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Archiv "Palliativversorgung: Konkurrenz um die Sterbenden" (03.08.2009)

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A 1566 Deutsches Ärzteblatt

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Heft 31–32

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3. August 2009 gesetzt werden? Können es Ar-

beitslose sein, die nach einer Wo- che Einweisung diesen Dienst für acht Euro die Stunde verrichten?

Auf 40 Euro Basis? Wer trägt dann die Verantwortung, wenn die Ver- waltung den Einsatz solcher Kräfte fordert? Wie erreicht man das Ein- halten einer Schweigepflicht? Es wäre sicher zu begrüßen, wenn es auf diesem Gebiet zu Mindestan- forderungen und Rahmenbedingun- gen kommen würde, um Unsicher- heiten und mögliche Gefahrenquel- len zu beseitigen.

Prof. Dr. med. Christian Holland, Amselweg 11, 46446 Emmerich

DEUTSCHE EINHEIT

Schnell wurden die bundesdeutschen Strukturen der am- bulanten ärztlichen Versorgung auf die neuen Bundeslän- der übertragen (DÄ 23/2009 und 24/2009: „1989/2009 – 20 Jahre Deutsche Einheit: Deutsch- deutsche Gesundheitspolitik im Eini- gungsprozess (I) und (II) von Heidi Roth).

Bestandsschutzgarantie

. . . Der Einigungsvertrag sah für die ambulanten Einrichtungen, in denen zu DDR-Zeiten ausschließlich Ärzte im Angestelltenverhältnis arbeite- ten, eine Art Bestandsschutzgarantie für lediglich fünf Jahre vor. Nicht nur die „bedingten“, sondern auch die „entschlossenen“ Polikliniker verloren daraufhin den Mut, in ihrer alten Einrichtung weiter durchzu- halten. Ich arbeitete damals in West- Berlin und konnte aus der Nähe be- obachten, wie die KV Berlin und nicht wenige meiner niedergelasse- nen Kollegen tatkräftig an dieser Entmutigung mitarbeiteten. Der Präsident der Ärztekammer Berlin veranlasste zu dieser Zeit ein Gut- achten, das die Frage beantworten sollte, ob die Ambulatorien und Po- likliniken im Ostteil der Stadt denn fähig wären, sich wirtschaftlich zu tragen – mit unserem Abrechnungs- system, aber unter den gleichen Strukturen und der gleichen perso- nellen Ausstattung. Das Ergebnis

lautete, von wenigen Ausnahmen abgesehen: Ja, sie können es, vo- rausgesetzt, sie halten ihren Patien- tenstamm. Um den mussten die Kollegen zu jener Zeit aber nicht bangen. Und der gefürchtete Was- serkopf an Bürokratie wirkte sich danach nicht umsatzgefährdend aus.

Es hätte ein konstruktives Nebenei- nander geben können von angestell- ten und in eigener Praxis selbststän- dig tätigen Kollegen, wenn man beiden die gleichen Chancen gege- ben hätte. Hat man aber nicht. Als später die Fünf-Jahresbegrenzung aufgehoben wurde, war es zu spät.

Es sind zu jener Zeit nicht wenige problematische Entscheidungen ge- troffen worden, nur selten geleitet von Fairness gegenüber den „Brü- dern und Schwestern“, die plötzlich dazugehörten. Wir Ärzte jedenfalls haben es daran auch fehlen lassen.

Dr. Gertrud Gumlich, Tribergerstraße 3, 14197 Berlin

Der politische Wille fehlte

. . . Im Frühjahr 1990 sprachen sich – wie in Ihrem Artikel be- schrieben – nur knapp zehn Pro- zent der ambulant tätigen Ärzte für eine Niederlassung aus. Kurze Zeit später arbeitete nur noch eine geringe Zahl der ambulant tätigen Ärzte in Polikliniken und Ambula- torien. Der Hauptgrund für diesen Sinneswandel war, dass diese Ein- richtungen laut Einigungsvertrag nur bis zum 31. Dezember1995 zugelassen waren. Als diese Be- grenzung durch das Gesundheits- strukturgesetz 1993 aufgehoben wurde, waren die Ärzte aus Angst vor ihrer nicht gesicherten Zu- kunft schon längst aus den Polikli- niken geflohen. Unterstützt wur- den diese Ängste in Berlin durch die massive Polemik ärztlicher Verbände und das Verhalten der Gesundheitspolitiker des damals regierenden Berliner Senates. Den politischen Willen, Polikliniken zu erhalten, gab es nur in Branden- burg, wo Frau Ministerin Regine Hildebrandt und ihr Staatssekretär Detlef Affeld den Bestand der Po- likliniken möglich machten. Hier gibt es auch heute noch das Ne- beneinander von Gesundheitszen-

tren, die ähnlich den Polikliniken der DDR mit angestellten Medizi- nern arbeiten, und niedergelasse- nen Ärzten. Im Ostteil Berlins konnte nach langen Kämpfen ein kleiner Teil der Einrichtungen er- halten bleiben, in denen zurzeit ca.

