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Archiv "Lust ohne Last" (16.04.2004)

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Kinderbuch

Mutig und innovativ

Anna Sommer, Michael Grotzer:

Eugen und der freche Wicht.Editi- on Moderne, Zürich, 2003, 72 Sei- ten mit zahlreichen bunten Bildern, 22,5 × 29 cm, Hardcover, 19,80 A, im Buchhandel oder über: Das Sor- timent, Jutta Harms, Bülowstraße 52, A 5, 10783 Berlin (plus 2 AVer- sandkostenanteil)

Wenn man ein Kinderbuch schreibt, sollte man eigentlich vor allem an die Großeltern denken, die dieses Buch kau- fen sollen. Die Bücher sollten von Blumen und kleinen blon- den Mädchen handeln, die höchstens gelegentlich kleine Problemchen aus dem Weg räumen müssen. Weil die Ver- lage so schnell im Namen der Großeltern entscheiden, dass

„das nichts für Kinder ist“, gibt es wenige mutige und innova- tive Kinderbücher. Der Kin- deronkologe Michael Grotzer und die Illustratorin Anna Sommer haben es trotzdem gewagt, ein schwieriges und in- novatives Buch zu schaffen und zum Glück einen Verlag gefunden, der keine übermäßi- ge Angst vor Großeltern hatte.

„Eugen und der freche Wicht“ handelt von einem kleinen Jungen, bei dem ein Hirntumor diagnostiziert und operiert wird, seinem langen Krankenhausaufenthalt und seinen Freunden, deren Tu- moren mit Chemotherapie behandelt werden müssen. Es gibt kein falsches Happy End;

Eugens Tumorrezidiv wird mit Strahlentherapie nachbe- handelt, und am Ende des Bu- ches feiert er zwar mit seinen Freunden, wird aber regel- mäßig zur Nachkontrolle ins Krankenhaus müssen.

Trotz dieses schwierigen Themas gelingt dem Buch eine fröhliche Leichtigkeit in Bild und Text. Dies geschieht aber nicht auf Kosten der Wahrheit – alle Untersuchungen und Strapazen für Eugen werden offen geschildert –, sondern durch den kindgerechten Ton und die guten sprachlichen Bilder, die Kinder mit der Ma- terie vertraut machen. Hervor- ragend sind die Illustrationen, in denen Kinder vieles ent- decken werden und die sich spielerisch um den Text her- umranken. Hoffnung wird nicht herbeigeschrieben, son- dern ergibt sich aus kleinen Gesten, etwa als Eugen den Lieblingsaffen seiner großen Schwester geborgt bekommt.

Das ist ein Buch, das Kin- der stark machen kann, denn hier haben auch die Eltern Angst, und Ärzte blicken wutentbrannt auf das Tumor- rezidiv im MRT. Es sollte Pflichtlektüre auf allen kin- deronkologischen Stationen sein, ist aber auch ein großes Lesevergnügen für Freunde innovativer und mutiger Kin- derbücher. Jakob Hein

A

A1090 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 1616. April 2004

B Ü C H E R

Psychiatriegeschichte

Erfrischender Perspektivwechsel

Karen Nolte: Gelebte Hysterie.

Erfahrung, Eigensinn und psychiatrische Diskurse im An- staltsalltag um 1900. Reihe: Ge- schichte und Geschlechter, Band 42. Campus Verlag, Frankfurt, New York, 2003, 351 Seiten, karto- niert, 39,90 A

Im Mittelpunkt der Untersu- chung stehen nicht medizini- sche Diskurse über die Krank- heitseinheit „Hysterie“, son- dern die Frage danach, wie diese Diskurse sich in der ärzt- lichen Praxis und in der all- täglichen Krankheitswahr- nehmung von Patienten wi- derspiegeln. Bie diesem Per- spektivwechsel verknüpft die Autorin geschickt die vielfach geforderte Geschichte aus Pa- tientensicht mit einer Ge- schichte des ärztlichen Alltags.

