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Mittwoch (Vormittag), 11. September 2013 Polizei- und Militärdirektion 101 2013.0693 Motion 137-2013 Knutti (Weissenburg, SVP) Keine Freiheiten für Gewalttäter – Schluss mit elektronischen Fussfesseln

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Sitzungstitel7 2013.0693 1

Der Grosse Rat des Kantons Bern

Le Grand Conseil du canton de Berne

Mittwoch (Vormittag), 11. September 2013

Polizei- und Militärdirektion

101 2013.0693 Motion 137-2013 Knutti (Weissenburg, SVP)

Keine Freiheiten für Gewalttäter – Schluss mit elektronischen Fussfesseln

Vorstoss-Nr: 137-2013

Vorstossart: Motion

Eingereicht am: 31.05.2013

Eingereicht von: Knutti (Weissenburg, SVP) (Sprecher/ -in)

Fuchs (Bern, SVP) Weitere Unterschriften: 0

Dringlichkeit: Ja 06.06.2013

Datum Beantwortung: 14.08.2013

RRB-Nr: 1019/2013

Direktion: POM

Keine Freiheiten für Gewalttäter – Schluss mit elektronischen Fussfesseln Der Regierungsrat des Kantons Bern wird aufgefordert,

1. bei sämtlichen wegen schweren Gewaltdelikten verurteilten Straftätern (Front Door und Back Door) unverzüglich auf den Vollzug mit elektronischen Fussfesseln im Kanton Bern zu verzichten,

2. künftig gänzlich auf die elektronischen Fussfesseln bei schweren Gewaltdelikten zu verzichten.

Begründung:

Der Fall der jungen Frau, die in Payerne von einem verurteilten Straftäter getötet wurde, bewegt die Schweiz. Der Täter wurde mit einer elektronischen Fussfessel überwacht. Es gelang ihm, die Fessel abzustreifen. Nachweislich hat die Justiz versagt, als sie diese Art der Hafterleichterung gewährte. Sie wird die Verantwortung für den Mord übernehmen müssen.

Die Sicherheit der Bevölkerung hat oberste Priorität! Daher wird der Regierungsrat beauf- tragt, per sofort, alle wegen schweren Gewaltdelikten verurteilten Täter, die ihre Strafe erleichtert mit einer elektronischen Fussfessel verbüssen, wieder in den ordentlichen Strafvollzug zurückzuführen und in Gewahrsam zu nehmen! Es darf nicht sein, dass die Justiz und die Zuständigen die Fussfesseln wie in einem Selbstbedienungsladen verteilen.

Der Strafvollzug mit Fussfesseln ist bezüglich Wirksamkeit (Abschreckung, Resozialisie- rung, aber auch Schutz der Bevölkerung) umstritten.

Der Regierungsrat wird aufgefordert, in Zukunft gänzlich auf den Einsatz von elektroni- schen Fussfesseln zu verzichten. Bei schweren Gewaltdelikten muss dies ab sofort aus- geschlossen sein, denn es darf nicht sein, dass wir in der Schweiz weitere Todesopfer hinnehmen müssen, nur weil Straftäter und Mörder mit elektronischen Fussfesseln «be- schenkt» werden.

Antwort des Regierungsrats

Bei der vorliegenden Motion handelt es sich um eine Motion im abschliessenden Zustän- digkeitsbereich des Regierungsrates (Richtlinienmotion). Der Regierungsrat hat bei Richt- linienmotionen einen relativ grossen Spielraum hinsichtlich des Grades der Zielerreichung, der einzusetzenden Mittel und der weiteren Modalitäten bei der Erfüllung des Auftrages,

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Geschäfts-Nr.: 2013.0693 Seite 2/9

und die Entscheidverantwortung bleibt beim Regierungsrat.

Der Regierungsrat bedauert das in der Motion einleitend genannte ausserordentlich tragi- sche Beispiel zutiefst, hält jedoch gleichzeitig fest, dass die Untersuchungsergebnisse zum konkreten Fall noch nicht vorliegen und deshalb zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Rück- schlüsse auf allfällige Mängel am heutigen System des Electronic Monitoring gezogen werden sollten.

Er zeigt grosses Verständnis für die daraus entstandene Verunsicherung der Bevölkerung und begrüsst die Auseinandersetzung mit dem Thema. Es ist ihm jedoch ein Anliegen festzuhalten, dass bezüglich Electronic Monitoring (EM) als Vollzugsform gemeinhin eine falsche Wahrnehmung besteht. Das EM bedeutet nicht einfach das Tragen einer elektroni- schen Fussfessel, sondern ist immer mit einer durchgängigen Betreuung und Einhaltung des angeordneten Aufenthalts (Hausarrest) verbunden. Die elektronische Fussfessel dient technisch ausschliesslich der Kontrolle des Hausarrests und hat keine weitere Sicherheits- funktion. Insofern vertritt der Regierungsrat die Auffassung, dass nicht das Instrument des EM per se ein untaugliches Vollzugsmittel darstellt, sondern vielmehr dessen Einsatz und Anwendung mit äusserster Sorgfalt und Professionalität begleitet werden müssen.

Der Einsatz von EM im Kanton Bern erfolgt gestützt auf Artikel 387 Absatz 4 lit. a des Schweizerischen Strafgesetzbuches vom 21. Dezember 1937 (StGB; SR 311.0) sowie aufgrund der vom Bundesrat erlassenen «Bewilligung für den Vollzug von Freiheitsstrafen in der Form des elektronisch überwachten Vollzugs ausserhalb der Vollzugseinrichtungen»

vom 4. Dezember 2009.

