Tourismus, Raumkonzepte, Konstruktivismus Neuseeland
PRAXIS GEOGRAPHIE 2-2019
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I
m Jahr 2017 kamen mit 3,7 Millionen Besuchern fast genauso viele Touristen nach Neuseeland wie es Einwohner in Neuseeland gibt. In den letzten zehn Jahren stieg die Anzahl der inter- nationalen Touristen insgesamt um ca. 54 %. Wie lassen sich die hohe Attraktivität Neuseelands als Reiseland und die ansteigenden Touristenzahlen selbst für weit entfernte Länder wie Deutschland erklären? Zur Beantwortung der Fragestellung bieten sich die Raumkonzepte an, mithilfe derer eine vielschichtige Betrachtung Neuseelands zur Förderung eines erweiterten Raumverständnisses beitragen kann. Eine Raumanalyse setzt sich klas- sischerweise aus der Erarbeitung vier verschie- dener Perspektiven auf den Raum zusammen, dem Raum als Container, Raum als System (von Lagebeziehungen), Raum als Konstrukt (gemach- ter Raum) und dem wahrgenommenen Raum (vgl.Fögele 2016, Fögele/Mehren 2017).
Der „Spiegel“ fasst z. B. einige zentrale Aspek- te des Containerraums zusammen: „Neuseeland – das sind Strände, Gletscher, Vulkane, Gebirgs- seen“ (Scherer 2017). Neben den landschaftlichen Gegebenheiten spielen jedoch auch andere Fakto- ren eine nicht zu unter schätzende Rolle: „Die Na- tur scheint unberührt (…) und die Einwohner sind freundlich“ (Scherer 2017). Diese subjektive, posi- tive Betrachtung Neuseelands steht im Gegensatz zu den Kehrseiten der steigenden Touristenzahl.
Die Verhaltensweisen von Touristen, z. B. das Hinterlassen von Müll, führen auch zu negativen Bewertungen oder Unverständnis (wahrgenom- mener Raum).
Neuseelands enge Beziehungen zu Australien und China wirken sich ebenso auf die Tourismus- zahlen und den sich daraus ergebenden Folgen aus (Raum als System). Ferner nutzen die Touris- musbehörde und lokale Reiseunternehmen den
Hannes Schmalor und Katharina Feja
Reiseziel Neuseeland
Tourismuspotenziale in Neuseeland mithilfe der Raumkonzepte erarbeiten
Neuseeland – Traum vieler Backpacker. Naturparadies. Land des Extremsports. Mittelerde. Es gibt verschiedene Gründe dafür, dass Neuseeland trotz seiner abgeschiedenen Lage ein immer belieb- teres Reiseziel ist. In diesem Beitrag wird mithilfe der Raumkon- zepte dargestellt, warum dies der Fall ist. Zudem wird untersucht, welche Konsequenzen sich aus den steigenden Tourismuszahlen für das Land, die Einwohner und die Natur ergeben.
Containerraum Lagebeziehungen Wahrgenommener Raum Gemachter Raum
• bietet viele natürliche Attrak- tionen, Gletscher, Fjorde, Vulkane etc., abwechslungs- reiche Natureindrücke
• Nationalparks als Schutz- zonen und als touristische Infrastruktur
• Klima im Durchschnitt wärmer als in Deutschland, dafür regnet es mehr, es gibt aber auch Monate mit wenig Regen
• auch große Städte vorhan- den
• Extremsportarten möglich
• gut ausgebaute Infrastruktur
• politisch stabil
• Lage von Neuseeland beein- flusst Tourismus
• meiste Touristen aus Austra- lien, liegt nahe an Neusee- land und Flug kostet nicht viel, kurze Anreise, keine Sprach probleme.
