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Archiv "Forensische DNA-Analytik" (23.08.2004)

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B

is in die Mitte der 1990er-Jahre hat sich die Rechtsmedizin einer gro- ßen Zahl polymorpher Erythro- zytenmembransysteme, Proteinsyste- me, Enzymsysteme sowie des HLA-Sy- stems bedient, um Fragen der Iden- tität, der biologischen Verwandtschaft und der Herkunft von Spuren zu klären. Durch die DNA-Technologie wurden diese Methoden nicht nur in quantitativer Hinsicht revolutioniert;

es wurden auch neue Anwendungsbe- reiche erschlossen, die zuvor nicht denkbar waren.

Biologische Verwandtschaft

Bei der Ermittlung der biologischen Verwandschaft geht es in den meisten Fällen um die Frage nach der Vater- schaft. Ist der Vater verstorben, kann man sich verschiedener Hilfskonstruk- te bedienen, um die Frage dennoch zu klären. Man untersucht zum Beispiel nahe Blutsverwandte des verstorbenen Eventualvaters. Zunehmend tauchen auch Fragen nach anderen Verwandt- schaftsverhältnissen auf: In einem Fall wollten zwei Menschen, die sich zufäl- lig begegneten, beispielsweise wissen, ob sie in einem Cousinen/Cousinver- hältnis zueinander stehen. In einem anderen Fall wollten drei Geschwister erfahren, ob eine vierte Person, dem sie begegnet waren, ihr Halbbruder ist.

Im Ausland lebende Personen wollten wissen, ob eine in Deutschland bestat- tete Person ihr Großvater gewesen war. Kinder suchten nach den Gebei- nen ihres im Krieg verschollenen Va- ters.

Identifizierung

Bei unbekannten Toten, bei Auffindung von Leichenteilen, Skeletten und Ske- lettteilen steht die Identifizierung im Vordergrund. Es gilt zunächst häufig, den Kreis von infrage kommenden Per-

sonen zum Beispiel durch Bestimmung des Lebensalters, des Geschlechts oder der Leichenliegezeit einzuengen, bevor man unter anderem mit der DNA-Tech- nologie identifiziert. Bei Massenkata- strophen mit zahlreichen unbekannten Toten oder Leichenteilen geht man gele- gentlich auch so vor, dass man von einer großen Gruppe putativer naher Ver- wandter die DNA-Muster bestimmt so- wie von den Leichenteilen.Anschließend wird durch Vergleich die genetische Zu- gehörigkeit festgestellt.

In Kriminalfällen steht die Charak- terisierung einer biologischen Spur häufig im Vordergrund. Hier wurden in den letzten Jahren wohl die größten Fortschritte erzielt; die zukünftige Ent- wicklung ist noch nicht abzusehen. Die Spur variiert zwischen Blut, Sperma, Speichel, Schweiß, Urin, Kot, Haaren, Hautabrieb. Die Menge an herausge- löster DNA liegt in der Regel zwischen Werten im Nanogramm- (10-9) und Pikogrammbereich (10-12) und „nicht messbar“. Der Degradationszustand kann hochgradig sein, das heißt, das aus vielen Millionen Basenpaaren (bp) bestehende Kettenmolekül ist in klein- ste Bruchstücke von 100 oder wenigen 100 bp zerfallen.

Im Folgenden werden der heutige Stand der Wissenschaft sowie aktuelle Entwicklungen der forensischen DNA- Analytik dargestellt.

Grundlagen

Autosomale „short tandem repeats“

Die Sequenz der 3 109bp des huma- nen Genoms ist mittlerweile weitestge- hend bestimmt. Nur ein Bruchteil von circa drei Prozent enthält Informatio- nen für Genprodukte (zum Beispiel Proteine). Der Rest besteht unter an- derm aus „short tandem repeats“ (STR) (auch als Mikrosatelliten bekannt), ei- ner Klasse von repetitiver DNA, die zahlreich und weit verstreut auf allen

Forensische DNA-Analytik

Zusammenfassung

Für den rechtsmedizinischen Identitätsnach- weis besitzt die auf der Polymerasekettenreak- tion (PCR) basierte DNA-Analytik einen bedeut- samen Stellenwert. Der heutige Stand der fo- rensischen Molekulargenetik wird im Hinblick auf autosomale und Y-chromosomale „short tandem repeats“ (STR) dargestellt und mito- chondriale Polymorphismen werden unter Berücksichtigung der verwendeten Typisie- rungstechniken und DNA-Datenbanken erör- tert. Der Schwerpunkt der Darstellung liegt auf der Anwendung in der Abstammungsbegut- achtung und Spurenkunde.

Schlüsselwörter: molekulare Medizin, forensi- sche Molekulargenetik, Abstammungsbegut- achtung, Polymerasekettenreaktion, Rechts- medizin

Summary

Forensic DNA-Analysis

DNA analyses based on polymerase chain reac- tion (PCR) play an important role in human identification. The state-of-the-art techniques and markers in the field of forensic genetics, e.g., autosomal and Y-chromosomal short tan- dem repeats (STR) as well as mitochondrial polymorphisms, are discussed and their applica- tion in stain analysis and paternity testing are described. Recent trends in forensic genetics, i.e. the introduction of novel markers such as X-STR and SNP are covered.

