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Archiv "Zum neuen Jahr: Die Sehnsucht" (10.01.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 1–2

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10. Januar 2011 A 1

M

acht doch euern Dregg alleene“, soll der letzte sächsische König, Friedrich August III., bei sei- ner Abdankung 1918 gesagt haben. Solcher Frust ist nicht nur in königlichen Kreisen bekannt. Wer hätte nicht schon mal mit dem Gedanken gespielt, die Bro- cken hinzuwerfen, um überflüssigen Ärger und nerven- de Zwänge loszuwerden? Auch Ärzten geht es schon mal so. Deshalb könnten nach dem Scheitern der Aus- stiegsstrategie des Bayerischen Hausärzteverbandes Politiker versucht sein, zur Tagesordnung überzugehen.

Das aber wäre ein doppelter Fehler. Zum einen hat es sich gezeigt, dass endlich die verquere Rechtsgrund - lage für die Hausarztverträge bereinigt werden muss.

Benötigt wird eine verfassungskonforme und wider- spruchsfreie Basis für das Zusammenspiel von Kollek- tiv- und Selektivverträgen. Zum anderen belegt das Ab- stimmungsergebnis unter den bayerischen Hausärzten, wie groß die Unzufriedenheit mit den Bedingungen ih- rer Berufsausübung ist. Wer den zahlreichen Studien zur Berufszufriedenheit von Ärzten in Klinik und Pra- xis bisher skeptisch begegnet ist, sollte nachdenklich werden, wenn 42 Prozent der Hausärzte eines großen Bundeslandes bereit sind, ihre Kassenzulassung zu- rückzugeben – auch ohne Absicherung für die Zukunft.

Es geht um eine angemessene Bezahlung, aber nicht nur. Es geht um eine unerträgliche Bürokratie, um Kon- trollen, um sich ständig ändernde Vorschriften, letztlich um den Wunsch, dass Kassenarzt wieder ein freier Be- ruf werden und mehr Zeit für die Betreuung der Patien- ten bleiben möge. Diese Sehnsucht teilen Kranken- hausärzte, weil auch sie immer weniger Zeit für ihre Patienten haben: Sie sind zunehmend mit Routineauf- gaben belastet oder müssen täglich einen Berg Anfra- gen von Kostenträgern beantworten. Das Deutsche Ärzteblatt hat Bundesgesundheitsminister Philipp Rös- ler auf einer Veranstaltung Anfang November in Berlin bewusst mit den alltäglichen Ärgernissen der ärztlichen Berufsausübung konfrontiert (wir berichteten in Heft 45/2010). Die Redaktion wird auch künftig das Forum bieten, um solche Anliegen zu formulieren.

Wer dabei nur schwarzmalt, wird nicht glaubwürdi- ger. Es gibt auch Positives festzuhalten. Selbstver- ständlich war es weder, dass der gesetzlichen Kran- kenversicherung in diesem Jahr zusätzlich sechs Milli- arden Euro an Beitragseinnahmen zur Verfügung ste-

hen, noch dass die Honorarsumme für die Vertragsärz- te bundesweit seit 2004 um 20 Prozent gewachsen ist.

Übrigens wird die Ärzteschaft um ihre Standesvertre- ter von anderen Gesundheitsberufen beneidet. Welche gesundheitspolitischen Entscheidungen 2011 anste- hen, erläutert Jens Flintrop in diesem Heft (Jahresaus- blick: Auf die Pflicht folgt die Kür). Die Voraussetzun- gen, die Entscheidungen in ärztlichem Sinne zu beein- flussen, sind gut, zumindest besser als in vielen Jahren zuvor. Das beginnt damit, dass der Bundesgesund- heitsminister die Wertschätzung ärztlicher Arbeit öf- fentlich deutlich macht. Und es setzt sich fort in der Gesprächsbereitschaft mit den Repräsentanten ärztli- cher Organisationen, wenn es um konkrete Entschei- dungen geht.

Aber die Ärzteschaft wird sich weiterhin eindeutig gegenüber der Politik positionieren müssen. Das ist Aufgabe der ärztlichen Körperschaften. Letztere sind, wenn sich wirklich die Arbeitsbedingungen in Klinik und Praxis verbessern sollen, aber auch in ihrem ei - genen Zuständigkeitsbereich gefordert. Nach den Kam- merversammlungen und den Vertreterversammlungen der Kassenärztlichen Vereinigungen werden derzeit Prä- sidien und Vorstände gewählt. Im April folgt die Wahl des Vorstands der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Anfang Juni die zum Vorstand der Bundesärztekammer.

Die gewählten Repräsentanten werden das Bild der Ärzteschaft in der Öffentlichkeit über Jahre prägen, in ihrer Hand liegt es, wie gut ärztliche Anliegen vertreten werden. Radikale Sprüche, das konnten Ärztinnen und Ärzte erfahren, sind kein Garant für den Erfolg.

ZUM NEUEN JAHR

Die Sehnsucht

Heinz Stüwe

Heinz Stüwe Chefredakteur

S E I T E E I N S

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