• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "Ein weltweites Problem" (29.01.1981)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Ein weltweites Problem" (29.01.1981)"

Copied!
3
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

„Pro familia"

chen Ethik hat. Mit knappen Worten hat die „Kommission für sexualethi- sche Fragen" der Evangelischen Kir- che in Deutschland, deren damali- ger Vorsitzender ich war, in ihrer am 14. Januar 1971 veröffentlichten

„Denkschrift zu Fragen der Sexual- ethik" darauf hingewiesen: „Der ethische Konflikt entsteht, wo das Leben der Mutter und das Leben des Kindes in Frage stehen."

Dr. med. Karl Horst Wrage Direktor des Sozialmedizinisch- Psychologischen Instituts der Ev.-luth. Landeskirche Hannovers

Hanns-Lilje-Platz 4-5 3000 Hannover

Ein weltweites Problem

... Daß es in unserem Verband

„Auseinandersetzungen" — wie Sie es negativ bezeichnen — um den Kurs der Organisation gibt, sehen wir positiv als ein niemals abzu- schließendes Gespräch. Daß die Ar- gumente \fön Ingeborg Retzlaff und Peter Petersen ernst zu nehmen sind, wird bei uns niemand leugnen.

Die Basis nimmt sie ernst. Allerdings

„verlassen" fühlt sie sich deshalb nicht. Schließlich wird das Präsi- dium von der Basis gewählt, nicht umgekehrt, und schließlich kann der nur die Basis vertreten, der sich mit ihr in Übereinstimmung befindet. Al- les andere heißt, das demokratische Prinzip auf den Kopf stellen. Rück- tritt ist also das geeignete Mittel.

Wenn diese Kuratoriumsmitglieder nach ihrem Rücktritt dennoch Mit- glieder geblieben sind, so muß es einen Konsens geben. Ganz sicher ist „das Dogma vom Wunschkind"

eine Illusion, genauso wie „das Dog- ma von der Planbarkeit des Le- bens". Dennoch sind die Planbarkeit des Lebens als solche ebensowenig wie das Wunschkind bloße Illusio- nen. Es gibt das Wunschkind und es ist erstrebenswert, und der Entwurf (oder die Planung) gehört zum Le- ben, auch wenn er niemals einzuhal- ten ist. Der Artikel der beiden Auto- ren ist ja auch nichts anderes als die Befolgung eines bestimmten Kon- zeptes, eines Planes, zur Beeinfli , Q_

sung von anderen Lebenskonzep- ten. Sicher ist die Rechtsauffassung, die hier vertreten wird, gemessen an der lange tradierten, nicht von der Hand zu weisen. Aber wieder wird hier vergessen, daß sie deshalb in Frage steht, weil sie in einem überdi- mensionalen Maße nicht eingehal- ten wurde, und das auch schon lan- ge oder nie. Das „Dogma vom Schutz des ungeborenen Lebens"

war nie geeignet, das ungeborene Leben wirksam zu schützen, und es ist eben ein Irrtum zu glauben, daß es geeignet wäre, das geborene zu schützen. Das Gegenteil hat sich im- mer wieder erwiesen: Im Dritten Reich wurde neben dem Schutz des ungeborenen Lebens der Völker- mord praktiziert! In der dritten Welt bewirkt der Schutz des ungebore- nen Lebens, den die moderne Medi- zin dort als Nebeneffekt bewirkt hat, den vielfachen Tod des geborenen.

Es handelt sich hier nicht um ein nationales Problem, wie die Autoren es darstellen, sondern um ein welt- weites. Wer hier unterscheiden zu können meint, der betreibt eine dop- pelte Moral. Die Frage, vor der wir alle stehen, ist die der Priorität: Was wollen wir vornehmlich schützen:

das geborene oder das ungeborene Leben? Der absolute Schutz des un- geborenen Lebens hat zu allen Zei- ten die Bedrohung des geborenen mit sich gebracht, sei es als Hun- gersnot, als Krieg oder auch „nur"

als Strafe. Eines ist jetzt schon mit Sicherheit als Nebeneffekt des refor- mierten § 218 anzusehen: Die Stel- lung des unehelichen Kindes hat sich entscheidend verbessert. Nie- mand wird mehr diffamiert, weil er ein uneheliches Kind austrägt oder ist. Dies ist überhaupt nicht hoch genug zu bewerten, und es ist sehr zu hoffen, daß sich daran auch nie mehr etwas ändern wird. Diese Tat- sache ist denen zu verdanken, die für die Liberalisierung des Schwan- gerschaftsabbruches eingetreten sind.