Die kantonale Verordnung über den Vollzug von Freiheitsstrafen in der Form des Electro- nic Monitoring vom 26. Mai 1999 (EM-Verordnung; BSG 341.12) regelt die zwei verschie- denen Formen des EM: Das Front Door kann bei Freiheitsstrafen von mindestens 20 Ta- gen bis höchstens ein Jahr und das Back Door kann anstelle des Arbeits- und Wohnexter- nats bei Freiheitsstrafen von mindestens 18 Monaten für die Dauer von drei bis neun Mo- naten eingesetzt werden.

Beim Front Door handelt es sich um einen elektronisch überwachten und sozial begleite- ten Vollzug als Alternative zum Strafvollzug in einer Strafanstalt. Es besteht kein Rechts- anspruch darauf. Front Door kann bei Strafen ab 20 Tagen bis höchstens zwölf Monaten anstelle des Normalvollzugs1 oder der Halbgefangenschaft2 bewilligt werden. Im Gegen- satz zur Vollzugsform der Halbgefangenschaft wird die verurteilte Person auch während der Arbeit überwacht. Im Front Door-Bereich sind überwiegend Delinquenten mit Taten im Betäubungsmittel- oder Strassenverkehrsbereich vertreten. Bezüglich der Reintegration im privaten, gesellschaftlichen und beruflichen Umfeld erweist sich die Front Door als integra- tivste Vollzugsform. Die verurteilte Person kann weiterhin ihrer geregelten Arbeit nachge- hen. Es entstehen für sie und ihr engstes soziales Umfeld keine Einbussen im finanziellen Lebensunterhalt zu Lasten des Gemeinwesens. Die Zahl der Abbrüche ist in den letzten Jahren gesunken.

Der Strafvollzug von langen Freiheitsstrafen (Back Door) wird in mehreren Stufen durchge- führt. Zuerst verbringt die verurteilte Person ihre Arbeits-, Ruhe- und Freizeit in der Anstalt (Normalvollzug; Art. 77 StGB). Die Freiheitsstrafe wird in der Form des Arbeitsexternats vollzogen, wenn die verurteilte Person einen Teil der Freiheitsstrafe, in der Regel die Hälf- te, verbüsst hat und nicht zu erwarten ist, dass sie flieht oder weitere Straftaten begeht (Art. 77a StGB). In diesem Arbeitsexternat arbeitet die verurteilte Person ausserhalb der Anstalt und verbringt die Ruhe- sowie Freizeit in der Anstalt (Art. 77a Abs. 1 und 2 StGB).

Bewährt sich die verurteilte Person im Arbeitsexternat, so erfolgt der weitere Vollzug in Form des Wohn- und Arbeitsexternats. Dabei wohnt und arbeitet die verurteilte Person ausserhalb der Anstalt, untersteht aber weiterhin der Strafvollzugsbehörde (Art. 77a Abs. 3 StGB). Die verurteilte Person kann aber auch nach Verbüssung von zwei Dritteln der Stra-

1 Die verurteilte Person verbringt ihre Arbeits-, Ruhe- und Freizeit in der Regel in der Anstalt (Art. 77 StGB).

2Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu einem Jahr wird in Form der Halbgefangenschaft vollzogen, wenn nicht zu erwarten ist, dass die verurteilte Person flieht oder weitere Straftaten be- geht. Die verurteilte Person setzt dabei ihre Arbeit oder Ausbildung ausserhalb der Anstalt fort und verbringt die Ruhe- und Freizeit in der AnstaltJ. (Art. 77b StGB).

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fe bedingt entlassen werden, wenn ihr Verhalten im Strafvollzug es rechtfertigt und auf- grund einer eingehenden Prüfung nicht anzunehmen ist, dass sie weiter delinquieren wird (Art. 86 ff. StGB). Bei gefährlichen Straftätern ist neben der Strafe zudem eine Massnah- me (staionäre Behandlung, Verwahrung) anzuordnen, welche der Strafe vorgeht (Art. 56 StGB). In diesen Fällen kommt das EM zunächst gar nicht zur Anwendung.

Der Vorteil des Back Door ist, dass die verurteilte Person, die nach einer langen Freiheits- strafe wieder in Freiheit leben wird, auf diesem Weg eine professionelle Begleitung für eine verbesserte Bewährung im Berufs- und Freizeitalltag erhält. Die Evaluationen in den Kantonen mit Back Door haben gezeigt, dass das EM gerade bei langjährigen Freiheits- strafen eine wichtige Vollzugsstufe ist. Back Door im Kanton Bern ist zudem eine kosten- günstige Alternative zum Arbeitsexternat oder Wohn- und Arbeitsexternat. Für einen Voll- zugstag mit EM errechnet der Kanton 34 Franken Kosten, für einen Vollzugstag im Nor- malvollzug 330 Franken und für einen Vollzugstag im Arbeitsexternat 145 Franken. Das EM ist im Kanton Bern somit die kostengünstigste Vollzugsstufe.

Folgende Voraussetzungen für die Möglichkeit eines Vollzugs in Form von EM müssen immer überprüft und kumulativ gegeben sein:

– Die verurteilte Person und die im gleichen Haushalt lebenden Personen müssen zu- stimmen.

– Die verurteilte Person verfügt über eine dauerhafte Unterkunft und ist bereit, den zu- ständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Amtes für Freiheitsentzug und Betreu- ung auch ohne Anmeldung Zugang dazu zu gewähren. Die dauerhafte Unterkunft der verurteilten Person lässt die elektronische Datenübertragung des Überwachungsgeräts mittels Festnetzanschluss oder mittels Mobilfunkempfang zu.

– Die Begleitung und Betreuung der verurteilten Person durch die zuständigen kantona- len Behörden muss gewährleistet sein.

– Die verurteilte Person ist körperlich sowie geistig gesund und ist in der Lage, einer an- gemessenen und geregelten Arbeit, Ausbildung oder Beschäftigung nachzugehen.

