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Archiv "Radonbalneologie" (15.10.2010)

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730 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 107

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Heft 41

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15. Oktober 2010

M E D I Z I N

DISKUSSION

Radonbalneologie

Erst ab einer Radonkonzentration von 18 Nanocurie galt ein Heilwasser als radonhaltig. Bei der Inhalation war man in Kurorten mit einer Luftkonzentration von etwa 5 Nanocurie pro Liter noch eben zufrieden. Des- halb wurde mittels „Ausgasung des natürlichen Quell- wassers“ bei Kuren unter Plexiglashauben auf Inhalati- onsplätzen nachgeholfen. Hauptindikation waren rheu- matische Erkrankungen (1, 2).

In ihrer Arbeit (3) betont die Erlangen-Nürnberger Gruppe zwar zweimal, dass Emanationen in anderen als Uranbergwerken nicht Thema ihres Beitrages seien, sie fordert aber dennoch deren „sorgfältige Nutzen-Ri- siko-Abschätzung“. Wenn aber von ihnen „Radon ne- ben dem Zigarettenrauchen als zweitwichtigste Ursa- che für Lungenkrebserkrankungen in der beruflich nicht exponierten Allgemeinbevölkerung“ eingeschätzt wird, sollte in einer Zeitschrift für Ärzte doch eine Stel- lungnahme zur kurmäßigen Behandlung mit Radon er- wartet werden.

Wir spielten in meinem Geburtsort oft im „Radon- stollen“, dessen Eingang im zweiten Weltkrieg zerstört worden war. Als Kinder, die im Weinanbaugebiet auf- wuchsen, benutzten wir statt Taschenlampen Kerzen in der langen Höhle (bei hohen Kohlendioxidkonzentra- tionen erlischt die Kerzenflamme). Auf der höheren Schule lernten wir später, dass bei Vorbeiströmen von Quellwasser an radiumhaltigem Gestein (Ra 223/Halb- wertzeit 1 600 Jahre) als erstes Zerfallsprodukt Radon (Rn 222) in ihm gelöst wird. Das Edelgas Radon mit ei- ner Halbwertzeit von nur 3,28 Tagen sei nicht nur in Wasser und Blut sondern auch in Fett löslich. Abhängig von der Atemtechnik freiwilliger Testpersonen und der Umgebungstemperatur sind im Böcksteiner Thermal- stollen bei Badgastein nach zweistündigem Aufenthalt zwischen 0,6 und 1,6 Picocurie je Milliliter Blut be- stimmt worden.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0730a

LITERATUR

1. Dirnagl K: Die Technik der Radoninhalation. Naheland-Kalender 1984; 169–70.

2. Braunbehrens H v.: Über Radonkuren. Naheland-Kalender 1984;

171–2.

3. Schmid K, Kuwert T, Drexler H: Radon in indoor spaces—An under - estimated risk factor for lung cancer in environmental medicine

[Radon in Innenräumen: Ein in der umweltmedizinischen Diskussion unterschätzter Risikofaktor für Lungenkrebs]. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(11): 181–6.

Dr. med. Helmut Schlarb Antoniusplatz 1 49661 Cloppenburg

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht

Radon im Trinkwasser

Zunächst möchten wir den Autoren Anerkennung und Dank für ihren Beitrag aussprechen. Er zeigt das Risiko für Lungenkrebserkrankungen auf, wobei die Diskussi- on hauptsächlich auf eingeatmetes Radon fokussiert, das aus dem Erdreich in Gebäude und Wohnräume ein- dringt.

Hier sei auf eine weitere Krebsrisikoquelle hinge- wiesen, die in der öffentlichen Diskussion unseres Er- achtens zu kurz kommt, nämlich die Freisetzung im Trinkwasser gelösten Radons. In Deutschland beträgt die mittlere Radonaktivität im Trinkwasser nur 6 Bq/L, regional aber auch 100 Bq/L und sogar über 1 000 Bq/L. Was passiert, wenn das gelöste Gas beispielswei- se beim warmen Duschen in der Duschkabine freige- setzt und eingeatmet wird? Geht man einmal von 100 Bq/L aus, so steigt bei vollständiger Radonfreisetzung pro Liter verbrauchten Wassers die Aktivität in der Ka- bine um 100 Bq an (Aktivität bezeichnet die Zahl der radioaktiven Zerfälle pro Sekunde [1 Bq = 1 Zerfall pro Sekunde]. Für Expositionszwecke ist die Angabe in Bq/L oder Bq/m³ sinnvoll. [2]) Eine amerikanische Broschüre schockierte vor Jahren mit Werten von eini- gen kBq/m³, die nach 15 Minuten in der Duschkabine gemessen wurden – aufgrund des Rechenbeispiels durchaus plausibel. Ist das Risiko des beim Duschen eingeatmeten Radons, wie häufig behauptet, wirklich vernachlässigbar, insbesondere unter dem Aspekt, dass eine Durchlüftung der Kabine beim Duschen oft schwierig ist?