Luise Holländer Dr. med. Albert Jung Vorsitzende der Pro-familia- Beratungsstelle Konstanz Gütlestraße 8

7750 Konstanz

Notlage ernst nehmen

Zunächst einmal muß gesagt wer- den, daß es innerhalb der Deutschen Gesellschaft für Sexualberatung und Familienplanung (Pro familia) nicht so etwas wie „eine herrschen- de Richtung" bezüglich der Einstel- lung zum Schwangerschaftsab- bruch gibt. Mitarbeiter einer Bera- tungsstelle können ebenso wie der Vorsitzende eines Landesverbandes und schließlich wie der Präsident des Bundesverbandes durchaus un- terschiedlicher Meinung in den verschiedenen Arbeitsbereichen sein. Indikationen zum Schwanger- schaftsabbruch können innerhalb der Pro-familia-Beratungsstellen nur von Ärzten(innen) gestellt werden.

Diese Ärzte sind der Ärztekammer und dem Gesetz ebenso verpflichtet wie dem Verband der Pro familia.

Was heißt hier „Dogma"?

Außerdem kann der sogenannte zweitindizierende, der abrumpieren- de Arzt in Klinik und Praxis jederzeit die Indikation des erstindizierenden Arztes der Pro familia verwerfen. In- sofern ist die Mit-Verantwortlichkeit des Arztes, der den Eingriff vor- nimmt, gesetzlich festgeschrieben und besiegelt. Inwieweit diese vom Gesetzgeber beabsichtigte gegen- seitige Kontrolle und Bremse von den Ärzten in Klinik und Praxis be- stätigt wird, darüber wird sonderba- rerweise wenig geredet. Die in der' letzten Zeit gegen den Verband Pro familia vorgetragenen verbalen und tätlichen Angriffe sind doch klassi- sche Phänomene dessen, was man im psychoanalytischen Sprachge- brauch unter den Begriffen der Ver- schiebung und Projektion subsu- miert: Das schlechte Gewissen einer konsumbesessenen Gesellschaft, die der Produktion dienend gewor- den ist, braucht für ihren mehr oder weniger uneingestandenen ver- drängten Kinderwunsch ein Projek- tionsfeld, auf das es seine Schuldge- fühle kanalisiert.

Der oben bereits angedeutete föde- rative Charakter der Pro-familia-Or- ganisation gibt mir Veranlassung, DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 29. Januar 1981 197

(2)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

„Pro familia"

den von Petersen benutzten Dogma- Begriff kritisch zu untersuchen: Das

„Dogma" ist ein Leitsatz, dessen Wahrheitsgehalt als unanfechtbar gilt und der vom Gläubigen als Glau- bensgrundlage hingenommen wer- den soll, da —so lehrt es die Kirche—

die dem Dogma implizite Lehrüber- zeugung übernatürlich, sprich: gött- lichen Ursprungs ist.

Freilich ist Petersen darin recht zu geben, daß es säkulare Ideologien gibt, die zwar nicht expressis verbis, so aber doch dem Inhalt nach Be- kenntnisse von ihren Anhängern postulieren, die in ihrer psychischen Dynamik dem gleichkommen, was im religiösen Bereich als dogmati- sche Glaubensforderung prätendiert wird.

Petersens Verwendung des Begrif- fes „Dogma" erweckt den Eindruck, als ob es im Bundesverband der Pro familia Mitarbeiter gäbe, die einen Alleinvertretungsanspruch für ihre Auffassung erhöben. Wenn das der Fall wäre, müßte man ihm recht ge- ben, und ich würde gemeinsam mit ihm gegen diese Dogmatik zu Felde ziehen. Wenn nicht, dann liegt in der Verwendung des Begriffes „Dogma"

mangelnde Fairneß gegenüber den- jenigen, mit denen er sich auseinan- dersetzen will, da die sachliche Aus- einandersetzung durch den Begriff

„Dogma" eine erhebliche Emotiona- lisierung erfährt. Dadurch wird die Auseinandersetzung gleichzeitig auf die ideologische Ebene verlagert.

Wer gegen Ideologien und Dogmen zu Felde zieht, gerät leicht in Versu- chung, ein eigenes Dogma zu ent- wickeln: Genau dies wiederfährt Pe- tersen, wenn er auf S. 2194 der na- turwissenschaftlich fundierten Em- bryologie die Definition dafür über- läßt, was als Mensch anzusprechen ist. Die transbiologischen anthro- pologischen Dimensionen des Menschseins, die historische, die psychosoziale, die kulturelle und re- ligiöse Dimension des Menschen, der ein Woher und ein Wohin hat, der ein dialogisches Bedürfnis nach Angenommensein und Zuwendung zur Sinnfindung braucht, das alles ist in dem in der Diskussion um den

§ 218 immer wieder zu lesenden

„biologischen Dogma" vom „Be- ginn des Lebens" nicht enthalten.