120 angestellte Ärzte, vorwiegend Frauen, arbeiten. Der Grund hier- für liegt im engagierten Durchhal- ten einiger Polikliniken und der Unterstützung durch die Ärzte- kammer Berlin und den 1990 ge- gründeten „Verband der Poliklini- ken und Ambulatorien“. Außer- dem haben einige Fraktionen im Abgeordnetenhaus sowie Vereini- gungen der Freien Wohlfahrtspfle- ge hierbei geholfen. Durch das Gesundheitsmodernisierungsge- setz 2004 sind nun die „totgesag- ten“ Polikliniken in Form der MVZ wiederbelebt worden. Ein pluralistisches ambulantes Versor- gungssystem im vereinigten Deutschland wäre bei politischem Wollen von Anfang an also mög- lich gewesen.

Dr. Thea Jordan, Schneewittchenstraße 3, 12555 Berlin

PALLIATIVVERSORGUNG

Die ersten größeren Verträge sind da, aber viele Kassen kommen nicht in die Gänge (DÄ 24/2009: „Speziali- sierte ambulante Palliativversorgung: Endlich gibt es Ver- träge – aber nicht unbedingt die richti- gen“ von Gisela Klinkhammer und Sa- bine Rieser).

Konkurrenz um die Sterbenden

Ihre dankenswerte Übersicht zum derzeitigen Verhandlungsstand wird hoffentlich die Diskussion zur SAPV erneut anregen . . . Lei- der muss man sagen, haben die Autorinnen tatsächlich in etwa al- le Verträge in Deutschland darge- stellt. Mehr gibt es nicht! Wobei die dargestellten Verträge ja nicht alle SAPV-Verträge sind. In West- falen-Lippe zum Beispiel wurde eine „Vereinbarung auf der

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3. August 2009 A 1567 Grundlage nach § 132 d“ unter-

schrieben. In Westfalen wurden SAPV und AAPV in einem Ver- trag vermengt, die Bedingungen werden als so problematisch ange- sehen, dass bis zum Erscheinen Ihres Artikels kein (!) Leistungser- bringer unterschrieben hat und dies auch nicht absehbar ist. Da- neben gibt es Insellösungen für ei- nen winzigen Patientenkreis. In Hessen gelang es uns, durch einen einmaligen und für die Kassen völlig unerwarteten Schulter- schluss aller aktiven Leistungser- bringer einen für alle Beteiligten akzeptablen Vertrag zu erringen, der mit dem ursprünglichen Kas- senentwurf nicht mehr viel ge- mein hat. Er steht mit allen Daten zum Download unter www.laph.

de bereit. Vermutlich ist es der zurzeit angemessenste SAPV-Ver- trag in Deutschland, der jetzt zum Muster für andere Bundesländer wird. Aber auch hier: nur für die Ersatzkassen. Der Rest sträubt sich beharrlich, und wir versorgen weiter unbezahlt.

Was nicht erwähnt wurde: Die Si- cherstellungspflicht haben seit dem 1. April 2007 die Kranken- kassen, nicht die KV, nicht die Ärzte, nicht die hoch engagierten Palliative-Care-Teams, die in rui- nöse Vorleistungen treten, weil sie die Anfragen Sterbender nicht einfach ignorieren, sondern die notwendige menschliche und me- dizinische Hilfe bieten. Im Ge- sundheitsfonds 2009 wurden nach Informationen aus dem Ge- sundheitsministerium 200 Millio- nen Euro hineingerechnet für die SAPV. Bisher hätten also für die wenigen Teams fürstliche 120 Millionen Euro in diesem Jahr zur Verfügung gestanden. Ausge- geben wurde nach seriösen Schätzungen für SAPV sicher deutlich unter fünf Millionen Eu- ro. Was geschieht mit dem Rest?

Könnte man damit nicht die bis- her geleistete SAPV refinanzie- ren? Die Entwicklung der Verträ- ge ist ein Skandal in unserer Wohlstandsgesellschaft, der ger- ne verdrängt wird, da Sterbende und Schwerstkranke keine Lobby haben . . .

