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Therapie des Typ-2-Diabetes

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ARS MEDICI 21 2006

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F O R T B I L D U N G

In der Behandlung des Typ-1-Diabetes mellitus ist eindeutig belegt und akzeptiert, dass mit der Insulintherapie eine normnahe Blutzucker- einstellung erreicht werden muss, um akute und langfristige Komplikationen zu verhin- dern. Doch wie sieht es beim Typ-2-Diabetes aus? Ist hier Insulin ebenfalls nur segensreich?

P E T R A- M A R I A S C H U M M - D R A EG E R

Mindestens 8 Prozent der Menschen in Deutschland haben einen Typ-2-Diabetes mellitus. Eine frühzeitige und effektive Behandlung ist von grösster gesundheitspolitischer Bedeutung.

Sowohl im Hinblick auf die hohe und voraussichtlich mit den nächsten Jahren stetig weiter zunehmende Diabetesprävalenz in Deutschland und weltweit als auch im Hinblick auf die Er- kenntnisse aus zahlreichen Prävalenz- und Interventionsstu- dien ist klar abzuleiten, dass nur bei optimaler Stoffwechsel- kontrolle eine Reduktion diabetischer makro- und mikrovasku- lärer Folgeschäden erreicht werden kann.

Im Mittelpunkt der Pathogenese des Typ-2-Diabetes mellitus stehen ein Sekretionsdefizit für Insulin und die Insulinresis- tenz. Bereits vor Manifestation des Vollbildes des Typ-2-Dia- betes mellitus steigt das Risiko vor allem für makrovaskuläre Folgeschäden signifikant an. Um die neu festgelegten Ziele der Blutzuckerkontrolle dieser Patientengruppe zu erreichen (euro- päischer Zielwert: HbA1c: 6,5 Prozent, Nüchtern-Blut-Glukose:

< 110 mg/dl), muss das Behandlungskonzept für Typ-2-Diabe- tes mellitus optimiert werden. Neben kontinuierlichen Schu- lungsmassnahmen mit Umstellung der Lebensführung (Ernäh- rungs- und Bewegungsverhalten) ist es sinnvoll, einen Stufen- plan für orale Antidiabetika und/oder Insulin zu entwickeln und die Dosierungsstrategien einzelner Substanzgruppen in der Mono- und Kombinationstherapie zu verbessern.

Neben der Lifestyle-Intervention und Stabilisierung der Gluko- sestoffwechsellage ist gleichzeitig eine normnahe Einstellung

von Fettstoffwechselbefunden und Blutdruck notwendig, um das Risiko dieser Patientengruppe wirklich zu mindern.

Paradigmenwechsel beim Typ-2-Diabetes

Insgesamt ist ein Paradigmenwechsel in der Therapie des Typ- 2-Diabetes mellitus zwingend, der mit den Möglichkeiten ratio- naler neuer Therapieansätze realisiert werden kann: Es müssen neben Präventionsmassnahmen eine frühe Diagnose sowie ein früher Therapiebeginn angestrebt werden.

Die Behandlung muss aggressiver vorangetrieben werden, was eine frühe Kombination von oralen Antidiabetika, aber auch eine frühe Kombination oraler Antidiabetika mit Insulin bedeu- tet und schliesslich in einem Therapiestufenschema die frühe Umstellung auf eine intensivierte Insulinmonotherapie bedeu- ten kann.

Mit zunehmendem Insulinsekretionsdefizit und zumeist fort- bestehender Insulinresistenz ist eine Insulinsubstitution – ab- hängig von den individuellen Bedürfnissen – in Kombination mit oralen Antidiabetika oder, bei Nichterreichen der Therapie- ziele, als konventionelle oder intensivierte Insulintherapie durchzuführen. Ist die Entscheidung für eine Insulintherapie gefallen, bestimmen die Nüchtern- und postprandialen Blut- zuckerwerte den Einsatz des Insulins.

Insulintherapie bei Typ-2-Diabetes

Erhöhte Nüchternblutzucker sind Folge eines basalen Insulin- defizits und einer hierdurch gesteigerten hepatischen Glukose- produktion. In dieser Situation ist der erste Ansatz einer Insu-

Therapie des Typ-2-Diabetes

Insulin – nur segensreich?

■■

■ Die Insulindosis muss langsam gesteigert werden, um eine Überinsulinisierung, die oft mit Gewichts- zunahme einhergeht, zu vermeiden.

■■

■ Eine Therapie mit Analoginsulinen ermöglicht auch bei Patienten mit Typ-2-Diabetes eine bessere Stoff- wechselkontrolle.

M M M

M e e e e rr rr k k k k ss ss ä ä ä ä tt tt zz zz e e e e

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lintherapie die Gabe eines lang wirksamen Insulins mit ausrei- chender Insulinwirkung am Morgen (Bed-Time-Insulintherapie und basal unterstützte orale Therapie = BOT).

Bei guten Nüchternblutzuckern, jedoch erhöhten postprandia- len Blutzuckerwerten liegt ein Mangel an schnell sezernierba- rem Insulin vor. Hier ist die Gabe eines kurz wirksamen Insulins zum Frühstück und gegebenenfalls zu den anderen Mahlzeiten Mittel der Wahl (prandiale/supplementäre Insulintherapie [SIT]).

