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Archiv "Fortschritte in der Stertologie" (04.03.1983)

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Academic year: 2022

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen DIE GLOSSE

Es handelt sich um ein weltweites Problem: Nach vorsichtiger Schät- zung unter Berücksichtigung der nicht unerheblichen Dunkelziffer besteht die Menschheit aus 70 Prozent Schnarchern und aus ebenso vielen Schnarchopfern (dabei handelt es sich nicht um einen Rechenfehler, sondern um das Phänomen, daß sich diese bei- den Gruppen überschneiden, weil viele Schnarcher gleichzeitig auch Opfer ihrer ebenfalls schnarchen- den Schlafpartner sind; hier wird nicht miteinander, sondern gegen- einander geschnarcht).

Die Stertologie befaßt sich nicht etwa mit den bekannten körperli- chen Ursachen des Schnarchens wie Hindernisschnarchen, Lage- schnarchen, Gewohnheitsschnar- chen, sondern mit der bisher sehr vernachlässigten, aber viel wichti- geren Psychologie des Schnar- chens, das heißt also nicht mit der Frage „Wie entsteht das Schnar- chen?", sondern mit der Frage

„Was will es aussagen?"

Zu dieser Psychologie des Schnar- chens kann man grundsätzlich auf zwei Wegen Zugang erhalten. Ent- weder untersucht man eine reprä- sentative Zahl von Schnarchern auf ihre verschiedenen psycholo- gischen, charakterlichen, soziolo-

gischen, biographischen Beson- derheiten und Gemeinsamkeiten, wozu man einen aufwendigen Computer benötigt. Oder aber man betrachtet das Schnarchen ethologisch, das heißt im Sinne der Verhaltensforschung, und geht davon aus, daß auch im Schnarchen — wie in vielen ande- ren menschlichen Verhaltenswei- sen — Überbleibsel aus der tieri- schen Vorzeit der menschlichen Entwicklungsgeschichte enthal- ten sind. Bei dieser Methode un- tersucht man wiederum eine re- präsentative Zahl von Schnar- chern, diesmal jedoch auf ver- schiedene ihrer Schnarchtöne, um diese dann akustisch mit ähnlich klingenden Äußerungsformen aus dem Tierreich zu vergleichen, de- ren Bedeutungen bekannt sind.

Dazu benötigt man lediglich ein einfaches Tonbandgerät unter dem Bett.

Drei Grundformen

Bei dieser ethologischen Untersu- chung des Schnarchens ergibt sich aus den akustischen Verglei- chen, daß man drei verschiedene Grundformen des Schnarchens unterscheiden muß, und zwar un- abhängig vom Geschlecht des Schnarchers:

• Es gibt ein Schnarchen, das dem friedlichen und behaglichen Schnurren der Hauskatze gleicht.

Dies ist die Gruppe der Schnurr- schnarcher.

• Es gibt ein Schnarchen, in dem das aggressive und drohende Knurren, Grollen, Fauchen der Lö- wen enthalten ist. Dies ist die Gruppe der Knurrschnarcher.

• Es gibt ein Schnarchen, das sich wie das genüßliche Grunzen des Hausschweines anhört. Dies ist die Gruppe der Grunzschnar- cher.

So sehr sich auch das Allzu- menschliche in uns manchmal ge- gen eine solche Entlarvung des Allzutierischen in unserem Verhal- ten sträuben mag, so wichtig ist die Untersuchung dieser drei Schnarchgruppen auf die psycho- logische Bedeutung ihres ver- schiedenartigen Schnarchens, denn nicht nur in vino ist veritas, sondern auch in somno.

Allen Schnarchern, gleich welcher Gruppe, ist gemeinsam, daß sie zu den Menschen gehören, die nicht imstande sind, ihre Gefühle und Gedanken offen und bewußt im Lichte des Tages auszudrücken, sei es aus Mangel an Zeit und Ge- legenheit, sei es aus Gehemmtheit und Verschämtheit (unverschämte Menschen schnarchen nicht), und bei denen sich deshalb diese ver- drängten Gefühle und Gedanken heimlich und unbewußt im Schut- ze der Nacht ausdrücken müssen, bei manchen im Traum, bei man- chen eben im Schnarchen.