– Die verurteilte Person weist eine Arbeit, Ausbildung oder Beschäftigung im Umfang von mind. 20 Stunden pro Woche nach oder findet mit Unterstützung der Behörden eine solche oder ihr kann eine solche Arbeit zugewiesen werden.

– Die verurteilte Person ist bereit, an der Ausarbeitung eines Vollzugsprogramms aktiv mitzuwirken und sich bedingungslos daran zu halten.

– Die verurteilte Person muss der Belastung des Vollzugs des EM gewachsen sein und darf das entgegengebrachte Vertrauen nicht missbrauchen.

– Die verurteilte Person darf nicht als flucht- oder gemeingefährlich eingestuft sein. Be- stehen von Seiten der Vollzugsbehörden prognostische Zweifel hinsichtlich Fluchtge- fahr oder Gemeingefährlichkeit, wird nach dem Grundsatz «in dubio pro duriore» auf Vollzugsöffnungen oder mildere Vollzugsformen verzichtet.

Zu Ziffern 1 und 2

Der Regierungsrat gibt vorab zu bedenken, dass der Begriff «schweres Gewaltdelikt» nicht gesetzlich definiert und daher nicht geregelt ist. Er geht im Lichte des Motionstextes davon aus, dass damit einzelne – aber nicht alle – Verstösse gegen das Strafrecht gemeint sind, welche als «strafbare Handlungen gegen Leib und Leben» (Art. 111 ff StGB) genannt wer- den, welche mit einer langen Freiheitsstrafe geahndet werden.

Der Regierungsrat hält ebenfalls fest, dass nicht die Gerichte den Vollzug des EM verhän- gen, da das EM keine eigene, gesetzlich verankerte Vollzugsform oder -stufe gemäss StGB ist. Die Einweisungs- und Vollzugsbehörde – im Kanton Bern die Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug des Amtes für Freiheitsentzug und Betreuung – ist zuständig für die Bewilligung von Back Door und Front Door. Bestehen Bedenken oder tauchen diese während des Vollzugs des EM auf, werden das Front Door wie Back Door sofort abgebro- chen.

Gemäss der Botschaft des Bundesrats zur Änderung des Schweizerischen Strafgesetz- buchs und des Militärstrafgesetzes (Änderungen des Sanktionenrechts) vom 4. April 2012 soll das EM als Vollzugsform gesetzlich geregelt werden.3 Dabei geht es darum, eine

3 Vgl. Motion 07.3262 Marty „Electronic Monitoring. Gesetzliche Verankerung“ vom 22.03.2007.

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Geschäfts-Nr.: 2013.0693 Seite 4/9

Grundlage ausschliesslich für den Vollzug von Freiheitsstrafen zu schaffen. Das EM soll nicht nur als Alternative zum Vollzug von Freiheitsstrafen bis zu zwölf Monaten, sondern auch als (eigene) Vollzugsstufe gegen Ende längerer Freiheitsstrafen zum Einsatz kom- men.4 Würde der Kanton Bern nun das EM abschaffen, müsste das EM spätestens bei Inkrafttreten der Änderungen des eidgenössischen Sanktionenrechts wieder eingeführt werden.

Der Regierungsrat verweist schliesslich auf die Bemühungen auf der Ebene der Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und -direktoren (KKJPD) zur Vereinheitli- chung und Koordination im Bereich EM für alle Kantone. Die KKJPD steht im Begriff, eine entsprechende Arbeitsgruppe zu mandatieren.

Fazit

Das Instrument des EM am Ende von langen Freiheitsstrafen erlaubt eine kontrollierte Wiedereingliederung der verurteilten Person im zukünftigen Umfeld und erlaubt flexiblere Anpassungen an veränderte Verhältnisse. Das EM Front Door erfüllt das gesetzliche Ziel der Förderung des sozialen Verhaltens der verurteilten Person. Das EM als Back- wie Front Door entspricht auch einem Bedürfnis bei den Vollzugsbehörden nach individuellerer Begleitung der verurteilten Person und damit einer Verringerung der Rückfallgefahr.

Schliesslich bildet das Back Door eine wertvolle und kostengünstige Alternative zu Arbeit- sexternat oder Wohn- und Arbeitsexternat.

Der Aussage der Motionäre, dass das EM sehr umstritten sei, wird in Kenntnis der Tatsa- che, dass alle Kantone, in denen seit Jahren das EM eingesetzt wird, ein merklich besse- res Verhalten der verurteilten Personen im Vollzug von EM wahrnehmen, kann der Regie- rungsrat nicht zustimmen. Er lehnt im Lichte der obigen Ausführungen das Begehren der Motionäre ab und hält an den Möglichkeiten der Vollzugsform durch Electronic Monitoring fest.

4 Vgl. Botschaft, S. 4738 ff., insbesondere S. 4740.

Der Regierungsrat beantragt:

Ablehnung

Präsident. Herr Näf hat sich für eine persönliche Erklärung gemeldet. Sie haben das Wort, Herr Näf. Danach starten wir mit der Motion Knutti, Traktandum 101.

Roland Näf-Piera, Muri (SP). Ich bin hier vorne mit einer persönlichen Erklärung, weil mich der Entscheid zur Sozialhilfe, der letzte Woche hier im Grossen Rat gefällt wurde, sehr getroffen hat.