Jetzt, wo Verträge anstehen oder auf den Markt kommen, möchten viele partizipieren. Plötzlich schießen „Palliative-Care-Teams“

aus dem Boden. Wer sichert die Qualität? Interessant ist es, dass einige Kassen, die in den Ver- handlungen taktierten und verzö- gerten, auf Qualitätsmerkmalen beharrten, eine hohe Messlatte an- legten, plötzlich die Einstellung ändern. Gibt es einen Vertrag, dann heißt es, ganz schnell flä- chendeckend irgendwelche Ver- tragspartner zu finden. Ob diese annähernd in der Lage sind, die SAPV-Kriterien zu erfüllen, scheint plötzlich zweitrangig zu werden.

Ein letztes Problem. Es gibt nur eine sehr begrenzte Anzahl an adäquat weitergebildeten Mitar- beitern. Hiervon sind nur wenige erfahren in der ambulanten Pallia- tivversorgung. Von diesen Weni- gen steht nur ein Bruchteil dem Arbeitsmarkt zur Verfügung. Wer soll die über 200 notwendigen Teams leiten, welche Pflegenden oder Ärzte sollen eigenverant- wortlich draußen im flachen Land Entscheidungen treffen, die in vie- len Kliniken nicht ohne Weiteres getroffen werden können? Ich be- haupte, dass es fünf bis zehn Jahre dauern muss, um in Deutschland flächendeckend SAPV-Teams auf- zubauen, die den Namen auch ver- dienen. Aber die Konkurrenz um die Sterbenden beginnt . . .

Thomas Sitte, Gerloser Weg 23 a, 36039 Fulda

Der Hausarzt wird einbezogen

Bereits am 2. Juni 2009 hat der

„Hospiz-Palliativ-Stützpunkt Rheinhessen-Pfalz“ seine Arbeit aufgenommen. Der Stützpunkt ver- sorgt, gemäß den Vorgaben der Kassen und des Gesetzgebers, eine Region mit 250 000 Einwohnern.

Ziel des Stützpunktes ist es, tod- kranken Menschen daheim in den eigenen vier Wänden ein würde- volles, nahezu schmerzfreies Ster- ben zu ermöglichen und den eben- falls schwere Stunden durchleben- den Angehörigen professionellen Beistand zu gewähren.

Die Aufteilung des Stützpunktes erfolgte in vier regionale Netze, was insofern sinnvoll erschien, da es sich um eine große zu versor- gende Fläche handelt. Die regiona- len Netze haben jeweils Netzwerk- leiter . . . Eingebunden sind die Pflegedienste mit Palliative-Care- Ausbildung sowie die Hospizdiens- te aus der Region. Leiter des Stütz- punktes ist Dr. Oswald Burkhard aus Worms, welcher es als Heraus- forderung ansieht, völlig neue Or- ganisationsstrukturen zu schaffen. . . In Worms gibt es bereits seit sechs Jahren einen interdisziplinären Qualitätszirkel für Palliativmedi- zin. Damit die Arbeit auf mehrere verteilt wird, wurden drei Gruppen gebildet. Eine Steuerungsgruppe, eine Gruppe für die Öffentlich- keitsarbeit und eine Arbeitsgruppe Pflege . . .

Oberstes Ziel des Stützpunktes ist es, den Hausarzt immer mit in den Ablauf einzubeziehen. So können nur Hausärzte die Pallia- tivpatienten im Stützpunkt ein- schreiben. In besonderen Fällen können es aber auch Klinikärzte vornehmen. Da bisher noch keine Gelder von den Kassen geflossen sind, hat man sich auch noch nicht für eine Rechtsform ent- schieden. Das Gelingen des gan- zen Projektes ist auch auf die Ko- operation mit dem Wormser Ge- sundheitsnetz (WoGe) e.G. zu- rückzuführen . . .

Da es in Hessen schon Verträge mit der DAK gibt und die Ver- handlungen in Rheinland Pfalz noch laufen (dort soll ausgehend vom Ministerium eine einheitliche Regelung mit allen Kassen gefun- den werden), werden die Vorgaben des DAK-Vertrages als Abrech- nungsbasis genommen. Hier han- delt es sich um Pauschalen, deren Verteilung durch einen Schlüssel noch festgelegt werden soll. Ziel ist es, allen Beteiligten eine faire Bezahlung zukommen zu lassen.

Vorgesehen ist, dem Hospiz am Jahresende prozentual einen Be- trag als Spende zukommen zu lassen . . .

Dr. med. Friedel Rohr, Erster Vorsitzender Gesundheitsnetz Region Alzey e.V., Alzeyer Weg 2, 55234 Framersheim

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