M 012/2000 JGK 31. Mai 2000 45C Motion
1738 Salzmann, Oberburg (SVP)
Mitunterzeichner: 22 Eingereicht am: 31.01.2000
Lockerung der Gesetzesbestimmung für freiwillige öffentliche Versteigerung
Der Regierungsrat wird beauftragt, dem Grossen Rat eine Änderung des Gesetzes betreffend die Einführung des Schweizerischen Zivilgesetzbuches (EG ZGB) Artikel 123 zu unterbreiten, mit welcher
1. die Protokollführung bei freiwilligen, öffentlichen Versteigerungen nicht zwingend durch einen Notar ausgeführt werden muss.
2. dass ohne begründetes Gesuch beim Regierungsstatthalter eine andere Person anstelle des örtlich zuständigen Betreibungsweibel eingesetzt werden kann.
Begründung
Die heutigen Gesetzesvorschriften sind für freiwillige wie für Zwangsversteigerungen dieselben.
Wenn der Verkäufer sich für eine freiwillige öffentliche Versteigerung entscheidet, gilt das Steigerungsrecht, bei freiem Einzelverkauf nicht, hier gelten nur die Vorschriften des gewöhnlichen Kaufes (kein Notar).
Das finanzielle Ergebnis einer Versteigerung hängt weitgehend ab von den Fachkenntnissen aber auch von der geschickten und gewandten Art des Ausrufers.
Um bei einer Versteigerung das bestmögliche Ergebnis zu erzielen, benötigt es heute Profiausrufer, insbesondere bei Versteigerungen von landwirtschaftlichem Vieh und Fahrhabe. Die meisten der örtlich zuständigen Betreibungsweibeln haben die nötigen Kenntnisse und Erfahrung für eine Versteigerung nicht. Deshalb sollte auch ohne Gesuch eine andere Person eingesetzt werden können.
Mit einem fachlich guten Ausrufer ist es möglich, die Versteigerung auch ohne Notar ordnungsgemäss und seriös durchzuführen. Insbesondere bei landwirtschaftlichen Versteigerungen sind die Preise auf dem Tiefpunkt und somit sollten auch hier Notarkosten eingespart werden können.
Antwort des Regierungsrates
Art. 132 des Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch (EGZGB) schreibt vor, dass an einer öffentlichen freiwilligen Versteigerung ein Notar das Protokoll führen und der zuständige Betreibungsweibel den Ausruf besorgen müsse.
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Für die Zwangsverwertung kennt das Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG) weit detailliertere Bestimmungen als das EGZGB. Bei einer Zwangsverwertung muss zwar kein Notar anwesend sein. Dafür hat der Betreibungsbeamte als interessenneutrale Amtsperson die Steigerung zu leiten und den mannigfachen Formvorschriften Geltung zu verschaffen, die das SchKG zum Schutz aller Beteiligten enthält.
Das EGZGB stellt den Parteien in Art. 132 und Art. 133 zwei verschiedene Arten der freiwilligen Versteigerung zur Verfügung. Sie können frei wählen, welche sie durchführen wollen. Entscheiden sie sich für die öffentliche freiwillige Versteigerung, kommt Art. 132 EGZGB zur Anwendung. In diesem Fall wünschen die Parteien die Mitwirkung der öffentlichen Hand. Die öffentliche Hand kann aber nicht zu jeder Bedingung mitwirken. Sie darf nur Steigerungen in ihrem Namen öffentlich propagieren, an denen auch ein Minimum an Kontrolle für die Wahrung der Rechte aller Beteiligten (Schuldner, Gläubiger, potenzielle Ersteigerer) gewährleistet ist. Durch die öffentliche Bekanntgabe der Versteigerung durch das Regierungsstatthalteramt, durch den Einsatz des Notars als Protokollführer und des Betreibungsweibels als Ausrufer soll dieser minimale Schutz der Öffentlichkeit gewährleistet werden. Diese beiden Personen sollen kraft ihrer Funktionen nicht eigene Interessen vertreten. Demselben Zweck dient die Bewilligung eines anderen Ausrufers durch das Regierungsstatthalteramt.
Wollen die Parteien keine öffentliche freiwillige Versteigerung nach Art. 132 EGZGB, kön- nen sie gemäss Art. 133 EGZGB vorgehen. Sie führen diesfalls eine private freiwillige Ver- steigerung durch. Solche Versteigerungen werden nicht vom Regierungsstatthalteramt ausgekündigt und überwacht. Die Steigerungsteilnehmer werden auf privater Basis eingeladen. Zur Durchführung braucht es weder einen Betreibungsweibel, noch einen Notar. Diese Verwertung auf rein privater Basis und ohne Mitwirkung des Regierungsstatthalters sowie des Weibels und des Notars steht dem OR nahe. Für sie gilt deswegen das Kaufvertragsrecht (Art. 133 EGZGB).
In den öffentlichen freiwilligen Versteigerungen sind die Betreibungsweibel häufig erfahrene Versteigerer, die sich in der Kunst des Ausrufens, auch im Bereich der Viehver- wertung, auskennen. Sollte einmal ein Weibel überfordert sein, kann beim Regierungs- statthalter bereits unter dem geltenden Recht ein Gesuch um die Einsetzung einer geeigneteren Person als Ausrufer gestellt werden (Art. 132 Abs. 3 EGZGB).
Art. 132 EGZGB ist bei sämtlichen öffentlichen freiwilligen Versteigerungen anzuwenden, die nicht gestützt auf das SchKG erfolgen. Auf die Art des zu verwertenden Gutes kommt es nicht an (Vieh, Maschinen, Hausrat, etc.).
Die Parteien haben somit bereits unter dem geltenden Recht die Wahl, wie sie ausserhalb des SchKG versteigern wollen. Wünschen sie die Mitwirkung der öffentlichen Hand, hier des Regierungsstatthalters, müssen sie gewisse Grundregeln akzeptieren, die im öffentli- chen Interesse liegen (Art. 132 EGZGB). Wollen sie diese Vorschriften nicht befolgen, kön- nen sie eine freiwillige private Versteigerung gemäss Art. 133 EGZGB durchführen, die al- leine unter dem Regime des OR steht und an der kein Regierungsstatthalter, kein Notar und auch kein Betreibungsweibel mitwirken muss. Unter Berücksichtigung dieses Aspekts besteht für den Regierungsrat kein Bedarf nach einer Änderung der gesetzlichen Grundlagen.
Antrag: Ablehnung der Motion An den Grossen Rat