Die Schnurrschnarcher wollen mit ihrem Schnarchen das sagen, was sie aus den genannten Gründen anders nicht sagen können, näm- lich daß sie sich behaglich und geborgen fühlen und die Nähe des Schlafpartners genießen. Das Schnurrschnarchen ist also nichts anderes als eine verschämte und heimliche, aber unaufhörliche Lie- beserklärung an den Schlafpart- ner, dem durch diese stertologi- sche Erkenntnis das Schnarchen

Fortschritte in der Stertologie

Fritz Held

Seit der Verfasser den neuen Forschungszweig der Stertologie (lateinisch: stertere = schnarchen) zum ersten Male der Öffent- lichkeit vorgestellt hat (DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 27/1970, Seite 2182), hat die Schnarchforschung unaufhaltsam weitere Fortschritte gemacht und neue Erkenntnisse gewonnen, die nicht nur für die unzähligen Schnarcher selbst, sondern auch für deren Opfer von geradezu lebenswichtiger Bedeutung sind.

94 Heft 9 vom 4. März 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Stertologisches

nicht mehr zur Qual, sondern zur Musik in den Ohren wird. Für die Schnurrschnarcher und ihre Opfer gilt: Liebe ist, wenn's nicht mehr stört.

Verdrängte Aggressionen Ganz anders die Knurrschnarcher:

Ihr Schnarchen bedeutet Drohung und Aggression, sei es gegen be- stimmte Situationen im berufli- chen oder privaten Bereich, oder aber sei es gegen den Schlafpart- ner persönlich, der sie am Tage beherrscht und gegen den sie nicht aufzumucken wagen. Auch diese verdrängten Aggressionsge- fühle trauen sich nur heimlich im Schutze der Nacht hervor. Sie glei- chen dem sogenannten Droh- und Imponiergehabe jener Hunde, die nur bellen, aber nie zu beißen wa- gen. Trotzdem vermögen sie ihr Aggressionsziel auch auf diesem Umweg zu erreichen, wenn ihr Schnarchen das ohnmächtig aus- gelieferte Aggressionsobjekt nach dem Prinzip des steten Tropfens langsam, aber sicher zermürbt und regierungsunfähig macht, wenn es seine Nächte schlaflos und seine Tage depressiv macht und es am Ende sogar zu vertrei- ben vermag, und sei es auch nur aus dem gemeinsamen Schlaf- zimmer.

Auch hier vermag die richtige ster- tologische Diagnose sowohl dem Schnarcher wie auch seinem Op- fer zu helfen, indem dieses durch eine Änderung seines Verhaltens und seiner Einstellung dafür sorgt, daß das Knurrschnarchen des Partners nicht mehr notwendig ist oder wenigstens in ein Schnurr- schnarchen umfunktioniert wird.

Schließlich die Grunzschnarcher:

Auch bei ihnen sind es wie bei den Schnurr- und Knurrschnarchern verdrängte Gefühle und Gedan- ken, die sich nachts Luft machen müssen, weil sie sich am Tage nicht hervortrauen. Um nun etho- logisch und stertologisch ergrün- den zu können, was das Grunz- schnarchen aussagen will, müs-

sen wir das Schwein zu Hilfe neh- men. Haben wir bei den Schnurr- schnarchern Katzengefühle ent- deckt und bei den Knurrschnar- chern Löwengefühle, müssen wir entsprechend bei den Grunz- schnarchern nach Schweinege- fühlen suchen, um diese dann wie- der auf stertologische Weise mit dem Schlafpartner in Beziehung zu setzen.

Nachholbedarf

Dabei muß beachtet werden, daß das Schwein insofern eine Son- derstellung einnimmt, als es dem Menschen viel verwandter ist als andere Tiere, und zwar nicht nur biologisch (weshalb es ja bekannt- lich für Tierversuche besonders geeignet ist), sondern offensicht- lich auch psychologisch (weshalb ja bekanntlich Satan nach den Menschen die Schweine auser- wählte, um in sie zu fahren). Diese Verwandtschaft kommt auch darin zum Ausdruck, daß kein Tier mit dem Menschen so oft und so intim in Beziehung gesetzt wird wie ge- rade das Schwein.

