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Die Pille für den Mann schluckt nach wie vor die Frau

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Academic year: 2022

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EDITORIAL

Vor 60 Jahren kam in den USA ein Medikament auf den Markt, welches schon bald als «die Pille» nicht nur sprachlich, sondern auch faktisch in zunehmendem Masse seinen Weg in den Volksmund fand – zumindest in den weiblichen. Dieses Präparat namens «Enovid»

war bereits 1957 von der Food and Drug Administration (FDA) offiziell zugelassen worden – allerdings zunächst als Therapeutikum gegen Menstruationsbeschwerden.

Erst drei Jahre später schien die Zeit reif, um es als das zu präsentieren, als was es in Wirklichkeit entwickelt worden war und von vielen Frauen auch dann schon eingenommen wurde, als sich die «temporäre Infertili- tät» noch als «Nebenwirkung» auf dem Beipackzettel tarnte: nämlich als Mittel zur hormonellen Kontrazep- tion.

Noch lange nicht reif genug allerdings war die Zeit, allen rückblickenden Verklärungen zum Trotz, als dass allein die Verfügbarkeit eines bis dato ungekannt sicheren und einfach handhabbaren Verhütungsmittels gleich zu dessen breiter Anwendung geführt oder etwa die weibliche Selbstbestimmung revolutioniert hätte.

Dem standen nicht nur die damaligen Moralvorstellun- gen und die römisch-katholische Kirche entgegen:

Auch weite Teile der Ärzteschaft verschrieben das Hor- monpräparat nicht allein aufgrund medizinischer Vor- behalte noch ein Jahrzehnt nach seiner Markteinfüh- rung nur äusserst selten und dann auch nur verheirateten, mehrfachen Müttern. So war die «Ver- hütungspille» für die Frauen bestenfalls später, als diese auf ihrem «Marsch durch die Institutionen» mal so weit vorangekommen waren, um sich dessen auch bedienen zu können, eine Art Instrument, um ein Stück mehr Gleichstellung zu erlangen. Aber persönliche oder gar sexuelle Befreiung? Nein, nicht wirklich … Die erlebten wohl eher manche Männer: Sie, die zuvor ihren jeweiligen Partnerinnen, und sei es nur in eigenem Inte- resse, auch hinsichtlich der im wahren Wortsinn poten- ziellen Konsequenzen ihres triebhaften Tuns nahe wa-

ren oder allenfalls «aufpassen» mussten, dass sich diese nicht einstellten, konnten sich fortan bequem zurücklehnen und die Frauen machen lassen.

Daran hat sich bis heute kaum etwas geändert. Die Realisierung eines Kinderwunsches mögen junge hete- rosexuelle Paare inzwischen mehr denn je als gemein- same Sache begreifen, bei der Kontrazeption wird die Frau dagegen nach wie vor überwiegend alleingelassen, und wenn nicht von ihrem Partner, dann doch vom Gros in Gesellschaft, Politik, Forschung und Medizin – vom Klerus ganz zu schweigen. Wie konnte das passieren?

Die Konsequenzen einer ungewollten Schwangerschaft oder deren Abbruchs treffen, natürlich, die Frauen weit schwerer. Aber selbst wer auf die Biologie und zu Recht auf die feinen Unterschiede zwischen Männlein und Weiblein abhebt, um die es doch schade wäre, gingen sie im Zuge eines überzogenen Gender Mainstreaming vollends verloren, muss sich die Frage stellen, warum es trotz vielfältiger Bemühungen noch immer keine marktreife Pille für den Mann gibt. Antworten darauf versuchte unlängst ein sehenswerter TV-Beitrag (1) zu geben. Gewiss sind die Hürden für die Entwicklung neuer Arzneien mittlerweile höher als Ende der 1950er- Jahre, weshalb es auch die Antibabypille, zu deren Ent- wicklung seinerzeit noch Feldversuche in den Slums von Haiti und Puerto Rico durchgeführt worden waren, heutzutage viel schwerer hätte, zugelassen zu werden.

Doch wenn Nebenwirkungen, die schliesslich jede hor- monell verhütende Frau nach wie vor und auf Dauer in Kauf nimmt, als Gründe dafür herangezogen werden, warum fertige Produkte für den Mann in den Schubla- den stecken bleiben, gibt das «starke Geschlecht» ein- mal mehr ein ganz schwaches Bild ab ... Kommt dann hinzu, dass auch die forschende Pharmaindustrie hier kaum noch Geld in die Hand nimmt, bleibt alles, wie es ist: «Never change a running system!»

Doch viele, vor allem junge Frauen wollen das nicht mehr so selbstverständlich hin- und die Hormone nicht mehr einnehmen. Weniger aus emanzipatorischen Be- weggründen, sondern eher weil sie – nicht selten vom Zeitpunkt ihrer ersten Regelblutung an aufs Pillen- schlucken konditioniert und nun angestossen und un- terstützt von zahlreichen Bloggerinnen wie zum Beispiel der Bernerin Lara Zaugg, aber auch von der öffent- lich-rechtlichen Comedy-Amazone Carolin Kebekus (2) – erkennen, dass sie ein Gefühl für ganz wesentliche Vorgänge in ihrem Körper, die nicht zuletzt auch ihre Psyche beeinflussen, verloren oder, noch schlimmer, nie entwickelt haben. Für sie ist es, auch und gerade in Zei- ten eines immer weiter eingeschränkten Raums für die

«sprechende Medizin», fundamental wichtig, dass ih- nen wenigstens ihr Hausarzt oder Gynäkologe hier in- dividuell beratend und im Sinne wirklicher Selbstbe-

stimmung zur Seite steht. s

Ralf Behrens

1. «60 Jahre Pille: Wo bleibt die Pille für den Mann?» ZDF/arte 2019; https://

youtu.be/2ePCs3lLwO4.

2. «60 Jahre Pille – Happy No Birthday!» Die Carolin Kebekus Show, ARD, 25.6.2020; https://www.youtube.com/watch?v=z7jW84NNl88.

ARS MEDICI 19 | 2020 561

Die Pille für den Mann schluckt

nach wie vor die Frau

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