In der Küche führen sowohl die Dampfentwicklung als auch im Erdgas angereichertes Radon zu einer zu- sätzlichen Radonbelastung. Hier kann Lüften prinzi- piell Abhilfe schaffen. In modernen Wohnräumen mit dicht schließenden Fenstern ist allerdings eine gründli- che Durchlüftung zunehmend problematisch.

Es wäre begrüßenswert, wenn die Autoren des Arti- kels kurz ihre Sicht der Probleme zu „Radon in Dusch- kabinen“ und „mangelnder Luftaustausch in modernen Wohngebäuden“ darlegen könnten. Durch mangelnde Belüftung sind ja bereits andere Ursachen für Gesund- heitsrisiken in die Schlagzeilen geraten, wie beispiels- weise krankmachendes Wohnklima, Allergenanreiche- rung oder Schimmelpilzbildung.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0730b zu dem Beitrag

Radon in Innenräumen: Ein in der

umweltmedizinischen Diskussion unterschätzter Risikofaktor für Lungenkrebs

von PD Dr. med. Klaus Schmid, Prof. Dr. med. Torsten Kuwert, Prof. Dr. med. Hans Drexler in Heft 11/2010

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Deutsches Ärzteblatt

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15. Oktober 2010 731

M E D I Z I N

Risiko durch Radon überbewertet

Der Hauptmangel der Publikation liegt in der fehlenden Erwähnung der Radioaktivität im Tabakrauch, die laut amerikanischer Strahlenschutzkommission mehr als 100 mSv Strahlenexposition der Lungen beim Raucher ausmacht. So sind auch Nichtraucher in Gebäuden, in denen geraucht wird, einer erheblichen Strahlenexposi- tion ausgesetzt. Ferner wird auch die erhebliche Pluto- niumemission durch Kohlekraftwerke als zusätzlich denkbarer Einflussfaktor auf „Radon-Studien“ (und ei- gentlich wichtige Aufgabe der Arbeitsmedizin) nicht erwähnt.

In der zitierten Metaanalyse von Darby wurde bei le- benslangen Nichtrauchern das Risiko eines Lungenmali- gnoms im Alter von 75 Jahren bei Radon-Belastungen von 0,100 und 400 Bq/m³ mit 0,4 %, 0,5 % und 0,7 % angegeben beziehungsweise bei Zigarettenrauchern ein ungefähr 25-fach höheres Risiko von 10 %, 12 % und 16 %. Bei Nichtrauchern besteht zwischen einer Exposi- tion von 0 und 100 Bq/m³ ein Unterschied von nur 0,1 %. Die Autoren berichten von einer durchschnittli- chen Radonbelastung in Deutschland von lediglich 49 Bq/m3 (bereits die natürlichen Außenluftwerte schwan- ken laut Bundesamt für Strahlenschutz bis 80 Bq/m³), womit ein relevanter Einfluss bei Nichtrauchern nicht mehr nachweisbar und auch die Rolle als relevantes Co- Karzinogen bei Rauchern fraglich ist.

Was die angeblich lineare Dosis-Wirkungs-Bezie- hung angeht, so vermisse ich eine Diskussion darüber, warum im Iran mit einer natürlichen Strahlenexposition der Bevölkerung von bis zu 200 mSv (hierzulande sind es zwischen 1 und 6 mSv) keine erhöhte Malignominzi- denz festgestellt wurde.