Key words: molecular medicine, forensic molec- ular genetics, parentage expertise, polymerase chain reaction, forensic medicine

Institut für Rechtsmedizin (Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h. c.

Bernd Brinkmann) der Westfälischen Wilhelms-Univer- sität, Münster

Bernd Brinkmann

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Chromosomen vorkommt und aus einer tandemartigen Wie- derholung von DNA-Blöcken aus je 1 bis 7 bp besteht (Gra- fik 1). Die Zahl dieser Wieder- holungseinheiten (Englisch:

„repeats“) an einem bestimm- ten STR-Locus kann extrem variieren. Bei den forensisch genutzten STR findet man Al- lele mit 10 bis 20 Repeats. Es sind aber auch extrem poly- morphe Genomorte mit einer großen Variation von Allelen mit 8 bis 40 Repeats bekannt.

Eine definierte Repeat-Zahl von beispielsweise 12 ent- spricht auch der Bezeichnung des entsprechenden Allels.

Die polymorphen STR-Loci werden jeweils mittels Poly- merasekettenreaktion (PCR) amplifiziert und anschließend elektrophoretisch aufgetrennt (Grafik 2). Sie stellen hoch- spezifische, hochdiskriminati- ve und hochempfindliche Sy- steme dar.

In der Praxis erfolgt eine Trennung der PCR-Produk- te in hochauflösenden Poly- acrylamidgelen im elektri- schen Feld (Elektrophorese) oder mittels Kapillargelek- trophorese in DNA-Sequen- zierautomaten, wobei hier die PCR-Produkte durch laserin- duzierte Fluoreszenz eines während der PCR eingeführ- ten fluoreszierenden Farb- stoffs äußerst sensitiv detek- tiert werden.

Durch internationale Kon- ventionen ist festgelegt, die STR-Allele nicht aufgrund ihrer Länge (die kann durch

Verwendung anderer Reagenzien oder anderer Geräte variieren), sondern auf der Basis der Zahl ihrer Wiederho- lungseinheiten zu benennen. Dazu wird eine „Allelleiter“ mitgeführt, eine Mischung aus bekannten Allelen, de- ren Wiederholungseinheiten durch Se- quenzierung exakt bekannt sind. In ei- nigen Systemen existieren in der Re- peat-Region – gelegentlich sind nur vereinzelte Allele betroffen – irregulä- re Repeats mit irregulärer Länge, wie

in Grafik 1 dargestellt. Das in Europa häufigste Allel 9.3 weist als siebte Wie- derholungseinheit das Trimer ATG an- stelle des Tetramers AATG auf.

Im menschlichen Genom existieren Tausende STR-Loci, von denen nur Hunderte bekannt sind. In der Fallar- beit wird auf circa 30 hochgradig vali- dierte Systeme zurückgegriffen, deren Populationsfrequenzen publiziert wor- den sind. Die in der Rechtsmedizin ein- gesetzten STR bestehen überwiegend

aus Tetranukleotid-Wiederholungsein- heiten, weil sie im Vergleich zu den im Genom viel häufiger vorhandenen STR mit Di- oder Trinukleotid-Wie- derholungseinheiten eine deutlich re- duzierte Neigung zu Stutter-Artefak- ten aufweisen. Stutter-Artefakt bedeu- tet, dass neben den Allelen mit zum Beispiel 10 und 14 Repeats aufgrund von Polymerasefehlern auch die „Stut- ter-Allele“ 11 und 13 vorkommen, wenn auch viel kleiner als die echten Allele. In manchen Spuren, beispiels- weise bei Sexualsekreten, kann aber auch DNA von zwei oder mehr als zwei Personen kombiniert vorkommen (Mischspuren). Sind viele Stutter-Alle- le vorhanden, so kann dieses Phäno- men Probleme in der Abgrenzung zu Mischspuren hervorrufen.

Die STR-Allele verhalten sich zu- einander kodominant, das heißt, der Phänotyp entspricht dem Genotyp. Da eine Person einen doppelten Chromo- somensatz hat, hat sie auch in jedem (autosomalen) System zwei Allele.

Entweder sind diese identisch (Homo- zygotie) oder unterschiedlich (Hetero- zygotie). Die Bestimmung der Abstam- mungsverhältnisse ist daher denkbar einfach. Zunächst erfolgt ein Vergleich des kindlichen Genotyps mit dem der Kindesmutter, um das mütterliche Merkmal zu ermitteln. Das verbleiben- de Merkmal ist das väterliche (so ge- nanntes unerlässliches väterliches Erb- merkmal [uvE]). Hat der Eventualva- ter dieses Merkmal, ist er der mögliche Vater; hat er es nicht, ist die Vaterschaft ausgeschlossen (Tabelle 1). Nach den geltenden Richtlinien muss ein Aus- schluss immer kontrolliert werden, das bedeutet, erst ein Mehrfachausschluss über mehrere Systeme gilt als Beweis (PV2 in Tabelle 1).