Ich stimme Herrn Petersen zu, wenn er sich dagegen verwahrt, die Plan- barkeit des Lebens zu einem absolut berechen- und kalkulierbaren Kalkül zu erheben. Dafür ist das Leben viel zu tausendfältig eventual und schicksalhaft, als daß grundsätzlich ein unerwünschtes Kind in der Rauschgiftszene oder Kriminalität landen müßte. Dennoch möchte ich die These vom „Wunschkind" als psychosoziale Forderung ins Be- wußtsein verantwortlicher Eltern- schaft integriert wissen. Es kann heute als eine wissenschaftlich gesi- cherte Position gelten, daß der Aus- fall oder die Störung der frühkindli- chen Mutter-Kind-Beziehung zu schweren psychophysischen Stö- rungen im Sinne der frühkindlichen Deprivation, eines emotionalen Fru- strationssyndroms führen. Und das bedeutet gravierende Defekte in der Persönlichkeitsentwicklung dieses Menschen. Die Grundlagen dieser Erkenntnis wurden von Renö Spitz, Bowlby, Winnicott, Margret Mahler, Balint und neuerdings von Papou- sek und Hassenstein erarbeitet. Jeg- liche Planung hinsichtlich einer ver- antwortlichen Elternschaft zu unter- lassen, alles hinzunehmen, wie es kommt, das hieße einem Fatalismus die Tür öffnen, wie er in der Präde- stinationslehre und im Puritanismus zu sozialen Ungerechtigkeiten führ- te, indem dem fleißig arbeitenden Menschen das Hinnehmen von so- zialem Elend für das Versprechen einer Belohnung im Jenseits abver- langt wurde.

Wer soll über den Abbruch entscheiden?

Wer aber soll über den Schwanger- schaftsabbruch hauptsächlich ent- scheiden? Da wird auf Seite 2194 der Strafrechtler Albin Eser für die alte Frage der Güterabwägung zi- tiert und der Schwangeren, die einen Schwangerschaftsabbruch durchführt, „Fremdbestimmung"

vorgeworfen. Wenn man so tut, als ob der Embryo ein selbständiger Mensch wäre, dann übersieht man

doch, daß er ohne die syncytiale All- verbundenheit mit dem mütterlichen Organismus gar nicht existieren kann, daß er ebenso sehr ein Teil des mütterlichen Organismus ist, wie er auch sich selbst gehört; ihm eine personale Selbständigkeit und Identität zuzusprechen, ist doch schlicht eine ontologische Unred- lichkeit.

Deshalb kann ich durchaus verste- hen, daß Frauen, die letzten Endes ihr Schicksal mit dem Schicksal des zu erwartenden Kindes teilen müs- sen, heute mehr Mitspracherecht über ihren schwangeren Leib be- gehren. Dies sehe ich nicht zuletzt als eine historische Reaktion auf ein vom Reproduktionsverhalten her be- stimmtes Rollenbild, das den Frauen über große Zeitspannen der abend- ländischen Geschichte zugewiesen wurde. Jedoch stimme ich mit Herrn Petersen darin überein, daß das Konfliktbewußtsein für die Güterab- wägung voll erhalten werden muß und die Quantifizierung der Schwe- re und Zumutbarkeit einer Notlage ernst zu nehmen ist.

Pro familia ist jedoch der falsche Adressat für die Klagen über man- gelhaftes Bemühen in der Adop- tionspraxis. Jeder, der Schwan- gerschaftskonfliktberatung macht, kann bezeugen, daß der größte Wi- derstand gegen die Adoption aus den Reihen der betroffenen, unge- wollt Schwangeren selber kommt, die dann, wenn sie ein Kind ausge- tragen haben, sowohl aus intrapsy- chischen wie aber auch aus exoge- nen Gründen (Ächtung der Raben- mutter in der Gesellschaft) es nicht mehr hergeben wollen.

Ein letztes Wort sei mir noch zum Prinzip „Hoffnung" gestattet. Hoff- nung ist Grundprinzip aller Utopien.

