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Archiv "Jüdische Ärzte in der NS-Zeit: Der große Betrug" (27.10.2006)

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A2852 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 43⏐⏐27. Oktober 2006

T H E M E N D E R Z E I T

N

ach dem Auswanderungs- verbot 1941 saßen sie in der Falle, jene altgedienten Sanitätsräte und Ärzte, die das 65. Lebensjahr überschritten hatten und noch in Berlin ausharrten. Sie hatten sich nicht zur Flucht entschließen kön- nen – sei es aus Gebrechlichkeit oder Rücksichtnahme auf den Ehe- partner, aus Unvermögen und Angst vor fremder Sprache oder aus blin- dem Vertrauen in den deutschen Rechtsstaat. Ihre Kinder wussten sie meist in Sicherheit; bisweilen ging ein reger Postverkehr nach Palästina oder in die USA. Als die massenhaf- ten Abtransporte in den Osten anlie- fen, wurde ihnen vorgegaukelt, sie würden ihren Lebensabend in einem Altersheim (Theresienstadt) ver- bringen dürfen. Am 14. September 1942 begann einer von 123 Trans- porten Berliner Juden ins Konzen- trationslager Theresienstadt.*

Ein Smoking und ein Paar Lack- schuhe gehörten zu den letzten Habseligkeiten von Dr. Max Butter- milch. Beides zusammen, abzüg- lich 30 Prozent Händlerrabatt und 7,55 Reichsmark (RM) für die Schätzung des Gerichtsvollziehers Vogel, ergaben am 11. Dezember 1942 einen Reinerlös von 16,10 RM für das Finanzamt Berlin, sprich für das Deutsche Reich. Drei Monate zuvor, im September, war Dr. Buttermilch deportiert worden.

Mit ihm finden sich elf weitere Ärz- te auf der Transportliste des „zwei- ten Alterstransports“ vom 14. Sep- tember, vier davon in Begleitung ihrer Ehefrauen. Beim „dritten Al- terstransport“ vom 3. Oktober 1942

wurden gar 49 Ärztinnen und Ärzte deportiert. Die meisten von ihnen hatten mehrere Jahrzehnte lang eine Kassenpraxis in Berlin geführt (bis spätestens 1938).

Bürokratie der Ausplünderung

Und doch besitzen wir keinerlei Fo- tos, keine persönlichen Dokumente oder Briefe. Allenfalls ihre Disserta- tionen und sonstigen Druckerzeug- nisse haben sich in Bibliotheken er- halten. Wenn man heute im Einzel- fall über jedes Kleidungsstück, über Essbesteck und Hausrat, Gardinen und Gemälde, Möbel und sonstigen Hausrat dieser Ärzte Auskunft ge- ben kann, verdankt man dies der Akribie, mit der die systematische Ausraubung der jüdischen Bevölke- rung betrieben und dokumentiert wurde. Es begann damit, dass Dr.

Buttermilch zugleich mit der Ankün- digung seiner Deportation ein 16 Sei-

JÜDISCHE ÄRZTE IN DER NS-ZEIT

Der große Betrug

Viele glaubten tatsächlich an einen Altersruhestand in Theresienstadt.

Von den zwölf jüdischen Ärzten, die am 14. September 1942 aus Berlin abtransportiert wurden, überlebte keiner das Jahr 1944.

Franz Brenner

* Quellen:

Bundesarchiv Berlin: Transportlisten (Zsg. 138, Bd. 63), Brandenburgisches Landeshauptarchiv Potsdam:

Akten des Oberfinanzpräsidenten (Rep. 36 A II), Yad Vashem: Central Database of Shoah Victims’

Names

Juden aus Deutschland kurz nach ihrer Ankunft im KZ Theresienstadt;

Zeichnung von Fritz Fritta, ent- standen im Sommer 1942

Abblidung: H. G. Adler:

Die verheimlichte Wahr- heit, 1958

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ten umfassendes Formular ins Haus geschickt bekam. Mehr als 80 Fragen waren in dieser „Vermögenser- klärung“ zu beantworten – unter an- derem nach Textilien und Mobiliar ebenso wie nach Bankkonten, Spar- büchern, Kaufverträgen, Schuld- scheinen, Hypothek- und Grund- schuldbriefen, Versicherungspolicen.