Im System der Grafik 1 a sind 11 Al- lele vorhanden. Die Zahl möglicher Kombinationen beträgt demnach 11 (11+1)/2 = 66. Bei fast allen forensi- schen Untersuchungen werden mehre- re bis zahlreiche Systeme angewendet;

die Zahl möglicher Kombinationen nimmt dementsprechend zu.

Statistische Effizienz — Berücksich- tigt man, dass in der Abstammungsbe- gutachtung im Regelfall zwölf Syste- me untersucht werden, so beträgt die Zahl möglicher Kombinationen bereits Strukturen und Häufigkeiten von STR-Allelen

a) Schematische Darstellung der Struktur bekannter TH01-Alle- le und deren Länge nach PCR-Amplifikation (modifiziert nach Kimpton CP et al.: Automated DNA profiling employing multi- plex amplification of short tandem repeat loci. PCR Meth Appl 1993; 3: 13–22). FR, flankierende, nichtpolymorphe Region. Die Primerbindungsstellen in der FR sind für Allel 12 exemplarisch durch Pfeile angedeutet. b) Prozentuale Häufigkeitsverteilung der in (a) gezeigten TH01-Allele in der westfälischen Bevölke- rung (n = 4 114). Die Allele mit Frequenzen (schwarze Füllung) kleiner als 1,3 Prozent sind mit eigener Y-Achse dargestellt.

Grafik 1

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mehr als 11020. Solche Zahlen haben wenig Aussagekraft. Besser ist die Be- rechnung von Effizienzparametern.

Für Fragen der Identifizierung be- nutzt man gerne die Diskriminations- kraft als ein Maß der Effizienz: Bei Anwendung von acht Systemen, wie sie in der deutschen Datenbank (DAD, DNA-Analyse-Datei) angewendet wer- den, beträgt die Diskriminationskraft („power of discrimination“) 5,9 1010. Die Wahrscheinlichkeit, dass zwei zufäl- lig ausgewählte Personen dieselbe DNA-Formel aufweisen, ist demnach ungefähr 1 : 60 Milliarden. Ein Maß für die Effizienz im Abstammungsgutach- ten ist die so genannte allgemeine Va- terschaftsausschlusschance (AVACH).

Bei Anwendung von 15 Systemen (wie im Labor der Autoren) beträgt der AVACH-Wert 99,9999 Prozent. Im Mit- tel hat der Nicht-Vater diese Chance, ausgeschlossen zu werden. Anders aus- gedrückt: Nur ein Mann unter einer Million Männer „passt“ zu einer vorge- gebenen Mutter-Kind-Paarung.

Im gegenständlichen Fall berechnet man die Häufigkeit eines Musters in der Bevölkerung. Dies ist einfach, wenn man die Häufigkeit der Allele (eines Systems) in der entsprechenden Bevölkerung kennt. Man multipliziert dann von System zu System. Beispiel:

Der in drei Systemen ermittelte Typ lautet: TH01 8–9.3, VWA 14–16, AC- TBP2 (=SE33) 14–29.2. Zunächst wird die Häufigkeit der drei Genotypen be- rechnet, dann durch Multiplikation die Gesamthäufigkeit (Tabelle 2). Infor- mationen zu den forensisch etablierten STR bieten die Short Tandem Repeat DNA Internet DataBase (www.cstl.nist.

gov/div831/strbase/) und die DNA-PCR- Polymorphismus-Datenbank (www.uni- duesseldorf.de/WWW/MedFak/Serology/

database.html)

Die zuerst entdeckten STR-Systeme waren vor allem in Introns von Genen (intragene Regionen) lokalisiert, so- dass sie in Anlehnung an die Gen-Be- zeichnung benannt wurden (zum Bei- spiel TH01, ein Mikrosatellit aus In- tron 1 des Tyrosinhydroxylase-Gens in der Chromosomenregion 11p15-15.5) (Grafik 1). D8S1179 ist ein Beispiel für die im Rahmen der Sequenzierung des menschlichen Genoms in zunehmen- der Zahl gefundenen STR-Loci, die of-

fensichtlich nicht mit Genen assoziiert sind, sondern aus dem großen Bereich zwischen zwei Genen (intergene Regi- on) stammen. Aus der Bezeichnung lässt sich ableiten, dass es sich um ei- nen DNA-Marker von Chromosom 8 handelt, der im Genom einzigartig (singulär) ist und die chronologische Nummer 1179 erhalten hat.

Die Auswahl der verwendeten STR- Systeme richtet sich heutzutage oft nach den kommerziell erhältlichen Multiplex-Kits. In den Richtlinien für die Erstattung von Abstammungsgut- achten der Bundesärztekammer (10) werden mindestens zwölf STR-Marker von mindestens zehn unterschiedli- chen Chromosomen gefordert. Hierzu wird entweder ein kommerziell verfüg- barer Kit eingesetzt, der mindestens zwölf STR-Systeme simultan amplifi- ziert oder eine Kombination aus min- destens zwei Multiplex-Kits, die sich hinsichtlich der Systeme überlappen.