Sobald sich Hoffnung auf das Uner- fahrbare und Absolute bezieht, wird sie zum tragenden Grund der Erfül- lung im religiösen Glauben. So etwa sehen es die Philosophen. Aber wie kann dieser tragende Grund erfahr- bar gemacht werden? Die Hoffnung der christlichen Urgemeinde be- stand in der Gewißheit, daß ihr Herr in Kürze wiederkehren und das 198 Heft 5 vom 29. Januar 1981 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

(3)

Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen

„Pro familia"

Reich Gottes anbrechen - würde.

Trotzdem diese Endzeiterwartung nicht erfüllt wurde, hat die christli- che Verkündigung über 2 Jahrtau- sende hin Trost für erlittenes Elend im Diesseits und Hoffnung auf ein besseres Leben ins Jenseits proji- ziert. Erst in unserer Zeit machten sich Theologen wie Tillich (Das Ewi- ge im Jetzt/Der Mut zum Sein) und Moltmann (Theologie der Hoffnung) auf, um die Eschatologie von ihrer bisherigen Position einer metaphysi- schen Spekulation wegzuholen und an den Anfang des Glaubens zu stel- len. Das bedeutet aber nicht mehr und nicht weniger, als mit dem Ver- such, eine bessere, menschlichere Wirklichkeit in dieser Welt aufzubau- en, im Hier und Jetzt anzufangen.

Oder wie Moltmann es ausdrückt:

„Es geht nicht um den Glauben an einen Gott, den man in sich oder über sich hat, sondern den man im- mer vor sich hat, den man in der Menschlichkeit dieses Jesus von Na- zareth erfahren kann, und für den man sich dann aufgrund dieser Be- gegnung und Erfahrung entschei- den kann oder nicht. Aus dieser Ent- scheidung kann Glaube, Liebe und Hoffnung erwachsen. Hieraus — so meine ich — können die „helfenden Berufe" ihre moralische Rechtferti- gung beziehen, nicht aber aus einer rabulistischen Gesetzesarithmetik.

Hoffnung ist also leider kein Prinzip, das man lehren oder verordnen könnte. Wäre sie das, die Welt wäre nicht so übersät mit Einsamen, Ver- zweifelten, Gestrandeten, leiblich oder seelisch Hungernden. Es ist nicht mehr die gleiche Welt wie die, in die unsere Großmütter ihre Kinder hineingebären konnten. Es gehört heute entschieden mehr „Mut zum Sein" dazu, Kinder in eine Welt zu setzen, in der diese Kinder ahnungs- los an einem Wiesenrand der vergif- teten Ökologie oder am Rande einer Festwiese einem sinnlosen Massa- ker zum Opfer fallen können, in eine Welt, in der ein noch nie dagewese- nes Vernichtungspotential zu einer apokalyptischen Vision geworden ist. Dies bedeutet für mich, daß so- wohl die Frauen, die ihr Kind austra- gen wollen, wie auch Frauen, deren existentielle Not und Verzweiflung

dieses nicht ermöglicht, an den Grenzen ihrer Normenkonflikte von Ärzten und Beratern engagiert be -- gleitet werden sollten, eine Beglei- tung, die ihnen nicht nur Fachkom- petenz, sondern auch Empathie ver- mittelt.

Dr. med. Herwig Poettgen Frauenarzt — Psychotherapie — Vorsitzender des Landesverbandes Nordrhein-Westfalen

der Deutschen Gesellschaft für Sexualberatung

und Familienplanung Joseph-Schregel-Straße 17 5160 Düren

Schlußwort

Es ging uns in unserem Artikel „Frei- heit und Verantwortung in pro fami- lia" darum, den schmerzvollen Grundkonflikt beim Schwanger- schaftsabbruch wachzuhalten: Hier steht die Existenz eines Menschen überhaupt gegen den möglichen (keineswegs sicheren) Knick in der Lebenslinie eines anderen Men- schen. Der Präsident des Bundes- verbandes pro familia, Dr. phil. Jür- gen Heinrichs, nimmt diesen Kon- flikt nicht wahr (und hält ihn wohl auch nicht für wahr). Er versucht, sich vom Verdacht der Vernebelung reinzuwaschen. Die Art freilich, wie er das tut, läßt ironische Verzweif- lung bei uns aufkommen. Gibt es das wirklich in unserer Bundesrepu- blik, daß der Präsident eines ge- meinnützigen Vereins, der einige Zigmillionen DM öffentlicher Gelder im Jahre verbraucht, so messer- scharf (daneben-)denkt? Hat Herr Heinrichs unseren Vorwurf, er denke als Sozialdarwinist, tatsächlich so wenig verstanden, daß er diesen Vorwurf dadurch entkräften will, in- dem er ausgerechnet den Ultra-So- zialdarwinisten Gerhard Amendt als Kronzeugen für seine Unschuld be- ruft: Der tendenziöse und Unwahr- heiten verbreitende Spiegelartikel

„Ungeliebtes Leben" (Heft 38/1980) gipfelt in Amendts brutalem Satz:

das aktive Engagement des Beraters in der §-218-Beratung zugunsten des ungeborenen Menschen „be- deutet die systematische Herstel-

lung psychisch geschädigter Men- schen". Heinrichs demaskiert sich selbst — aber er merkt es nicht.