Räumung der Wohnungen

Rund 40 000 solcher Erklärungen haben sich in den Akten des Oberfi- nanzpräsidenten von Berlin-Bran- denburg erhalten; die von Max But- termilch datiert vom 1. September 1942, zwei Wochen vor seinem Ab- transport. Zu diesem Zeitpunkt hat- ten die zwölf Ärzte, die am 14. Sep- tember deportiert wurden, ihre Pra- xis längst aufgeben müssen; nur Dr.

Wollsteiner durfte sich bis zuletzt

„Krankenbehandler“ nennen. Im Juni hatte Dr. Buttermilch seine Wohnung räumen müssen: Im Zuge der „Entjudung des Wohnraums“

war er in eine sogenannte Juden- wohnung eingewiesen worden. Dies konnte im Einzelfall ein möbliertes Pensionszimmer oder eine 5-Zim- mer-Wohnung sein, bedeutete aber in jedem Fall – wie schon das Tra- gen des Gelben Sterns – eine tiefe Demütigung und die Zurücklassung von manch lieb gewordenem Haus- stand.

Kurz darauf stand der Transport- termin nach Theresienstadt fest. Dr.

Buttermilch und die anderen wur- den aufgefordert, die Wohnungs- schlüssel zur Übergabe vorzuberei- ten, ebenso ein Reise- und Hand- gepäck bis zu 50 Kilogramm. „Er-

laubt ist ein Coupékoffer und ein Rucksack, der höchstens von der Hüfte bis zur Schulter reicht.“ Fer- ner war ein Umhängeschild „auf hartem Karton“ zu fertigen, das den Namen und die Transportnummer aufführte.

Freilich war im offiziellen Sprach- gebrauch nicht mehr von Abtrans- port und Evakuierung die Rede, sondern – nach einem Erlass des Reichssicherheitshauptamtes – von einer „Wohnsitzverlegung nach Theresienstadt“, jenem ominösen Ort, von dem niemand bisher gehört hatte. Das klang harmlos, nach freundlichen Villen, Hotelpensio- nen und Seniorenheimen – und hat- te doch nur den Zweck, lästige Nachfragen und Eingaben von „ari- schen“ Freunden und Kollegen zu verhindern.

Um den Eindruck zu verstärken, als handele es sich tatsächlich um

ein „Altersheim“, bestand für die Betroffenen die Möglichkeit, einen

„Heimeinkaufsvertrag“ zu unter- zeichnen. Er umfasste ein Eintritts- geld von 2 000 RM und ein Pflege- geld von 250 RM monatlich, wobei nach allgemeiner Lebenserwartung die Vollendung des 85. Lebensjah- res zugrunde gelegt wurde. Im Glauben, ihren Lebensabend damit gesichert zu haben, übereigneten nicht wenige den Rest ihres beweg- lichen Vermögens auf das entspre- chende Sonderkonto der „Reichs- vereinigung der Juden“, die jedoch unter Aufsicht der Gestapo stand und im Juni 1943 aufgelöst wurde.

Max Buttermilch besaß kein Ver- mögen mehr; doch der verwitwete Kollege Dr. Mansbach wies noch am Freitag, 5. September 1942, bei seiner Bank einen Betrag von 32 496 RM an, nicht ahnend, dass er Ende desselben Monats schon nicht mehr leben würde.

Flucht in den Suizid

Die Abholung aus der Wohnung ge- schah in der Regel drei bis acht Ta- ge vor dem eigentlichen Transport und führte zunächst in ein Sammel- lager. Wer keine Vorsorge zum Un- tertauchen getroffen hatte, dem blieb nur der Suizid, um sich dem Abtransport zu entziehen. Zur bes- seren Tarnung erfolgte die Über- führung ins Sammellager durch Mitarbeiter der „Reichsvereinigung der Juden“ (in Begleitung zweier Gestapobeamter) in Möbelwagen, Transportlisten:

Hierauf wurden An- gaben zu den Depor- tierten vermerkt.

Mahnmal Bahn- hof Grunewald:

Von hier starteten in den Jahren 1942–

1945 die 123 Trans- porte aus Berlin ins KZ Theresienstadt.