In der Regel sind diese Beziehun- gen deutlich lustbetont, und nicht wenige Grunzschnarcher grunzen einfach deshalb, weil sie bezüg- lich solcher Lustgefühle Nachhol- bedarf haben, der sogar noch aus der Kindheit stammen kann. Wir erinnern uns, wieviel Vergnügen gerade jene Anlässe gemacht ha- ben, die unsere Mütter zu der ent- setzten Feststellung kommen lie- ßen, daß man wieder einmal aus- sehe wie ein Schwein oder wie ein Schwein esse oder wie ein Schwein trinke oder (mangels Lust, sich zu waschen) wie ein Schwein stinke. Aber auch später gibt es noch vielfältige Beziehun- gen zum Schwein, dann oft im übertragenen Sinn und nicht lust- betont, wenn zum Beispiel irgend- eine Situation als Schweinerei be- zeichnet wird, oder wenn man sich wie ein Schwein benimmt oder wenn man ein Charakterschwein ist oder wenn man gerade noch einmal Schwein gehabt hat. Und

bei vielen Schnarchern dieser Gruppe ist das nächtliche Grun- zen nichts anderes als die Äuße- rung einer verdrängten Selbster- kenntnis, die auch in dieser Form der erste Schritt zur Besserung sein kann.

Besonders eng werden diese be- grifflichen Beziehungen zwischen Mensch und Schwein jedoch im sexuellen Bereich, wo sie sich zwanglos in allen genannten Va- rianten anwenden lassen, aller- dings in einer sehr subjektiven und relativen Weise, was stertolo- gisch in jedem Einzelfall streng zu berücksichtigen ist, um Fehldia- gnosen zu vermeiden. So kann beispielsweise einem sogenann- ten Sexmuffel bereits ein norma- les sexuelles Gefühl schweinisch vorkommen oder einem soge- nannten Prüderasten gar schon der Gedanke an einen bloßen Kuß (weshalb diese beiden Persönlich- keitstypen dann im Schlafe oft be- sonders lustvoll grunzen). Für ei- nen platonischen Schöngeist ge- hört alles, was sich unterhalb der Gürtellinie befindet, mehr zur Na- tur des Schweines als zur hehren Natur des Menschen, weshalb auch sein unbewußtes Grunzen im Schlaf oft ganz besonders genüß- lich ist nach dem berühmten Mot- to: Hier bin ich Schwein, hier darf ich's sein.

Aber auch der sexuelle Normalver- braucher möchte manchmal gerne aus seinem überlieferten, vor- schriftsmäßigen, genormten Sex ausbrechen, um sich statt dessen einmal — um beim Schwein zu blei- ben — im Schlamm der verspielten und verbotenen Sexereien zu wäl- zen (man beachte die feine Unter- scheidung zwischen Sex und Se- xerei!). Und manches nächtliche Grunzschnarchen will nicht mehr und nicht weniger ausdrücken als solche heimlichen Wünsche und Gedanken.

Stertologisch betrachtet sind so- mit alle Grunzschnarcher im buch- stäblichen Sinne des Wortes „ar- me Schweine", die dringend einer Behandlung bedürfen.

80 Jahrgang Heft 9 vom 4. März 1983 97 Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Spektrum der Woche Aufsätze - Notizen Stertologisches

Erst sorgfältige Diagnose

Es ist nun nicht etwa so, daß ein Schnarcher ein für allemal einer der drei Gruppen zugeordnet wer- den kann. Sondern ein und dersel- be Schnarcher kann durchaus alle drei Gruppen durchlaufen, manchmal sogar im Verlaufe einer Nacht, manchmal aber auch ab- hängig von bestimmten Situatio- nen oder vom Verhalten des Part- ners und manchmal auch im Ver- laufe einer Schnarchtherapie, wenn zum Beispiel aus einem Knurrschnarcher ein Schnurr- schnarcher wird. Darüber hinaus gibt es natürlich auch die soge- nannten Mischschnarcher, bei de- nen Schnarchelemente aus allen drei Gruppen enthalten sind und die deshalb stertologisch oft be- sonders schwierig zu diagnostizie- ren sind.

