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Archiv "Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln: Check-up zum Leistungsrecht" (15.08.2003)

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ie Verordnung von Arzneimitteln zulasten der gesetzlichen Kran- kenkassen unterliegt zahlreichen Regelungen. So umfasst deren Lei- stungspflicht nach den allgemeinen Re- geln des Leistungsrechts (§ 27 Abs. 1 SGB V) jede Pharmakotherapie, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, sie zu heilen, ihre Verschlim- merung zu verhüten oder Beschwerden zu lindern. Dem ebenfalls gesetzlich verankerten Wirtschaftlichkeitsgebot genügt eine Arzneimitteltherapie, wenn die Verordnung ausreichend, zweck- mäßig und wirtschaftlich ist und das Maß des Notwendigen nicht über- schreitet (§ 12 Abs. 1 SGB V). Danach gilt eine Leistung als ausreichend, wenn sie nach Umfang und Qualität hinrei- chende Chancen für eine Heilung bietet und einen Mindeststandard garantiert.

Zweckmäßig ist eine Leistung, die zur Herbeiführung des Heilerfolgs geeignet und hinreichend wirksam ist. Als not- wendig gelten Leistungen, die unent- behrlich, unvermeidlich oder unver- zichtbar sind. Als wirtschaftlich im Sin- ne des SGB V gilt eine Leistung, wenn die gewählte Therapie im Vergleich zu anderen ein günstiges Verhältnis von Kosten und Nutzen aufweist, wobei die Kosten derzeit als der Preis des Medi- kaments beziehungsweise die Arznei- mittelkosten pro Zeiteinheit definiert werden.

Nach den Arzneimittel-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen hat der Versicherte grundsätzlich einen Anspruch auf die Versorgung mit allen nach dem Arznei- mittelgesetz verkehrsfähigen apothe- kenpflichtigen Arzneimitteln in den In- dikationen, für die sie zugelassen sind.

Ausgenommen sind Medikamente, die aus der Leistungspflicht der Gesetzli- chen Krankenversicherung (GKV) aus- geschlossen sind oder nach dem Wirt- schaftlichkeitsgebot nur eingeschränkt verordnet werden dürfen.

Um sich in diesem Dschungel aus Regelungen zurechtzufinden, bietet sich für Ärzte ein Check-up auf Verord- nungsfähigkeit an. Dazu benötigt man das Sozialgesetzbuch V, die Arzneimit- tel-Richtlinien inklusive der Anlage 4 (Therapiehinweise), die Präparateliste zur Negativliste (beide zu finden unter:

http://daris.kbv.de/daris.asp), die Rote Liste (www.rote-liste.de/Online), eine Sammlung der Fachinformationen so- wie ein aktuelles Preis-Informationssy- stem (verschiedene Systeme werden 14- tägig aktualisiert).

Zunächst ist es wichtig zu wissen, ob es sich bei dem Präparat, das man ver- ordnen will, um ein Fertig-, ein Rezep- tur- oder ein Nicht-Arzneimittel han- delt. Gute Arztpraxis-Informationssy-

steme kennzeichnen alle Produkte ent- sprechend. Die Rote Liste verzeichnet ausschließlich Fertigarzneimittel. Nicht- Arzneimittel, wie zum Beispiel die mei- sten Nahrungsergänzungsmittel oder kosmetische Präparate, sind nicht zula- sten der GKV verordnungsfähig. Aus- nahmen sind in den Nummern 17.1 i und 17.1 c der Arzneimittel-Richtlinien aufgeführt. Die Kosten für nichtapo- thekenpflichtige Präparate wie viele Medizinprodukte, bestimmte Vitamin- präparate oder Teemischungen erstat- tet die GKV ebenfalls nicht. Angaben über die Apothekenpflicht enthält jede gute Arztpraxissoftware.

Die Indikationen, für die ein Arznei- mittel zugelassen ist, gehen aus der Fachinformation hervor, die vom ein- zelnen Hersteller oder gesammelt auf CD-ROM bezogen werden kann (www.

fachinfo.de). Auch die Rote Liste ent- hält hierzu Angaben. Im Vergleich zur Fachinformation sind diese allerdings relativ knapp und zum Teil nicht ak- tuell.

Außerdem muss der Arzt vor einer Verordnung prüfen, ob der Wirkstoff auf der Negativliste nach § 34 Abs. 3 SGB V verzeichnet ist. Um diesen Ab- gleich zu erleichtern, hat der Bundes- ausschuss im September 2002 eine Präparateliste zur Negativliste veröf- fentlicht. In guten Arztpraxissoft- waresystemen sind die Präparate ent- sprechend gekennzeichnet.

Von der Erstattungsfähigkeit ausge- schlossen sind darüber hinaus Bagatell- arzneimittel nach § 34 Abs. 1 SGB V.