• besondere Beziehung zu Großbritannien, ähn liche Kultur und gleiche Sprache
• Tourismus aus China wird gefördert
• Touristen aus Deutsch- land kommen trotz großer Entfernung und teurem Flug, dann aber für einen längeren Zeitraum
• Wahrnehmung des Raumes kann von Person zu Person sehr unterschiedlich sein
• Alter und Lebenssituation der Personen beeinflusst die Wahrnehmung.
• Großstadtleben ist möglich, aber auch einsamer Urlaub in der Natur
• Touristenanstieg als Problem (Müll etc.) und als Gewinn (Arbeitsplätze)
• ob es viele oder wenige Tou- risten gibt, hängt u. a. stark von der Jahreszeit ab.
• Regierung und Tourismus- organisationen versuchen über die Verknüpfung von Film und Neuseeland viele Touristen anzulocken, zieht besonders Fans der „Herr der Ringe“-Filme an
• positive Verknüpfung des Landes mit schönen bekann- ten Bildern und Beschreibun- gen etc.
• Tourismus ist für die Wirt- schaft (Einnahmen und Arbeits plätze) sehr wichtig und wird in der Zukunft scheinbar immer wichtiger
Abb. 1: Erwartungshorizont zu den einzelnen Betrachtungsebenen des Raumes
lizenziert f¨ur Martin Schlapka am 04.02.2019
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engen Bezug des Landes zur Filmindustrie, um ein ansprechendes Herr-der-Ringe-Image für das Land zu entwerfen (Raum als Konstrukt).
Um diese unterschiedlichen Ursachen des steigenden Tourismus zu untersuchen, soll eine frage bezogene Raumanalyse unter Betrachtung der verschiedenen Raumkonzepte der Geo- graphie durchgeführt werden. Natürliche und gesellschaftliche Phänomene, Strukturen und Prozesse als zentrale Systemkomponenten sind immer raumgebunden bzw. raumbezogen. Raum ist daher ein essenzieller Begriff in allen Kompe- tenzbereichen des Faches Geographie (vgl. DGfG 2017). Es gilt, den Schülern bewusst zu machen, dass sich Räume nicht nur in ihren physisch- geographischen bzw. materiellen Merkmalen (Naturlandschaft) stark unterscheiden können, sondern auch, dass Räume in ihrer Darstellungs- weise durch Individuen und Gruppen variieren (Kulturlandschaft). Demnach zählt es zu den Kernzielen des Geographieunterrichts, Verständ- nis für Zusammenhänge zwischen räumlichen Gegebenheiten und menschlichen Handlungen in diesen aufzubauen – eine Voraussetzung für das Erlangen einer raumbezogenen Handlungs- kompetenz (DGfG 2017, S. 5). ∎
LITERATUR
Deutsche Gesellschaft für Geographie (DGfG): Bildungsstan- dards im Fach Geographie für den Mittleren Schulabschluss mit Aufgabenbeispielen. Bonn 2017
Fögele, J. und Mehren, M.: Raumkonzepte in der Geographie.
Förderung eines erweiterten Raumverständnisses.
Praxis Geographie 47 (2017) H. 4, S. 4–9
Fögele, J.: Entwicklung basiskonzeptionellen Verständnisses in geographischen Lehrerfortbildungen: Rekonstruktive Typenbildung | Relationale Prozessanalyse | Responsive Evaluation. Münster 2016 (Geographiedidaktische For- schungen 61)
New Zealand Tourism (Hrsg.): New Zealand tourism: Facts and figures. Wellington 2014
Ministry of Business, Innovation & Employment (Hrsg.):
Key Tourism statistics. Wellington 2018
Scherer, J.: Boomender Outdoor-Tourismus. Wem gehört Neuseelands Wildnis?. www.spiegel.de vom 19.02.2017 Stats New Zealand: International Visitor Arrivals to New
Zealand: December 2017. Wellington 2018
AUTOREN Hannes Schmalor,
wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ruhr-Universität Bochum
Katharina Feja,
wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Ruhr-Universität Bochum
Im vorliegenden Praxisbeispiel wird mithilfe der vier Raum- konzepte untersucht, warum Neuseeland trotz der abge- legenen Lage eine so hohe Anziehungskraft für Reisende besitzt. Das methodische Vorgehen über die verschiedenen Raumkonzepte wurde gewählt, da nicht nur physiogeogra- phische und humangeographische Attraktionen des Lan- des herausgearbeitet werden sollen, sondern auch andere Raumprozesse beeinflussende Aspekte erarbeitet werden können. Aufgrund der hohen Komplexität sowohl der den Tourismus beeinflussenden Aspekte als auch der vier Raum- konzepte erscheint ein arbeitsteiliges Vorgehen sinnvoll.