Letzteres hat den Vorteil einer partiel- len Doppelbestimmung.

In der molekulargenetischen Spu- renkunde wird die Auswahl der auto- somalen STR-Systeme meist dadurch

bestimmt, dass der für diese Untersu- chungen benötigte Gerichtsbeschluss auf eine Einstellung in die DNA-Ana- lyse-Datei (DAD) verweist und somit die acht DAD-STR-Loci ACTBP2 (=SE33), VWA, TH01, FGA (=Fibra), D3S1358, D8S1179 und D18S51 unter- sucht werden. Nach der Aufstockung der DAD auf acht STR-Systeme sind nun mehrere kommerzielle Produkte verfügbar (Grafik 2). Hierdurch wurde die individualisierende Effizienz deut- lich gesteigert. Auch besteht hiernach ein erheblicher Überlappungsgrad mit den DNA-Datenbanken anderer euro- päischer Länder (beispielsweise Groß- britannien, Niederlande, Österreich).

So bequem – und essenziell für den Hochdurchsatz zum Beispiel bei der Typisierung von Vergleichsproben in rezenten Fällen und bei der retro- graden Erfassung von Straftätern für die DAD – solche Multiplex-Kits auch sind, weisen sie doch auch einige Nachteile auf. Insbesondere bei den langen Amplikonen ist die Nachweis- grenze oftmals schlechter als in einer so genannten singleplex-Amplifikation.

Dieser Unterschied wird noch deutli- Ausschnitt aus dem Elektrophoretogramm einer Power-ES-(PROMEGA-)Amplifikation einer Realprobe sowie den forensischen Standards zur Qualitätskontrolle (Allel-Leiter und Positiv- kontrolle) (hier: Zelllinie 9947A).

Grafik 2

(4)

cher, wenn bei der singleplex-Amplifi- kation ein Primerpaar eingesetzt wird, welches zu einem kürzeren Amplikon führt (5).

Seit 1998 wird nach § 3 DNA-Iden- titätsfeststellungsgesetz in der Bundes- republik eine DNA-Datenbank, die in der Öffentlichkeit häufig inkorrekt als Gen-Datei bezeichnet wird, beim Bun- deskriminalamt in Wiesbaden geführt, in der sowohl DNA-Profile von Tatort- spuren als auch von Tatverdächtigen und bereits verurteilten Straftätern ge- speichert werden. Vorraussetzung für die Speicherung dieser Daten ist, dass das betreffende Verbrechen juristisch als „schwer“ (Haftstrafe mindestens ein Jahr) eingestuft wird.

Bis zum 31. Dezember 2003 waren 323 637 Datensätze in die DAD ein- gestellt, bei denen es sich um 274 426 Personen und 49 211 Spuren handelt.

Zu diesem Zeitpunkt gab es insge- samt 17 076 ergebnisüberprüfte Tref- fer: 4 929 Spur-zu-Spur-Treffer und 12 147 Spur-zu-Person- beziehungswei- se Person-zu-Spur-Treffer.

Das Gros der Spur-zu-Person- be- ziehungsweise Person-zu-Spur-Treffer nehmen Diebstahlsdelikte ein (circa 84), während sich der Rest auf Raub und Erpressung (circa sieben Prozent), Straftaten gegen die sexuelle Selbstbe- stimmung (vier Prozent) beziehungs- weise gegen das Leben (etwa zwei Pro- zent) und andere Delikte aufteilt. Der Datenbestand in der DAD ist in den letzten Quartalen rapide angewach- sen, insbesondere bei den Personenda- ten, während der Zuwachs der Spuren- daten nahezu linear erfolgte (Grafik 3). Dieser Anstieg wird im Rahmen der retrograden Erfassung, bei der Mund- schleimhautabriebe bereits verurteil- ter Straftäter molekulargenetisch un- tersucht und die Befunde dann in die DAD eingestellt werden, vermutlich weiterhin zunehmen.

Y-STR-Systeme

Die Untersuchung Y-chromosomaler Systeme bietet neue Möglichkeiten:

❃In der großen Mehrzahl der Kri- minalfälle sind Männer die Täter. Ha- ben sie biologische Spuren zurückge- lassen, können diese auch in Anwesen- heit eines Überschusses an weiblicher

DNA wesentlich einfacher diskrimi- niert werden als bei Anwendung auto- somaler STR-Systeme.

❃ Große Teile des Y-Chromosoms zeigen keinerlei Rekombinationen, da das Partnerchromosom fehlt. Das Y- Chromosom wird daher unverändert in paternaler Linie vererbt. Es bietet sich deshalb für genealogische Studien in idealer Weise an und kann in der Va- terschaftsdiagnostik insbesondere bei Defizienzfällen (verstorbener Vater) eingesetzt werden, wenn zum Beispiel Vater oder Bruder oder (sicherer) an-

derer Sohn des verstorbenen Eventu- alvaters vorhanden sind.

