A1336 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 2413. Juni 2008
B R I E F E
Sektorenübergreifendes Arbeiten ist für die Ärzte im Screening-Pro- gramm eine Selbstverständlichkeit:
Wöchentlich finden verpflichtende interdisziplinäre Fallkonferenzen statt, zu denen sich Radiologen, Gynäkologen, Pathologen und Ope- rateure treffen.
Das deutsche Mammografie-Scree- ning-Programm entspricht auch im internationalen Vergleich höchsten Maßstäben. Auf dem Screening- Kongress in Berlin hat das deutsche Programm viel Anerkennung von in- ternationalen Experten erhalten. Das Screening-Programm hat Standards in Deutschland gesetzt, und hier liegt die Zukunft. Kritiker, die de- struktiv von einer „staatlich sanktio- nierten Kartellbildung“ oder einer
„Einheitsversorgung auf Mindestni- veau“ sprechen, stellen sich damit gegen ein transparentes und quali- tätsgesichertes Gesundheitssys- tem . . .
Jan Sebastian Graebe-Adelssen,Geschäftsführer der Kooperationsgemeinschaft Mammografie, Hermann-Heinrich-Gossen-Straße 3, 50858 Köln
Besser informieren
. . . Bereits seit über 30 Jahren gibt es in Deutschland eine medizinische Versorgung zur Brustkrebsfrüher- kennung und -abklärung sowie zur Nachsorge auf sehr hohem Niveau.
Im Rahmen der Früherkennung ha- ben etwa 30 Prozent aller Frauen diese Möglichkeit bisher regel- mäßig genutzt. Entsprechende Ein- richtungen existieren im Bereich der Universitäten, der Krankenhäuser und der Praxen. Nach einer persön- lichen Betreuung durch den Arzt werden hier individualisierte und ri- sikoadaptierte Früherkennungskon- zepte angeboten, in denen zusätz- lich zur Mammografie eine klini- sche Untersuchung, Ultraschall und/oder MR-Mammografie und zeitnah perkutan-bioptische Ab- klärungen erfolgen. Die Zielsetzung ist hierbei die Detektion möglichst aller bösartigen Mammatumoren um den Preis einer gewissen Quote falschpositiver Befunde in der Bild- gebung. Hierin besteht ein wesentli- cher und grundsätzlicher Unter- schied zur Zielsetzung des Mammo- grafie-Screenings.
Für Frauen in Deutschland gibt es so- mit die Möglichkeit, zwischen zwei Alternativen der bildgebenden Dia- gnostik zu wählen – und dies sollte auch so bleiben, damit die Früher- kennung des Mammakarzinoms nicht grundsätzlich auf das Niveau der 70er-Jahre reduziert wird. Wün- schenswert und essenziell ist hier ei- ne Aufklärung der Frauen über die Vor- und Nachteile des Screenings ei- nerseits und individualisierter und ri- sikoadaptierter Untersuchungskon- zepte andererseits. Erst dann kann je- de Frau individuell für sich abwägen und entscheiden, welche der beiden Alternativen sie für sich favorisiert.
Prof. Dr. Uwe Fischer, Dr. Friedemann Baum,
Diagnostisches Brustzentrum Göttingen, Bahnhofsallee 1d, 37081 Göttingen
Euphorischer Bericht
Das Mammografie-Screening in Deutschland stellt sich für viele nie- dergelassene Frauenärzte und Frau- enärztinnen anders dar, als in dem euphorischen Bericht von Frau Dr.
Eva Richter-Kuhlmann beschrieben.
Es sind bei mir schon mehrere Frau- en von dem Screening zurückge- kommen, die bitter enttäuscht über die unpersönliche Untersuchung oh- ne Arzt waren, und mir mitteilten, dass sie „da nicht mehr hingehen würden“. In dem Artikel wird posi- tiv über norwegische Verhältnisse und Erfahrungen anderer skandina- vischer Länder sowie Großbritanni- ens und der Niederlande berichtet.
Aber diese Länder haben ein anderes Gesundheitssystem als wir in Deutschland. So haben wir, Gott sei Dank, eine wohnortnahe fachärztli- che Grundversorgung, sodass keine Frau es nötig hat, 18 Stunden für die Fahrt zum Mammografie-Screening auf sich zu nehmen. In unserem Sys- tem vertrauen die Patientinnen sehr ihrem behandelnden Arzt und wol- len dessen Rat und Begleitung. Bei diesen unterschiedlichen Verhältnis- sen darf bezweifelt werden, ob wir in Deutschland Beteiligungsquoten von über 80 Prozent für das Mam- mografie-Screening bekommen wer- den. Um diese Zahlen zu erreichen, müssten die niedergelassenen Frau- enärzte und Radiologen mehr in das
Programm integriert werden, zumal die Patientinnen es nicht verstehen, warum ihr Frauenarzt für die Brust- krebsvorsorge bis zum 50. Lebens- jahr und ab dem 70. Lebensjahr zu- ständig ist, aber in der Zwischenzeit nichts damit zu tun haben soll. Mei- nes Erachtens sollte Folgendes geän- dert werden: Die Mammografie wird an einer zentralen Screening-Stelle oder von einem Röntgenologen des Vertrauens der Patientin durchge- führt. Die Abklärungsuntersuchun- gen aus dem Mammografie-Scree- ning erfolgen durch den programm- verantwortlichen Arzt oder durch den Arzt des Vertrauens der Patien- tin. Beides sollte den Patientinnen angeboten werden. Im Zeitalter des Internets, der Telemedizin und der elektronischen Vernetzung sind bei gutem Willen qualitätssichernde Maßnahmen auch in Zusammenar- beit mit den niedergelassenen Ra- diologen, Gynäkologen und Patho- logen möglich . . .
Dr. med. Stephan Hubertus, St. Anna-Klinik Bad Cannstatt,
Obere Waiblinger Straße 101, 70374 Stuttgart
GESUNDHEITSKARTE
Die Bundesärzte- kammer weist auf sachlich falsche Be- hauptungen einiger Kritiker hin (DÄ 18/2008: „Mythen und Wahrheiten“ von Heike E. Krüger-Brand).
Ablehnung
. . . Keine Daten in der Telematik sind wirklich sicher zu verschlüs- seln. Wir werden sehen, wer recht hat. Das Traurige ist nur: Wenn Herr Dr. Bartmann irrt und die Kritiker recht haben, so sind zutiefst schüt- zenswerte Patientendaten öffentlich geworden. Und daher kann es für ei- nen Arzt, der den hippokratischen Eid befolgt, nur eines geben: Ableh- nung der eGK . . . Dort wo es einen klugen Kopf gibt, der elektronische Daten vermeintlich sicher verschlüs- selt, gibt es sicherlich einen ebenso klugen Kopf, diese zu entschlüsseln.
Michael Rausch,Holzmarkt 1, 45657 Recklinghausen