für die Beschwerden gefunden wer- den konnte und die nicht oder nur ungenügend auf die durchführbaren nichtmedikamentösen und medika- mentösen Therapieversuche anspre- chen. Eine ausgedehnte Abklärung mit negativem Resultat führt bei manchen Patienten dazu, daß sie die Angst vor einer schwerwiegenden Krankheit verlieren. Dies wirkt sich oft günstig auf die Symptomatik aus.
Die genaue Aufklärung über die (quoad vitam) Harmlosigkeit der Störung ist deshalb wichtig. Bei an- deren Patienten überwiegt allerdings die Furcht, daß man ihre Beschwer- den nicht mehr ernst nehmen könn- te. Bei schweren oder gar invalidisie- renden Beschwerden ist gelegentlich eine kurze stationäre Beobachtung nützlich. Dabei kann auch eine psy- chosomatische oder psychiatrische Untersuchung durchgeführt werden.
Insbesondere bei therapieresistenten Fällen sind auch „alternative" The-
rapieformen wie Akupunktur, Ho- möopathie oder autogenes Training in Betracht zu ziehen.
Es ist jedoch immer zu beden- ken, daß der Begriff „funktionelle Dyspepsie" eine Ausschlußdiagnose darstellt, die immer wieder in Frage gestellt werden muß. Die kurzfristige Wiederholung apparativer Untersu- chungen (zum Beispiel Gastrosko- pie) eignet sich zum Ausschluß eines relevanten organischen Leidens we- niger gut als die wiederholte Suche nach Alarmsymptomen und Alarm- zeichen.
Dt. Ärztebl. 89 (1992) A 1 -2297-2301 [Heft 25/26]
Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordem über die Verfasser.
Teilnehmer der Konsensuskonferenz waren: Prof. Dr. Andre L. Blum, Lau- sanne; PD Dr. Gereon Börsch, Essen;
Prof. Dr. Wolfgang F. Caspary, Frank- furt; Prof. Dr. Ludwig Demling, Schlüs- selfeld-Thüngbach; PD Dr. Hans-Rudolf Koelz, Zürich; Prof. Dr. Gerd Lux, So- lingen; Dr. Andreas Klauser, München;
Prof. Dr. Stefan Müller-Lissner, Mün- chen; Prof. Dr. Rudolf Ottenjann, Mün- chen; Prof. Dr. Roland Rogos, Leipzig;
Prof. Dr. Wolfgang Rösch, Frankfurt;
Dr. Piero Scalfaro, Lausanne; Prof. Dr.
Martin Staritz, Mainz; Prof. Dr. Martin Wienbeck, Augsburg.
Anschrift für die Verfasser:
Prof. Dr. med. Stefan Müller-Lissner Medizinische Klinik
Klinikum Innenstadt Ziemssenstraße 1 W-8000 München 2
PD Dr. med. Hans-Rudolf Koelz Medizinische Klinik, Triemli Spital Brimensdorferstraße 486
CH-8063 Züric
Diagnostik und Therapie des Harnsteinleidens
Zu dem Beitrag von
Prof. Dr. med. Winfried Vahlensieck in Heft 42/1991
Den Artikel von Winfried Vah- lensieck habe ich bis zu dem Unterti- tel „Therapie" mit Interesse gelesen.
Aber die von ihm empfohlene kon- servative Therapie (Diät und Medi- kamente) sowie die operativ-techni- schen Methoden zur Steinzertrüm- merung erscheinen mir aus patho- physiologischer Sicht nicht überzeu- gend.
Die Bildung von Nierensteinen ist schon ein erheblicher Eingriff in unsere Homöostase und steht in ei- nem Zusammenhang mit der gegen- wärtigen Lage des gesamten vegeta- tiven Systems der Betroffenen (1-3).
Anders ausgedrückt, es ist eine Dys- regulation in dem Gleichgewicht des gesamten adrenerg-cholinergen Sy- stems, die mit einem endogenen, exogenen oder chemischen (Genuß- mittel) Streß in Zusammenhang steht. Dabei wirken alle Adrenergika alkalisch und alle Cholinergika sau- er. Nach dem gleichen Prinzip ver- halten sich auch die Elektrolyte, die Vitamine, die Phosphatasen, die Neurotransmitter, die Interferone und andere (siehe Tabelle in 1). So wirken zum Beispiel Natrium und Kalzium alkalisch und zugleich ant- agonistisch zur sauren Wirkung von Kalium und Magnesium.
