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Strategien gegen die gastrointestinale Toxizität von NSAR

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BR I T I S H ME D I C A L JO U R N A L

Die Auswirkungen der nicht- steroidalen Antirheumatika auf den Magendarmtrakt be- schäftigen die Gemüter. Die Datenlage aber ist schlecht.

Für ihren systematischen Review (1) unter- scheiden die Autoren von der Universität Manchester folgende fünf Strategien zur Verhütung der gastrointestinalen Toxizität durch nichtsteroidale Antirheumatika:

Kombination eines H2-Rezeptorantago- nisten mit nichtselektiven NSAR

Protonenpumpenhemmer (PPI) plus nichtselektive NSAR

Misoprostol plus nichtselektive NSAR

COX-2-selektive NSAR (z.B. Etodolac [Lodine®], Meloxicam [Mobicox®], Nabumeton [Balmox®], Nimesulid [Aulin®, Nisulid®])

COX-2-spezifische NSAR (z.B. Celeco- xib [Celebrex®])

Methodik

Die Sammlung der für diesen Review berücksichtigten Studien erfolgte aus den üblichen Quellen wie Cochrane Library, Medline, Embase und andere bis Mai 2002, ausserdem wurden Autoren direkt kontaktiert. Studien wurden nur ausge- schlossen, wenn sie nicht randomisiert wa- ren, keine der fünf Präventionsstrategien im Vergleich mit nichtselektiven NSAR un- tersuchten, sich nur mit Kindern oder ge- sunden Freiwilligen befassten, weniger als

drei Wochen dauerten oder keine objektive Messung der Outcomes erfolgte.

Primäre Endpunkte waren:

schwere gastrointestinale Komplikatio- nen (Blutung, hämorrhagische Erosio- nen, rezidivierende obere gastrointesti- nale Blutungen, Perforation,

Pylorusobstruktion, Meläna)

symptomatische Ulzera

schwerwiegende kardiovaskuläre oder renale Erkrankung

gesundheitsbezogene Lebensqualität

Mortalität

Sekundäre Endpunkte umfassten:

gastrointestinale Symptome insgesamt

endoskopische Ulzera

Anämie

okkulte Blutung

Gesamtzahl der Drop-outs

Drop-outs wegen gastrointestinaler Symptome

Ergebnisse

H2-Rezeptorantagonisten

15 randomisierte kontrollierte Studien mit total 2621 Teilnehmenden verglichen die Kombination nichtselektiver NSAR mit entweder Plazebo oder H2-Rezeptor- antagonisten.

Hinsichtlich der primären Endpunkte er- laubten die wenigen mitgeteilten Ereig- nisse keine Schlüsse. Mehr Daten betraf- fen endoskopische Ulzera, die unter H2-Rezeptorantagonisten im Vergleich zu Plazebo signifikant reduziert wurden (rela- tives Risiko [RR] 0,55, 95%-Konfidenzin- tervall [KI] 0,4–0,7).

Protonenpumpenhemmer

Sechs Studien mit 1358 Teilnehmenden verglichen die präventive Wirkung von PPIs mit Plazebo, aber nur wenige berich- teten über die hier interessierenden

primären Endpunkte. So war es nicht möglich, die Auswirkungen einer PPI-Pro- phylaxe auf schwere gastrointestinale Komplikationen, schwerwiegende kardio- vaskuläre Erkrankungen, Lebensqualität oder Todesfälle zu untersuchen. Die an- scheinend signifikante Reduktion sympto- matischer Ulzera unter PPI (RR 0,09, 95%- KI 0,0–0,5) ging in der Sensitivtätsanalyse verloren, nicht jedoch die signifikante Re- duktion endoskopischer Ulzera (RR 0,37, 95%-KI 0,3–0,5).

Misoprostol

23 Studien verglichen Misoprostol (Cyto- tec®, auch im Kombinationspräparat Ar-

Strategien gegen die

gastrointestinale Toxizität von NSAR

A R S M E D I C I 82 0 0 5 3 7 9

F O R T B I L D U N G F O R M A T I O N C O N T I N U E

M M M

M e e e e r r r r k k k k -- --

p u n k t e p u n k t e

●Gegen die bekannten gastro- intestinalen Nebenwirkungen (von leichter Dyspepsie bis zur tödlichen Magenperforation) der NSAR werden häufig «Gastro- protektiva» verschrieben.

●Ein britischer systematischer Review findet, dass Misoprostol, spezifische COX-2-Hemmer und selektive NSAR sowie wahr- scheinlich die Protonenpumpen- hemmer das Risiko symptomati- scher Ulzera reduzieren.

●Ausserdem verringern Miso- prostol und wahrscheinlich die COX-2-spezifischen NSAR das Risiko schwerwiegender gastro- intestinaler Komplikationen, aber die Qualität der Daten ist bemerkenswert schlecht.

(2)

throtec®) mit Plazebo an fast 17 000 Teil- nehmenden.

Die Misoprostol-Prophylaxe führte zu ei- ner signifikant erniedrigten Zahl schwerer gastrointestinaler Komplikationen (RR 0,57, 95%-KI 0,4–0,9), symptomatischer Ulzera (RR 0,36, 95%-KI 0,2–0,7) und en- doskopischer Ulzera (0,33, 95%-KI 0,3–0,4). Alle Ergebnisse verhielten sich in der Sensitivtätsanalyse stabil. Auf schwere kardiovaskuläre oder renale Erkrankun- gen, Anämie oder okkulte Blutungen schien Misoprostol keinen signifikanten Einfluss zu haben; allerdings wurden nur wenige derartige Ereignisse rapportiert.

