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Archiv "Quereinstieg in die Allgemeinmedizin: „In medizinischer Hinsicht fühle ich mich noch bereichert“" (12.09.2014)

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A 1496 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 37

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12. September 2014

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lückliche Gründerin“ – so hat ein Journalist Dr. med.

Karin Erasmi (47) einmal genannt.

Das war kurz nach der Eröffnung ihrer hausärztlichen Praxis in Flint- bek/Schleswig-Holstein. Zwar ging wie so oft bei Gründungen nicht al- les glatt. „Der Praxisstart fiel durch eine Verzögerung mitten in die Bauphase“, erzählte Erasmi damals dem Magazin „Nordlicht“ der Kas- senärztlichen Vereinigung (KV) Schleswig-Holstein. Doch weil ihr Weg von der Anästhesie im Univer- sitätsklinikum Lübeck über einen Quereinstieg in die Allgemeinmedi- zin hin zur eigenen hausärztlichen Praxis öfter holprig war, nahm Erasmi auch dieses Hindernis hin, so gut es ging. „Letzten Endes ist alles gut gelaufen“, resümierte sie damals. „Wir hatten im ersten Quartal schon viele Patienten.“

Heute, mehr als ein Jahr später, hat sich die Quereinsteigerin in der Allgemeinmedizin etabliert. Die

Praxis in Flintbek mit seinen 7 500 Einwohnern ist fertig, hell und auf- geräumt. Im Wartezimmer setzen ein pinkfarbener und zwei hellgrü- ne Stühle Akzente, die Patienten können sich von einem Tablett mit Wasser und Gläsern bedienen und in Büchern oder Bildbänden schmökern. Den Behandlungszim- mern nehmen blaue Liegen und hellgrüne Sessel das Sterile. Mitt- lerweile besteht das Team im Heit- mannskamp aus sieben Mitarbei- tern, die eine ständig steigende Zahl von Patienten versorgen.

Auf einigen Umwegen zur heutigen Kooperation

Erasmi hat sich allerdings nicht nur für den Quereinstieg in die Allge- meinmedizin entschieden, sondern auch gemeinsam mit ihrem Mann für dessen Quereinstieg in die Pra- xis. „Ich habe sogar das größere Behandlungszimmer bekommen“, flachst Dr. med. Malte Scheidt (50),

Allgemeinmediziner. „Aber nur, weil er das Ultraschallgerät unter- gebracht hat“, kontert seine Frau.

„Ein tragbares Gerät“, erläutert Scheidt stolz, praktisch bei Hausbe- suchen und bei den Visiten in den Pflegeeinrichtungen, die er betreut.

Auch dass ein Server die medizini- schen Geräte digital verknüpfen kann und eine papierfreie Praxis- führung ermöglicht, war beiden wichtig. Außerdem investierten sie in eine professionelle Homepage.

Modern, kompetent, klar, mit per- sönlichen Akzenten – so soll die Praxis sein, so wollen sie sein.

Scheidt ist seit mehr als zehn Jahren als Hausarzt tätig und hat lange Jahre mit einem Kollegen in einem Nachbarort praktiziert. Dort wollte er bleiben, seine Frau suchte nach einer Einzelpraxis. Doch das Richtige und Finanzierbare zu fin- den, war schwierig. Das Ehepaar Erasmi-Scheidt hätte sich schließ- lich auch eine Kooperation zu dritt vorstellen können, mit dem Kolle- gen von Scheidt. Oder ein größeres Ärztehaus mit Kollegen weiterer Fachrichtungen. Doch kein Modell passte wirklich zu den Wünschen und Vorstellungen der Kollegen.

Viel mehr wollen beide nicht dazu sagen, Enttäuschung und Verständ- nis mischen sich in ihren Äußerun- gen. „Hausärzte sind eine eigene Spezies, die wollen oft eher für sich arbeiten“, findet Scheidt. „Dass wir ein Ehepaar sind, hat manche abge- schreckt“, glaubt Erasmi.

Sie bereut weder die Kooperati- on mit ihrem Mann noch den Um- stieg zur Allgemeinmedizin, ganz im Gegenteil. „Ich war leiden- schaftlich gern Anästhesistin“, sagt Erasmi noch heute. Aber sie wusste, dass sie ihre Arbeit am Universi- tätsklinikum wegen der großen Be- lastung nicht bis zum Ruhestand würde ausüben wollen. Deshalb suchte sie nach etwas Neuem, woll- te selbstständiger arbeiten, sich die Zeit besser einteilen können. Die Möglichkeit zum Quereinstieg in die Allgemeinmedizin kam ihr gelegen.

