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Archiv "Die Endokarditis — ein weltweites Problem" (20.12.1985)

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Aus dem National Heart Hospital, London

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

ÜBERSICHTSAUFSATZ

Gibt es die in der Nachkriegszeit so verbreitete „Endocarditis len- ta" noch? Wie eine kurze Reihe des DEUTSCHEN ÄRZTEBLAT- TES zeigt, hat sich die Morbidität gegenüber den Nachkriegsjahren trotz Penicillin und anderen Anti- biotika nicht wesentlich verän- dert. Verändert haben sich die Ur- sachen, unter denen invasive und immunsuppressive Diagnostik so- wie Therapie an erster Stelle ste- hen. Viele Ärzte denken aber nicht mehr an diese Ursache uner- klärlichen Fiebers, beschleunigter Blutsenkungen oder wechseln- der, zunächst sehr diskreter Herz- beschwerden. Das DEUTSCHE ÄRZTEBLATT bringt daher aus der Feder international ausgewie- sener Kenner dieser wichtigen und bei rechtzeitiger Diagnose ei- ner Therapie — in der ersten Stufe immer antibiotisch, in einer zwei- ten Stufe eventuell Klappenersatz

— gut zugänglichen Erkrankung ei- ne Reihe von vier Beiträgen.

Rudolf Gross

D

ie infektiöse Endokarditis ist noch immer, trotz Ver- besserung unserer Unter- suchungsmethoden und erheb- licher Fortschritte auf dem Gebiet der Chemotherapie, ein weltwei- tes Problem. Mit der Einführung der Antibiotika hat sich zwar zu- nächst ein Rückgang der infekti- ösen Endokarditis erkennen las- sen, der sich insbesondere geo- medizinisch niederschlug. In Län- dern mit wirksamer Antibioti- kaprophylaxe und der Möglichkeit zu konsequenter Antibiotikathera-

pie bei klinischem Verdacht oder klinischem Nachweis der Endo- karditis wurde in der Tat ein Rück- gang der Erkrankungszahlen fest- gestellt. Dies trifft für viele Indu- strieländer zu, während in der so- genannten Dritten Welt mit we- sentlich schlechteren sanitären Bedingungen die Endokarditis nicht ab-, sondern zuzunehmen schien.

Hinzu kommt ein besonders un- günstiges Umfeld in tropischen und subtropischen Regionen. Es hat sich aber gezeigt, daß die zu- nächst sich anbahnenden Unter- schiede nicht stichhaltig sind, daß die Endokarditis weltweit nach wie vor im Vormarsch ist und ei- nen höchst bemerkenswerten An- teil der chronischen Krankheiten darstellt. Ich bin darauf an anderer Stelle ausführlicher eingegangen (5). Im folgenden soll versucht werden, eine Erklärung für die nach wie vor vorhandene Anfällig- keit für Endokarditis darzulegen.

Wie bereits kurz erwähnt, wider- sprechen die Berichte über die In- zidenz vor und nach der Einfüh- rung der Antibiotika einander. Be- merkenswert ist die Tatsache, daß in Großbritannien keine Unter- schiede im Befall festzustellen sind. Die Zahl der Fälle blieb über die Jahrzehnte ziemlich gleich (1).

Die Globalzahlen sind jedoch mit Vorsicht zu interpretieren, da es zu einer Altersumschichtung der Erkrankten gekommen ist. In den Industrieländern sind in zuneh- mendem Maße ältere Menschen befallen. So wird eine Anfälligkeit

Die infektiöse Endokarditis gibt es nach wie vor weltweit. Dies ist nicht allein eine Folge von unterschiedlicher bakterieller Durchseuchung, sondern wird vielmehr durch Besonderheiten des Herz-Kreislauf-Systems sowie durch die Zunahme kardiovasku- lärer Interventionen beeinflußt.

der Menschen im 4. bis 7. Lebens- jahrzehnt berichtet (1, 2). In Afrika und Indien sind dagegen vorwie- gend jüngere Menschen gefähr- det. In einer Studie von Datta wird ein durchschnittliches Erkran- kungsalter von 28 Jahren in tropi- schen Regionen berichtet.