COX-2-selektive NSAR im Vergleich mit nichtselektiven NSAR 51 Studien verglichen COX-2-selektive mit nichtselektiven NSAR bei mehr als 28 000 Teilnehmenden. Symptomatische Ulzera waren unter den selektiven NSAR seltener (RR 0,41, 95%-KI 0,3–0,7). Über die anderen primären Endpunkte wurde weniger als 50 Mal berichtet, und es erga- ben sich keine signifikanten Unterschiede.

Auch endoskopische Ulzera traten selten auf, und die Unterschiede zu nichtselekti- ven NSAR waren nicht signifikant.

COX-2-spezifische NSAR im Vergleich mit nichtselektiven NSAR 17 randomisierte kontrollierte Studien verglichen Coxibe mit nichtselektiven NSAR bei über 25 000 Teilnehmenden.

Unter Coxiben erschienen schwere gas- trointestinale Komplikationen (RR 0,55, 95%-KI 0,4–0,8) und symptomatische Ul- zera (RR 0,49, 95%-KI 0,4–0,6) signifikant seltener aufzutreten als unter nichtselekti- ven NSAR. Nur die Zahlen für symptoma- tische Ulzera erwiesen sich in der Sensiti- vitätsanalyse als robust.

Die Raten für schwerwiegende kardiovas- kuläre und renale Erkrankungen und die Gesamtmortalität waren in den berück- sichtigten Studien nicht signifikant unter- schiedlich. Auch erlaubten die ungenü- genden Daten keine Rückschlüsse auf allfällige Unterschiede in der Lebensqua- lität. Endoskopische Ulzera waren unter spezifischen COX-2-Hemmern signifikant seltener.

Diskussion

Die Autoren fassen ihre Ergebnisse zu den fünf untersuchten gastroprotektiven Stra- tegien im Vergleich mit Plazebo wie folgt zusammen:

«Wir fanden keine Evidenz für eine Effektivität der H2-Rezeptorantagonis- ten.

Protonenpumpenhemmer können das Risiko für symptomatische Ulzera reduzieren.

Misoprostol reduziert das Risiko schwerer gastrointestinaler Komplika- tionen und symptomatischer Ulzera.

COX-2-selektive NSAR reduzieren das Risiko symptomatischer Ulzera.

COX-2-spezifische NSAR reduzieren das Risiko symptomatischer Ulzera und möglicherweise dasjenige schwerer gastrointestinaler Komplikationen.

Alle Strategien ausser die COX-2-selek- tiven NSAR verringern das Risiko endoskopischer Ulzera.»

Als Einschränkung ihrer Analyse und als Vorwurf an die untersuchten Publikatio- nen erwähnen die Autoren, dass die inter- essierenden klinischen Endpunkte sehr oft nicht oder bloss summarisch erwähnt wurden. Sie hätten durch direktes Nach- fragen bei den Studienautoren mehr Klar- heit zu erhalten versucht, aber nur sehr wenige Antworten bekommen, da die relevanten Daten von den Sponsorfirmen gehalten wurden. Die Autoren kommen daher zur nahe liegenden Forderung, dass Gastroprotektiva Gegenstand industrie- unabhängiger Forschung sein müssten, idealerweise in einer längerfristig (über 1 Jahr) angelegten Studie mit mehreren Behandlungsarmen.

Dasselbe Problem aus kanadischer Sicht

Ein halbes Jahr zuvor hatte das «Canadian Coordinating Office for Health Techno- logy Assessment» (CCOHTA) einen sehr ähnlich gelagerten systematischen Review veröffentlicht (2), der sich auf das Update einer Cochrane-Metaanalyse und eine Literatursuche stützte. Dieses Gremium fasste seine Ergebnisse so zusammen:

«Misoprostol, PPI und H2-Antagonisten in doppelter Dosis sind zur Reduktion des Risikos von endoskopisch identifi- zerten NSAR-bedingten Ulzera effektiv.

Standarddosen von H2-Antagonisten sind ineffektiv.

Misoprostol ist die einzige Substanz, für die gezeigt wurde, dass sie klinisch wichtige Ulzerakomplikationen ver- hütet; gewichtige Nebenwirkungen, vor allem bei höherer Dosierung, schränken den Einsatz jedoch ein.

COX-2-selektive NSAR sind mit weni- ger endoskopischen Ulzera und kli- nisch wichtigen Ulkuskomplikationen assoziiert als die nichtselektiven NSAR.

COX-2-selektive NSAR erscheinen sicherer als Naproxen und Ibuprofen in hoher Dosis, aber nicht als Diclofenac.

Meloxicam scheint nicht sicherer zu sein als die traditionellen nichtselekti- ven NSAR.

Es ist unklar, ob die gleichzeitige Ver- abreichung eines COX-2-selektiven NSAR mit einem Gastroprotektivum die Sicherheit gegenüber der Mono- therapie mit einem COX-2-selektiven NSAR oder gegenüber einem nicht- selektiven NSAR plus Magenschutz signifikant verbessert.»

1 Lee Hooper et al. (Cochrane Oral Health Group, University of Manchester): The ef- fectiveness of five strategies for the pre- vention of gastrointestinal toxicity indu- ced by non-steroidal anti-inflammatory drugs: systematic review. BMJ 2005; 329:

948–952.

2 Im Internet als pdf-Datei frei zugänglich unter www.ccohta.ca

Halid Bas

Interessenlage: Die britische Studie wurde durch öffentliche Gelder des National Health Service finanziert. Eine der Koautorinnen de- klariert eine Zuwendung der Firma Pharmacia für einen Kongressbesuch. CCOHTA ist eine mit öffentlichen kanadischen Geldern finan- zierte Non-profit-Organisation.

Strategien gegen die gastrointestinale Toxizität von NSAR

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