MEDIZIN
Glukokinase-Gen (Chromosom 7p, > 20kb, 12 Exons):
Der Nachweis einer Kopplung des Glukokinase-Gens in Familien mit MODY (5) sowie der Nachweis einer Punktmutation konnte den Ba- sisdefekt für die überwiegende Zahl der Familien mit MODY aufklären (30). Die gleiche Mutation fand sich auch bei einzelnen Patienten mit spätmanifestem Typ-Il-Diabetes (24). Insgesamt spielen Mutationen im Glukokinase-Gen jedoch keine bedeutende Rolle als genetische Ba- sis des Typ-Il-Diabetes (4).
Mutationen der Mitochondrien-DNA:
Patienten mit meist komplexer Symptomatik — Wolfram-Syndrom (Diabetes insipidus, Diabetes melli- tus, Opticus-Atrophie, Taubheit) (20), MELAS-Syndrom (unter ande- rem mitochondriale Myopathie, En- zephalopathie, Laktat-Acidose), mit Diabetes mellitus (15), Diabetes mel- litus und Taubheit (1) — sowie mit weiteren komplexen seltenen Syn- dromen mit Typ-I-Diabetes (6, 13) zeigten Mutationen in der mitochon- drialen DNA und belegen damit de- ren Beteiligung an der Entstehung des Diabetes mellitus im Rahmen sehr seltener Syndrome mit Typ-I- Diabetes.
KURZBERICHT / FÜR SIE REFERIERT
Kopplung mit Markern auf Chromosom 20:
Kopplungsstudien einer Familie mit MODY zeigten eine enge Kopp- lung mit Markern auf Chromosom 20q. Ein Kandidaten-Gen konnte bis- her nicht identifiziert werden (2).
Die Beobachtung belegt, daß der MODY ein genetisch heterogenes Krankheitsbild mit mindestens zwei verschiedenen Basisdefekten dar- stellt, wobei der weitaus größere Teil der Fälle auf einem Glukokinase-De- fekt beruht.
Tiermodelle
Die non-obese diabetic(NOD)- Maus sowie die biobreeding(BB)- Ratte weisen einen Typ-I-Diabetes auf. Es wurden zahlreiche disponie- rende Gene identifiziert, die den major histocompatibility complex (MHC) einschließen. Einzelne be- reits identifizierte Gene ließen sich bisher auf homologen chromosoma- len Regionen des Menschen nicht nachweisen (3).
Befunde bei verschiedenen Tie- ren mit Typ-Il-Diabetes mellitus be- legen, daß der Phänotyp durch zahl- reiche Gene modifiziert werden kann und sprechen für eine Interaktion unterschiedlicher Gene bei der Aus-
prägung des Diabetes dieser Tiere (10), die auch beim Menschen ver- mutet werden kann.
Ausblick
Die molekulargenetischen Be- funde führen zwar bisher nur zu ei- nem begrenzten Verständnis für den Diabetes mellitus. Sie eröffnen je- doch bereits jetzt wesentliche Ein- blicke in sehr unterschiedliche Basis- defekte. Es wird für die Zukunft mit weiteren eindrucksvollen Befunden zu rechnen sein; der Diabetes melli- tus wird jedoch als heterogene, multi- faktoriell bedingte Krankheitsgruppe auch in der Zukunft interdisziplinä- rer Forschungsgegenstand bleiben.
Deutsches Arzteblatt
91 (1994) A-1130-1134 [Heft 16]
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über den Verfasser.
Anschrift des Verfassers:
Prof. Dr. med. Klaus Zerres Institut für Humangenetik Wilhelmstraße 31
53111 Bonn
Check-up-
Untersuchungen durch Krankenschwestern
Können kardiovaskuläre Risiko- faktoren durch Vorsorgeuntersu- chungen von Krankenschwestern in der Praxis zugunsten der Gesundheit des Patienten beeinflußt werden?
Eine englische Studiengruppe in Oxford nahm sich dieser Frage an und untersuchte 5 000 Praxispatien- ten im Alter von 35 bis 64 Jahren und erfaßte die relevanten Parameter zur Erstellung eines kardiovaskulären
Risikoprofils. Anschließend wurden die Patienten von eigens geschultem Krankenpflegepersonal beraten, wie auf diese Risiken möglichst effektiv Einfluß genommen werden kann.
Nach einem Jahr wurden erneut Untersuchungen durchgeführt und die Ergebnisse mit einer bisher nicht untersuchten (und beratenen) Kon- trollgruppe verglichen. In der Inter- ventionsgruppe lag das Serumchole- sterin um 2,3 Prozent niedriger, der Blutdruck war im Mittel um 2,5 Pro- zent erniedrigt. Für das Körperge- wicht ließ sich nur ein Trend zu nied- rigeren Werten in der Interventions- gruppe feststellen, die Rauchge- wohnheiten waren gegenüber der Kontrollgruppe nicht verändert.
Die Untersucher folgern, daß in der Primärprävention kardiovaskulä-
rer Erkrankungen Vorsorgeuntersu- chungen durch Krankenpflegeperso- nal einen positiven Effekt zeigen; ins- besondere lassen sich Eßgewohnhei- ten und damit auch der Serumchole- sterinspiegel positiv beeinflussen.
Ob dies allerdings ein Langzeit- effekt ist und klinische Relevanz er- reicht werden kann, müssen spätere Studien zeigen. acc
Imperial Cancer Research Fund OX- CHECK Study Group: Effectiveness of health checks conducted by nurses in Primary care: results of the OXCHECK study after one year. BMJ 308 (1994) 308-312.
Dr. J. Muir, University Dep. of Public Health and Trimary Care, University of Southampton, Aldermoor Health Cen- ter, Shouthampton SOl 6ST, England.
A-1134 (56) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 16, 22. April 1994