❃Das Y-Chromosom zeigt viele Va- rianten, wenn man genügend viele hochpolymorphe Loci untersucht. Es erreicht aber nicht die Individualitäts- grade wie eine Kombination autoso- maler Merkmale. Eine weitere Mög- lichkeit besteht darin, einen unbe- kannten Spurenleger einer ethnischen Gruppe zuzuordnen. Auf diese Weise kann man zwischen vielen europäi- schen Populationen unterscheiden, zum Bespiel Türken und Kurden, Deutschen und Spaniern, Italienern und Spaniern et cetera. Allerdings exi- stieren gelegentlich Überlappungen oder auch eine fehlende Unterscheid-

barkeit, wie zwischen Deutschen und Italienern. Eine wichtige Datenbank ist die vom Institut für Rechtsmedizin der Humboldt-Universität, Berlin, ge- führte Y-STR Haplotype Reference Database (YHRD; www.ystr.org/euro- pe). In ihr sind 13 986 Haplotypen im minimal (DYS19, DYS389I+2, DYS390, DYS391, DYS392, DYS393, DYS385) und 3 424 davon im extended Typus (zusätzlich YCAII) aus 91 europäi- schen Populationsstichproben gesam- melt. Mittlerweile sind auch asiatische und amerikanische Datenbank-Ver-

sionen sowie eine weltweite Daten- bank (www.yhrd.charite.de) erreich- bar.

Der Einsatz von Y-chromosomalen Markern in der forensischen DNA- Analytik war stark begrenzt, bis Mitte der 1990er-Jahre mehrere STR-Poly- morphismen beschrieben wurden (4).

Y-STR sind in Spurenfällen beson- ders hilfreich, weil ein Überschuss weiblicher Zellen, wie er in Delikten gegen die sexuelle Selbstbestimmung zum Beispiel bei Azoospermie des Tä- ters vorkommt, im Prinzip die Y-STR- Typisierung nicht beeinflusst. Bei An- wesenheit einer nur geringen Menge an Samen- oder anderen männlichen Zellen in einem Vaginalabstrich kann

´ Tabelle 1 ´

Auszug aus der Befundtabelle eines typischen Abstammungsgutachtens

KM Kd PV1 PV2

ACTBP2(= SE33) 16/18 18/30.2 29.2/30.2 24.2/36

TH01 7/9.3 6/7 6/8 9/10

D21S11 29/32.2 29/31.2 28/31.2 28/34.2

FGA(Fibra) 21/21 19/21 19/19 22/24

VWA 16/17 17/20 18/20 19/21

KM, Kindesmutter; Kd, Kind; PV, Putativvater; die unerlässlichen väterlichen Merkmale sind fett markiert

´ Tabelle 2 ´

Biostatistische Häufigkeitsberechnung

TH01 VWA ACTBP2

Allele 8 9.3 14 16 14 29.2

Synonyme a b a b a b

Häufigkeit (%) 11 33 10 20 3 7

2 ⫻a ⫻b 7,2 % ⫻ 3,8 % ⫻ 0,4 % = 0,001 % (❅1/100 000)

(5)

unter Umständen auch trotz Anwen- dung einer differenziellen Lyse die männliche Komponente nicht sicher typisiert werden (3). Lange Zeit war der breite Einsatz von Y-STR in der Fallarbeit durch das Fehlen kommerzi- ell erhältlicher Multiplex-Kits behin- dert. In jüngster Zeit wurden mehrere Kits am Markt eingeführt. Die im letz- ten Jahr durchgeführten GEDNAP- Ringversuche, ein wichtiger Teil im Rahmen der Qualitätssicherung (9), boten erstmals die Möglichkeit der Qualitätskontrolle für Y-STR-Typisie- rungen. Mit einer einzigen Ausnahme verwendeten alle Teilnehmer die im Jahr 2002 verfügbaren Y-STR-Multi- plex-Kits. Die erhöhte Verfügbarkeit von Kits wird voraussichtlich die An- wendung in der Fallarbeit deutlich stei- gern, weil bis dato viele Laboratorien über keine ausreichenden Kapazitäten für die Etablierung eigener Y-STR- Multiplexe und deren Qualitätssiche- rung über längere Zeiträume verfügen.

X-STR-Systeme

Erst in den vergangenen Jahren sind einige X-chromosomale STR-Loci für den Einsatz in der forensischen DNA- Analytik validiert worden (aktuelle Übersicht in [13]). Für die Anwendung in der Abstammungsbegutachtung ha- ben X-STR bei manchen (Defizienz-) Konstellationen einen biostatistischen Vorteil gegenüber auf anderen Chro- mosomen lokalisierten STR. Für die Berechnung ist die Kenntnis über die Lokalisation der Marker zueinander essenziell, damit sie biostatistisch nach der Produktregel kombiniert werden dürfen.

