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Archiv "Studie bei Typ-2-Diabetikern" (11.06.2004)

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eltweit wird die Zahl der Dia- betiker auf 194 Millionen ge- schätzt. Eine gerade bekannt gegebene Hochrechnung der Weltge- sundheitsorganisation geht für das Jahr 2030 von 366 Millionen Diabetikern aus. „Diese Zahlen sind erschreckend“

– darin waren sich Prof. Dr. med. Tho- mas Danne (Hannover), Präsident der 39. Jahrestagung der Deutschen Diabe- tes Gesellschaft (DDG), und Prof. Dr.

med. Wieland Kiess (Leipzig), der der DDG derzeit vorsteht, einig. Die beiden Pädiater betonten in Hannover, dass

„der Diabetes mit 3,2 Millionen Todes- fällen pro Jahr in der Todesursachensta- tistik noch vor Aids liegt“.

Erschreckend sei, dass sich der Dia- betes in immer früherem Lebensalter manifestiere. Übergewicht und Bewe- gungsmangel der Kinder führten bei entsprechender genetischer Dispositi- on dazu, dass die Inzidenzzahlen dra- matisch steigen. „Wir müssen begrei- fen, dass Übergewicht bei Kindern kein Schönheitsfehler, sondern Promotor für ernste Erkrankungen ist“, mahnte der Diabetologe. Zwar fehlen epidemiolo- gische Daten zum Typ-2-Diabetes bei Kindern und Jugendlichen, doch schät- zungsweise vier bis acht Prozent der Schüler sind adipös; bei jedem zweiten dicken Kind sind weitere Risikofakto- ren manifest.

Um ein Diabetes-Risiko frühzeitig zu erfassen, wurde in Hannover empfoh- len, bei allen Kindern mit einem Body- mass-Index über der 90. Perzentile per oralem Glucosebelastungstest nach Auf- fälligkeiten im Kohlenhydrathaushalt zu fahnden. Ergibt sich dabei tatsächlich ein Diabetes oder auch eine pathologi- sche Glucosetoleranz, muss alles daran- gesetzt werden, durch allgemeine Maß- nahmen eine Normalisierung des Stoff- wechsels zu erreichen. Hilft dies nicht, ist jetzt auch Metformin für die Behand-

lung von Kindern mit Typ-2-Diabetes ab dem zehnten Lebensjahr zugelassen.

Trotz guter Versorgung und immer besser entwickelter Therapie besteht noch auf verschiedenen Ebenen Hand- lungsbedarf. Auf dem Forum der „Na- tionalen Diabetes-Konferenz“ wurde ge- fordert, dass die verschiedenen wissen- schaftlichen Forschungseinrichtungen enger miteinander kooperieren und Studienergebnisse rascher transparent gemacht werden. Formuliert wurde fer- ner das Ziel, die Schulung der Patienten weiter zu optimieren, um vor allem die Gefahr von Folgeerkrankungen zu mi- nimieren.

Das Augenmerk der Diabetologen sollte sich aber nicht nur auf die be- kannten mikro- und makrovaskulären Folgeerkrankungen richten, sondern auch auf Begleiterkrankungen, sagte

Dr. med. Bernd Kulzer (Bad Mergent- heim). So werde bislang kaum reali- siert, dass Diabetiker etwa doppelt so häufig wie Stoffwechselgesunde unter depressiven Verstimmungen und auch unter manifesten Depressionen leiden.

Fragebogen zur Gemütslage decken bei jedem dritten Diabetiker eine depres- sive Symptomatik auf (bei Nichtdiabe- tikern 14 Prozent). Gehe man der nie- dergedrückten Stimmung auf den Grund, so ergebe sich bei elf Prozent der Dia- betiker eine manifeste Depression, bei Stoffwechselgesunden jedoch nur bei fünf Prozent.

Depressionen verschlechtern die Prognose erheblich

Diagnostiziert werden aber nur rund 40 bis 50 Prozent der Depressionen bei Diabetikern – tatsächlich behandelt werden nach Meinung Kulzers noch weitaus weniger. Dabei hat die Depres- sion nicht nur erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität, sondern auch auf die Stoffwechseleinstellung und da- mit auf die Prognose der Patienten.

Längsschnittuntersuchungen zeigen, dass die Gefahr für mikrovaskuläre Kompli- kationen um das Siebzehnfache steigt, wenn Diabetiker eine Depression ent- wickeln. Die DDG hat das Problem der Assoziation zwischen Diabetes und De- pression erkannt und anlässlich der Jah- restagung die „Leitlinien Psychosozia- les und Diabetes mellitus“ vorgelegt, in denen gezielt die Diagnostik und The- rapie psychischer Komorbiditäten des Diabetes dargestellt werden.

