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it betretenen Mienen beäugen derzeit die Akteure am deutschen Aktienmarkt das Szenario.Wenn es nur an einem Tag hundert Punkte runterginge, wäre es ja noch zu verkraften.
Aber daß es dann drei, vier Börsensitzungen nur noch ab- wärts geht, macht viele Teil- nehmer zusehends nervöser.
Selbst wer zuvor noch glaub- te, ein „cooler“ Mitspieler auf dem Parkett zu sein, be- kommt langsam kalte Füße.
Unter alten Börsenhasen ist dieses Phänomen durchaus bekannt, eine alte Weisheit gar, daß die Hausse um so mehr in ihre Endphase gerät, je mehr zittrige Hände den Markt bestimmen.
In der Tat ist von der herbeigeredeten und in der Börsenpresse hochbejubelten Sommerrallye weit und breit nichts mehr zu sehen. Viel- mehr gewinnen in den der-
zeitigen Marktkommentaren Begriffe wie „Gewitter“ und
„Aktienausverkauf“ die Ober- hand.
In weniger als einem Mo- nat verlor der Deutsche Akti- enindex DAX zum Entsetzen der Beobachter mehr als 700 Punkte, und damit sind die seit Jahresbeginn mühsam aufge- laufenen Gewinne geschmol- zen wie Schnee in der Sonne.
Verändertes Szenario
Es kann auch sein, daß die Erfahrungen der letzten bei-
den Jahre die Anleger vor- sichtig gemacht haben, als just im August die Kurse ebenfalls in den Keller rutschten. Aber damals wa- ren es eher Deflationsängste, die durch die Krisen in La- teinamerika und Asien aus- gelöst wurden.
Heute ist das Szenario ein grundsätzlich anderes. Die Sorgen über einen Preisauf- stieg in den Industrieländern haben einen enormen Zins- druck nach oben ausgelöst, und offensichtlich ist diese Phase steigender Renditen auch noch nicht abgeschlos-
sen. Hinzu kommt, daß die Notenbanken eine zuneh- mend restriktive Haltung ein- nehmen, sprich, sie verknap- pen das Geld. Wo weniger Geld umläuft, ist schlicht nicht mehr so viel Kohle zum Spekulieren da.
Welche Schlußfolgerun- gen ergeben sich hieraus für den Anleger? Realistischer- weise sind große Zugewinne am deutschen Aktienmarkt die nächsten Monate nicht zu erwarten.
Auf der anderen Seite werden allerdings nervöse Zuckungen des Index die Börsianer weiter erschrek- ken. Eine Bandbreite von 4 000 bis 5 500 im DAX halte ich für durchaus vorstellbar.
Für geschockte Trader also schon ein Tummelfeld. Vor- sichtig eingestellte Investo- ren sind besser beraten, das Zittern den anderen zu über-
lassen. Börsebius
[80] Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 33, 20. August 1999
S C H L U S S P U N K T
Post Scriptum
D
ie Welt ist durcheinan- der – wen wundert’s, daß da auch Fußball und Schach aus der Reihe tanzen. Beim Schach kräht aus jeder Ecke ein anderer, der eigentliche oder recht- mäßige Weltmeister zu sein, bis zum durchgeknallten Bobby Fischer in seinem Budapester Versteck, beim Fußball dümpeln die einst so glorreichen 1. FC Köln und 1. FC Nürnberg in der zweiten Liga herum. Man mag dies noch zu den Wech- selfällen des Lebens oder Gottes unerklärlichen Rat- schlüssen zählen, so ist das folgende planmäßig men- schengemacht. Wenn som- mers selbst hier schon mal die Sonne hinter den Wol- ken hervorblinzelt, ist nir- gendwo mehr ein nacktes Fußballerbein zu sehen – ein großes Schild „Sommer- pause“ versperrt den Ein- gang zu jedem Fußball- stadion, winters hingegen tummeln sich bei an-heimelndem Frost Spieler und Zuschauer dortselbst.
Umgekehrt beim Schach.
Dieses von den Göttern für lange Winterabende erson- nene Spiel hat in diesen Ta-
gen Hochkonjunktur. Ge- rade erst sind die bei- den großen Schachereignis- se Deutschlands in Frank- furt und Dortmund, unter Beteiligung von Kasparow, Karpow, Judit Polgar und wie sie alle heißen mögen, zu Ende gegangen, schon
läuft die FIDE-WM in Las Vegas. Zum guten Schluß sind die Schachspie- ler im Zockerparadies ge- landet und ermitteln im K-o.-Rhythmus ihren neuen
offiziellen Weltmeister, wäh- rend der Herr Kasparow im fernen Moskau sarkastische Bosheiten abfeuert. Doch auch hierzulande steht in Bälde noch ein Highlight an.
Am 15. August wird in Köln der alljährliche WDR-
Fernsehpreis ausgespielt.
Dabei spielt der aktuelle deutsche Meister Jörg Hickl gegen den Besten in deut- schen Breiten, Artur Jus- supow. Letzterer verliert recht selten, und einmal ge- lang ihm sogar das Kunst- stück, daß sein Gegner auf- gab, als jener ihn hätte matt setzen können.
In dieser Stellung gab Weiß auf, weil das Endspiel nach Damentausch verlo- ren ist, bei einem Wegzug der weißen Dame hingegen 1. . . . Df1+ matt setzt. Da- bei hätte Weiß mit einer glänzenden Kombination die eingeklemmte Lage des schwarzen Königs ausnut- zen und sogar selbst matt setzen können. Wie?
Lösung:
Sommer, Winter, Fußball, Schach
DR. MED. HELMUT PFLEGER
Börsebius & Aktien
Zittrige Hände, betretene Mienen
Gewonnen hätte 1.g4+!!, weil
nach 1.. ..
fxg4 das Damenop- fer und Abzugsschach 2.Sxg4+ des schwarzen Königs Ende be- deutet. Sowohl bei 2.. ..
Dxb5
3.Sf6 matt als auch bei 2.
..
.g5
3.De8+ Dg6 4.
Sf6 matt.