Der Einstieg erfolgt über einen Blogeintrag (https://
kathisneuseelandreise.wordpress.com/), anhand dessen eine Leitfrage (Warum entscheiden sich immer mehr Men- schen für Neuseeland als Urlaubsziel?) erarbeitet wird. Der Blogeintrag sollte per Beamer präsentiert werden, wenn das nicht möglich ist, kann auf die Kopiervorlage S. 36 zu- rückgegriffen werden. Das Arbeits-und Auswertungsblatt
S. 37 wird ausgeteilt und in einem Lehrervortrag werden die Raumkonzepte als Ordnungsprinzip zunächst vorgestellt (vgl. PG 4/17 und Informationsblatt zum Downloadbereich).
Der sich anschließende Arbeitsprozess und das methodi- sche Vorgehen werden dadurch transparenter gestaltet.
Im darauffolgenden Lernprozess werden in Vierergrup- pen die verschiedenen Arbeitsblätter (Raumkonzepte) be- arbeitet, indem sich zunächst jeder Schüler einem Raum- konzept widmet und die vier Schüler dann gemeinsam ihre Ergebnisse im Arbeitsblatt zusammentragen. Mög- liche Schülerantworten sind im Erwartungshorizont (Abb. 1) dargestellt. (Man kann auch die Auswertungsquadranten auf einen Flipchart-Bogen übertragen und dann an den Plakaten die Arbeitsergebnisse der Gruppen besser be- sprechen.) Die unterschiedlichen Schwierigkeitsgrade bzw.
Komplexität der einzelnen Raumkonzepte ermöglichen eine binnendifferenzierte Vorgehensweise. Die sich ergänzenden Arbeitsaufträge auf den Arbeitsblättern sorgen dafür, dass die Leitfrage abschließend in Form eines Kommentars als Rückbindung zum Blogeintrag beantwortet wird. Das Ver- fassen des Kommentares geschieht in Einzelarbeit.
Im Plenum werden die Ergebnisse der Gruppen- und Einzel arbeitsphasen besprochen. Dies geschieht beispiel- haft anhand zweier Kommentare der Schüler, die vorgele- sen und diskutiert werden. Am Ende der Stunde sollte mit den Schülern in jedem Fall thematisiert werden, welche Vorteile sie in dem methodischen Vorgehen mithilfe der vier Raumkonzepte sehen (Reflexion der Methode). Dann können die sich aus der Leitfrage ergebenden Konsequen- zen aus dem steigenden Tourismus in Neuseeland (z. B.
Tourismussteuer, Begrenzung des Tourismus) weiter be- handelt werden.