mtDNA

Die mitochondriale DNA (mtDNA) ist ein zirkuläres Genom mit 16 569 bp, das zuerst von Anderson et al. sequen- ziert wurde (1). In Analogie zur Zell- kern-DNA besteht sie aus kodieren- den und nichtkodierenden Regionen, wobei allerdings keinerlei Introns vor- handen sind. Die mtDNA kann eine Zahl von mehr als 5 000 Kopien pro Zelle aufweisen (6) und wird rein ma- ternal verebt, weil sie aus der Eizelle stammt. Der „displacement loop“ (D-

loop) stellt einen nichtkodierenden Bereich dar und zeigt eine deutliche Sequenzvariabilität zwischen Indivi- duen, die für den Identitätsnachweis genutzt werden kann. Die meisten Po- lymorphismen sind in den beiden hy- pervariablen Regionen, HV1 und HV2, lokalisiert. Eine Übersicht über die zahlreichen Screening-Methoden geben Carracedo et al. (2). Die mtDNA- Sequenzierung ist dann angezeigt, wenn die Kern-DNA zu stark degra- diert ist und/oder in dem Untersu- chungsmaterial per se keine ausrei- chende Kern-DNA-Menge enthalten ist (zum Beispiel in Haarschäften [8]).

Die Gefahr einer Kontamination während der mtDNA-Extraktion so- wie die Existenz von Heteroplasmie sind Faktoren, die die Etablierung der mtDNA-Typisierung auf einige wenige spezialisierte Labore beschränkt hat.

Heteroplasmie, die Anwesenheit von mehr als einem mtDNA-Sequenz-Typ in einem einzelnen Individuum, kann den Sequenzvergleich zwischen zwei Personen oder einer Spur und einer Person erschweren. Dabei existieren sowohl Sequenz- als auch Längen-He-

teroplasmien. Heteroplasmie kann al- lerdings den Beweiswert einer mtDNA- Analyse sogar erhöhen (12).

Für die biostatistische Bewertung unerlässlich sind umfangreiche Daten- banken (beispielsweise EMPOP, www.

empop.org) beziehungsweise Compu- terprogramme, die auf solche Daten- banken zurückgreifen (CODISMT [7];

mtRadius [11]), weil Allelhäufigkei- ten rekombinationsfreier DNA-Mar- ker wie mtDNA und Y-STR nicht mul- tipliziert werden dürfen, sondern die Häufigkeit der Kombination, der Ha- plotyp, in entsprechenden Datenban- ken bestimmt werden muss.

Anwendungen

Individualisierung biologischer Spuren

Vor der DNA-Typisierung muss die ordnungsgemäße Sicherung des biolo- gischen Materials vorgenommen wer- den. Dies erfolgt von lebenden Perso- nen, von der Bekleidung, von Gegen- ständen aus der Tatortumgebung, von Gegenständen, mit denen die Tat be- Entwicklung des Datenbestandes der DNA-Analyse-Datei (Stand: Oktober 2003; modifiziert nach Mitteilung des Bundeskriminalamts, Abteilung Öffentlichkeitsarbeit)

325 300 275 250 225 200 175 150 125 100 75 50 25 0

Datensätze (x103)

Personen Spuren 31.12.2003 Spuren: 49 211 Personen: 274 426 Gesamt: 323 637

1999 2000 2001 2002 2003

Grafik 3

(6)

gangen wurde, von der Leiche et ce- tera. Bei lebenden Personen sind hier- bei Ärzte behilflich. Außer Rechtsme- dizinern sind dies typischerweise Gynäkologen, Pädiater, Allgemeinme- diziner. Es werden unter anderem Va- ginalabstriche genommen sowie Ab- striche von den Mamillen, vom Hals, Mund,Analbereich, Penis. Zudem wer- den Fingernägel und übertragene Haa- re entnommen. Der Arzt sollte vor der Materialentnahme einen Rechtsmedi- ziner konsultieren.

Das Spurenmaterial wird im Unter- suchungslabor häufig einer orientie- renden Analytik zur Identifikation der Spurenart (zum Beispiel Blut mittels Kastle-Meyer-Test) zugeführt, bevor die DNA – in Abhängigkeit von der Spurenart – isoliert und aufgereinigt wird.

Aufgrund der enormen Sensitivität der PCR-STR-Analytik können auch kleinste Antragungen („Mikrospuren“) von Blut oder Sperma oder Hautabrieb typisiert werden, sodass solche Delikte oftmals auch noch viele Jahre nach der Tat aufgeklärt werden können.

Klärung von

Verwandtschaftsverhältnissen

Abstriche von der Mundschleimhaut werden häufig von niedergelassenen Kollegen vorgenommen. Diese Abstri- che sind bei der Identitätsfeststellung, neben einer Kopie der Ausweisdoku- mente, eines Lichtbildes und/oder ei- nes Fingerabdrucks, bedeutsam. Eine Inspektion der Mundhöhle ist ange- zeigt, um die Entnahme von Speichel aus einem Fremdreservoir, was bei Eigenentnahme durchaus möglich sein kann, ausschließen zu können. Der Arzt sollte die Probe grundsätzlich selbst entnehmen. Auch hier gilt wie bei der Spurensicherung, dass der kor- rekt beschriftete Wattestieltupfer aus- reichend getrocknet werden muss, be- vor er ins Untersuchungslabor einge- sendet wird.