Foto:Voswinckel

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in denen die alten Leute auf dem Boden hocken mussten. Diese kurv- ten stundenlang durch die Stadt- bezirke, um die Opfer einzusam- meln. Ihr Gepäck hatten die Be- troffenen schon vorher an bestimm- ten Stellen abgeben müssen, wo es nicht selten durchsucht und ausge- plündert wurde. Nicht wenige der zur Deportation Bestimmten führ- ten in diesen Tagen größere Men- gen an Veronal mit sich. So auch der Gynäkologe Dr. Paul-Ludwig Edel aus Schöneberg; er nahm sich am Sonntag, 7. September 1942, das Leben.

Am Montag, 8. September, er- reichten Dr. Buttermilch und Sa- nitätsrat Dr. Cohn mit seiner Frau das Sammellager in der ehemali- gen Synagoge Artilleriestraße. Die Mehrzahl der Ärzte wurde in die Große Hamburger Straße gebracht, wo das jüdische Altenheim als zen- traler Sammelplatz umfunktioniert worden war. Hier hatten die ver- schiedensten Behörden provisori- sche Büros eingerichtet, um den letzten Rest der bürgerlichen Exis- tenz zu vernichten und die Ausrau- bung der verbliebenen Juden zu vollenden: Finanzamt, Arbeitsamt, Einwohnermeldeamt, Ernährungs- amt und andere. Hinter ihren Ti- schen, an denen jeder Transportteil-

nehmer vorbeizugehen hatte, stan- den große Wäschekörbe. Hier lan- deten nicht nur die vorbereiteten Ver- mögenserklärungen, sondern auch Arbeitsbücher, Lohnsteuerkarten, Invalidenkarten, Versicherungspo- licen.

Dann überreichte der eigens be- stellte Gerichtsvollzieher jedem Transportteilnehmer die Verfü- gung, dass sein gesamtes Vermögen

„zugunsten des Deutschen Rei- ches“ eingezogen worden sei. Die Zustellungsurkunden sind gewis- senhaft in den Akten aufbewahrt.

Den nunmehr Enteigneten blieben zuletzt nicht einmal die persönlichs- ten Papiere: Geburts- und Heirats- urkunden, Militärpapiere, Auswei- se, Berufszeugnisse sowie Besitz- zeugnisse für Orden und Ehrenzei- chen mussten an einen jüdischen Treuhänder abgeliefert werden. Da- mit war eine Rückkehr ins bürgerli- che Leben ein für alle Mal ausge- schlossen.

Beinahe täglich Transporte

In den frühen Morgenstunden des 14. September – es war ein Montag – erfolgte der Abmarsch zum An- halter Bahnhof, wo die Züge in Richtung Theresienstadt abfuhren.

Auf den Bahnsteigen und auch in den Sammellagern oblag es den

Helfern der Reichsvereinigung, die zu Deportierenden mit Lebensmit- teln, Getränken und Proviant zu versorgen. Eine der Helferinnen, Herta Pineas, schilderte später die Situation. Gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Neurologen Dr.

Hermann Pineas, überlebte sie in der Illegalität; beide emigrierten 1945 in die USA.

„Für jedesmal ungefähr 1 000 Menschen schnitten, schmierten und verpackten wir tagelang [Bro- te], verteilten sie am Zug, gossen Kaffee und Suppe aus. Wir ver- schafften dazu Gefäße, brachten Wasser, halfen das Gepäck suchen.

Wir fanden meist nur einen Bruch- teil, das meiste hatte die Gesta- po bereits im Sammellager be- halten. [...] Ich sah auch den Ab- transport der jüdischen Gemeinde- angestellten mit Hannah Kamins- ki; die moralische Größe dieser Menschen war überwältigend. Die anderen Transportler aber waren schon durch das Sammellager stig- matisiert, verstört, heruntergekom- men, überanstrengt, manche ir- gendwie befreit, daß es weiter- ging, die wenigsten klar über ihr Schicksal.“ (3)

123 Transporte gingen von Berlin nach Theresienstadt, der erste am 2. Juni 1942, der letzte am 27. März 1945. Nach einer offiziellen The- resienstädter Statistik wurden mehr als 15 000 Juden aus Berlin in die- ses sogenannte Altersgetto depor- tiert; nur etwa zwölf Prozent über- lebten. Rein zahlenmäßig erreichte die Deportation im Herbst 1942 ihren Höhepunkt, als beinah täglich weitere Transporte aus dem Altreich