Konkrete Angaben dazu enthält Num- mer 16 der Arzneimittel-Richtlinien.

Danach sind folgende Arzneimittel bei Versicherten ab dem 18. Lebensjahr nicht verordnungsfähig: Arzneimittel zur Anwendung bei Erkältungskrank- heiten und grippalen Infekten (bei- spielsweise Schnupfenmittel, husten- dämpfende und hustenlösende Mittel);

Mund- und Rachentherapeutika; Ab- führmittel und Arzneimittel gegen Rei- sekrankheit.

Es gibt vereinzelt Ausnahmen, die ei- ne Verordnungsfähigkeit begründen. So können zum Beispiel Abführmittel als Begleitmedikation bei einer Opiatthe- rapie oder im Rahmen der Vorberei- tung von diagnostischen Verfahren zu- lasten der GKV verschrieben werden.

P O L I T I K

Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 3315. August 2003 AA2121

Erstattungsfähigkeit von Arzneimitteln

Check-up zum Leistungsrecht

Ob die Krankenkasse die Kosten für ein Arzneimittel über- nimmt, unterliegt einer Fülle von Richtlinien und gesetzlichen Regelungen. Die KBV gibt praktische Hinweise für den Arzt.

Unterlagen für den Check-up:

>Sozialgesetzbuch V

>Präparateübersicht zur Negativliste (Beilage im Deutschen Ärzteblatt, Heft 37, vom 13. 9. 2002;

www.kbv.de)

>Arzneimittel-Richtlinien mit Anlagen (Therapie- hinweise) (www.kbv.de)

>gut recherchierbares, aktuelles Preisinformati- onssystem (hier berät Sie Ihre Kassenärztliche Vereinigung)

>Fachinfo, Fachinformationsverzeichnis Deutsch- land (einschließlich EU-Zulassungen), BPI Ser- vice GmbH, Berlin

>Rote Liste 2002, Arzneimittelverzeichnis für Deutschland, Rote Liste Service GmbH, Frank- furt/Main

Textkasten

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Schließlich muss der Arzt prüfen, ob Verordnungseinschränkungen nach den Nummern 17 bis 20 der Arzneimit- tel-Richtlinien greifen. Den in Nummer 17 aufgeführten Therapieverfahren und Arzneimitteln fehlen im Allgemeinen die Voraussetzungen für die Notwen- digkeit oder der therapeutische Nutzen.

In anderen Fällen kann das Behand- lungsziel ebenso gut durch nicht medi- kamentöse Maßnahmen erreicht wer- den. Ein Beispiel hierfür sind Antihypo- tonika zur oralen Anwendung.

In den Nummern 18 bis 20 der Arz- neimittel-Richtlinien wird die Behand- lung von Stoffwechselerkrankungen (beispielsweise Diabetes mellitus), die Verordnung von Tranquillanzien und Hypnotika sowie von Impfstoffen re- glementiert. Danach bedarf die langfri- stige Verordnung von Tranquillanzien und Hypnotika einer strengen Indikati- onsstellung und der Begründung in der ärztlichen Dokumentation.

Antworten auf häufige Fragen

Des Weiteren muss der Arzt die Thera- piehinweise des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen beachten, die die wirtschaftliche Verordnungswei- se meist hochpreisiger Medikamente wie zum Beispiel gentechnisch herge- stellter Arzneimittel konkretisieren.

Hilfreich ist außerdem eine Soft- ware, die bei Aufruf eines Präparates automatisch alternative Präparate mit gleicher beziehungsweise vergleichba- rer Darreichungsform sowie gleicher Wirkstärke und Packungsgröße nach Preisen geordnet auflistet und Festbe- träge sowie Preisdrittellinien optisch hervorhebt. Entsprechende Tools sind in der Apothekensoftware schon seit Jahren Standard.

Der beschriebene Check-up dürfte die meisten Fragen zur Leistungspflicht beantworten. Für darüber hinausge- hende Fragen ist die jeweils zuständige Kassenärztliche Vereinigung ein kom- petenter Ansprechpartner. Einige be- sonders knifflige und häufige Fragen werden im Folgenden beantwortet:

> Häufige Fragen betreffen die Er- stattungsfähigkeit von Organhydrolysa- ten oder Thymuspräparaten. Thymus- präparate werden zum Beispiel beim

Mammakarzinom oder bei rheumatoi- der Arthritis eingesetzt. Nach Nummer 17.1 m der Arzneimittel-Richtlinien feh- len aus leistungsrechtlicher Sicht für den Einsatz von so genannten Zellularthera- peutika und Organhydrolysaten im All- gemeinen die Voraussetzungen für die Notwendigkeit einer entsprechenden Arzneimitteltherapie beziehungsweise für deren therapeutischen Nutzen, oder es kann das Behandlungsziel auch mit nichtmedikamentösen Maßnahmen er- reicht werden. Manche Organhydrolysa- te sind darüber hinaus negativ gelistet und daher nicht verordnungsfähig.