Der Bedarf an Insulin ist ein Resultat von Insulinresistenz und hepatischer Glukoseproduktion. Die Insulindosis muss lang- sam angehoben werden, um eine Überinsulinisierung, die oft- mals mit einer Gewichtszunahme einhergeht, zu vermeiden.

Andererseits ist jedoch ein konsequentes Steigern des Insulins (zumindest wöchentlich) solange notwendig, bis die Zielwerte erreicht sind.Wird die Insulintherapie frühzeitig, also nicht erst nach ausgeprägter Dekompensation des Glukosestoffwechsels mit deutlich erhöhten HbA1c-Werten, initiiert, sind die benötig- ten Insulinmengen häufig gering.

Vorteile der Basis-Bolus-Therapie

Die Zeitspanne, in der die isolierte Gabe eines lang wirksamen Insulins oder ausschliesslich prandialen Insulins alleine ausrei- chend ist, ist begrenzt. So ist sehr häufig bei der prandialen Therapie ein Basalinsulin hinzuzugeben, um die Nüchternblut- zucker im Zielbereich zu erreichen. Und bei der Insulintherapie mit lang wirksamen Insulinen werden zusätzlich oft prandiale Gaben eines kurz wirksamen Insulins notwendig. Eine derartige intensivierte Insulintherapie (Basis-Bolus-Therapie/intensi- vierte Insulintherapie [ICT]) bei Typ-2-Diabetes ist mittels des lang wirksamen Basalinsulins geeignet, die gesteigerte hepa- tische Glukoneogenese zu hemmen und den mittleren Blut- glukosewert zu senken sowie durch das kurz wirksame Insulin die gestörte erste Insulinsekretionsphase physiologisch zu er- setzen und die hepatische Glukoseproduktion bei den Mahl- zeiten zu hemmen. Bei fortschreitender Abnahme der Beta-

zellfunktion ergibt sich nicht nur ein früherer Bedarf an Basal- insulin, sondern auch an kurz wirksamem Insulin. Die intensi- vierte Insulintherapie hat im Vergleich zur konventionellen In- sulintherapie bei Menschen mit Typ-2-Diabetes somit eindeutig Vorteile und lässt sie Therapieziele bei hoher Flexibilität der Be- handlung zuverlässig erreichen.

Mit den neuen kurz sowie lang wirksamen Insulinanaloga las- sen sich bei signifikant besserer Stoffwechselkontrolle mit normnaher Einstellung der Blutzuckerwerte die Risiken ver- mehrter Hypoglykämien sowie einer ungünstigen Gewichtsent- wicklung signifikant vermindern (Tabelle).

In der Gesamtschau der verfügbaren Studiendaten ergibt sich kein Hinweis, dass eine nach den individuellen Bedürfnissen des Menschen mit Diabetes mellitus dosierte Insulinbehand- lung nachteilige Effekte haben kann, insbesondere liessen sich mögliche gefässschädigende Einflüsse in keiner Studie bestäti- gen. Auch die kritische Diskussion des Einflusses der neu ver- fügbaren Insulinanaloga hat bis heute auf Grund aller bis heute verfügbaren Untersuchungsergebnisse keinen Hinweis für schädigende Effekte (z.B. Retinopathieentwicklung) ergeben.

Die Forderungen nach evidenzbasierten Endpunkten, die von- seiten der Gesundheitspolitik und der Kostenträger gestellt wer- den, sind zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht zu beant- worten, da entsprechende Daten weder für kurz noch lang wirksame Analoginsuline vorliegen.

Auf Grund der zur Verfügung stehenden Daten ist eine Thera- pie mit Analoginsulinen bei Menschen mit Typ-1-, aber auch mit Typ-2-Diabetes mellitus von grossem Vorteil. Eine entspre- chende Begründung ist insbesondere bei Menschen mit Diabe- tes, die in Disease-Management-Programmen behandelt wer- den, notwendig, um eine Kostenübernahme dieser innovativen

Medikamente zu garantieren.

Literatur bei der Verfasserin

Prof. Dr. med. Petra-Maria Schumm-Draeger 3. Med. Abteilung Endokrinologie, Diabetologie und

Angiologie Klinikum Bogenhausen D-81925 München

Interessenlage: Die Autorin hat Vortragshonorare von Sanofi-Aventis, NovoNordisk, Lilly, Merck-Darmstadt, Takeda, Bayer und GSK erhalten.

Diese Arbeit erschien zuerst in «Der Allgemeinarzt» 8/2006. Die Über- nahme erfolgt mit freundlicher Genehmigung von Verlag und Autorin.

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Tabelle:Insulinanaloga in der Diabetestherapie

Kriterium vorteilhaft im Vergleich

zu Humaninsulin

HbA1C-Absenkung ja

Therapiesicherheit ja (Hypoglykämien)

einfache Anwendung ja

(SEA/Durchmischen)

Therapiezufriedenheit ja

Flexibilität ja

stabiles Körpergewicht ja

Preis nein

Langzeiterfahrungen nein

Mit Insulin Folgeerkrankungen verhindern Der Vorteil der Insulinbehandlung ist darin zu sehen, dass über eine möglichst normnahe Blutzuckereinstellung vor allem die schwerwiegenden mikro- und makrovaskulären Folgeerkrankungen des Diabetes reduziert beziehungsweise sogar vermieden werden können, bei Menschen mit Typ-1-, aber auch vor allem mit Typ-2-Diabetes mellitus.

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