Die geforderten Maßnahmen im Hausbau stehen in keiner Relation zur Bedrohung durch Radon. Besser sollten die Mittel hierzu in Raucherentwöhnungspro- gramme fließen, auch wenn dies mit zusätzlichen finan- ziellen Anstrengungen, geringeren Tabaksteuereinnah- men, einer fehlenden Stimulation der Bauwirtschaft und einer höheren Belastung der Rentenkassen durch eine re- levant zunehmende Lebenserwartung verbunden wäre.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0731a

Mit großem Interesse habe ich den Beitrag zu Radon in Innenräumen gelesen und festgestellt, dass das The- ma umfassend behandelt wurde und neben gesund- heitlichen Aspekten auch auf bauliche Maßnahmen sowie politische Notwendigkeiten wie ein Radon- schutzgesetz hingewiesen wurde. Knapp einen Monat nach Annahme des Manuskripts veröffentlichte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) ein Handbuch zu diesem Thema (1), in dem ein Referenzwert von 100 Bq/m3 vorgeschlagen wird, da ein solcher Wert aus epidemiologischer Sicht gerechtfertigt ist. Das Deut- sche Ärzteblatt berichtete darüber bereits am 22. Sep- tember 2009 (2).

Durch das im Jahr 2005 mit über 100 Radonexper- ten und Wissenschaftlern aus fast 40 Mitgliedstaaten gestartete „International Radon Project“ versucht die WHO, ein Bewusstsein für die Radonproblematik zu schaffen. Die WHO ist insbesondere daran interes- siert, zuerst die politisch Verantwortlichen über die Gesundheitseffekte langjähriger Radonexposition zu informieren, um auf nationaler Ebene die Implemen- tierung der notwendigen gesetzlichen Rahmenbedin- gungen voranzutreiben. Daneben gilt es aber auch, spezifische Berufsgruppen wie Baufachleute anzu- sprechen, da sie durch angepasste Baumaßnahmen unmittelbar Einfluss auf Radonkonzentrationen in Wohnräumen nehmen können. Schließlich muss die Ärzteschaft in diese Bemühungen miteingebunden werden, um bei der Aufklärung der bestehenden Ge- sundheitsrisiken durch Radon mitzuwirken. Daher scheint mir dieser Beitrag im Deutschen Ärzteblatt sehr gelungen.

DOI: 10.3238/arztebl.2010.0731b

LITERATUR

1. WHO handbook on indoor radon: a public health perspective: (eds.) Zeeb H, Shannoun F, WHO, Geneva, 2009. www.who.int/ionizing_

radiation/env/radon/en/index1.html

2. www.aerzteblatt.de/v4/news/news.asp?id=38209&src=su che&p=strahlenschutz

3. Schmid K, Kuwert T, Drexler H: Radon in indoor spaces—An under - estimated risk factor for lung cancer in environmental medicine [Radon in Innenräumen: Ein in der umweltmedizinischen Diskussion unterschätzter Risikofaktor für Lungenkrebs]. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(11): 181–6.

LITERATUR

1. Schmid K, Kuwert T, Drexler H: Radon in indoor spaces—An under - estimated risk factor for lung cancer in environmental medicine [Radon in Innenräumen: Ein in der umweltmedizinischen Diskussion unterschätzter Risikofaktor für Lungenkrebs]. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(11): 181–6.

2. www.gesundheitsamt.de/alle/umwelt/physik/strahl/ion/ra/rn

Prof. Dr. rer. nat. Hermann Dertinger Prof. Dr. med. Konrad Andrassy Institut für Biologische Grenzflächen

KIT – Campus Nord (vormals Forschungszentrum Karlsruhe) Postfach 3640

76021 Karlsruhe

E-Mail: hermann.dertinger@kit.edu

Interessenkonflikt

Die Autoren erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

LITERATUR

1. Schmid K, Kuwert T, Drexler H: Radon in indoor spaces—An under - estimated risk factor for lung cancer in environmental medicine [Radon in Innenräumen: Ein in der umweltmedizinischen Diskussion unterschätzter Risikofaktor für Lungenkrebs]. Dtsch Arztebl Int 2010;

107(11): 181–6.

PD Dr. med. Ernst Eising Elper Weg 66

45657 Recklinghausen E-Mail: e-g-e@web.de

Interessenkonflikt

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des In- ternational Committee of Medical Journal Editors besteht.

Bewusstsein schaffen

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