In Ländern mit hoher bakterieller Durchseuchung, wie zum Beispiel in einigen Provinzen der Volksre- publik China, ist die Erkrankungs- rate bei jüngeren Menschen zwi- schen dem 15. und 30. Lebensjahr ungewöhnlich hoch. Aber auch bei Älteren, die eine defektgeheil- te rheumatische Endokarditis auf- wiesen, ist die Erkrankungsrate bemerkenswert. Dies gilt insbe- sondere bei erworbenen Herz- klappenfehlern. Koronarbedingte Herzkrankheiten kommen dage- gen in den großen Hospitälern Rot-Chinas ungemein selten vor.

Es scheint aber, daß sie auch dort im Zunehmen begriffen sind.

Bei Männern häufiger

Zur Zeit überwiegen die entzünd- lichen Herzerkrankungen bei wei- tem, und hier spielt die septische Endokarditis eine außerordent- liche Rolle. Rheumatische Herzer- krankungen sind bei Frauen ganz allgemein häufiger als bei Män- nern. Dies gilt sowohl für die Ent- wicklungs- als auch für die Indu- strieländer. Da nach großen Stati- stiken die Endokarditis ganz allge- mein bei Männern häufiger vor- kommt als bei Frauen, wobei Zah- len zwischen 2:1 und 5:1 angege-

Die Endokarditis —

ein weltweites Problem

Eckhardt G. J. Olsen

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 51/52 vom 20. Dezember 1985 (51) 3855

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Epidemiologie der Endokarditis

ben werden, muß man andere Ur- sachen für diese Krankheitsfälle annehmen. Man ist heute der Mei- nung, daß degenerative Herzklap- penveränderungen, insbesondere die Aortenklappen betreffend, für die Bevorzugung der Männer ver- antwortlich sei. Man wird daher guttun, bei Männern mit verkalk- ten Herzklappen oder anderen physikalischen Zeichen der Aor- tenklappenstörungen sorgfältig auf eine vorhandene oder sich entwickelnde Endokarditis zu achten.

Die Häufigkeit der Endokarditis im Autopsie-Gut ist unterschiedlich.

So wiesen 0,4 Prozent der Autop- sien in Bombay und 1,8 Prozent der Autopsien aus Chandigarh, 3,2 Prozent der Autopsien aus Ugan- da eine Endokarditis auf (4). Diese Zahlen sind mit großer Vorsicht zu interpretieren, denn sie sagen nichts über den tatsächlichen Be- fall der Bevölkerung aus. Die Zahl auswertbarer Autopsien ist, gera- de in den Entwicklungsländern, ungewöhnlich niedrig und schwankt überdies regionär be- trächtlich. Man muß daher mit zahlreichen unentdeckten Fällen rechnen. In England und Wales gibt es pro Jahr seit 1954 etwa 300 endokarditisbedingte Todesfälle, doch sind auch diese Zahlen mit Vorsicht zu verwerten. In den letz- ten Jahren hat sich das Krank- heitsspektrum dadurch verändert, daß infolge besserer medikamen- töser Versorgung und zunehmend erfolgreicher herzchirurgischer Maßnahmen die Inzidenz abnahm.

Auf der anderen Seite kommt es immer wieder zum Aufflackern der Endokarditis bei Drogenab- hängigen.

Darüber hinaus kann nicht ver- schwiegen werden, daß durch di- rekte Eingriffe am Herz-Gefäß-Sy- stem, zum Beispiel durch Herzka- theterung, durch großzügige An- wendung von intravenösen Son- den usw. eine zusätzliche Gefah- renquelle erschlossen wurde. So hat die infektiöse Endokarditis in kardiologischen Spezialzentren eher zugenommen. Dies führt zu

der Frage, welche Ursachen für den Ausbruch der Endokarditis anzuschuldigen und wie die Ein- trittswege krankmachender Erre- ger zu beurteilen sind.