Ein anderes Beispiel für die Konflikt- verschleierung und ihre Folgen: Dr.

Heinrichs glaubt, durch einen tak- tisch gut durchdachten Feldzug zur Kontrazeption (zielgruppenorien- tiertes Konzept) die Rate der Schwangerschaftsabbrüche senken zu können. Die Taktik stimmt, aber an der Strategie hapert es: Nur wenn das Bewußtsein der Berater und der Bevölkerung dafür geschärft wird, daß jeder Schwangerschaftsab- bruch Tötung von Menschenleben ist, nur dann bildet sich die entschei- dende Motivation für konsequen- te Empfängnisverhütung. Solange aber das Faktum der Tötung ver- schwiegen wird, mangelt es am Motiv.

Wie wenig Herrn Heinrichs am ungebore- nen Leben liegt, beweist er mit seiner Haltung zur Adoption. Wenn der Bundes- verband pro familia den Namen der füh- renden Familienplanungs-Organisation wiederum verdienen will, muß er eine Kampagne in den eigenen Reihen für die Adoption einleiten und entsprechen- de organisatorische Voraussetzungen schaffen. Adoption statt Schwanger- schaftsabbruch muß die Devise lauten.

Es gibt heute vermutlich zwischen 20-30 000 freie Adoptionsstellen in der Bundesrepublik Deutschland. Der Trend ist folgender: 1963-1973 lag die Anzahl durchgeführter Adoptionen bei ca. 7000, bis 1976 stieg sie auf 9500; sprunghaft jedoch stieg die Zahl der adoptionswilli- gen Eltern von ca. 7600 (1972) auf fast 18 000 (1976). Es kamen sechs Bewerber auf ein Kind. (Eduard Tack, „Adoptions- vermittlung — neue Chance für sozial be- nachteiligte Kinder"; in: Praxis des neu- en Familienrechts, Berlin/New York: Wal- ter de Gruyter 1978, S. 111-128.) Ein letztes Beispiel für die Verant- wortungsverleugnung von Herrn Heinrichs. Auf unseren Vorwurf, wei- terhin Fakten zu verschleiern, schweigt der Präsident von pro fami- lia: über die (prozentuale) Anzahl der Schwangerschaftskonfliktbera- tungen, die in den Pro-familia-Bera- tungsstellen die Indikation zum Schwangerschaftsabbruch erhalten, gibt er keine Zahlen bekannt, ob- wohl er sie wissen könnte und ob- wohl er wiederholt zu dieser Offenle- gung aufgefordert wurde. Auf ihn und seine Geldgeber trifft damit ein DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 5 vom 29. Januar 1981 199

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

lich gereinigt, so bleibt auf dem Filter eine dunkelbraune schmierige Masse zurück, die zur weiteren Reinigung mit 0 , 5 % Schwefelammonium (25—30%) so lange versetzt wird, bis

[r]

Für die Pflanze ist also eine- Aufteilung des ganzen Organismus in viele Glieder wesentlich, für das Tier nicht.. Trotz dieser „Veräußerlichung“ des ganzen

Was aber noch mehr ist, so kann uns selbst die Erfahrung die Wirk- lichkeit derselben nicht beweisen; es müßte denn eine Vernünftelei vorhergegangen sein, die nur den Begriff

Vorträge aus der Bundesrepublik zeigten auch die Gefahren auf, die sich für Pa- tienten und Ärzte aus der miß- bräuchlichen Benutzung solcher Arzneiverbrauchsdaten ergeben und

Aber auch hier scheint es regionäre Unterschiede zu geben, da dies für England und für afrika- nische Länder zutrifft, während in Indien die Mitralklappe nach wie vor am

gengesetzt: Die Linie umreißt dann keine Figur im R a u m , sondern strukturiert eine Fläche, die dem Betrachter die Illusion einer taktilen Nähe vermittelt; sie

Aber auch eine Abschrift oder Kopie eines Protokolls besitzt nicht mehr dieselbe Authentizität oder Glaubwürdigkeit wie das Original.. Des gerichtlichen Protocolls Copey, wenn