Verstärktes Augenmerk legen die Diabetologen auch auf die pathologi- sche Glucosetoleranz. Diese wurde bis- lang nach Aussage von Prof. Dr. med.

Burkhard Göke (München) als eine Art Prädiabetes angesehen und verharm- lost. „Wir würden besser von einem Frühdiabetes sprechen, denn regelhaft erhöhte postprandiale Blutzuckerwer- te bei noch normalem Nüchternblut- zucker erhöhen die kardiovaskuläre Gefährdung der Betroffenen bereits massiv. Obwohl eine diabetische Stoff- wechsellage nach derzeitiger Definition noch nicht vorliegt, müssen wir die Pati- enten behandeln, notfalls auch medika- mentös“, forderte der Diabetologe. So- M E D I Z I N R E P O R T

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A1716 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2411. Juni 2004

Diabetes mellitus

Epidemie bei Jung und Alt

Die Inzidenz- und Prävalenzzahlen der Stoffwechsel-

erkrankung steigen weltweit bei Erwachsenen und Kindern.

Studie bei Typ-2-Diabetikern

Für eine klinische Studie am Zen- trum der Inneren Medizin, Medizini- sche Klinik I, der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main werden Typ-2-Diabetiker gesucht.

Teilnahmevoraussetzungen:

>Alter 18 Jahre, Dauer des Dia- betes sechs Monate

>aktuelle Behandlung mit

1. einer oder zwei blutzuckersen- kenden Tabletten seit mindestens drei Monaten oder

2. einer oder zwei blutzuckersen- kenden Tabletten (seit mindestens drei Monaten) in Kombination mit einmal täglich gespritzem langwirksa- men Insulin.

Interessierte wenden sich bitte an das Studiensekretariat: Telefon: 0 69/

63 01-78 18, montags bis donnerstags von 13.30 bis 15.00 Uhr. EB

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wohl für Metformin wie auch für Acar- bose sei gezeigt worden, dass eine Re- duktion der kardiovaskulären Ereig- nisse beim Diabetes und im Fall der Acarbose auch bei der Glucosetoleranz möglich ist.

Eine Vereinfachung der Insulinthe- rapie wird künftig mit einem inha- lativen Insulin möglich sein, für das die Zulassung beantragt wurde. In Aus- sicht gestellt wurde ein völlig neues Behandlungsprinzip, bei dem die Wir- kung von Darmhormonen (Inkretine) – wie GLP-1 (Glucagon-like-Peptide-1) – nachgeahmt wird. GLP-1 steuert die frühe Insulinantwort und induziert als Darmhormon auf einen Glucosereiz hin die Bildung und Sekretion von In- sulin in den Betazellen des Pankreas.

Es verzögert außerdem die Magenent- leerung und hemmt Hunger und Appe- tit. GLP-1 lässt sich allerdings nicht direkt therapeutisch nutzen, da der Wirkstoff im Körper rasch durch die Dipeptidyl-Peptidase IV (DDP-IV) ab- gebaut wird.

Im Speichel der amerikanischen Kru- stenechse wurde der Wirkstoff Exen- din-4 gefunden, der eine 50-prozentige Homologie zu GLP-1 besitzt, den glei- chen Rezeptor besetzt und die gleichen Effekte im Organismus vermittelt. Syn- thetisch hergestellt führt der Wirkstoff Exenatide, der 2005 in den USA zuge- lassen werden soll, ebenfalls zu einer glucoseabhängigen Insulinsekretion. Die Substanz muss ebenso wie Insulin sub- kutan injiziert werden. Jedoch ist eine zweimal tägliche Injektion ausreichend;

außerdem kann Exenatide in einer Standarddosierung gegeben werden, Blutzuckermessungen wie bei der Insu- linbehandlung sind nicht erforderlich.

Als Vorteil wertete Prof. Dr. med. Mi- chael Nauck (Bad Lauterberg), dass die Stimulation der Insulinsekretion streng blutzuckerabhängig erfolgt, sodass kei- ne Hypoglykämien drohen.

Das Inkretin-Mimetikum Exenatide ist aber nicht der einzige Ansatz, über den versucht wird, die GLP-1-Wirkung therapeutisch nutzbar zu machen. Ge- arbeitet wird nach Nauck auch an DDP-IV-Inhibitoren in der Hoffnung, ein Therapieprinzip etablieren zu kön- nen, mit dem der Abbau des Darmhor- mons gehemmt und damit die GLP-1- Wirkung stabilisiert wird. Christine Vetter

M E D I Z I N R E P O R T

Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 2411. Juni 2004 AA1717

Adulte Stammzellen

Beweise stehen noch aus

Lübecker Forscher verkündeten einen „Durchbruch“ der

Forschung. Fachkollegen aber mahnen vorerst zur Skepsis.