>Nach Nummer 17.2 h sind Vitamin- präparate nur dann verordnungsfähig, wenn zuvor nichtmedikamentöse Maß- nahmen, beispielsweise eine Ernäh- rungsumstellung, genutzt wurden, das Behandlungsziel dadurch aber nicht er- reicht werden konnte und die Gabe von Vitaminpräparaten zusätzlich erforder- lich ist. Bei Vitaminmangel, der durch entsprechende Ernährung nicht beho- ben werden kann, sind diese Präparate immer erstattungsfähig.

Weitere häufige Fragen betreffen die Verordnung von Arzneimitteln für be- stimmte Indikationen:

>Immunglobuline sind für die Indi- kation multiple Sklerose nicht zugelas- sen und daher nicht zulasten der GKV verordnungsfähig. Diese Auffassung hat das Bundessozialgericht mit Urteil vom 19. März 2000 bestätigt.

>Erektile Dysfunktion: Nach Num- mer 17.1 f dürfen Mittel zur Behand- lung der erektilen Dysfunktion und Mittel, die der Anreizung und Steige- rung der sexuellen Potenz dienen, nicht verordnet werden.Allerdings liegen be- züglich der Erstattungsfähigkeit von Viagra gegenteilige Gerichtsurteile vor.

Für SKAT hat das Bundessozialgericht 1999 die Leistungspflicht festgestellt.

Da die Arzneimittel-Richtlinien inso- weit bisher nicht geändert worden sind, wird empfohlen, in Fällen der Behand- lungsbedürftigkeit ein Privatrezept aus- zustellen. Die Kasse entscheidet dann über die Erstattungsfähigkeit.

>Proleukin ist nur zur intravenösen Behandlung des metastasierenden Nie- renzellkarzinoms zugelassen. Der Ein- satz in allen anderen Indikationen be- deutet einen Off-label-use. Bei Verord- nungen außerhalb der zugelassenen In-

dikation sollte der Arzt zunächst grundsätzlich prüfen, ob ein alternatives zugelassenes Medikament zur Verfü- gung steht. Ist dies nicht der Fall, sollte er mit der Kasse klären, ob diese bei einer Verordnung auf einen Antrag auf „Son- stigen Schaden“ verzichtet. Bestätigt sie den Verzicht nicht, sollte der Arzt ein Privatrezept ausstellen. Wichtig: Bei ei- ner Verordnung außerhalb der zugelas- senen Indikation handelt der Arzt auf ei- gene Verantwortung und unterliegt ei- ner erweiterten Begründungs- und Do- kumentationspflicht.

> Botulinumtoxin wird häufig bei Hyperhidrose eingesetzt. Die Anwen- dung erfolgt noch außerhalb der Zulas- sung. Derzeit laufen jedoch Wirksam- keitsstudien; ein Antrag auf Zulassung ist gestellt. Ein Off-label-use ist somit nur unter den strengen Voraussetzun- gen möglich, die das Bundessozialge- richt definiert hat (DÄ, Heft 16/2003).

>Der Hersteller von Wobe Mugos E hat die Darreichungsform von rektal auf oral geändert. Dies erfordert eine Zulassung für die Tablettenform. Die Firma hat allerdings keine entsprechen- de Änderungsanzeige beim Bundesin- stitut für Arzneimittel und Medizinpro- dukte vorgelegt. Die Behörde hat des- halb den Antrag auf eine Verlängerung der bestehenden Zulassung abgelehnt.

Gegen diese Entscheidung hat die Fir- ma vor dem Berliner Verwaltungsge- richt geklagt. Da die Klage aufschieben- de Wirkung hat, ist Wobe Mugos E der- zeit weiterhin fiktiv zugelassen. Das Präparat erfüllt jedoch nicht das Krite- rium der Wirtschaftlichkeit und ist da- mit nach Auffassung der Krankenkas- sen nicht zu ihren Lasten verordnungs- fähig.

> Trastuzumab ist nur unter be- stimmten Voraussetzungen zur Thera- pie des Mammakarzinoms zugelassen.

Einen entsprechenden Therapiehinweis hat der Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen erarbeitet.

> Fluoridpräparate zur Kariespro- phylaxe bei Kindern fallen nicht mehr unter die Apothekenpflicht, sind aber nach Auffassung des Bundesministeri- ums für Gesundheit dennoch zulasten der GKV verordnungsfähig.

Dr. rer. nat. Eva Susanne Dietrich Susanne Schoop

Kassenärztliche Bundesvereinigung P O L I T I K

A

A2122 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 3315. August 2003

Referenzen

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