Grundsätzlich gilt auch für die Stertologie, diese noch junge, aber äußerst zukunftsträchtige Wissenschaft, daß vor jeder Thera- pie die sorgfältige Diagnose zu stehen hat. Dies bedeutet für alle behandlungswilligen Schnarcher und ihre Opfer: Kassettenrecorder unters Bett zur ersten Live-Auf- nahme!

Anschrift des Verfassers:

Dr. Fritz Held Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie Herdweg 73 7000 Stuttgart 1

ZITAT

Bevormundung

„Bevormundung als Prinzip widerspricht unserer verfas- sungsmäßigen Ordnung."

Prof. Dr. jur. Hans-Peter Bull, Bundesbeauftragter für den Datenschutz, Bonn, bei ei- nem „Bad Nauheimer Ge- spräch".

PERSONALIA

Ehrenzeichen der deutschen Ärzteschaft

Paul Wagner, seit 1965 Geschäfts- führer der Kassenärztlichen Ver- einigung Hessen, Bezirksstelle Kassel, erhielt anläßlich seines Ausscheidens aus dem aktiven Dienst aus der Hand des Vorsit-

zenden der Bezirksstelle Kassel, Dr. med. Heinz Friedrich Moog, das vom Vorstand der Bundesärz- tekammer verliehene Ehrenzei- chen der deutschen Ärzteschaft.

Paul Wagner hat sich als Beauf- tragter für die Erstellung der Lern- ziele für Arzthelferinnen für die Berufsschule in Verbindung mit der Ärztekammer besondere Ver- dienste erworben. Die Einrichtung des ärztlichen Notfallversorgungs- dienstes (Arztrufzentralen) im Be- reich seiner Bezirksstelle ist im wesentlichen sein Werk. BÄK/ff Dr. jur. Edgar Kohnle, Heidelberg, Landgerichtspräsident a. D., er- hielt anläßlich der Vertreterver- sammlung der Landesärztekam-

mer Baden-Württemberg aus der Hand des Präsidenten, Dr. med.

Dietrich Maiwald, das vom Vor- stand der Bundesärztekammer verliehene Ehrenzeichen der deut- schen Ärzteschaft. Dr. Kohnle wur- de 1977 zum Vorsitzenden der neu errichteten Gutachterkommission für ärztliche Haftpflichtfragen bei der Landesärztekammer Baden- Württemberg für den Bereich der Bezirksärztekammer Nordbaden bestellt. Er hat wesentlich mit da- zu beigetragen, daß eine Gutach- ter- und Schlichtungsstelle bei der Kammer eingerichtet wurde.BÄK/ff

Ernst-von-Bergmann- Plakette verliehen

Dr. med. Alfred Böhm, Ltd. Medi- zinaldirektor a. D., Olching-Neu- esting, erhielt anläßlich der Sit- zung des erweiterten Vorstandes des Bayerischen Medizinalbeam-

Alfred Böhm Foto:

privat

tenvereins in München aus der Hand des Vizepräsidenten der Bayerischen Landesärztekammer, Dr. med. Georg Fuchs, die Ernst- von-Bergmann-Plakette der Bun- desärztekammer.

Dr. Böhm hat sich als langjähriger 1. Vorsitzender des Bundesver- bandes der Ärzte im öffentlichen Gesundheitsdienst e. V. und jetzi- ger Ehrenvorsitzender während seiner Tätigkeit um die ärztliche Fortbildung über viele Jahrzehnte in besonderer Weise verdient ge- macht. BÄK/ff Paul

Wagner Foto:

privat

Edgar Kohnle Foto:

Maucher

98 Heft 9 vom 4. März 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe A

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