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Archiv "Projekt Gesundheitskarte: Wegbereiter für neue Dienste" (08.06.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 23⏐⏐8. Juni 2007 A1677

T E C H N I K

D

ie Frage von Kosten und Nut- zen begleitete das Projekt zur Einführung der elektronischen Ge- sundheitskarte (eGK) von Anfang an.

Auch die von der Betriebsgesell- schaft gematik, Berlin, in Auftrag gegebene Kosten-Nutzen-Analyse der Unternehmensberatung Booz, Al- len, Hamilton, die im Herbst 2006 fertiggestellt wurde, hat hier keine Klärung gebracht, sondern die Dis- kussion weiter angefacht. Wie sich das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen für den Aufbau einer Telema- tikinfrastruktur gestaltet, war auch Thema des Workshops „Die elektro- nische Gesundheitskarte – was sie kostet und wem sie nutzt“ in Berlin.*

Einig sind sich die meisten Experten darin, dass sich der größte Nutzen aus den freiwilligen medizinischen An- wendungen, wie Arzneimitteldoku- mentation, elektronischer Patienten- akte und elektronischem Arztbrief, ergeben wird und nicht aus der Ver- waltungsvereinfachung, etwa durch den Versichertenstammdatendienst.

Generell scheint Zurückhaltung bei der Annahme von Kostenein- sparungen im Zusammenhang mit der eGK angebracht. So erwartet das Bundesgesundheitsministerium (BMG) unter anderem Einsparungen durch die Erhöhung der Arzneimit-

teltherapiesicherheit und die Vermei- dung von Doppeluntersuchungen.

Mit Blick auf aktuelle Studien aus Großbritannien und Deutschland kommt Prof. Dr. med. Bertram Häuss- ler, Direktor des Instituts für Gesund- heits- und Sozialforschung (IGES), zu dem Ergebnis, dass die Vermeid- barkeit von Arzneimittelnebenwir- kungen durch die eGK massiv über- schätzt werde. Auch das Einsparpo- tenzial durch die Vermeidung von Doppeluntersuchungen sieht Häuss- ler äußerst kritisch, weil beispiels- weise teure Röntgen- oder CT-Auf- nahmen nur in den seltensten Fällen mehrfach angertigt werden. Statt der vom BMG erwarteten 3,5 Milliarden Euro Einsparungen rechnet er mit maximal 320 Millionen Euro und minimal 64 Millionen Euro an mög- lichen Einsparungen. Im Hinblick auf die Kosten-Nutzen-Gesamtbetrach- tung werden die Ärzte nach Häussler wenig, die gesetzliche Kranken- versicherung relativ viel von der Einführung der Karte profitieren, wohingegen die höchste Ausgaben- last bei den Ärzten anfällt und die- se daher bei der „Nutzen-Netto-Bi- lanz“ am schlechtesten abschneiden.

Ein akzeptables Modell der Finan- zierung sei daher dringend erforder- lich, mahnte Häussler.

Überraschungen möglich

Prof. Dr. Kay Mitusch, Technische Universität Berlin, stellte Bezüge zwischen dem eGK-Projekt und an- deren großen Infrastrukturprojekten, wie der Lkw-Maut, her. Seiner These zufolge ist der Aufbau einer Infra- struktur in der Regel teurer, als ur- sprünglich geplant und als nötig. Als

„Unterbau“ für Dienste, die man dar- auf anbietet, entwickeln sich daraus jedoch oftmals Dienste und Märkte, an die zunächst niemand gedacht hat.

Beispiele sind der SMS-Markt bei Handys sowie im Zusammenhang

mit der Lkw-Maut die Möglichkeit, Einzelstrecken abzurechnen oder die Technik für die Feinsteuerung des Verkehrs einzusetzen. Ähnliches gel- te für die Gesundheitskarte: Ihre Ent- wicklung sei teuer, wenn man auf die Einzelgeräte blicke, so Mitusch, un- ter anderem wegen der besonderen Sicherheitsanforderungen. Aber auch sie könne die Grundlage für viele Dienste der Zukunft bilden, so etwa für neue Diagnose- und Erinnerungs- programme, die die Compliance ver- besserten, und für eine genauere Steuerung der Gesundheitsausgaben.

Mitusch plädiert vor diesem Hinter- grund für offene Systeme und die Nutzung von Standards, um mehr Preis- und Qualitätswettbewerb zu ermöglichen.

Aus ärztlicher Sicht

Dr. med. Hans-Peter Peters, der ärzt- liche Projektleiter der Testregion Bo- chum-Essen, erörterte die Frage, welche Voraussetzungen aus Sicht der niedergelassenen Ärzte erfüllt sein müssen, damit Telematik einen Nutzen bringe. Peters definiert Tele- matik als ein „Instrument zur Opti- mierung der sektorübergreifenden Tätigkeit der Leistungserbringer zur Verbesserung der medizinischen Versorgung und Ressourcenscho- nung im Rahmen des Sicherstel- lungsauftrags“. Dies sei nur mit ent- sprechenden Kommunikationssyste- men möglich. Seine Forderungen vor dem Hintergrund der ersten Feldtests:

Die Schreib- und Lesevorgänge müss- ten erheblich verkürzt werden, die Einführung einer Stapelsignatur sei unabdingbar, ebenso die Erweiterung des Speicherplatzes für elektronische Rezepte. Für die Ärzte sieht er den Nutzen unter anderem in der Unter- stützung von Arbeitsprozessen, in der Erleichterung und Vereinfachung von Dokumentationsaufgaben, in einer besseren Information durch einen schnelleren Datenzugriff und in einer optimierten Arzneimitteltherapie.

Das Fazit des Workshops: „Ge- sundheitskarten und Heilberufsaus- weise sind auf dem Weg. Jetzt geht es darum, weitere Anwendungen zügig voranzutreiben, weil diese den eigentlichen Mehrwert schaf- fen.“ (Jürgen Sembritzki, ZTG). I Heike E. Krüger-Brand

PROJEKT GESUNDHEITSKARTE

Wegbereiter für neue Dienste

Belastbare Zahlen zur Einschätzung von Kosten und Nutzen für den Aufbau der Telematikinfrastruktur gibt es bislang nicht.

*Veranstalter waren das ZTG – Zentrum für Telematik im Gesund- heitswesen GmbH, Krefeld, und das IGES – Institut für Gesund- heits- und Sozialfor- schung GmbH, Berlin.

Foto:Fotolia/Galinowicz

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