Sprue/Zöliakie
Zu dem Medizinreport „Viele Fälle bleiben unerkannt“ von Dr. med.
Michael Schultz und Dr. med. Claus Hellerbrand in Heft 28–29/2002:
Ergänzungen
Den Autoren ist es zu dan- ken, dass sie auf die vielfälti- gen Probleme der Zöliakie hinweisen. Gleichzeitig erfor- dert der Report aber einige Ergänzungen. So wird nicht erwähnt, dass bereits seit 1990 unter Berücksichtigung der Zöliakie-Serologienicht mehr die Durchführung von insgesamt drei Biopsien der Duodenalschleimhaut (erste Biopsie bei initialer Sympto- matik, zweite Biopsie unter glutenfreier Diät, dritte Biopsie unter Glutenbela- stung), sondern bei Patienten über dem zweiten Lebens- jahr nur noch eineBiopsie im Rahmen der initialen Mani- festation unter glutenhaltiger Kost empfohlen wird; die Einführung der Zöliakie-Se- rologie erübrigt jedoch nicht den Nachweis der Reversi- bilität von klinischen und serologischen Befunden (ESPGHAN-Kritierien). Ba- sierend auf diesem Standard, wurde kürzlich auch die erste Prävalenz-Studie für Deutsch- land durchgeführt.
Der von den Autoren er- wähnte Dot-Blot-Test zum Nachweis von Antikörpern gegen die Gewebstransglut- aminase wurde bisher erst in einer Studie im Jahre 2000 veröffentlicht, in der im Ver- gleich zu den zahlreichen Studien des Endomysium- und inzwischen auch des Transglutaminase-Antikör- pers lediglich 19 unbehandelte Zöliakie-Patienten getestet wurden. In Ermangelung ei- nes Goldstandards in der Zö- liakie-Diagnostik ist es pro- blematisch, Spezifität und Sensitivität von serologi- schen Zöliakie-Assays bei 100 % bzw. 96 % zu bewer- ten.
Um die Frage des „Massen- screenings“ der Zöliakie zu beantworten, muss geklärt werden, welche Komplikatio-
nen der klassischen als auch nicht klassischen Zöliakie- Formen mit der unbehandel- ten Zöliakie zusammenhän- gen und welche durch eine glutenfreie Diät (in welchem Ausmaß) verhindert werden.
Während sekundäre Autoim- munerkrankungen von den Autoren des Medizinreports als „schwere Komplikatio- nen“ bezeichnet werden, er- wähnen die Autoren das bei der unbehandelten Zöliakie vermehrte Krebsrisiko, insbe- sondere die Malignome des Gastrointestinaltraktes einschließlich der progno- stisch ungünstigen T-Zell- Lymphome überhaupt nicht.
Auch andere Komplikationen der Zöliakie wie z. B. Osteo- porose und das bei unbehan- delten Zöliakie-Patientinnen vermehrte Auftreten von In- fertilität, Fehl- und Frühge- burten sind für die Entschei- dung eines generellen Scree- nings der Bevölkerung zu berücksichtigen. Es besteht jedoch Konsens, dass bei ei- ner Reihe von Erkrankungen nach einer Zöliakie serolo- gisch gescreent werden sollte.
Es zählen neben den erwähn- ten Erkrankungen Dermatitis herpetiformis, autoimmune Thyreoiditis als auch Klein- wuchs, Osteoporose, Inferti- lität, neurologische und psychiatrische Erkrankun- gen unklarer Genese dazu.