FORSCHUNGSPROJEKT

Seit Juli 2005 wird das Projekt „Anpassung und Ausschaltung – Die Berliner Kassenärztliche Vereinigung im Nationalsozialismus“, finanziell unterstützt vom Deutschen Ärzte-Verlag, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, der Bundes- ärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin sowie Privatspenden, durchgeführt. Hierbei wird zum einen die Institution der Berliner Kassenärztlichen Vereinigung erforscht, zum anderen wird ein Gedenkbuch für die Berliner jüdi- schen Kassenärzte erstellt. „Der große Betrug“ ist ein Forschungsergebnis dieses auf drei Jahre konzipierten Projektes.

Die für das Gedenkbuch erstellte Datenbank besteht mittlerweile aus 1 981 Namen Berliner jüdischer Kassenärzte. Unter ihnen sind viele Ärzte, die in Kon- zentrationslager deportiert wurden. Im Unterschied zu gut dokumentierten einzel- nen (Emigrations-)Schicksalen, wie etwa dem von Dr. Arthur Jacobsohn (DÄ, Heft 11/2006), gibt es von den Deportierten kaum persönliche Zeugnisse oder gar Fotos, sondern allenfalls amtliche Daten und Zahlen, Adressen, Berufsangaben – und eben jene erschreckenden Dokumente der „Entsiedelung“ und „Vermögens- verwertung“.

Abblidlung:H.G.Adler,Die verheimlichte Wahrheit

So erreicht uns Ihre Spende:

Konto KV Berlin Nr. 040 100 3917 Deutsche Apotheker- und Ärztebank BLZ 100 906 03 (Stichwort: Forschungsprojekt)

Theresienstadt wurde Ende des 18.

Jahrhunderts als ei- ne Festungsanlage von Kaiser Joseph II. erbaut. Nach der Besetzung Böh- mens und Mährens errichteten die Na- tionalsozialisten dort ein Konzentra- tionslager. Ab No- vember 1941 diente Theresienstadt als Sammel- und Durchgangslager für die jüdische Be- völkerung Böhmens und Mährens. Seit 1942 wurden Juden aus Deutschland in das Lager depor- tiert.

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und aus Österreich im überfüllten Theresienstadt eintrafen.

Manche Ankömmlinge, so schil- dert der Theresienstadt-Chronist H.

G. Adler, fragten manchmal schon auf dem Bahnhof oder in der

„Schleuse“, ob ein oder zwei Zim- mer für sie reserviert wären, oder wünschten sich Südseite und einen Balkon. Sie zeigten Bestätigungen über große Beträge, selbst über 500 000 RM, mit denen sie sich für einen lebenslänglichen Aufenthalt samt Verpflegung in Theresienstadt eingekauft hatten. „Nun hockten und lagen sie in einer der vielen stinkenden ,Schleusen‘, in stickig feuchten Kasematten oder auf stau- bigen Dachböden, unbarmherzig der dumpfen Sommerglut preisge- geben.“ (2)

Keiner der Ärzte überlebte

Der ehemalige Häftling und Histo- riker Miroslav Kárný erinnert sich:

„Kaum vorstellbare drastische Sze- nen spielten sich ab, wenn die völ- lig desorientierten deutschen Juden mit ihrem 50 Kilogramm schweren Gepäck, in das sie oft Sachen einge- packt hatten, die für das Lagerleben auf geradezu groteske Weise un- brauchbar waren, auf dem Bahnhof

von Bauschowitz ausstiegen und die zweieinhalb Kilometer nach Theresienstadt zu Fuß zurücklegen mussten. Dort wurden sie in keinem Kurhaus, sondern in Kasematten oder auf Dachböden untergebracht, und zum Essen bekamen sie etwas Kaffee-Ersatz und eine Scheibe Brot. Die Ernüchterung war grau- envoll. Viele ertrugen diese Situati- on nicht, sie brachen physisch und psychisch zusammen. Auf einen Theresienstädter Häftling entfiel im August 1942 einschließlich Dach- böden und Kasematten nur 1,6 Qua- dratmeter Fläche. Zum Schlafen, zum Leben, zum Tod. Grauenhaft waren die sanitären und hygieni- schen Bedingungen. Vor Aborten und Latrinen standen Tag und Nacht lange Schlangen. Es verbrei- teten sich Epidemien und Darm- krankheiten.“ (5) Binnen weniger Wochen waren sieben der zwölf Ärzte vom September-Transport verstorben; keiner überlebte das Jahr 1944. Sie starben nicht durch Gas oder Gewehrkugel, sondern durch den Entzug der Menschen- würde. Adler resümiert: „Was jenen Greisen in Theresienstadt zugemu- tet wurde, verträgt keine Steige- rung, solange noch Leben in einem