Deswegen kann auch allein ir- gendwelche Flüssigkeitszufuhr von zwei bis drei Liter pro Tag nach Vah- lensieck nicht eine Auflösung der Harnsteine bewirken, wenn diese Flüssigkeit nicht ausreichend Kali- um, Magnesium und/oder andere sauer wirkende Substanzen enthält.
DISKUSSION
Nur so ist es möglich, das spezifische Gewicht des Urins niedrig zu halten, um eine Bildung von Harnsteinen zu verhindern.
Aber auch die abgelagerte Harnsäure in den Speicherorten des Körpers kann nicht durch eine Alka- lisierung aufgelöst werden, da die Harnsäure selbst nur eine sehr schwache Säure ist. Die Zitrus- fruchtsäfte können zur Auflösung beitragen, aber nicht, weil sie alka- lisch wirken (wie Vahlensieck schreibt), sondern sie besitzen nach A. L. Flick (Wissenschaftliche Tabel- len Geigy 1977, Seite 261) einen ziemlich stark sauren pH von 3,5 bis 3,7. Über den pH von Nahrungsmit- teln sind sich selbst Ernährungsfor- scher bis heute noch nicht einig, da in dem gleichen Band von Geigy (1977) über die Ernährung auf den Seiten 239 bis 255 genau das Gegen- teil zu lesen ist, daß Obst und Gemü- se hasenüberschüssig seien.
I Die Harnsteinbildung ist alkalisch bedingt
Dt. Ärztebl. 89, Heft 25/26, 22. Juni 1992 (61) A1-2301
Es kann eine einzige Harnsäu- reuntersuchung oft nicht ausrei- chend sein, um den tatsächlichen Harnsäurespiegel zu erfassen. Diese Erfahrung habe ich in den Jahren 1984 bis 1986 bei 74 kranken Frauen an dem psychiatrischen Landeskran- kenhaus Wehnen bei Oldenburg ge- macht. Bei einer zusätzlichen medi- kamentösen Therapie mit Choliner- gika der 2. Generation (Ambenoni- umchlorid oder Distigminbromid), die wie das Mestinon® protrahiert sauer wirken, habe ich folgendes be- obachtet: Bei den wöchentlichen Harnsäurekontrollen unter dieser Therapie stiegen bei 12 Frauen in den ersten ein bis acht Wochen die Harnsäurewerte weiter um 0,8 bis 3,20 mg an. Erst dann reduzierte sich der Harnsäurespiegel durchschnitt- lich auf 3,76 mg für die gesamte Gruppe von 12 Frauen. Der Grund dafür ist sehr wahrscheinlich die Ausschwemmung der Harnsäure aus den gespeicherten Orten.
Zuletzt möchte ich noch über ei- ne zwanzigjährige Therapie bei ei- nem Patienten von mir berichten.
Nach starken Nierenkoliken 1968 und 1971 hat er je einen Kalziumoxa- latstein ausgeschieden. Seit 1972,
Schlußwort
Es ist Kollegen Ikonomoff abso- lut zuzustimmen, daß die Bildung von Nierensteinen stets aus einer erhebli- chen Störung unserer Homöostase re- sultiert. Alle Details der immer mul- tifaktoriellen Harnsteinpathogenese sind in einem kurzen Artikel nicht darzustellen, aber in der zitierten so- wie weitergehenden Literatur umfas- send nachzulesen. Dort ist auch dar- gestellt, daß die Harnsteinbildung nicht immer „alkalisch bedingt" ist.
Wichtig ist im Hinblick auf die bekanntermaßen oft stark variieren- den Harnsäurewerte im Serum der Hinweis von Herrn Ikonomoff auf die Notwendigkeit wiederholter Harnsäurekontrollen und die Beob- achtung, daß Cholinergika der 2. Ge- neration primär zu einem Anstieg und sekundär zu einer Senkung der Harnsäurewerte führen.
Interessant ist zweifellos auch der Bericht über den Kalzium-Oxa-
nach einem Gichtanfall bei einem Harnsäurewert von 7,3 mg, litt er bis heute an einer Hyperurikämie. Diese Hyperurikämie verlief mit einem al- kalischen Urin-pH von 7,5 bis 8,5.
