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Archiv "Quereinstieg Allgemeinmedizin: Landarzt mit 66 Jahren" (06.04.2012)

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A 704 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 109

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Heft 14

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6. April 2012

QUEREINSTIEG ALLGEMEINMEDIZIN

Landarzt mit 66 Jahren

Bernd Scharfe wollte Hausarzt werden. Stattdessen arbeitete er viele Jahre lang als Anästhesist. Nun erfüllt er sich seinen ersten Berufswunsch doch noch, weil der Nachwuchs im Norden fehlt.

E

s gibt auch Notlösungen, die allen Beteiligten gut gefallen.

Einer Gemeinde, weil sie wieder ei- nen Hausarzt hat. Einem Anästhe- sisten, weil es ihm im Ruhestand viel zu ruhig war. Und einem Haus- ärzteteam, das an einer Zweigpraxis interessiert war. Die Notlösung, die allen gut gefällt, greift seit Jahres- anfang in Nordfriesland.

Die Gemeinde Neukirchen in der Nähe der dänischen Grenze hat seit 1. April wieder einen Hausarzt. Der Neue ist ein Alter: Bernd Scharfe ist 66 Jahre alt und hat bis zu seinem Ruhestand als Oberarzt für Anäs- thesie und Intensivmedizin an der Ostseeklinik Damp gearbeitet. Nun wird er an vier Vor- und zwei Nach- mittagen Patienten als Hausarzt in Neukirchen versorgen.

Formal handelt es sich dabei um die Arbeit in einer Zweigpraxis von Dr. med. Thomas Maurer, der mit zwei weiteren Allgemeinmedizi- nern eine Praxis im nahen Leck führt. Maurer hat Scharfe als Wei- terbildungsassistenten angestellt.

Der will sich in den nächsten 18 Monaten aneignen, was ihm noch fehlt – so ist es mit Kammer und Kassenärztlicher Vereinigung ver- einbart. In dieser Zeit arbeitet an zwei Tagen in der Woche einer der erfahrenen Kollegen aus der Stammpraxis mit Scharfe zusam- men. Zudem sind die beiden Praxen EDV-technisch vernetzt.

Wie alles kam? Der Schornstein- feger habe sich bei seiner Frau be- klagt, dass man für Neukirchen kei- nen Arzt finde, erzählt Scharfe.

„Fragen Sie doch mal meinen Mann“, lautete deren Antwort. Das machte der – mit Erfolg. Denn Scharfe war der Ruhestand zu lang- weilig: „Ich war nicht ausgelastet.“

Hinzu kam, dass er den Lecker Hausarzt Maurer seit langem kann-

te und schätzte und sich ein Zweig- praxismodell vorstellen konnte.

Aber es ist eine Herausforderung, mit 66 Jahren noch einmal Aus - zubildender zu sein. Scharfe hat umfangreiche Erfahrungen als An- ästhesist und Notfallmediziner ge- sammelt, zudem ein paar Jahre in einer gynäkologisch-onkologischen Pra xisklinik gearbeitet. Deshalb sagt er: „Es ist schon viel Wissen vorhan- den. Aber natürlich stellt eine Land- arztpraxis ganz andere Anforderun- gen an mich als zuvor die Klinik.“

Deshalb hat er von Januar bis März 2012 in der Praxis von Mau- rer und Kollegen mitgearbeitet und dort „jeden Tag etwas Neues ge- lernt“. Probleme, um Rat oder Hilfe zu bitten? Gab es nicht, betont

Scharfe: „Die Chemie stimmt, das ist das Wichtigste. Ich ordne mich ein und stelle Fragen, wo ich meine, fragen zu müssen.“

Vielleicht hat es Scharfe den Umstieg erleichtert, dass er ur- sprünglich Landarzt werden wollte.

Von seiner Heimatstadt Wetzlar aus ging er zum Studium nach Mün- chen, dann für den Facharzt nach Marburg. Wenn schon Hausarzt, dann auf breiter Grundlage, hatte er sich damals geschworen. Deshalb legte Scharfe seine Weiterbildung umfangreich an – und blieb in der Anästhesie hängen, wie er erzählt.

Nach den vielen Berufsjahren, in denen er im Morgengrauen auf- stand, um tagein, tagaus zur mehr als 100 Kilometer entfernten Ost- seeklinik zu pendeln und zurück, genießt er nun die kurzen Wege und die kurzen Arbeitszeiten. Zur Praxis radelt er eine Viertelstunde, zum Mittagessen ist er zu Hause. Die Menschen im Norden mag er längst, und seine neuen Patienten begegnen ihm umgekehrt ebenfalls positiv, wie er berichtet. Kurz: „Ich habe eine Spitzenlebensqualität.“

Scharfe betont aber auch, dass sein Einsatz nur eine Notlösung sei:

„Es ist doch dramatisch, dass wir keine jungen Leute hier haben.“ In eineinhalb Jahren will er die Prü- fung zum Facharzt für Allgemein- medizin ablegen, insgesamt rund fünf Jahre in der Zweigpraxis arbei- ten. Dann, so hofft er, hat sich viel- leicht doch ärztlicher Nachwuchs eingefunden – „und ich kann Philo- soph werden“. Zeit, eine Tonne für den Garten zu besorgen, habe er jetzt endlich, lacht Scharfe.

Sabine Rieser

Der Deutsche Ärztetag hat 2011 entschieden, einen Quereinstieg in die Allgemeinmedizin zu ermöglichen – aber in Grenzen. Diese Option dürfe nicht zu einer Allge- meinmedizin „light“ führen und solle ausschließlich den aktuellen Mangel beheben.

Die Bundesärztekammer hat Ende 2011 Empfeh- lungen für den Quereinstieg formuliert. Sie sehen eine mindestens 24-monatige Weiterbildung in der ambulanten hausärztlichen Versorgung vor. Obligatorisch ist zudem ein 80-stündiger Kurs in psychosomatischer Grundversor- gung. Empfohlen wird ein 80-stündiger Orientierungskurs Allgemeinmedizin. Bis zum Frühjahr 2015 werden Daten zum Quereinstieg gesammelt und ausgewertet.

Bernd Scharfes Weiterbildungszeit wurde in Abspra- che mit der Landesärztekammer und der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Schleswig-Holstein auf 18 Monate be- grenzt.

Krankenkassen und KV fördern seine Weiterbildung mit 3 500 Euro monatlich. Die KV hat sich zudem an den Renovierungsarbeiten der Zweigpraxis beteiligt. Auch die Gemeinde Neukirchen hat sich engagiert: Sie zahlt ein Jahr lang die Miete der Praxis und hat ebenfalls Renovie- rungskosten übernommen.

HILFE BEIM QUEREINSTIEG

Früher Klinik- pendler, heute Praxisradler – Bernd Scharfe genießt die neuen kurzen Wege und die sinnvolle Arbeit statt des Vollzei t -

ruhestands.

Foto: KVSH

T H E M E N D E R Z E I T

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