Ursachen und Eintrittswege Wie bereits angedeutet, sind di- rekte Interventionen an den Herz- Kreislauf-Organen mit einem er- höhten Risiko für Endokarditis verbunden. Ich verweise auf den Beitrag von Naumann in dieser Serie. Drogensüchtigkeit, damit verbundene oder auch anderweits erklärte immunologische Abwehr- schwäche sind hier zu nennen.

Die Verwendung immunsuppres- siver Medikamente bahnt der En- dokarditis den Weg (5). Auch nach Herzkatheter-Untersuchungen, nach herzchirurgischen Eingrif- fen, insbesondere am Klappensy- stem, aber auch an den Kranzge- fäßen, besteht eine verstärkte En- dokarditisgefährdung. Man sollte mit der Anwendung von intrave- nösen Sonden sehr zurückhal- tend sein und sie möglichst kurz- fristig einsetzen. Je länger intra- venöse Sonden liegen, um so grö- ßer ist die Infektionsgefahr, und jeder erfahrene Kliniker weiß zu berichten, daß bakteriologische Untersuchungen derartiger Son- den nicht selten erhebliche Be- funde ergeben. Hier spielen die Problemkeime ebenfalls eine Rol- le. Wiederum sei auf den Artikel von Naumann verwiesen.

Besonders gefährdet sind Nieren- kranke, die einer dauernden Hä- modialyse bedürfen. Andere prä- disponierende Faktoren sind an- geborene Anomalien sowie er- worbene Herzkrankheiten. Diese haben in den Industrieländern, wie bereits gesagt, generell abge- nommen. Dies ist besonders be- merkenswert auch für die ange- borenen Herzfehler. Man muß an- nehmen, daß intrauterine Infektio- nen wesentlich seltener gewor- den und dadurch bedingte Herz- mißbildungen zurückgegangen sind. Auch die Zahl der postparta- len entzündlichen Herzerkrankun-

gen ist rückläufig. Angeborene Herzfehler waren in der Ära vor der Antibiotika-Therapie in einem Sektionsgut mit 17,6 Prozent be- richtet worden, gegenüber 2,1 Prozent innerhalb einer zehnjähri- gen Beobachtungszeit seit Ein- führung antibakterieller Medika- mente. Aber auch hier gibt es Un- terschiede der einzelnen Herzfeh- ler. Vorhofdefekte in der Gegend der Fossa ovalis sind sehr selten von der infektiösen Endokarditis betroffen, diese kommt häufiger bei atrioventrikulären Kanaldefek- ten vor (5). Bei Kammerdefekten wird ein Befall von 1,5/1000 ange- geben (6).

Unter allen Endokarditisfällen der Bundesrepublik sind zehn Pro- zent mit angeborenen Herzkrank- heiten verbunden, wie offener Ductus Botalli, Ventrikelseptum- defekt, Fallotsche Tetralogie und Pulmonalstenose (7). Bei angebo- renen Herzklappenfehlern findet man in einer anderen Studie (6) für die Aortenklappe 1,8/1000, aber nur 0,2/1000 im Bereich der Pulmonalklappen. Während in der Bundesrepublik etwa 40 Prozent bis 60 Prozent der Endokarditis- fälle mit Beteiligung der Mitral-, Aorten- und Tricuspidalklappen an der Gesamtzahl der Endokardi- tiden beteiligt waren, ist dies in den letzten Jahrzehnten sehr viel seltener geworden. In Indien wur- den 25 Prozent der Fälle mit infek- tiöser Endokarditis auf angebore- ne Herzfehler und 36 Prozent auf erworbene Klappenfehler, meist auf rheumatischer Basis, zurück- geführt (3). Vergleichbare Werte für die USA sind 72 Prozent (8) und für Großbritannien 68 Prozent (1). In England waren also 32 Pro- zent der Patienten mit Herzfeh- lern nicht effiziert. Es ist aber im- merhin bemerkenswert, daß nach autoptischen Studien in 11 Pro- zent der Fälle ein klinisch stumm gebliebener Herzfehler vorlag.