Erasmi reduzierte ihre Stelle an der Klinik und erarbeitete sich in drei Jahren das, was ihr zur Hausärztin fehlte, unter anderem in der Praxis eines erfahrenen Kollegen.

Alles im grünen Bereich: Karin Erasmi und Malte Scheidt sind zufrie- den mit dem Alltag

in ihrer hausärztli- chen Praxis.

Foto: Flintbekklein, Annika Loewe, Studio Loewe

QUEREINSTIEG IN DIE ALLGEMEINMEDIZIN

„In medizinischer Hinsicht

fühle ich mich noch bereichert“

Karin Erasmi war mit Leidenschaft Anästhesistin. Doch es gab Gründe, etwas Neues zu machen. Nun hat sie die Klinik gegen eine eigene Praxis getauscht – in Kooperation mit ihrem Mann.

P O L I T I K

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A 1498 Deutsches Ärzteblatt

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„In medizinischer Hinsicht fühle ich mich durch die Allgemeinmedi- zin bereichert“, findet Erasmi. Als Medizinstudentin wäre es ihr nie in den Sinn gekommen, Hausärztin zu werden. „Aber heute bin ich begeis- tert, wie hoch qualifiziert im ambu- lanten Bereich mit den verschie- densten Fachkollegen gearbeitet wird. Deshalb müssen wir Medizin- studierende für das Fach interessie- ren und ihnen zeigen: Auch in der Allgemeinmedizin kann man eine Menge Anspruchsvolles machen.“

Als Ehepaar in der Praxis:

entspannte Kollegialität

Und die gemeinsame Arbeit als Ehepaar? „Wir laufen nicht Händ- chen haltend herum und geben uns Küsschen“, stellt Scheidt klar. Ge- siezt wie sonst im Team wird sich aber auch nicht. Er arbeite sehr ent- spannt mit der eigenen Frau, hat Scheidt festgestellt, weil man sich eben gut kenne. „Wir nehmen uns in der Praxis als Kollegen wahr“, sagt Erasmi. „Ich weiß von seiner Qualifikation, er von meiner.“

So schätzt sie seine Erfahrung und Sicherheit, zum Beispiel beim Ultraschall. Er weiß, was sie mit- bringt: Neulich, bei einem Notfall- einsatz, hat Erasmi als langjährige

Anästhesistin diesen übernommen.

Erasmi fühlt sich durch die gute Weiterbildung „bei einem alten Fuchs“ und die lange klinische Er- fahrung nicht unsicher in ihrem neuen Fachgebiet. Außerdem lernt sie stetig dazu, gerade hat sie sich im Bereich Geriatrie qualifiziert. In der Aus- und Weiterbildung junger Kollegen engagiert sich das Haus- arzt-Ehepaar ebenfalls. Ihre Praxis ist akademische Lehrpraxis der Christian-Albrechts-Universität in Kiel und bildet gerade die erste Weiterbildungsassistentin aus.

Auch wenn Erasmis Querein- stieg für sie selbst ein Erfolgsmo- dell ist, sieht sie dennoch die Pro- bleme damit. Nicht alle Kollegen könnten sich in kurzer Zeit qualifi- zieren: „Dermatologen oder HNO- Ärzte können nicht so flott die feh- lenden Inhalte draufsatteln.“ Hinzu- kommt, dass man in der Umstiegs- phase viel weniger verdient als zu- vor. „Ein Kollege hätte Interesse gehabt“, berichtet Erasmi. „Aber als Familienvater Anfang 40 mit drei Kindern war ihm ein Umstieg einfach zu teuer.“

Angst vor Schulden darf man auch als Quereinsteiger nicht ha- ben, wenn man dann eine eigene Praxis eröffnen will – das hat das

Ehepaar ebenfalls erlebt. Kurz nach der Facharztprüfung Allgemeinme- dizin ließ sich Erasmi in der Kas- senärztlichen Vereinigung zur Nie- derlassung beraten und erhielt nütz- liche Tipps. Aber sie erinnert sich noch gut, wie viele Fragen es da- mals gab.

Als Tochter einer Bankkauffrau

„bin ich zum Glück betriebswirt- schaftlich bewandert“, sagt die Ärz- tin, das habe sehr geholfen in den Verhandlungen mit den Banken.