Das Thema im Unterricht
Klassenstufe 8–9
Zeitbedarf 2 Unterrichtsstunden oder 1 Doppelstunde
Teamgröße Gruppenarbeit (optimal 4 Schüler) Lehrplanbezüge geographische Raumanalyse HeftPlusWeb Lehrerinformation zu den Raum-
konzepten
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© WESTERMANN GRUPPE | PRAXIS GEOGRAPHIE 2-2019Einstieg
Eintrag in einem Reiseblog
Startschuss in Neuseeland – Auf dem Weg durch Mittelerde
Kia ora liebe Familie und Freunde,
das war maorisch. Ich bin jetzt seit einer Woche auf Neuseeland und setze mein großes Vor- haben um, die Reise in einem Blog festzuhalten. Wie die meisten schon mitgekriegt haben, verlief mein Flug insgesamt ganz gut. Ich habe in Auckland recht schnell viele andere Deutsche kennengelernt und wir wollen nun zusammen die Nordinsel von Neuseeland erkunden. Seit vier Tagen sind wir unterwegs und das Land gefällt mir bis jetzt wirklich sehr. Negativ überrascht bin ich bislang eigentlich nur von den anderen Touristen. In den Erzählungen von Anne vor acht Jahren kam es immer so rüber, dass Neuseeland ein einsames Naturparadies sei. Davon merken wir (leider) bis jetzt noch nicht sehr viel. Die Straßen sind oft total verstopft und selbst bei Wanderungen sind überall Touristen. Am extremsten ist mir das gestern beim „Tongariro Alpin Crossing“ aufgefallen. Hier ein Bild von der genialen Aussicht am Schicksalsberg, den einige von euch ja bestimmt aus „Herr der Ringe“ kennen:
Man trifft hier manchmal echt so vie- le Deutsche, dass man vergisst, am anderen Ende der Welt zu sein. Mit den Erzählungen, die ich von meiner Schwester aus Neuseeland kenne, hat das aktuelle Neuseeland auf je- den Fall nicht mehr viel zu tun.
Ansonsten geht es mir aber super und ich freue mich darauf die Insel weiter zu erkunden – vor allem die Südinsel. Wobei ich Sorge habe, ob da nicht sogar noch mehr Touristen sind – z. B. in Queenstown, wo ich total gerne Bungee- Jumping ausprobieren würde. Ich melde mich so schnell es geht wieder.
Eure Kathi
AUFGABEN
1 Erarbeitet in Vierergruppen, warum Neuseeland als Reise- land mittlerweile so beliebt ist. Man kann dazu den Raum Neuseeland unter verschiedenen Raumaspekten betrach- ten: als Containerraum, als Lagebeziehungen im Raum, als wahrgenommenen Raum und als gemachten Raum.
Um dies zu untersuchen, erhaltet ihr vier unterschiedliche Arbeitsblätter. Tragt eure Arbeitsergebnisse im Auswer- tungsblatt zusammen.
2 Verfasse einen kurzen Kommentar zu Kathis Blogeintrag, in dem du erklärst, warum sich immer mehr Menschen für Neuseeland als Reiseland entscheiden. Berücksichtige dabei die Ergebnisse der Raumanalyse.
Foto: shutterstock.com/Guaxinim
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M AT E R I A L Auswertungsblatt
Raumanalyse: Warum ist Neuseeland als Reiseland so beliebt?
Raum als Container
Naturmerkmale, Landschaften, Ausstattung
Abb.: istockphoto.com/Ivacandy Abb.: shutterstock.com/Koihevnik
Lagebeziehungen
Beziehung zu anderen Räumen, Distanzen, Infrastruktur
Gemachter Raum
Medien, Werbung, Absichten
Wahrgenommener Raum Persönliche Bewertung und menschliches Verhalten im Raum
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© WESTERMANN GRUPPE | PRAXIS GEOGRAPHIE 2-2019Containerraum
Landschaften Neuseelands
Zahlen & Fakten
Der Inselstaat Neuseeland, bestehend aus einer Nord- und Südinsel, hat eine Fläche von 65 000 km2, Hauptstadt ist Welling- ton, die größte Stadt ist Auckland mit ca. 1,6 Mio. Einwohnern.