Auch scheinbar normale Klappen können von der Endokarditis be- fallen sein, das heißt ohne hämo- dynamisch und klinisch vorhande- ne Zeichen eines Herzklappen- 3856 (52) Heft 51/52 vom 20. Dezember 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Epidemiologie der Endokarditis

fehlers kann es zu einer Endokar- ditis kommen. Degenerative Ver- änderungen des Herzklappensy- stems und des parietalen Endo- kards können hierfür mitverant- wortlich gemacht werden. Natür- lich spielt auch der Typ der Infek- tion eine Rolle. Generell ist aber festzuhalten, daß höhere Alters- klassen eine schlechtere Progno- se haben. Dabei spielt natürlich auch der Zustand des Myokards eine große Rolle. Während früher die Mitralklappen am meisten be- fallen waren, ist jetzt die Aorten- klappe öfter in Mitleidenschaft ge- zogen. Aber auch hier scheint es regionäre Unterschiede zu geben, da dies für England und für afrika- nische Länder zutrifft, während in Indien die Mitralklappe nach wie vor am meisten geschädigt ist.

Das scheint auch für Rot-China zuzutreffen, obwohl statistisch si- gnifikante Ergebnisse noch nicht vorliegen.

Daß der intrakardiale Druck für die Entwicklung der Endokarditis ei- ne Rolle spielt, geht aus Untersu- chungen von Lepeschkin hervor (9). Dieser Autor nahm Druckmes- sungen über den Klappen vor, und es zeigte sich, daß mit der Zu- nahme des durchschnittlichen Druckes im Bereich der Klappen eine Steigerung der Anfälligkeit gegeben ist. Diese Befunde ste- hen in Einklang mit der Beobach- tung, daß die Zunahme der verkal- kenden Aortenstenose mit ihrem Druckanstieg auch einen stärke- ren Endokarditisbefall in diesem Bereich bedeutet.

Was nun weitere prädisponieren- de Faktoren und die Eintrittspfor- ten angeht, so ergeben sich be- trächtliche Schwierigkeiten. In ei- ner britischen Studie waren Ein- trittspforten überhaupt nur in et- wa 40 Prozent der Patienten er- kennbar. In 19 Prozent waren Ein- griffe an den Zähnen die Ursache, in 16 Prozent bestanden Hinweise auf Eintrittspforten im Bereich des Verdauungstraktes, der Harn- wege oder der Atemwege. Auch Knochenbrüche, insbesondere of- fene Frakturen, spielen eine Rol-

le. Offensichtlich sind auch die Zusammenhänge zwischen Haut- affektionen, insbesondere bei Drogenabhängigen, und Endokar- ditis. Schließlich scheinen Schwangere ebenfalls gefährdet, und man wird Vitiumträger hier besonders beobachten müssen.

In dieser Studie fanden sich bei fünf Prozent der Patienten me- chanische Ursachen wie chirurgi- sche Eingriffe, Herzkatheter, Hä- modialyse. Ausreichende Beob- achtungen bei organtransplantier- ten Patienten liegen mir nicht vor, doch muß man auf mögliche Zu- sammenhänge durchaus achten.

In einer britischen Untersuchung hatten 17 Prozent der Endokardi- tiskranken Herzklappenprothesen oder sie hatten verschiedene herzchirurgische Maßnahmen hinter sich. In 22 Prozent einer Studie in Bombay fanden sich Herzklappenprothesen. Berück- sichtigt man jedoch die Gesamt- zahl der Herzklappen-Prothesen- Träger, so beträgt die lnzidenz der infektiösen Endokarditis nur etwa 2,5 Prozent (10).