Während früher überwiegend ein- fache Fragestellungen, wie beispiels- weise Fragen zu einem Terzett aus Mut- ter, Kind und Eventualvater, zu lösen waren, sollen heutzutage immer kom- pliziertere Verwandtschaftsverhältnis- se geklärt werden, wobei häufig defizi-

ente Konstellationen vorliegen, das heißt, nicht alle relevanten Personen für einen Test zur Verfügung stehen.

Durch geschickte Anwendung des ge- samten Repertoires aus autosomalen (bei schwierigen Fällen kann die An- zahl der untersuchten Systeme 25 bis 30 betragen) und gonosomalen STR sowie gegebenenfalls mtDNA können zum Beispiel Halbgeschwisterschaften mit ausreichender biostatistischer Si- cherheit festgestellt werden.

Im Ergebnis wird entweder ein Aus- schluss, zum Beispiel des Putativvaters, festgestellt oder ein Nicht-Ausschluss.

Nach den geltenden Richtlinien der Bundesärztekammer (1) soll ein Aus- schluss immer durch eine zweite Unter- suchung kontrolliert werden; ein min- destens dreifacher Ausschluss gilt als si- cherer Beweis.

Bei Ausschlüssen über lediglich zwei Systeme sind darüber hinaus differenzier- te Berechnungen erforderlich, um sicher zu gehen, dass der Ausschluss nicht durch ein seltenes genetisches Ereignis (bei- spielsweise Neu-Mutation) vorgetäuscht wird. Sie sollten nach Möglichkeit durch weitere Ausschlüsse ergänzt werden.

Bei Nicht-Ausschluss wird mit einem speziellen biostatistischen Verfahren die Vaterschaftswahrscheinlichkeit be- rechnet. Heutzutage werden regelmä- ßig Wahrscheinlichkeitswerte (W-Wer- te) von mehr als 99,999 Prozent errech- net oder alternativ Paternitätsindizes von 1 zu 100 000 oder darüber. Bei De- fizienzfällen kann es gelegentlich un- möglich sein, einen „sicheren“ Aus- schluss festzustellen. Man bedient sich auch dann spezieller biostatistischer Verfahren: W-Werte deutlich unter ei- nem Prozent werden in der Regel als Ausschluss gedeutet, W-Werte deutlich über 99 Prozent als Beweis.

Identitätsfragen

Identifizierungen von Personen, Kör- perteilen, Organen, Skeletten, Skelett- teilen erfolgen durch Vergleich mit biologischem Material, welches die entsprechende Person zu Lebzeiten hinterließ. Die Aufzählung entspre- chender Spurenträger, welche man zum Vergleich heranzieht, kennt fast keine Grenzen: Haare, Rasierer, Brief- marken, Handschuhe, Zahnbürsten,

Schuhe, getragene Wäsche, Zigaretten- kippen, gebrauchte Trinkgläser et ce- tera. Auch aus dem Bereich der Medi- zin können wichtige Vergleichsmate- rialien stammen: Karten von Bed-Site- Tests, Abstriche (Zytologie), Histolo- gie (Biopsien). Der Vergleich erfolgt aber auch mit mutmaßlich nahen Bluts- verwandten. Je nach Menge und Qua- lität der aufgefundenen Materialien werden unterschiedliche Technologien angewendet wie beispielsweise STR-, mtDNA-, Y-STR-Untersuchung. Neu- erdings wird hier eine neue DNA- Technologie eingesetzt, die die Analy- se des so genannten Single Nucleotide Polymorphisms (SNP) betrifft. SNP sind einzelne Basenpaare, an welchen Mutationen bestehen. Ein A kann bei- spielsweise an bestimmter Stelle zu ei- nem T mutiert sein. Es gibt Menschen, die an diesem Locus reinerbig AA sind, andere, die TT sind, wiederum an- dere, die mischerbig AT sind.

Nachteil dieser Technologie ist eine zunächst scheinbar geringe Effizienz.

Wenn man diese Methoden aber bei 15 solcher Loci einsetzt, erreicht man eine extrem hohe Effizienz. Der Nachweis der SNP erfolgt ebenfalls über die Po- lymerasekettenreaktion. Zumeist sind die Amplikons aber sehr viel kürzer (der repetitive Bereich fehlt). Daher werden sie bei hochgradiger Degrada- tion der DNA verwendet und offen- sichtlich mit besserem Erfolg als „klas- sische“ Technologien.

Die forensische DNA-Analytik hat in den letzten Jahren die klassische Se- rologie praktisch verdrängt und ist nunmehr als integraler Bestandteil aus dem Fach Rechtsmedizin nicht mehr wegzudenken.

Manuskript eingereicht: 2. 12. 2003, revidierte Fassung angenommen: 8. 4. 2004

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 2329–2334 [Heft 34–35]

Literatur

1. Anderson S, Bankier AT, Barrell BG, de Bruijn MH, Coulson AR, Drouin J, Eperon IC, Nierlich DP, Roe BA, Sanger F, Schreier PH, Smith AJ, Staden R, Young IG:

Sequence and organization of the human mitochon- drial genome. Nature. 1981; 290: 457–465.