Neuseelands geographische Lage führt dazu, dass es neben aktiven Vulkanen auch heiße Quellen, Fjorde und Gletscher zu entdecken gibt. Es gibt 14 Nationalparks mit abwechslungs- reicher Landschaft. Sie machen 10 % der Gesamtfläche des Landes aus und laden zum Campen, Schwimmen und Wandern ein. Queenstown auf der Südinsel gilt als eine der weltweiten Hauptstädte des Abenteuers! Die Landschaft aus Bergketten und Seen bietet die besten Voraussetzungen für zahlreiche Extremsportarten in der Stadt und ihrer Umgebung (Paragli- ding, Rafting, Kanu, Bungee-Jumping). Wer es gemütlicher mag, kann die Skyline-Seilbahn hinauf zu Bob’s Peak fahren – so wie bereits 17 Mio. andere Touristen seit der Eröffnung 1967.
© westermann
Klima in Auckland (Nordinsel)
© westermann 40 30 20 10 0
°C
200 100 80 60 40 20 0 mm
D N O S A J J M A M F J
Auckland/Neuseeland 49 m ü. M. 36°51’S/174°46’O
T = 15,2 °C N = 1242 mm
40 30 20 10 0
°C
200 100 80 60 40 20 0 mm
D N O S A J J M A M F J
Dunedin/Neuseeland 73 m ü. M. 45°52’S/170°32’O
T = 11,1 °C N = 772 mm
Klima in Dunedin (Südinsel)
© westermann
Zum Vergleich Berlin: Jahresdurchschnitt Temperatur 8,9°C/
Niederschlagssumme 581 mm
AUFGABE
Erklärt unter Berücksichtigung des Raumkonzeptes „Con- tainerraum“, warum sich so viele Touristen für Neuseeland als Urlaubsziel entscheiden. Nutzt dafür die Materialien auf diesem Arbeitsblatt, den Atlas und – wenn möglich – auch diese Homepage: https://www.newzealand.com/de/national- parks.
300km 200 100 0
1 21
34 56 7 89 1011 12 1314
Urewera Tongariro Whanganui Egmont Abel Tasman Kahurangi Nelson Lakes Paparoa Arthur`s Pass Westland/Tai Poutini Aoraki Mount Cook Mount Aspiring Fjordland Rakiura
Waldfläche Nationalparks
3 2 4 5 67 8 9 10 11 12 13 14
Tongariro Nationalpark:
Vulkane und Seen
Abel Tasman Nationalpark:
Buchten und Wälder
Foto: shutterstock.com/Maridav
Paparoa Nationalpark:
Sandsteinfelsen
Foto: istockphoth.com/RLSPHOTO Foto: shutterstock.com/Martian977
Paragliding in der Nähe von Queens- town/Südinsel
Foto: istockphoth.com/4FR
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M AT E R I A L Raum als Lagebeziehungen
Neuseeland in der Welt
AUFGABE
Erklärt unter Berücksichtigung des Raumkonzeptes „Raum als Lage beziehungen“, warum sich immer mehr Menschen für Neuseeland als Urlaubsziel entscheiden. Nutzt dafür die Materialien auf diesem Arbeitsblatt und euren Atlas, um die Lagebeziehungen Neuseelands zu anderen Ländern in der Welt zu verdeutlichen.
Marie, 18 Jahre aus Bonn (Deutschland):
„Ich habe lange überlegt, ob ich die Reise nach Neuseeland wirklich machen soll. Der Flug kostet aktuell knapp über 1 000 Euro und man ist für den Hin- und Rückflug mit Zwischenlandungen fast drei Tage unterwegs.
Andererseits sind Langstreckenflüge heutzu- tage ja recht angenehm und schon billiger als früher. Für drei Wochen Neuseeland werde ich also die lange Anreisezeit in Kauf nehmen.“
Annabell, 21 Jahre aus Sydney (Australien):
„Ich habe mit Freunden beschlossen, spontan für eine Woche nach Neuseeland zu fliegen.
Der Hin- und Rückflug kostet insgesamt unter 400 Euro und wir sind in drei Stunden am Ziel.
