World Stroke Congress in München
Notarzt wird meist zu spät benachrichtigt
chlaganfallpatienten, die innerhalb von drei bis höchstens sechs Stunden nach dem Ereignis mit dem gentechnisch hergestellten Tissue Plasmino- gen Aktivator (t-PA) behandelt werden, haben eine signi- fikant bessere Prognose hinsichtlich der Wiederherstel- lung ihrer Alltagsfähigkeiten. Aber: Weniger als zehn Prozent der Patienten kommen rechtzeitig in eine sta- tionäre Behandlung. Beim 3. World Stroke Congress in München sagte der Kölner Neurologe Prof. Wolf-Dieter Heiss: Betroffene, Angehörige und auch Ärzte zögerten immer noch vielfach die Benachrichtigung eines Notarz- tes oder die Einweisung in eine Klinik hinaus, weil sie die Symptome verkennen oder hoffen, daß diese spontan wieder verschwinden. Tatsächlich stehe das „therapeuti- sche Fenster“ aber nur wenige Stunden offen. Beim Schlaganfall komme es auf jede Minute an.
ie amerikanische Arzneimittelbehörde FDA hat- te im Juni t-PA zur Behandlung des akuten Schlaganfalls zugelassen, nachdem große Studi- en in den USA und Europa den Nutzen einer solchen Therapie gezeigt hatten. Allerdings kommt es entschei- dend darauf an, die richtigen Patienten für die Therapie auszuwählen: So erlitten in der europäischen Studie, bei der die Behandlung innerhalb von sechs Stunden einsetz- te, 20 Prozent der Patienten eine Hirnblutung. In der US- Studie, in der t-PA nur innerhalb der ersten drei Stunden nach einem Schlaganfall gegeben wurde, traten Hirn- blutungen nur bei 6,5 Prozent der Patienten auf. In Deutschland ist t-PA bislang noch nicht für die Indikation Schlaganfall zugelassen und sollte daher zunächst nur in spezialisierten Zentren eingesetzt werden, erklärte Prof.
Michael Hennerici (Heidelberg).
twa 160 000 bis 250 000 Menschen erleiden in Deutschland jährlich eine Apoplexie; rund 100 000 Patienten sterben an den Folgen. In mehr als 80 Prozent der Fälle sind Blutgerinnsel, Embolien oder arteriosklerotische Ablagerungen in den Hirnge- fäßen Ursache eines Schlaganfalls, in knapp 20 Prozent ist eine Hirnblutung der Auslöser. Das CT ist deshalb nach wie vor wichtigstes diagnostisches Hilfsmittel, da mit seiner Hilfe eine Blutung ausgeschlossen werden kann. Andererseits wird der Hirninfarkt selbst im CT erst dann erkennbar, wenn die Schäden bereits zu morpholo- gischen Veränderungen geführt haben. Seit einigen Jah- ren werden deshalb auch die Magnetresonanz-Tomogra- phie (MRT) und die Positronenemissions-Tomographie (PET) erprobt, die außer Strukturen auch Funktionen und Stoffwechselprozesse sichtbar machen. Allerdings sind diese Untersuchungen noch sehr zeitaufwendig und dauern zu lange, sagte Heiss. Jürgen Stoschek
A-2508
S P E K T R U M AKUT
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(4) Deutsches Ärzteblatt 93,Heft 40, 4. Oktober 1996