(7)

2. Carracedo A, D'Aloja E, Dupuy B, Jangblad A, Kar- jalainen M, Lambert C, Parson W, Pfeiffer H, Pfitzin- ger H, Sabatier M, Syndercombe Court D, Vide C: Re- producibility of mtDNA analysis between laborato- ries: a report of the European DNA Profiling Group (EDNAP). Forensic Sci Int 1998; 97: 165–170.

3. Dekairelle AF, Hoste B: Application of a Y-STR-penta- plex PCR (DYS19, DYS389I and II, DYS390 and DYS393) to sexual assault cases. Forensic Sci Int 2001 15; 118: 122–125.

4. de Knijff P, Kayser M, Caglia A, Corach D, Fretwell N, Gehrig C, Graziosi G, Heidorn F, Herrmann S, Herzog B, Hidding M, Honda K, Jobling M, Krawczak M, Leim K, Meuser S, Meyer E, Oesterreich W, Pandya A, Par- son W, Penacino G, Perez-Lezaun A, Piccinini A, Prinz M, Roewer L: Chromosome Y microsatellites: popu- lation genetic and evolutionary aspects. Int J Legal Med 1997; 110: 134–149.

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Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Bernd Brinkmann Institut für Rechtsmedizin der

Westfälischen Wilhelms-Universität Münster Röntgenstraße 23

48149 Münster/Westfalen

D

ie Deutsche Gesellschaft für Im- muntherapie e.V. (DGFIT.) för- dert wissenschaftliche Ansätze der Immuntherapie solider und häma- tologischer Tumoren. Im Gegensatz zur konventionellen Chemotherapie, liegt der wissenschaftliche Schwer- punkt vornehmlich auf immunmodu- latorischen und zellvermittelten The- rapien. Die Frage nach den Bedingun- gen für Immuntherapien wurde beim 2. Wissenschaftlichen Symposium der Deutschen Gesellschaft für Immun- therapie e.V., das vom 7. bis 8. März 2004 in Düsseldorf stattfand, disku- tiert.

Neue Zielstrukturen

Stefan B. Hosch, Düsseldorf, berichte- te über die chirurgische Therapie und Prognose bei Karzinomen des Öso- phagus, des Magens, des Pankreas und des nichtkleinzelligen Bronchialkarzi- noms. Die Prognose bei allen Tumor- entitäten konnte in den vergangenen Jahren trotz intensiver Modifizierun- gen der multimodalen Therapiekon- zepte nicht befriedigend verbessert werden.

Hosch und Mitarbeiter konnten nachweisen, dass die Tumorzelldisse- mination im Knochenmark und in re- gionären Lymphknoten bei vielen Pa- tienten vorhanden ist und der Nach- weis mit der Prognose eng korreliert.

Durch In-vivo-Versuche an Mäusen wurde darüber hinaus das metastati- sche Potenzial dieser Mikrometasta- sen gezeigt. Eine weitere Charakteri- sierung dieser Zellen mittels moleku- largenetischer oder -biologischer Un- tersuchungsmethoden in den letzten Jahren hat gleichzeitig ermöglicht, neue Zielstrukturen für Immunthera-

pien zu identifizieren und deren Rele- vanz im klinischen Rahmen zu über- prüfen. Erste Untersuchungen auf Tu- moreinzelzellen hinsichtlich der Anti- gene EpCAM und HER2/neu werden zurzeit durchgeführt.

In Deutschland erkranken jährlich circa 11 000 Patienten an einem Nie- renzellkarzinom, erklärte Olaf Brink- mann, Münster. Die Inzidenz dieser Erkrankung nimmt zu. Insbesondere Patienten mit fortgeschrittenem Kar- zinom im Stadium 4 werden zuneh- mend häufiger diagnostiziert. Mehrere Untersuchungen konnten zeigen, dass die Nephrektomie kombiniert mit In- terferon einen deutlichen Überlebens- vorteil bietet. Daher wurde in einigen Ländern bereits die Verwendung von immuntherapeutischen Ansätzen in Leitlinien aufgenommen, wohingegen dies in Deutschland in diesem Umfang nicht erfolgt ist.

Die Ergebnisse der bisherigen Studi- en, so Brinkmann, rechtfertigen offen- bar noch keinen breiten klinischen Ein- satz. Erste Erfolge in klinischen An- wendungen mussten teilweise wieder zurückgenommen werden, sodass bei vielen Studienansätzen weitere In-vitro- Studien gefordert werden. Die Thera- pieversuche wurden zellbasiert, das heißt, mit aktiver spezifischer Immuni- sierung mittels dendritischen Zellhybri- den, allogener Transplantation periphe- rer Blutstammzellen sowie Lympho- kin-aktivierter Killerzellen und Tumor- infiltrierender Lymphozyten, durchge- führt.

Die Diskussion über die mit einer Immuntherapie verbundenen Kosten ergab, dass insbesondere die Kombi- nation von IL-2 mit IFN- und 5-FU mit den bisherigen Fallwerten nicht fi- nanzierbar ist. Brinkmann befürchtet, dass durch die Einführung von „Dia-

Kongressbericht

Erschwerte Bedingungen für Immuntherapien

Matthias Peiper, Wolfram Trudo Knoefel

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