Man hat uns gesagt, dass Neuseeland noch einmal etwas ganz anderes als Australien ist.
Trotzdem wird die Verständigung vor Ort für uns kein Problem sein. Ein perfekter Kurz- urlaub!“
Foto: stock.adobe.com/Jonas Glaubitz Foto: stock.adobe.com/Jeanette Dietl
Historische Briefmarke von 1985 mit Königin Elisabeth II. als Motiv, die formell das Staatsoberhaupt Neuseelands im Rahmen des Commonwealth ist
Foto: shutterstock.com/Sergey Kohl
Beziehungen zu anderen Ländern
Neben der Lage eines Raumes zu anderen Räumen ist auch seine historische Beziehung zu anderen Räumen entscheidend.
Aufgrund seiner Geschichte besitzt Neuseeland eine besondere Beziehung zu Großbritannien, da es ungefähr 100 Jahre eine bri- tische Kolonie war und seit 1931 Mitglied des Commonwealth of Nations* ist. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Großbritan- nien einen starken kulturellen Einfluss auf das Land hinterließ.
Auch zu China, dem wichtigsten Handelspartner Neuseelands, besitzt das Land ein gutes Verhältnis. Um diesem Verhältnis einen besonderen Ausdruck zu verleihen, wurde für das Jahr 2019 das China-Neuseeland Tourismusjahr ausgerufen.
* freiwillige Vereinigung unabhängiger Staaten als Bund der ehemaligen Kolonien des British Empire
Land Touristenzahl Entfernung zu Neuseeland in km
1. Australien 1 470 000 4 000
2. China 418 000 11 100
3. USA 330 000 12 600
4. Großbritannien 249 000 18 600
5. Deutschland 105 000 18 300
Gesamt Touristen
3,7 Mio.
Top-5-Herkunftsländer von Auslandstouristen in Neuseeland im Jahr 2017
Daten: Stats New Zealand 2017
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© WESTERMANN GRUPPE | PRAXIS GEOGRAPHIE 2-2019Gemachter Raum
Neuseeland – Land von Mittelerde
Hobbit-Maschine von Air New Zealand
Foto: shutterstock.com/Markus Mainka
Neuseeland-Reisemagazin
© Mit freundlicher Genehmigung von A. Walter
Briefumschlag und Briefmarken mit Mittelerde-Motiven
Foto: shutterstock.com/netfali
Erst Filmkulisse, dann Touristenattrakti- on – Hobbiton (oder Hobbingen) auf der Nordinsel
Foto: shutterstock.com/rybarmarekk
AUFGABE
Erklärt unter Berücksichtigung des Raumkonzeptes
„ Gemachter Raum“, warum und wie Neuseeland zu einem beliebten Urlaubsziel für Touristen weltweit gemacht wird.
Benutzt dafür die Materialien auf diesem Arbeitsblatt und – wenn möglich – auch diese Homepage:
www.newzealand.com/de/feature/the-hobbit-trilogy.
Vermarktete Filmkulisse
Neuseeland ist den meisten Menschen aus Filmen bekannt.
Besonders die „Herr der Ringe“-Filme werden in der weltweiten Wahrnehmung eng mit dem Land verbunden, denn sie wurden hier gedreht. Die Regierung und Reiseunternehmen stärken diese Verbindung, um mehr Touristen und dadurch Geld in das Land zu holen. So findet man auf der offiziellen Homepage von Neuseeland eine eigene Seite für Touristen mit dem Motto: „Hei- mat von Mittelerde“. Vor Ort kann man dann die verschiedenen Drehorte und Filmstudios besuchen oder gleich ganze Motto- Rundreisen durchführen. Dass das Vorgehen der Regierung erfolgreich ist, zeigen Umfragen. Viele Besucher Neuseelands geben an, dass die Filme ein wichtiger Grund für ihre Reise nach Neuseeland seien.
