: Wir- kungsmöglichkeiten der Heilwassertrinkkur. na- tura-med 4 (1988) 152-16

Dr. med. Peter Schramm Arzt für Allgemeinmedizin Betriebsmedizin — Chirotherapie Pfortengartenweg 15

W-6230 Frankfurt/Main

Schlußwort

Professor Klaus, der langjährige Vorsitzende der Deutschen Liga zur Bekämpfung des Hohen Blutdrucks, hat eine Reihe von wichtigen Punk- ten aufgegriffen. Es geht dabei er- stens um eine Beziehung zwischen diätetischer Kochsalzzufuhr und dem Blutdruck; zweitens der antihy- pertensiven Wirkung einer Redukti- on der diätetischen Kochsalzzufuhr;

drittens hat Herr Kollege Schramm die wichtige Frage aufgegriffen, wel- che Arten von Natriumsalzen den Blutdruck beeinflussen.

Tatsächlich zeigt die Inter- salt-Studie eine positive Beziehung zwischen Kochsalzaufnahme und Blutdruckhöhe. Diese Beziehung ist allerdings sehr flach, das heißt eine Halbierung der Kochsalzzufuhr wür- de den Blutdruck der deutschen Be- völkerung maximal um 2 mmHg re- duzieren.

Tatsächlich fand die Intersalt- Studie eine geringere Kochsalzzu- fuhr der deutschen Bevölkerung, als früher beobachtet wurde. Die frühe- ren Studien waren allerdings nicht — wie die Intersalt-Studie — ausgewo- gen hinsichtlich Anteil der Frauen und der verschiedenen Altersklassen der Bevölkerung. Möglicherweise hat sich die Diät unserer Bevölke- rung wirklich geändert. Alternative Erklärungen sind eine nicht ausrei- chende Stichprobe (immerhin insge- samt 600 Probanden).

Eine Korrelation zwischen Kochsalzzufuhr und Blutdruck be- deutet noch nicht eine Ursache-Wir- kungs-Beziehung. Es gibt eine große Zahl von Diätstudien mit niedriger Kochsalzzufuhr. Auch gut kontrol- lierte Studien kamen zu unterschied- lichen Ergebnissen. Übereinstim- mend wurde gefunden, daß die Wir- kung einer kochsalzarmen Diät mit der Höhe des Blutdrucks zunimmt.

Wie Prof. Klaus darstellt, muß man generell unterscheiden zwischen Personen, die salzempfindlich sind, und solchen, die auf eine Verminde- rung der Kochsalzzufuhr nicht rea- gieren beziehungsweise eher einen Butdruckanstieg zeigen. Leider läßt sich nicht voraussagen, welche Pa- tienten positiv auf eine Verminde- rung der Kochsalzzufuhr reagieren werden. Gerade dies macht allge- meine Diätempfehlungen so schwie- rig.

Die Meta-Analyse von Law und Mitarbeitern (1) ist problematisch, da eine Linearität der Korrelation zwischen Kochsalzzufuhr im Blut- druck vorausgesetzt wurde. Dies kann irreführend sein. Ausgewoge- ner und kritischer sind unseres Er- achtens die Auswertung von Grob- bee und Hofmann und die von Cut- ler und Mitarbeitern (2, 3).

Wir stimmen mit Prof. Klaus si- cher darin überein, daß nichtphar- makologische Maßnahmen zur Blut- drucksenkung von außerordentlicher Bedeutung sind. Wahrscheinlich ist ein Maßnahmenbündel mit Ge- wichtsabnahme, reduziertem Alko- holkonsum, vermehrter körperlicher Aktivität von größter Bedeutung, zu- mal hier unabhängige günstige Ein- flüsse auf die Plasmalipide beobach- tet werden. In diesem Maßnahmen-

bündel hat auch die Reduktion der Kochsalzzufuhr ihren Wert, insbe- sondere im Zusammenhang mit anti- hypertensiven Pharmaka. Auch wir glauben, daß ein Einfluß der Koch- salzzufuhr auf die Plasmalipide nicht gesichert ist. Dies zeigt auch die Ar- beit von Stamler und Mitarbeitern, wobei hier nicht nur die Kochsalzzu- fuhr, sondern auch Körpergewicht und Alkoholkonsum reduziert wur- den (4).

Tatsächlich beeinflußt Na- trium nur als Chloridsalz den Blut- druck. NaHCO3 dagegen führt eher zu einer erhöhten Natrium- und Clo- ridausscheidung (5) und einer Sen- kung des Butdrucks oder zu keiner Veränderung. Dies konnte auch bei Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion gezeigt werden (6).

Diese Daten sind von großer Bedeu- tung, da fälschlicherweise die Bezie- hung zwischen Kochsalzzufuhr und Blutdruck oft alleine dem Natrium zugeschrieben wird.

Literatur

1. Law, M. R.; Frost, C. D.; Wald, N. J.: By how much does dietary salt reduction lower blood pressure? Br. Med. J. 302 (1991) 811-828 2. Grobbee, D. E.; Hofman, A.: Does sodium

restricition lower blood pressure? Br. Med. J.

3 (1986) 293-298

3. Cutler, J. A.; Follmann, D.; Elliott, P.; Suh, I.: An overview of randomized trials of sodi- um reduction and blood pressure. Hyperten- sion 17 (Suppl I) (1991) 1-27-1-33 4. Stamler, R.; Stamler, J.; ‚Grimm, R. et al.:

Nutritional therapy for high blood pressure:

final report of a four year randomized con- trolled trial - the hypertension control pro- gram. JAMA 257 (1987) 1484-1491 5. Kluthe, R.; Kist, L.; Ummenhofer, C.; Brecht,

P.: Müssen natriumhaltige Getränke bei der natriumdefinierten Ernährung berücksichtigt werden? Der Einfluß definierter Natriumzu- fuhr durch Wässer auf die Urin-Natriumaus- scheidung gesunder Erwachsener. Akt. Er- nähr. 14 (1989) 81-89

6. Husted, F. C.; Nolph, K. D.; Maher, J. F.:

NaHCO3 and NaC1 tolerance in chronic renal failure. J. Clin. Invest. 56 (1975) 414-419

gez. Friedrich C. Luft, Manfred Weber, Jo- hannes Mann

Prof. Dr. med. Friedrich C. Luft Medizinische Klinik IV

mit Poliklinik

Universität Erlangen—Nürnberg Krankenhausstraße 12

W-8520 Erlangen A1-646 (56) Dt. Ärztebl. 90, Heft 9 5. März 1993

Referenzen

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