Scheidt ergänzt, dass es ihm seine Berufserfahrung in der Praxis des Kollegen erleichtert habe zu ent- scheiden, was für die eigene ge- braucht werde und was nicht. Den- noch: Ein Haus mit einer Praxis bauen zu lassen, wie es das Ehepaar getan hat, Personal einzustellen, ge- meinsam in die Niederlassung zu starten, das war schwieriger als ge- dacht, zumal Erasmi und Scheidt auch noch Eltern sind.

Vor einer Niederlassung scheuen sich sogar Oberärzte

„Am Anfang mussten wir jeden Monat unsere Patientenzahlen an die KV durchtelefonieren wegen des Honorarabschlags“, erinnert sich Scheidt. „Aber ich war immer überzeugt, dass meine Frau mit ih- rer zweifachen Qualifikation Erfolg haben wird.“ Wenn man Ärztinnen und Ärzten die Angst vor der Nie- derlassung nehmen wolle, ließe sich bei der Beratung und Beglei- tung auf jeden Fall noch einiges verbessern, finden beide.

„Selbst Oberärzte haben Scheu vor einer Niederlassung“, hat Scheidt erlebt. „Sie finden, in der Klinik habe man einen sicheren Ar- beitsplatz. Doch es kann alles schnell anders laufen, wenn der Chefarzt wechselt, das Kranken- haus verkauft oder geschlossen wird.“ Erasmi hat den Schritt in die eigene Praxis getan und ist eine glückliche Gründerin. Fehlt manch- mal etwas? „Eigentlich nicht“, sagt sie. „Höchstens mal eine schöne Narkose – richtig Action.“

Sabine Rieser

@

Interview mit Dr. med. Max Kaplan zum Quereinstieg: www.aerzteblatt.

de/59978 oder über QR-Code Dr. med. Karin Erasmi ist eine der ersten Querein-

steigerinnen, aber nicht die einzige. Nach Anga- ben der Bundesärztekammer (BÄK) legten 2012 und 2013 insgesamt 56 Ärztinnen und Ärzte nach einem Quereinstieg erfolgreich die Facharztprü- fung Allgemeinmedizin ab. Die meisten arbeiteten zuvor als Anästhesisten (21) oder Chirurgen (14).

Der älteste Arzt war 68 Jahre, der jüngste 34.

2011 hatte der Deutsche Ärztetag entschie- den, den Quereinstieg zu erleichtern. Die zu er- werbenden Inhalte sollten unangetastet bleiben, die (Muster-)Weiterbildungsordnung also nicht geändert werden. Im Vordergrund stand, vorhan- dene Qualifikationen interessierter Fachärzte indi- viduell zu prüfen, rasch anzuerkennen und diese beim Umstieg zu unterstützen. 2012 setzten die Landesärztekammern den Beschluss auf Basis von Empfehlungen der BÄK um.

Dass bislang nur wenige zur Allgemeinmedizin gewechselt sind, bedeute nicht, dass das Interes- se am Quereinstieg gering sei, erläutert Dr. med.

Max Kaplan, BÄK-Vizepräsident und selbst Haus- arzt. Wer umsteige, müsse alle Inhalte der Weiter- bildungsordnung zum Facharzt für Allgemeinme- dizin nachweisen oder erwerben, wenn auch oh- ne vorgegebene Zeitabschnitte. „Das heißt: Viele Quereinsteiger können noch gar nicht fertig sein“, so Kaplan. „Deshalb kann man sich noch kein ab- schließendes Urteil über die Resonanz erlauben.“

Die Ärztekammer Schleswig-Holstein zum Bei- spiel registriert ein steigendes Interesse. In die- sem Jahr haben bislang drei Quereinsteiger ihre Prüfung abgelegt. 2013 erkundigten sich zehn Ärzte nach dem Angebot, 2014 bis jetzt 14.

Kaplan fände es sinnvoll, das Angebot erst An- fang 2017 zu evaluieren und nicht wie geplant schon 2015. Er hofft zudem, dass die Fördermit- tel für die Weiterbildung in Allgemeinmedizin auf- gestockt werden. Davon können auch Querein- steiger profitieren. Einkommensverluste halten nämlich manchen Interessenten derzeit davon ab, Hausarzt zu werden.

„VIELE KÖNNEN NOCH NICHT FERTIG SEIN“

P O L I T I K

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