Bedeutung des Tourismus Einnahmen durch Tourismus für Neuseeland 2016/17*
36 Mrd. NZ-Dollar
Arbeitsplätze im Tourismus 2016/17*
231 000 (Anteil von 8,4 % an allen Erwerbstätigen) Anstieg des internationalen
Tourismus im Vergleich zum Vorjahr*
+8,9 %
* jeweils bezogen auf 01.03.2016–01.03.2017
Daten: Stats New Zealand 2017
1 13
142
11 12 10
9 15
8 6 47 5
3 1 Hobbingen
2 Mordor 3 Fluss Anduin 4 Isengard 5 Bruchtal 6 Bree 7 Minas Tirith 8 Pelennor Felder 9 Edoras 10 Lothlorien 11 Fangorn Wald 12 Rohan 13 Trollhöhlen 14 Einsamer Berg 15 Seestadt
200km 100 0 Auckland
Nordinsel
Südinsel
Dunedin
Christchurch Lage bekannter Drehorte
Wellington
Pazifischer Ozean Einige bekannte
Drehorte der Filme
„Herr der Ringe“
und „Der Hobbit“ © west
ermann
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M AT E R I A L Wahrgenommener Raum
Neuseeland schafft Perspektiven
AUFGABE
Erklärt unter Berücksichtigung des Raumkonzeptes „Wahr- genommener Raum“, warum sich immer mehr Menschen für Neuseeland als Reiseland entscheiden. Nutzt dafür die Materialien auf diesem Arbeitsblatt. Notiert, welche Aspekte Einfluss darauf haben, wie die Personen Neuseeland wahr- nehmen.
Ich bin Tom und nicht weit weg von hier vor 45 Jahren zur Welt gekommen. Als Ranger bin ich im Abel-Tasman-Nationalpark auf der Südinsel tätig. Hier gibt es zahlreiche Pflanzen- und Vogelarten und endlose Strände. Die Touristen werden jedes Jahr mehr, vor allem zum Ende des Jahres von Dezember bis Februar. Viele von ihnen campen an den Stränden. Das führt zu viel Müll auf den Wanderwegen, abgeknickten Pflanzen und weniger Ruhe für die Vögel während der Brutzeit.
Ich bin Anna, 19 Jahre alt und arbeite als Au-Pair für ein Jahr in Neuseeland, in Auckland. Ich liebe das Großstadtleben, so wie viele andere Au-Pairs hier! Wir sind eine internationale Truppe.
In Auckland kann man super shoppen, am Hafen spazieren gehen und am Wochenende entweder in die Clubs oder mit Freunden an die Strände in der Umgebung fahren. Wenn man noch einen freien Platz findet …
Abenteuer in Neuseeland? Kein Problem! Von Bungee-Jum- ping bis Paragliding oder seit kurzem auch die Nevis Swing, die höchste Schaukel der Welt, – hier in Queenstown auf der Südinsel kann ich euch alles bieten! Ich habe mit meinen 25 Jahren schon alles ausprobiert. Das sollte man auch, wenn man als Trainer arbeiten will. Touristen und Backpacker stehen abends über eine Stunde Schlange für den Fergburger, der von vielen als bester Burger überhaupt bezeichnet wird. So viele einmalige Attraktionen gibt es nur hier! Und das schafft viele Arbeitsplätze.
Wir mögen Campingurlaub mit unserem eigenen Wohnmobil und verbringen gerne viel Zeit in der Natur. Das machen wir schon immer so und haben auf diese Weise die ganze Welt be- reist. Die Einsamkeit und die endlosen Weiten, die wir beim Wandern im Juni dieses Jahres in Neuseeland erlebt haben, sind einfach atemberaubend! Durch die vielen Highways und Panoramastraßen sind die landschaftlichen Sehenswürdigkei- ten gut erreichbar. Auf den Straßen und Campingplätzen waren wir nahezu die einzigen Touristen!