Aus meiner Sicht haben FDP, SVP, BDP und EDU eine rote Linie überschritten. Sie haben letzte Woche beim Essen, bei den Kleidern, also beim Grundbedarf der Ärmsten in diesem Kanton, 10 Prozent gekürzt. Genau drei Monate vorher haben die meisten Grossrätinnen und Grossräte, wel- che letzte Woche diese Kürzung vorgenommen haben, ihr eigenes Sitzungsgeld erhöht. Ich habe hier eine Liste (Herr Näf-Piera zeigt dem Rat ein Papier) all jener Grossrätinnen und Grossräte der BDP, SVP, EDU und FDP, die das gemacht haben. Ich werde diese Liste heute publizieren. (Unru- he). Die Angriffe des Kantonsparlaments auf die Personen im Kanton Bern, denen es nicht gut geht, die kaum eine Chance haben, auf irgendeine Art ein anständiges Einkommen zu erarbeiten, werte ich als Skandal, als Ungeheuerlichkeit. Wenn man gleichzeitig den eigenen Lohn heraufsetzt, ist es für mich eine Verhöhnung der Ärmsten in diesem Kanton. (Mehrere Ratsmitglieder aus den Reihen der bürgerlichen kommen nach vorne und beschweren sich beim Präsidenten).

Die SP-JUSO-PSA-Fraktion trägt den Entscheid, den wir zusammen in Bezug auf die Geschäfts- ordnung im Juni gefällt haben, nicht mehr mit (Unruhe). Andreas Blaser reicht heute Morgen im Namen der Fraktion eine Motion ein, die ein Rückkommen auf die Geschäftsordnung fordert. Darin verlangen wir, dass unsere Gehälter wieder auf den Stand vor den Beratungen zur Geschäftsord- nung des Grossen Rats zurückgenommen werden.

Wenn man beim Essen der Ärmsten spart, dann setzen wir auch mit dem Sparen hier in diesem Saal an, bei uns selber, bei unserem Einkommen. Darüber können wir diskutieren. (Der Präsident bittet den Redner, zum Schluss zu kommen.) Ich hoffe, dass das Ratsbüro die entsprechende Vor- lage so schnell wie möglich hier im Grossen Rat noch einmal präsentiert.

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Präsident. Eine persönliche Erklärung ist es, wenn man unmittelbar persönlich betroffen ist. Dies ist ganz sicher ein Grenzfall. Ich bitte um eine gewisse Zurückhaltung.

Nun starten wir mit Traktandum 101, der Motion von Herrn Knutti und Herrn Fuchs. Der Regierungs- rat beantragt Ablehnung dieses Vorstosses. err Knutti Sie haben das Wort.

Thomas Knutti, Weissenburg (SVP). Ich finde es seltsam, dass man mitten in einer Debatte eine solche Erklärung abgeben darf, die gar nicht zum Thema passt.

Der Fall dieser jungen Frau namens Marie, welche in Payerne von einem verurteilten Straftäter ge- tötet wurde, bewegte die Schweiz stark. Ein grosser Unmut über unser System der Freiheitsstrafen entstand. Von der zuständigen Vollzugsbehörde im Kanton Bern hätte ich nach diesem Tötungsde- likt in der Westschweiz sofort den Vorschlag erwartet, dass bei Straftätern, die ein schweres Ge- waltdelikt begangen haben, auf den Einsatz von Electronic Monitoring verzichtet wird. Doch nichts geschah. Im Gegenteil, das System wird trotz dem Verlust eines Menschenlebens verteidigt. Zudem will der Bund das untaugliche Überwachungssystem sogar ausbauen und diese Vollzugsform ge- setzlich verankern.

Ein tragischer Fall spreche nicht grundsätzlich gegen Electronic Monitoring, wird argumentiert. Aber was ist mit der Sicherheit unserer Bevölkerung? Hat sie nicht oberste Priorität? Was denken die Angehörigen, die sich solche Begründungen anhören müssen? Ich weiss, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, es ist unangenehm, darüber zu sprechen, dass die Täterschaft seit Jahren mehr ge- schützt als bestraft wird. Aber ein solches Vorgehen kann ich nicht verstehen.

Bedenklich ist für mich auch die Argumentation, dass eine Eingliederung von Straftätern nach lan- gen Freiheitsstrafen sehr nützlich und wichtig sei, und dass Electronic Monitoring natürlich nur an- gewendet werde, wenn ein Häftling nicht mehr als gefährlich eingestuft werde. Doch wann ist ein Täter nicht mehr gefährlich? Wenn er möglichst lange in psychiatrischer Behandlung war? Es gibt leider Menschen, die nicht therapierbar sind und die auch nicht in den Genuss von solchen lockeren Strafmassnahmen kommen sollten. Ich denke auch, dass eine Tat manchmal schon mit der Ge- wissheit begangen wird, dass sie sowieso nicht schlimm bestraft wird. Heute ist eine Strafe leider keine richtige Strafe mehr. Es kann nicht sein, dass Mörder und Sexualstraftäter in den Genuss des Electronic Monitorings kommen. Der Regierungsrat schliesst dies in seiner Antwort aber nicht aus.

Er sagt nur, dass das Überwachungsmonitoring abgebrochen wird, wenn während dem Vollzug Bedenken entstehen. Er sagt nicht, ob Überwachungen abgebrochen wurden. Wenigstens zeigt der Regierungsrat ein gewisses Verständnis, und er bestätigt, dass die elektronische Fussfessel tech- nisch lediglich zur Kontrolle angewendet wird und nicht als Sicherheit dient.

Ich möchte hier klar und deutlich festhalten, dass wir nicht grundsätzlich gegen Fussfesseln sind.

Jeder von uns weiss, was mit schweren Gewaltdelikten gemeint ist. Mir ist auch klar, dass der Re- gierungsrat die Aussage, das Monitoring sei umstritten, nicht unterstützen kann. Aber die Bevölke- rung schüttelt grossmehrheitlich den Kopf, wenn Fussfesseln bereits nach 20 Tagen Gefängnis an- gewendet werden.