Durch eine gezielte sauer wirkende Ernährung, zusammen mit einem Cholinergikum der 2. Generation, Ambenoniumchlorid (Mytelase®), ist es gelungen, seinen Urin-pH am Ta- ge auf fünf bis sechs zu drosseln. Als Folge dieser Therapie hatte er in den letzten 20 Jahren keine Nierenkoli- ken mehr gehabt. Zugleich ist sein Harnsäurespiegel seit vielen Jahren um 5,6 mg geblieben.
Literatur:
1. Ikonomoff, S.: Die Rolle des vegetativen Sy- stems bei der Therapie mit Interferonen. Der Dt. Apotheker 43 (1991) 69-72
2. Witzgall, H.: Vegetatives System. In: Ta- schenbuch der medizinisch-klinischen Dia- gnostik. Hrsg. H. Frhr. von Kress. Verlag J. F.
Bergmann, München, 1966
3. Zondek, S. G.: Die Elektrolyte, ihre Bedeu- tung für Physiologie, Pathologie und Thera- pie. J. Springer, Berlin, 1927
Dr. med. Stojan Ikonomoff Arzt für Neurologie und Psychiatrie
Starenweg 7 W-2900 Oldenburg
latstein-Patienten. Wir würden heu- te in einer solchen Situation sehr eingehend die Homöostase des Urins kontrollieren und dann zweifellos noch sicherer sagen können, warum der Patient (erfreulicherweise) seit 20 Jahren rezidivfrei ist.
Alle unsere Therapie-Empfeh- lungen in diätetischer Hinsicht zie- len auf die Optimierung der Homöo- stase ab, soweit das durch eine den Empfehlungen der Deutschen Ge- sellschaft für Ernährung entspre- chende optimale Ernährung, insbe- sondere durch die Vermeidung des Überkonsums an lithogenen Sub- stanzen, zu erreichen ist. Unabhän- gig davon dient die Empfehlung ei- ner ausreichenden Flüssigkeitszu- fuhr von zwei bis drei Liter pro Tag der Harndilution (wirkungsvollste Methode, das spezifische Gewicht niedrig zu halten!) und damit der Vermeidung einer Ubersättigung des Urins beziehungsweise des Risikos von Ausfällungen.
Mit der Neutralisierung bezie- hungweise Alkalisierung des Urins, die mit Zitrusfrüchten oder deren Säften unbestritten möglich ist, wol- len wir nicht im Körper abgelagerte Harnsäure auflösen, sondern Harn- säuresteine im Harntrakt. Dies ge- lingt fast immer Auch die Ausfäl- lung von Harnsäure im Urin ist durch die Neutralisierung beziehungsweise Alkalisierung des Urins zu vermei- den, so daß diese Diät-Empfehlung bei Harnsäuresteinen oder durch Harnsäureausfällung induzierter Steinbildung als wichtigste Maßnah- me zur Rezidivprophylaxe anzuse- hen ist.
Prof. Dr. med.
Winfried Vahlensieck Direktor der Urologischen Universitätsklinik
Sigmund-Freud-Straße 25 W-5300 Bonn 1
Nebenwirkungen an der Haut durch anabole Steroide
Zu dem Kurzbericht von
Dr. med. Tilo Freudenberger und Mitarbeitern in Heft 47/1991
Der Beitrag Freudenberger et al. ist sehr zu begrüßen. Zu den nicht dermatologischen Nebenwirkungen gehört auch die unter Umständen schon nach einer kurzen Behand- lungszeit irreversible Mutation der Stimme. Ich erinnere mich an eine Patientin, die Sängerin werden woll- te und deren Laufbahn durch ein anabolikahaltiges Kombinationsprä- parat beendet wurde. Dies hatte fo- rensische Konsequenzen.
Prof. Dr. med. Peter C. Scriba Direktor der Medizinischen Klinik Klinikum Innenstadt
der Universität München Ziemssenstraße 1
W-8000 München 2
Die Verfasser haben auf ein Schlußwort ver- zichtet.
'
Irreversible
Stimmveränderung
A1-2302 (62) Dt. Ärztebl. 89, Heft 25/26, 22. Juni 1992