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Internationale Touristenankünfte im Jahresverlauf
550 000 500 000 450 000 400 000 350 000 300 000 250 000 200 000
Internationale Touristenankünfte
Okt.
2017 Nov.
2017 Dez.
2017 Jan.
2018 Febr.
2018 März 2018
April 2018
Mai 2018
Juni 2018
Juli 2018
Aug.
2018 © westermann (Daten: Statistics New Zealand) lizenziertf¨urMartinSchlapkaam04.02.2019
HeftPlusWeb
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Zusatzmaterialien zum Beitrag „Reiseziel Neuseeland“ von H. Schmalor und K. Feja Informationsblatt
Physisch-materielle Raumvorstellungen
Containerraum
Bei der Betrachtung eines Raumes als Containerraum sind vor allem die physisch-geographischen bzw. physisch-materiellen Gegebenheiten als objektive „Ausstattung“ des Raumes von Bedeutung. Der Raum wird in Form eines begrenzten und fest- gelegten Behälters als Wechselspiel natürlicher und anthro- pogener Faktoren aufgefasst. Folglich gestaltet nicht nur die Natur, sondern vor allem der Mensch die Landschaften inner- halb eines Raumes aktiv mit und prägt sie dauerhaft, z. B. durch Infrastruktur oder landwirtschaftliche Nutzung.
Raum (System) von Lagebeziehungen
Ein Raum kann erst verstanden werden, wenn die Beziehung des Raumes zu anderen Räumen deutlich wird, d. h. Distanzen, Lagerelationen und Raumverflechtungen stehen im Fokus der Betrachtung. Der Raum kann als nah oder fern beschrieben werden, an andere Räume grenzen und verschiedene Beziehungen zu diesen besitzen. Die Lage und die Beziehungen zu den anderen Räumen nehmen wiederum vielseitig Einfluss auf den Raum selbst, z. B. Entfernungen oder Migrationsströme.
Raumkonzepte in der Geographie
Subjektiv-konstruktivistische Raumvorstellungen
Raum als wahrgenommener Raum
Jeder Mensch nimmt den sich umgebenden Raum anders wahr und bewertet ihn für sich persönlich, sodass der Raum einen individuell-subjektiven Wahrnehmungsraum bildet.
Die Einzelpersonen oder auch Organisationen bzw. Gruppen von Menschen nehmen zugleich die menschlichen Verhaltens- weisen im Raum unterschiedlich wahr. Dadurch entsteht eine räum liche Differenzierung der Handlungen in der Welt. Dies beeinflusst z. B., ob man sich in einem Raum wohl fühlt oder diesen bereisen möchte.
Raum als Konstrukt (gemachter Raum)
Betrachtet man den Raum als konstruierten oder gemach- ten Raum, ist vor allem entscheidend, dass Menschen über einen Raum kommunizieren und versuchen, ihn in einer be- stimmten Art und Weise darzustellen. Es wird also absichtlich, insbesondere über mediale Berichterstattung oder Werbung, ein bestimmtes Bild von einem Raum erzeugt. Hierdurch wird wiederum die menschliche Wahrnehmung des Raumes bewusst beeinflusst, sodass Interessen und Intentionen von Personen und/oder Gruppen eine Rolle spielen.
Mehrwert der Raumkonzepte
■ multiperspektivische, umfassende Betrachtung von Räumen der Erde
■ Einbezug mentaler Raumvorstellungen im Kontext jüngerer Fachvorstellungen
■ Raumverständnis und -beurteilung sind Bestandteile der raumbezogenen Handlungskompetenz
Relevanz der Raumkonzepte
■ Verortung in den Bildungsstandards und Kernlehrplänen
■ Raum als ein Basiskonzept des Faches Geographie
■ Metaebene: Fachliche, gesellschaftliche und individuelle Relevanz
lizenziert f¨ur Martin Schlapka am 04.02.2019
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