Zum Schluss muss ich Ihnen noch eine Aussage des Bundesamtes für Justiz kundtun: «Im Übrigen profitieren nicht nur Mörder und Sexualstraftäter, sondern auch die Gesellschaft von Fussfesseln.»

Was denken wohl vergewaltigte Frauen von solchen Aussagen? Überlegen Sie sich bitte einmal, welche Strafe bei einer Verurteilung wohl mehr nützt: 20 Tage Gefängnis oder auf freiem Fuss blei- ben? Ich bitte Sie, diese Motion zum Schutz der Bevölkerung in beiden Punkten zu unterstützen.

Präsident. Herr Fuchs als Mitmotionär verzichtet auf das Wort. Wir kommen zu den Fraktionserklä- rungen.

Peter Studer, Utzenstorf (BDP). Der tragische Fall dieser jungen Frau ist mit Nichts zu entschuldi- gen, das ist wohl jedem klar hier im Grossen Rat. Der Fehler, der dabei in der Justiz geschehen ist, ist sehr, sehr schwerwiegend, und wir sind uns sicher einig, dass solches einfach nicht mehr ge- schehen darf. Ich bin froh, dass wir im Kanton Bern nicht direkt mit einem solchen Ereignis konfron- tiert wurden.

Nun zur Motion: Der Bundesrat erteilte am 28. April 1999 den Kantonen Bern, Basel-Stadt, Basel- Land, Tessin, Waadt und Genf und ab 2003 dem Kanton Solothurn Bewilligungen, einen Versuch mit Electronic Monitoring EM durchzuführen. Er hat diese Bewilligungen zuerst bis Ende 2002 be- schränkt. Ein Evaluationsbericht liegt vor.

Werden dieser Evaluationsbericht und das Fazit der Kantone betrachtet, ist der Grundtenor in Be-

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zug auf Electronic Monitoring sehr positiv. Dank dem Electronic Monitoring können verurteilte Men- schen in ihren angestammten Lebensraum zurückkehren und Desozialisierungswirkungen werden vermieden. Dies dient der Sache. Das Electronic Monitoring stellt an den Verurteilten sehr hohe Ansprüche in Bezug auf Mitarbeit, Disziplin und Durchhaltewille. Insbesondere kommt der erwähnte Bericht zum Schluss, dass diese Ansprüche höher sind als im Normalvollzug. Rasches Reagieren auf Veränderungen ist jederzeit möglich. Gelobt wird auch die Dynamik des Electronic Monitorings, die ein rasches Eingreifen möglich macht. Was wir auch nicht vergessen dürfen: Die Kosten sind rund zehnmal günstiger als im geschlossenen Massnahmenvollzug. Zudem wird festgehalten, dass diese Vollzugsform im Bundesrecht verankert werden sollte. Auch Straftäter von schweren Gewalt- delikten müssen irgendwann resozialisiert werden. Ich frage die Herren Knutti und Fuchs: Haben Sie irgendein Rezept? Denn irgendwann einmal müssen auch diese Menschen wieder zurückge- führt werden. Wie wollen Sie dies machen? Ich habe von Ihnen hier im Grossen Rat keinen Vor- schlag gesehen. Es ist keine Belohnung für Straftäter, mit Electronic Monitoring herumzugehen. Es erzeugt Druck. Der Vollzug einer Strafe und die Einschränkung der Freiheit sind nicht immer ein- fach. Von den Kosten haben wir bereits gesprochen. Da sehen wir, dass zum Beispiel am 2. Sep- tember eine Interpellation mit dem Titel «Horrende Kosten für den Straf- und Massnahmenvollzug»

eingereicht wurde. Darin wird gefragt, wie diese Kosten reduziert werden können.

Aufgrund der Sachlage und aufgrund des sehr guten Evaluationsberichtes des Bundes, der in allen Kantonen verteilt wurde, und weil sogar darauf hingewirkt werden soll, dass Electronic Monitoring im Bundesrecht verankert wird, lehnt die BDP diese Motion in beiden Punkten ab.

Franz Arnold, Spiez (SP). Jedes Verbrechen ist eines zu viel, und es ist klar, dass der Staat und seine Autoritäten alles daransetzen müssen, dass Verbrechen vermieden werden und dass die Sühne nach einer Straftat so geleistet wird, wie das Gesetz dies vorsieht. Das Strafrecht listet auf, welche Sanktion für welche Tat – je nach ihrer Schwere – angewendet werden soll. Der Regie- rungsrat führt in seiner Antwort sehr differenziert auf, wie eine vom Gericht ausgesprochene Strafe zu vollziehen ist. Im Kanton Bern obliegt diese Aufgabe bekanntlich der Abteilung Straf- und Mass- nahmenvollzug der Polizei- und Militärdirektion (POM). Das Ereignis, auf das sich der Motionär be- zieht, ist zweifelsohne ein grausames, schreckliches Ereignis, das bei uns allen Ohnmacht und bei den Betroffenen Trauer, Wut und gewiss auch schwere Traumatisierungen hinterlassen hat. Wenn der Blick auf die Opfer gelenkt wird, ist es in gewissen Fällen schwierig, die Traumatisierungen überhaupt zu bewältigen. Gleichzeitig muss gesagt werden, dass die Motion ein untaugliches Mittel ist, um ein solches Ereignis oder vergleichbare Ereignisse zukünftig zu verhindern. Dies geht auch aus der Antwort des Regierungsrats hervor.