Extrakardiale Manifestationen Da erfahrungsgemäß mit der in- fektiösen Endokarditis andere Or- ganmanifestationen verbunden sind, wird man auf Glomerone- phritis, auf Arteriitis, auf Osler- Krankheit, aber auch auf Arthritis zu achten haben. Bemerkenswert ist ferner, daß bei Kranken mit Kryoglobulinen eine verstärkte Gefährdung durch Endokarditis besteht. Offenbar bahnen be- stimmte Immunkomplexe der En- dokarditis den Weg (5). Dies gilt insbesondere für extrakardiale Manifestationen.

Der Typ der Erreger

Bemerkenswert ist, daß in tropi- schen Ländern Eitererreger offen- sichtlich eine große Rolle spielen.

Mit der Zunahme von Staphylo- kokkeninfektionen in unserem Krankengut, insbesondere in den Kliniken, muß jedoch auch hier

auf Besonderheiten der letzten Jahre geachtet werden. Dies gilt auch für die pilzbedingte Endo- karditis sowie für die durch Rik- kettsien hervorgerufene Endokar- ditis. Hier spielt die allgemeine Herabsetzung der Abwehrlage ei- ne große Rolle, zum Beispiel bei hämatologischen Grundkrank- heiten, aber auch bei Krank- heiten, die mit immunsuppressi- ven Medikamenten behandelt wurden. Wiederum ist bemer- kenswert, daß pilzbedingte Endo- karditis auch nach Herzoperatio- nen gehäuft vorkommt (5). Jede Pilzart kann hierbei als Erreger auftreten, wobei die Candida-In- fektionen am häufigsten sind.

Ein Wort soll noch zu den Rickett- sien als Erreger gesagt werden.

Q-Fieber-Endokarditis ist als Welt- problem wohlbekannt, obwohl sie relativ selten ist (5). Endokarditis folgt gewöhnlich einer pulmona- len Infektion. Typischerweise kommt sie nur bei Patienten vor, die eine vorhergehende kardiale Anomalie hatten. Infektionen im Zusammenhang mit offener Herz- chirurgie sind beschrieben wor- den. Wie bei anderen Formen der Endokarditis sind alle Altersstufen befallen. Das Verhältnis von Män- nern zu Frauen ist 4:1. Die Aorten- klappe ist am häufigsten angegrif- fen. Die Diagnose erfolgt entwe- der durch die Isolation des Erre- gers oder durch „Komplimentfixa- tion-Tests", die in speziellen Re- ferenzlaboratorien durchgeführt werden. Rickettsielle Infektionen sind nur für 10 Prozent der negati- ven Blutkulturen verantwortlich.

Rickettsia burnetii verursacht en- dozootische Infektionen bei Rin- dern, Ziegen, Schafen und wilden Nagetieren, und sie wird durch Zecken, die zu den Ixododae- und Agrasidae-Familien gehören, über- tragen (11). Erreger wurden auch in der Schafwolle gefunden. Un- pasteurisierte Milch sowie dome- stizierte Vögel übertragen die In- fektion auf den Menschen; auf die Kontamination der Kleidung von Arbeitern, die mit infizierten Tie- ren in nahen Kontakt kommen, ist zu achten (5).

Ausgabe A 82. Jahrgang Heft 51/52 vom 20. Dezember 1985 (55) 3857

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Epidemiologie der Endokarditis

Schlußfolgerung

Aus diesen Erhebungen wird klar, daß die Endokarditis immer noch ein Weltproblem ist. Die früher si- cher scheinenden Unterschiede zwischen tropischen, subtropi- schen und gemäßigten Zonen ver- wischen sich allmählich. Dies hängt damit zusammen, daß die bakterielle Durchseuchung infol- ge der Verbesserung der allge- meinen und speziellen Hygiene massiv beeinflußt wurde. Auf der anderen Seite gibt es krankheits- fördernde Faktoren auch unter den Industrienationen, und es ist bemerkenswert, daß ärztliche Ein- griffe nicht selten mit einem er- höhten Endokarditisrisiko verbun- den sein können. Therapeutische Maßnahmen bei Herz-Kreislauf- Störungen, insbesondere chirur- gische Eingriffe sind deswegen besonders sorgfältig zu beobach-

ten. Durch Verbesserung diagno- stischer und therapeutischer Möglichkeiten kann das Risiko ge- fährdeter Patienten herabgesetzt werden. Auf der anderen Seite gibt es gesteigerte Gefahren bei Menschen mit immunologischer Abwehrschwäche und gesteiger- ter Infektionsgefährdung. Hierfür sind Drogenabhängige das klassi- sche Beispiel. Geomedizinische Studien sollten weltweit durchge- führt werden, um mit diesem noch immer bedrohlichen Problem fer- tig zu werden.

