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Der Innovationsfonds – eine vertane Chance?

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Bayerisches Ärzteblatt 3/2016

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Die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) könnte in diesem Jahr ein Jubiläum feiern. Vor 20 Jahren wurde mit dem Gesundheitsstruk- turgesetz (GSG), das zum 1. Januar 1993 in Kraft trat, ab 1996 die weitgehende Wahlfrei- heit für die Versicherten in der GKV eingeführt.

Das wurde damals als Weichenstellung für eine wettbewerbliche Ausrichtung der GKV gese- hen. Seitdem können sich die Versicherten für eine Kasse entscheiden, deren Angebote den eigenen Vorstellungen am besten entsprechen.

Und das sollte sich nicht nur auf die Höhe des Beitrages beziehen.

Die seinerzeit gehegten Erwartungen, dass dies der erste Schritt zu einer solidarischen Wettbe- werbsordnung in der GKV sein würde, um auf diesem Weg eine Verbesserung von Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung zu er- reichen, wurden jedoch rasch enttäuscht. Denn den Gesetzgeber hat der Mut zu mehr Wettbe- werb in der GKV schon bald wieder verlassen.

Heute zeigt sich, dass nicht Wettbewerbsori- entierung, sondern staatliche Reglementierung vorherrschende Steuerungselemente in der GKV sind. Die Vorstellung, dass die Suche nach besse- ren Versorgungsmodellen durch einen Vertrags- wettbewerb befördert werden könnte, scheint weitgehend abhanden gekommen zu sein.

Jüngstes Beispiel ist der Innovationsfonds.

Über den Innovationsfonds sollen ab diesem Jahr in der GKV Innovationsprojekte gefördert werden, die über die Regelversorgung hinaus- gehen und die das Potenzial haben, dauerhaft in die Versorgung aufgenommen zu werden.

Dafür stehen bis 2019 jedes Jahr 225 Millionen Euro zur Förderung neuer Versorgungsformen, also insgesamt 900 Millionen Euro, zur Verfü- gung. Weitere 75 Millionen Euro werden jedes Jahr für Versorgungsforschung bereitgestellt.

Die insgesamt 1,2 Milliarden Euro werden je zur Hälfte von den Krankenkassen und vom Ge- sundheitsfonds aufgebracht.

Der Innovationsfonds adressiert vor allem Ver- sorgungsprobleme, von denen man annehmen sollte, dass sie in einem wettbewerblich ausge-

richteten Gesundheitssystem durch selektive Vertragsvereinbarungen der Akteure vor Ort längst gelöst sein könnten. Dem ist aber nicht so. Und dies ist vor allem den Rahmenbedin- gungen geschuldet, die einen Wettbewerb um bessere Versorgungslösungen immer wieder erschwert und behindert haben.

Dabei gibt es durchaus Vorstellungen: Viel bes- ser als ein zentral gesteuerter Innovationsfonds wäre es, jede einzelne Kasse würde über ein eigenes Innovationsbudget verfügen, aus dem sie dann in neue Versorgungsmodelle investie- ren könnte. Natürlich müssten solche Modelle wissenschaftlich begleitet und evaluiert wer- den. Nach fünf Jahren könnte man dann eini- germaßen zuverlässig beurteilen, ob sich die Investition gelohnt hat – sprich, ob sie zu einer Verbesserung der Versorgung geführt hat.

Stattdessen hat sich der Gesetzgeber für ei- ne zentrale Lösung entschieden. Nun soll also der Innovationsfonds die Dinge zurechtrücken.

Welche Projekte künftig gefördert werden ent- scheidet in bewährter Verwaltungsmanier ein zehnköpfiger Innovationsausschuss beim Ge- meinsamen Bundesausschuss (G-BA), der sich im Oktober konstituiert hat. Dem Ausschuss ge- hören drei Vertreter des GKV-Spitzenverbandes, je ein Vertreter der Kassenärztlichen Bundes- vereinigung (KBV), der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) und der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), der GB-A- Vorsitzende, zwei Vertreter des Bundesge- sundheitsministeriums und ein Vertreter des Bundesforschungsministeriums sowie zwei Patientenvertreter an. Unter dem Vorsitz von GB-A-Chef Josef Hecken wird der Innovati- onsausschuss die Schwerpunkte und Kriterien zur Vergabe der Mittel festlegen und über För- deranträge entscheiden. Daneben gibt es noch einen Expertenbeirat aus Wissenschaft und Praxis, dessen Mitglieder vom Bundesgesund- heitsministerium berufen werden, sowie eine Geschäftsstelle.

Noch weiß man nicht, welche Projekte geför- dert werden. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Verbesserung von Versorgungsqualität

und Versorgungseffizienz, die Behebung von Versorgungsdefiziten und die Verbesserung der Zusammenarbeit von Sektoren, Versorgungs- einrichtungen oder Berufsgruppen wichtige Förderkriterien sein werden.

Schwerpunkte könnten Telemedizin, Versor- gungsmodelle in strukturschwachen Gebieten oder die Arzneimitteltherapiesicherheit bei multimorbiden Patienten sein. Auch das Pfle- geheim und der Auf- und Ausbau der geriatri- schen Versorgung scheinen wichtig zu sein. Die Antragsteller sitzen schon in den Startlöchern.

Absehbar ist aber auch, dass die meisten wohl nicht zum Zuge kommen werden. Immerhin:

Alle positiven und negativen Förderbescheide sollen veröffentlicht werden. Bei den abge- lehnten Bescheiden sollen die Gründe jedoch nicht bekannt gemacht werden.

Dass es an der Ausgestaltung des Innovati- onsfonds kaum noch Kritik von Seiten der Krankenkassen gibt, liegt auch daran, dass die Kassen von dem Geld, das sie einzahlen, mög- lichst viel wieder zurückbekommen wollen.

Auch deshalb geht jetzt alles seinen geregel- ten Gang, geradeso wie man sich denkt, dass Innovationen zustande kommen.

Aber so ist halt unser Gesundheitswesen. Ein immer mächtiger werdender G-BA mit dem Bundesgesundheitsministerium im Hintergrund gibt die Richtung vor. Von Wettbewerb keine Spur.

Anmerkung der Redaktion: Gastkommentare geben die Meinung des Autors und nicht grundsätzlich die Meinung der Redaktion oder der Bayerischen Landesärztekammer wieder.

Autor

Jürgen Stoschek, Freier Journalist, Starnberg

Der Innovationsfonds – eine vertane Chance?

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