B

iomedizinische Sensationsmeldun- gen sind generell mit Vorsicht zu genießen, besonders jedoch in ei- nem so politisierten Bereich wie der Stammzellforschung. So könnte es der Arbeitsgruppe um Dr. Charli Kruse vom Institut für Medizinische Moleku- larbiologie der Universität zu Lübeck in Kooperation mit dem Fraunhofer-Insti- tut für Biomedizinische Technik, St.

Ingbert, tatsächlich gelungen sein, eine

„ergiebige neue Quelle für pluripotente adulte Stammzellen“ zu entdecken. Da- mit ließe sich der ethisch umstrittene Einsatz von embryonalen Stammzellen umgehen. Der Erfolg der Forschergrup- pe könnte sich langfristig aber auch als Flop erweisen. Nämlich dann, wenn die Beweise für die Nutzbarkeit der Zellen in vivo erbracht werden müssen.

Eigenschaften aller Keimblätter

Trotzdem vermeldete jüngst die Tages- presse den „Durchbruch in der adulten Stammzellforschung“. Die verwendeten Zellen aus dem Pankreasgewebe des Menschen und der Ratte wiesen in ho- hem Maße die Merkmale adulter pluri- potenter Stammzellen auf, erklärten die Lübecker Forscher bei einer Pressekon- ferenz in Berlin. Nach anderthalb Jahren Forschungsarbeit sei es gelungen, wie- derholt Gewebekomposite von einigen Millimetern Größe hervorzubringen.

In ihnen befänden sich Zellen und Zellformationen mit den Eigenschaften aller drei Keimblätter, des Meso-, Ek- to- und Entoderms. Die gewonnenen Stammzellen vermehrten sich sehr gut, berichten die Forscher weiter. Eine der angelegten Stammzelllinien befände sich inzwischen in der 25. Kultur-Pas-

sage und bliebe ohne Kokultur oder Zusätze indifferenziert und stabil. Über geeignete Kultivierungsschritte könne sehr definiert die Differenzierung der Zellen induziert werden.

Dies wäre in der Tat ein „bahn- brechender Erfolg in der adulten Stammzellforschung“. Während Politi- ker euphorisch die Entdeckung der

„Alleskönner“ und die deutsche For- schung feiern, reagieren Stammzell- forscher, wie Prof. Dr. Rudolf Jänisch (Boston) und Prof. Dr. Catherine Ver- faillie (Minnesota) verhaltener. Fallen doch ein paar Ungereimtheiten auf, die der Lübecker Erfolgsmeldung Anlass zur Skepsis verleihen. „Die Ergeb- nisse sind für mich nicht plausibel“, sagt auch Priv.-Doz. Dr. med. Gerd Kem- permann, Leiter einer Arbeitsgruppe

„Adulte Stammzellen“ am Max-Del- brück-Zentrum in Berlin. Gängige Tests, wie eine klonale Analyse und In-vivo- Versuche, stünden noch aus. Stammzell- forscher Prof. Dr. rer. nat. Hans Schöler (Münster) hält die von Kruse isolierten Zellen indes für „außerordentlich be- merkenswert“. Auf Pluripotenz müss- ten sie allerdings noch überprüft wer- den, sagte er der Frankfurter Rundschau.

Kritiker bemängeln ferner die Form der Publikation der Lübecker Wissen- schaftler. Sie veröffentlichten ihre Daten nicht – wie sonst bei Forschungsergebnis- sen dieser Dimension üblich – in einer renommierten, peer-reviewten Zeit- schrift. Stattdessen publizierten sie ihre Arbeit in einem in biomedizinischen Kreisen kaum bekannten Internet-Jour- nal (Applied Physics A), das binnen 24 Stunden die Publikation akzeptierte.

Dem Vernehmen nach wollte Kruse durch diese Vorgehensweise nicht der Konkurrenz in die Hände spielen. Zu- nächst habe er sich sein Patent gesichert, das er im April erhalten haben will.

Bei der Vorstellung der Forschungs- ergebnisse im Rahmen einer Presse- konferenz räumten die Lübecker For- scher ein: Tatsächlich sind alle Experi- mente bislang nur in vitro durchgeführt worden. Weitere Prüfungen und Absi- cherungen müssten noch folgen. Sollte es in den nächsten Monaten gelingen, die Ergebnisse zu verifizieren, könnte man tatsächlich von einem „Durch- bruch“ in der Stammzellforschung spre- chen. Dr. med. Eva A. Richter-Kuhlmann

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