Noltes Quellen sind die Krankenakten der Landes- heilanstalt Marburg sowie die Vorlesungen und Schriften der dortigen Anstaltspsychiater.

Die Autorin fördert hier einen

Schatz an interessanten Kran- kengeschichten zutage, den sie in vielfältiger Weise zu nutzen versteht. Stets quellenkritisch, gelingt es ihr, eine Geschichte der Hysterie zu schreiben, die ihresgleichen sucht. Wahrneh- mungen von Patientinnen wer- den mit denen der Ärzte ver- glichen und beide sowohl vor dem Hintergrund der akade- mischen Diskussion um Hyste- rie als auch der gesellschaftli- chen Interpretation der Krank- heit analysiert.

Auf die erfrischend lebhaf- te Methodendarstellung folgt ein Abschnitt über das refor- merische Konzept der Mar- burger Anstalt, die von Zeit- genossen als „die erste wohl- gelungene öffentliche Pavil- lon-Irrenanstalt“ bezeichnet wurde. Der Anspruch derAn- stalt als eines „großen Famili- enhauses“ wird mit der von Patienten und Angestellten wahrgenommenen „Wirklich- keit“ verglichen. Überzeu- gend stellt die Autorin dar, wie im Anstaltsalltag Inti- mität und Privatheit der Pati- enten eingeschränkt wurden.

Methodisch wuchert sie hier mit dem wohl aufregendsten Akten(p)fund ihrer Arbeit.

Sie analysiert und interpre- tiert heimlich geschriebene Briefe von Patientinnen, die vom Anstaltspersonal abge- fangen wurden.

Neben aufschlussreichen Kapiteln über die in der Lan- desheilanstalt Marburg vor- herrschenden Hysteriekon- zepte, die Antipsychiatrie um 1900 sowie Betrachtungen über Hysterie und Neur- asthenie aus der Geschlech- terperspektive stellt die Auto- rin einzelne Krankengeschich- ten vor, deren Lektüre oft spannend wie ein Krimi ist.

Dabei vergisst sie nie, diese Krankengeschichten in den historischen Kontext einzu- betten, eine Leistung, die dem Leser Einblicke in gesell- schaftliche Debatten um Ner- venkrankheit und Lektüre, Erotik, Sexualität, Schwindel, Lüge und Tabu beschert.

Eine klare Darstellung paart sich bei Nolte mit beein- druckender Sach- und Lite- raturkenntnis. Heiner Fangerau

Medizingeschichte

Spannend

Robert Jütte: Lust ohne Last.Geschichte der Empfängnisverhü- tung. Beck’sche Reihe Band 1511. Verlag C. H. Beck, München, 2003, 368 Seiten, kartoniert, 14,90A

Das Verhältnis des Menschen zu sei- ner eigenen Sexualität ist ein faszi- nierendes Thema. Zeigt sich im Blick auf diese oft tabuisierte Frage doch besonders klar, wie selbst- oder fremdbestimmt Menschen ihr Da- sein gestalten. Sexualität geht jeden an. Ob er und sie nun will oder nicht.

Diesem Ansatz ist die Publikation

„Lust ohne Last“ geschuldet.

Ihr Autor ist durch Monographien über die „Geschichte der Alternativen Medizin“, die „Geschichte der Sinne“

sowie die „Geschichte der Abtreibung“ bestens bekannt. Da- bei schreibt der Leiter des Instituts für Geschichte der Medizin der Robert Bosch Stiftung spannend. En passant wird der Le- ser so mit medizinischem Wissen, Formen der Verhütung – et- wa dem vermutlich seit Existenz des Menschen praktizierten coitus interruptus – sowie den Haltungen zu Fortpflanzung und Verhütung im Lauf der Jahrhunderte – aber auch mit Ergeb- nissen von Spezialstudien – bekannt gemacht.Matthias Mochner

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