Es ist auch schwierig mit der in der Motion gewählten Terminologie umzugehen, weil es den Begriff des Gewalttäters als solchen nicht gibt. Denn die Straftaten werden, wie ich einleitend gesagt habe, gemessen an der Schwere der Tat sanktioniert. Bei einer konkreten Sanktion muss das Gericht die Art der Strafe unabhängig zumessen. Danach hat es die für den Vollzug zuständige Amtsstelle letzt- lich immer auch mit dem Unsicherheitsfaktor Mensch zu tun. Damit ist es schwierig und immer eine Gratwanderung, wie die Sanktion gewählt werden soll. Es gibt für so genannt «nicht therapierbare Fälle», wie es vom Motionär auch gesagt wurde, beispielsweise die Form der Verwahrung, die so- wohl Täter oder Täterin wie auch die Gesellschaft schützt. Wir dürfen nicht vergessen, dass jede Strafe auch der Rückführung des Täters in die Gesellschaft dienen soll. Der Resozialisierungsge- danke ist keine neuzeitliche Erfindung. Er geht auf unser Strafgesetzbuch zurück, das doch schon einige Jahrzehnte alt ist.

Wie bereits gesagt, werden die Massnahmen sorgfältig und mit Blick auf die jeweilige Situation ab- gewogen. Man darf sich nicht der Vorstellung hingeben, dass ein Wegsperren vor sämtlichen Ge- fahren schützt, die der Gesellschaft drohen. Im Gegenteil kann das Wegsperren auch zu einer ver- meintlichen Sicherheit oder zu einem vermeintlichen Sicherheitsgefühl führen. In einem kürzlichen Interview mit unserem Polizeidirektor am Schweizer Radio wurde die Einschlussquote, also die Quote der Menschen, die hinter Gittern sind, zwischen der Schweiz und den USA verglichen. Sie beträgt 1:10. Das heisst, in den USA sitzen zehnmal mehr Menschen hinter Gittern als in der Schweiz. Aber ich glaube, es gibt niemanden hier im Grossen Rat, der ernsthaft sagen kann, dass sich die Zivilbevölkerung in den USA sicherer fühlt, als hier in der Schweiz.

Zum Schluss: Wir bestreiten hier eine schwierige Gratwanderung. Der Regierungsrat führt in seiner Antwort auf die Motion aus, dass trotz des erwähnten tragischen Ereignisses keine Änderung erfor- derlich ist, denn gerade das Electronic Monitoring wird sehr sorgfältig und differenziert gehandhabt.

Darum lehnt die SP-JUSO-PSA-Fraktion diese Motion ab.

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Anna-Magdalena Linder, Bern (Grüne). Der Motionär fordert, dass im Kanton Bern künftig kein Electronic Monitoring mehr angewendet wird. Als Hauptargument für diese Forderung wird der Fall in Payerne ins Feld geführt. Wir Grüne teilen die Einschätzung des Regierungsrats, wonach Rück- schlüsse auf das Electronic Monitoring aufgrund des sehr tragischen Falles in Payerne verfrüht sind. In der differenzierten und ausführlichen Antwort des Regierungsrats wird deutlich, dass Elect- ronic Monitoring ein Vollzugsprogramm ist, in welchem delinquente Menschen engmaschig mit ver- schiedensten Auflagen begleitet werden. Ob eine verurteilte Person für Electronic Monitoring in Frage kommt, wird vorgängig mit höchster Sorgfalt abgeklärt. Zudem bildet die Begleitung durch Bewährungshelfer einen wichtigen Teil dieses Programms. Electronic Monitoring ist somit kein Wunschprogramm oder gar ein Ticket in die Freiheit, wie es von den Motionären angetönt wird. In dieser Motion geht es um eine Grundsatzfrage, nämlich darum, ob eine Reintegration und Resozia- lisierung von ehemals straffälligen Menschen in die Gesellschaft befürwortet wird oder nicht. Wir Grüne sind überzeugt, dass die Resozialisierung ein wichtiger Auftrag ist. Wir sprechen uns klar für die Wiedereingliederung von ehemals straffälligen Menschen in die Gesellschaft aus. Mit Electronic Monitoring liegt ein Instrument vor, das einen Beitrag zu dieser schwierigen Aufgabe leisten kann.

Darum lehnen wir Grüne diesen Vorstoss einstimmig ab.

Hans Rösti, Kandersteg (SVP). Die Motion von Thomas Knutti und Thomas Fuchs verlangt ers- tens, dass bei Täterinnen und Tätern von schweren Gewaltdelikten im Kanton Bern unverzüglich auf elektronische Fussfesseln verzichtet wird. Zweitens wollen sie, dass bei Täterinnen und Tätern von schweren Gewaltdelikten in Zukunft überhaupt auf elektronische Fussfesseln verzichtet wird.

Diese Motion wird von der SVP in beiden Punkten unterstützt. Warum? Die SVP ist sich der Schwierigkeiten im Strafvollzug durchaus bewusst. Sie ist sich vor allem auch bewusst, wie schwie- rig die Wiedereingliederung von Straftätern ist, die über längere Zeit in Gefangenschaft waren. Die SVP hofft jedoch, mit den im Vorstoss geforderten Massnahmen, den einen oder andern Fall eines Verbrechens, wie dasjenige in Payerne, zu verhindern. Die SVP ist sich mit grosser Mehrheit einig, dass schwere Gewaltverbrecherinnen und Gewaltverbrecher ihre ganze Strafe absitzen müssen.

Die Wiedereingliederung muss anschliessend stattfinden. Das Gericht muss sie nachher regeln, indem es beispielsweise den Strafvollzug verlängert. Dies ist sicher noch nicht ganz gelöst, doch für die SVP ist es wichtig, dass solche Straftäter ihre ganze Strafe absitzen.