Literatur beim Verfasser
Prof. Dr. K.-P. Zimmer,Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung e. V., Klinik für Kinderheil- kunde, Universitätsklinikum, Albert- Schweitzer-Straße 33, 48149 Münster
Stellenbörse
Zu dem Beitrag „Werben um den Nachwuchs“ von Tanja Anheier in Heft 30/2002:
Warnung
Ich möchte einmal die Nach- teile bewusst machen, die sich bei der Verwirklichung des Krankenhausabbaus für viele Gruppen der Bevölke- rung und die Struktur der Gemeinden sowie die Um- welt ergeben würden:
Zahlreiche Arbeits- und auch Ausbildungsplätze für Ärzte, Krankenpflegerinnen und -pfleger sowie techni- sches Personal würden verlo- ren gehen. Betreffend die Ausbildungs- bzw. Weiterbil- dungsstellen kann der Wert einer Einführung ins prakti- sche Berufsleben auch als Vorbereitung für eine spätere Selbstständigkeit unter An- leitung und Überwachung er- fahrener Kollegen gar nicht hoch genug eingeschätzt wer- den. Das heißt natürlich nicht, dass nicht in vielen Krankenhäusern die Unter- nehmensstruktur reformbe- dürftig ist in dem Sinne, dass hierarchische Strukturen auf- gelöst und durch bedarfsge- rechte, partnerschaftlich or- ganisierte Strukturen ersetzt werden, wie sie schon viel- fach im Ausland gegeben sind, weshalb auch viele jun- ge deutsche Ärzte dorthin abwandern.
Meiner Ansicht nach muss im ländlichen Bereich bei Städten ab 20 000 Einwohner ein Krankenhaus vor Ort sein, damit sowohl bei Unfäl- len als auch bei anderen Not- fällen eine Rund-um-die- Uhr-Versorgung in kurzer Zeit möglich ist. Hier wurden in Zusammenarbeit mit den Rettungsstationen in den letzten Jahren vorzügliche Strukturen geschaffen.
Für die Infrastruktur der Gemeinden ab einer gewis- sen Größe ist das Vorhan- densein eines Krankenhauses von großer Bedeutung – nicht nur, aber auch wegen der Arbeitsplätze.
Für die Umwelt würde der Verlust von zahlreichen Krankenhausstandorten in unserer mobilen Gesellschaft zwangsläufig unzählige zu- sätzlich gefahrene Kilometer bedeuten (Patienten, Besu- cher, Rettungswagen, Mitar- beiter), das heißt mehr CO2- Ausstoß, noch größeres Ver- kehrschaos.
Ich hoffe, dass sich diesen meinen Überlegungen und Warnungen viele Menschen aus allen Parteien anschlie- ßen werden und eine dage- gensteuernde Bewegung von
zahlreichen Stellen ausgeht, um großes Unglück zu ver- meiden.
Dr. med. Fritz-Karl Hammacher, Blücherstraße 7, 48703 Stadtlohn
Hormonersatz
Zu dem Leserbrief „Über Jahrzehn- te auf Treu und Glauben durchge- führt“ von Prof. Dr. Frank P. Meyer in Heft 34–35/2002:
Lebensqualität beachten
Sicherlich haben die negati- ven Kommentare aus den Medien Unruhe und Ängste bei den Ärzten und Patientin- nen verbreitet, aber man soll- te von Anfang an klarstellen, dass diese HET nicht für alle Frauen geeignet ist. Es gibt kein Medikament, das nur positive Auswirkungen hat.
Nach meiner Meinung ist die WHI-Studie auch falsch in- terpretiert worden. Es gibt doch nicht nur Brustkrebs, wovor wir unsere Patientin- nen schützen müssen, son- dern auch andere Erkran- kungen bzw. Zustände, die wir auch beachten müssen.
Wenn man die absoluten Zahlen der Studie betrachtet, könnte man auch sagen, dass diese für die Hormonthera- pie spricht:
Bei 10 000 Frauen gibt es nach fünf Jahren nur acht Fäl- le (8,08 %) mehr Brustkrebs im Vergleich mit der Placebo- Gruppe, gleichzeitig aber sechs Fälle (0,06 %) weniger bei kolorektalem Karzinom und fünf Fälle (0,05 %) weni- ger an Hüftfrakturen.
Die eventuellen Nebenwir- kungen wie Thrombosen, Herzinfarkte und Schlagan- fälle können auch in Verbin- dung mit der Auswahl der Patientinnen stehen.
Bei diesen kleinen Unter- schieden in den absoluten Zahlen zwischen den Patien- tinnen mit HET und Placebo sollte man auch nicht verges- sen, dass die Lebensqualität eine sehr große Rolle spielt – mit oder ohne Krebs.
Dr. Dr. med. J. R. Wolf, Nordring 30, 50259 Pulheim
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A2850 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 4325. Oktober 2002
B R I E F E