Literatur

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Anschrift des Verfassers:

E. G. J. Olsen MD FFRCPath FACC National Heart Hospital

Westmoreland Street London, W.1., England

FÜR SIE GELESEN

Pathophysiologische Gründe der hepatischen Enzephalopathie

Mehrere pathophysiologische Gründe kann die hepatische En- zephalopathie haben. Untersucht wurden unter anderem die Ände- rungen der Blut-Hirn-Schranke, anomales Gleichgewicht der Neu- rotransmitter, gestörter zerebra- ler Metabolismus sowie die ge- hemmte Aktivität der Natrium-Ka- lium-Adenosintriphosphatase in den Neuromembranen.

Infolge eines unvollständigen Ab- baus in der Leber kann Ammo- niak, das beim Verdauen von Pro- tein, aber auch durch Blutungen im Magen-Darm-Trakt und Obsti- pationen entsteht, in das Zentral- nervensystem eindringen und zur Enzephalopathie führen. Bei Zir- rhose-Patienten regen hohe Am- moniak-Spiegel im Blut die Gluka- gon-Sekretion an, die wahrschein- lich zu einer gesteigerten Gluko- neogenese aus Aminosäure und

somit zur erhöhten Insulin-Sekre- tion führt. Das Proteohormon In- sulin seinerseits stimuliert die Aufnahme und den Metabolismus aliphatischer Aminosäuren durch die Muskeln. Die Blutspiegel aro- matischer Aminosäuren sind da- gegen merklich erhöht; insbeson- dere die aromatische Aminosäure Tryptophan und seine Metaboli- ten wirken toxisch im Zentralen Nervensystem.

Ferner gibt es klinische und expe- rimentelle Hinweise, daß Gluta- min und Alfa-Ketoglutarat neuro- toxisch wurden. Merkaptane, Me- taboliten des Methionins, und freie Fettsäuren stören im Gehirn die Entgiftung des Ammoniaks.

Beide Stoffgruppen zusammen wirken sogar mit Ammoniak sy- nergistisch.

Experimentelle Studien zeigen, daß im Gehirn selbst niedrige Konzentrationen von Fettsäuren die Aktivität der Natrium-Kalium- Adenosintriphosphatase hemmen und somit wahrscheinlich die Kali-

umwanderung innerhalb der Zel- len behindern.

Ein weiterer möglicher Mechanis- mus wäre: Gamma-Aminobutter- säure, Glycin, Oktapamin, Seroto- nin, Histamin und Katecholamine, die alle in zerebrospinalen Flüs- sigkeiten und Seren von Enzepha- lopathie-Patienten verstärkt vor- kommen, können die normalen Neurotransmitter von den Synap- tosomen präsynaptischer Nerven- enden verdrängen.

Anstatt durch akkumulierte zere- brotoxische Substanzen, die nicht von der defekten Leber abgebaut werden, kann die hepatische En- zephalopathie auch durch eine veränderte Blut-Hirn-Schranke hervorgerufen werden, die dann die toxischen Substanzen in das Gehirn gelangen läßt. jv.

Fraser, G. L.; Arieff, A. 1.: Hepatic Encephalo- pathy. N. Engl. J. Med. 313 (1985) 865-873.

Allen, I. Arieff, Veterans Administration, Medi- cal Center, 4150 Clement St., San Francisco, CA 94121, USA

3858 (56) Heft 51/52 vom 20. Dezember 1985 82. Jahrgang Ausgabe A

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