Barbara Mühlheim, Bern (glp). Für uns von der glp-CVP-Fraktion ist klar, dass wir diese Motion nicht unterstützen. Warum? Diese Motion will ein taugliches Mittel aus der gesamten Palette von Strafmassnahmen herausnehmen und festhalten, dass sie für gewisse Täterkategorien nicht mehr gelten solle. Sie ist aber deshalb nicht fair, weil sie eine falsche Analyse eines grauenhaften Verbrechens macht. Es ist nicht so, dass jeder, der ein Kapitalverbrechen, ein schweres Gewaltde- likt ausgeführt hat, gemeingefährlich und ein Wiederholungstäter ist. Daher greift diese Motion zu kurz. Es gibt x Gewaltdelikte, die nicht zu einer Gemeingefährlichkeit des Täters führen. Meistens handelt es sich um Beziehungsdelikte in der Familie. In solchen Fällen kann mal sehr wohl einen Täter, nach einer gewissen Zeit im Strafvollzug, in das Electronic Monitoring überführen, wenn eine saubere Abklärung und Analyse vorgenommen wurde. Das wird seit Jahren gemacht, und man hat immer klar gesehen, dass dies eine saubere Massnahme ist.

Hier, in diesem Fall, war es eine Fehlbeurteilung im juristischen Bereich. Man gewährte dem Täter nämlich aufschiebende Wirkung, und dies hat zu der verheerenden Konsequenz geführt. Aber sol- che Fälle verunmöglichen wir mit der vorliegenden Motion leider überhaupt nicht. Die Problemfälle, die wir jetzt gesehen haben, muss man anders lösen, und ich bin überzeugt, dass wir sie, nach dem Freiburger Fall, anders lösen werden.

Electronic Monitoring ist ein taugliches und kostengünstiges Mittel, insbesondere weil es viele Straf- täter im Gemeinwesen in ihrem Familiensystem belässt und auch weil sie dadurch die ohnehin vol- len Gefängnisse nicht zusätzlich belasten. Das soll hier ausgehebelt werden. Damit schüttet die Motion das Kind mit dem Bad aus. Sie bringt nicht das, was sie fordert, und es ist ein typisches Phänomen, das immer wieder im Grossen Rat und in den Kantonen passiert, wenn ein schreckli- ches Verbrechen geschieht. Aus diesen Gründen wird die glp-CVP-Fraktion der Motion nicht zu- stimmen. Sie bringt nicht, was sie verspricht, und sie desavouiert ein sinnvolles Instrument im Straf- vollzug und spricht ihm die Wirkung ab.

Patrick Gsteiger, Eschert (EVP). L'homicide de cette jeune fille, relaté dans la motion, est drama-

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tique, et c'est un des seuls points pour lesquels nous sommes d'accord avec le duo des motionnai- res. Nous estimons qu'ils auraient au moins pu attendre le résultat de l'enquête pénale et de l'en- quête administrative liées à ce cas, avant de l'utiliser à des fins politiques dans cette motion, pour discréditer une forme d'exécution des peines, qui est, par ailleurs, assortie de mesures d'accompa- gnement, mises en œuvre avec soin et professionnalisme. Le régime d'exécution des peines dont il est question donne plus de chances de réinsertion, cela a été dit à plusieurs reprises, et ceci no- tamment au niveau professionnel, puisque les détenus peuvent continuer d'aller travailler. Donc, ce régime doit être poursuivi. Les motionnaires croient pouvoir définir eux-mêmes des catégories de délits pour lesquels les arrêts domiciliaires sous surveillance électronique doivent être suspendus, et c'est regrettable. Laissons travailler les cantons et laissons travailler la Conférence des directeurs de justice et police. Le parti évangélique dit oui à l'amélioration du système, dit oui, il faut tenir compte des expériences, mais il dit non à cette motion sous la forme proposée.

Philippe Müller, Bern (FDP). Das tragische Ereignis ist nicht geschehen, weil der Täter ein Elect- ronic Monitoring trug, wie der Vorstoss suggeriert. Sondern es ist geschehen, weil man den Täter auf freien Fuss liess. Das hätte man nicht tun sollen. Dieser Entscheid, rauslassen oder nicht, muss sehr sorgfältig getroffen werden, vielleicht gar sorgfältiger als bisher. Es darf nicht mehr vorkom- men, dass jemand, der eine Gefahr darstellt, faktisch in die Freiheit entlassen wird. Die Form der Entlassung in die Freiheit oder Halbfreiheit – sei dies nun Electronic Monitoring, Arbeitsexternat usw. – ist eine Frage, die erst anschliessend zu beantworten ist. Dabei sind ganz andere Kriterien massgebend, unter anderem die Frage der Kosten. Die elektronischen Fussfesseln in einen Zu- sammenhang mit dem erwähnten tragischen Ereignis zu bringen, geht daher an der Sache vorbei.

Im Gegenteil, das Problem wird verniedlicht, indem man vorgaukelt, es sei mit einem Vorstoss lös- bar. Das funktioniert so aber nicht. Die FDP empfiehlt Ihnen darum einstimmig, diesen Vorstoss abzulehnen.

Präsident. Es gibt keine weiteren Fraktionserklärungen und keine Einzelsprechenden. Damit hat Herr Knutti als Motionär noch einmal das Wort, anschliessend der Regierungsrat und danach stim- men wir ab.

Thomas Knutti, Weissenburg (SVP). Danke für die Diskussion. Ich wollte hier die Gelegenheit nutzen und dieses Anliegen beliebt machen, weil die Sicherheit der Bevölkerung für mich ganz klar im Vordergrund steht. Ich bin aus der Bevölkerung angesprochen worden: Wie sieht es eigentlich im Kanton Bern mit elektronischen Fussfesseln aus? Sind da auch Straftäter mit solchen unterwegs?

So ist dieser Vorstoss entstanden.

Vom Grossratskollegen Studer wurden noch die Kosten angesprochen. Das ist für mich kein Argu- ment. Für mich hat ganz klar die Sicherheit erste Priorität und nicht die Kosten. Die Sicherheit von Menschenleben kann man nicht mit Kosten begründen. Vom Grossratskollegen Arnold wurde das Wort «sorgfältig» erwähnt. Electronic Monitoring werde sorgfältig eingesetzt. Aber was heisst sorg- fältig? Es wird nicht ausgeschlossen. Man sieht einem Täter nicht an, was er schlussendlich ma- chen wird, und er hat bereits eine Tat begangen. Grossratskollegin Linder sagte, wir wollten Elect- ronic Monitoring abschaffen. Wir wollen es nicht abschaffen. Wie haben in der Motion ganz klar ge- schrieben «bei schweren Gewaltdelikten», und ich glaube, man kann heute von der Vollzugsbehör- de verlangen, dass sie abschätzen kann, was schwere Gewaltdelikte sind. Philippe Müller sagte vorher noch etwas wegen der Fussfesseln. Laut meinen Informationen hat dieser Täter im Waadt- land seine Fussfesseln abstreifen können. Stellen sie sich vor, wenn in den nächsten zwei Wochen im Kanton Bern etwas Ähnliches geschehen würde. Ich würde jedenfalls die Verantwortung nicht tragen. Ich empfehle Ihnen, diese Motion zu unterstützen.

Hans-Jürg Käser, Polizei- und Militärdirektor. Die Verantwortung trägt ohnehin der Polizeidirek- tor, Herr Knutti. Wir haben in der Regierungsantwort sehr ausführlich dargestellt, was Electronic Monitoring überhaupt ist. Der sehr bedauerliche Fall, den Herr Knutti als Anlass für seine Motion nimmt, hat nur ganz mittelbar mit der Fussfessel etwas zu tun, oder mit der Tatsache, dass der Tä- ter diese abstreifen konnte. Dieser Fall hat vor allem mit dem Entscheid eines Gerichts zu tun. Das war die Ausgangslage. Nun will ich nicht die ganze Antwort der Regierung wiederholen.

Ganz wesentlich ist, dass der Begriff «schweres Gewaltdelikt» nicht als Begriff im strafrechtlichen Sinne irgendwo definiert ist. Die Vollzugsbehörde – im Kanton Bern die Abteilung für Straf- und Massnahmenvollzug der POM – weist einen verurteilten Straftäter entsprechend ein; beziehungs-

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Septembersession 2013 2013.0693 9

weise sie entscheidet, ob er im Front-Door-Bereich seine Strafe mit einer Fussfessel absitzen kann.

Herr Knutti, Sie schreiben in Ziffer 1 «bei sämtlichen schweren Gewaltdelikten (Front Door und Back Door)». Im Front-Door-Bereich gibt es gar keine schweren Gewaltdelikte, wo Fussfesseln zum Ein- satz kommen können. Es handelt sich in den meisten Fällen um die Verurteilung wegen Führens eines Motorfahrzeugs in angetrunkenem Zustand (FiaZ), Strassenverkehrsdelikten etc. Es sind zum Beispiel Vertreter, die während zwei Monaten eine Strafe absitzen müssen. Wenn sie das in Form einer Fussfessel tun, können sie eben gleichzeitig ihre Vertretertätigkeit behalten und beruflich tätig sein. Sie werden und sind nicht stigmatisiert und können nachher ihre Tätigkeit wieder ohne Fuss- fessel übergangslos fortsetzen. Das ist sehr wesentlich für diese Menschen, und es ist auch we- sentlich für die Entlastung der Gefängnisse. Das ist für uns Front Door.

Beim Back Door haben wir die Antworten auch dargestellt. Ich habe gut aufgepasst beim Votum von Herrn Rösti. Es ist jedoch so, dass am Tag x 95 Prozent aller Inhaftierten wieder entlassen wird, wenn sie ihre Strafe verbüsst haben. Auch wenn sie allenfalls keine vorzeitige Entlassung erhielten, sondern bis zum letzten Tag bleiben müssen, werden sie irgendwann entlassen. Die Vorbereitung auf die Resozialisierung macht natürlich Sinn. Deswegen ist die elektronische Fussfessel in der Progression vom Arbeitsexternat zum Wohn- und Arbeitsexternat sehr wohl ein Thema. Wir haben darauf hingewiesen, dass in der Botschaft des Bundesrats zu einer Änderung des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB) vom 4. April 2012 aufgezeigt wird, wie dies zukünftig geregelt werden soll.

Ein weiteres Element ist die Vereinheitlichung und Koordination im Bereich des Electronic Monito- ring in allen Kantonen, welche die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektorinnen und - direktoren (KKJPD) an die Hand genommen hat. Wir hatten gestern eine Sitzung des entsprechen- den Ausschusses. Auch die technische und technologische Entwicklung muss berücksichtigt wer- den. Bisher wurde ein Global Positioning System (GPS) beim Electronic Monitoring noch nicht ein- gesetzt, doch in Zukunft wird es diese Möglichkeit natürlich geben. Dies muss man alles prüfen, damit die Sicherheit gewährleistet ist, denn diese ist absolut der entscheidende Punkt. Da haben wir keine Differenz zu den Motionären. Trotzdem bin ich der Auffassung, dass man auf die Begründun- gen der Regierung gestützt, insbesondere auf das Fazit auf Seite 3, dieser Motion nicht zustimmen soll.

Präsident. Wir kommen zur Abstimmung über die Motion. Wer sie überweisen will, stimmt Ja. Wer sie ablehnt, stimmt Nein.

Abstimmung

Der Grosse Rat beschliesst:

Ablehnung

Ja 29

Nein 91

Enthalten 14

Präsident. Sie haben die Motion abgelehnt.

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