Leibe wohnt, denn die Steigerung des Leides ist keineswegs der Tod, sondern das einem lebenden Men- schen angetane Maß an Erniedri- gung und Beleidigung.“

Vermögensreste werden verwertet

Ungerührt und bürokratisch nahm unterdessen in der Hauptstadt Ber- lin die Verwertung des Raubguts ihren Lauf. Zwei Tage nach Abgang des Transports, am 16. September 1942, übersandte die Gestapo die Transportliste zusammen mit den Vermögenserklärungen an den Ober- finanzpräsidenten. Dessen „Vermö- gensverwertungsstelle“ war fortan mit der Abwicklung der leer stehen- den Wohnungen betraut. Minutiös wurden die Forderungen der Ge- richtsvollzieher, der Vermieter, der Hausbesitzer (wegen Schönheitsre- paraturen), der Finanzämter (Steu- ervorauszahlungen) und anderes er- füllt. Schließlich wurde das verblie- bene Inventar an die „Zweckge- meinschaft Gebrauchtwarenhandel“

gemeldet, deren Händler die Gegen- stände gewissenhaft quittierten und die Wohnungen leer räumten. So konnte der Oberfinanzpräsident am 11. Dezember die Meldung an den Generalbauinspektor für die Reichs- hauptstadt, Albert Speer, schicken, dass die Wohnung des Juden Max Buttermilch nunmehr geräumt sei.

❚Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2006; 103(43): A 2852–6

LITERATUR

1. Adler HG: Die verheimlichte Wahrheit. The- resienstädter Dokumente, Tübingen 1958.

2. Adler HG: Theresienstadt 1941–1945. Das Antlitz einer Zwangsgemeinschaft. Tübin- gen 1960; 108.

3. Benz W (Hrsg.): Die Juden in Deutschland 1933–1945. München 1988; 676.

4. Gottwaldt A, Schulle D: Die „Judendeporta- tionen“ aus dem Deutschen Reich 1941–1945. Wiesbaden 2005.

5. Kárný M: Theresienstadt 1941–1945. In:

Theresienstädter Gedenkbuch. Prag 2000;

15–40.

Anschrift für den Verfasser Dr. phil. Rebecca Schwoch

Institut für Geschichte und Ethik der Medizin Martinistraße 52

20246 Hamburg

GEDENKVERANSTALTUNG

Am 5. November findet in der Neuen Synagoge in Berlin eine Gedenkveranstaltung für die während des Nationalsozialismus vertriebenen und ermordeten jü- dischen Ärzte statt. Daran teilnehmen wird auch Eva Tucker, Enkelin von Dr. med. Felix Opfer (1865–

1943), der 1942 gemeinsam mit seiner Ehefrau Doris nach Theresienstadt deportiert wurde. Der Berliner Felix Opfer praktizierte seit 1905 als Allgemeinarzt, später als Urologe in der Friedrichstraße. Bis 1938

konnte Opfer seine Praxis weiterführen; dann wurde ihm die Approbation entzo- gen. Wenig später wurde er aus seiner großen Wohnung in der Friedrichstraße vertrieben. Die Familie bekam ein kleinere Wohnung im „jüdischen Viertel“ in Berlin-Schöneberg zugewiesen. Tochter Margot emigrierte mit der 1929 gebore- nen Enkelin Eva im Februar 1939 nach London. Die Schriftstellerin Eva Tucker hat ihre erschütternden Erlebnisse in „Special Expressions“ sowie in dem auto- biografischen Roman „Berlin Mosaic“ (beide 2005) verarbeitet.

Eva Tucker: Special Expressions. A Jewish Childhood, in: Jarman, Peter/Tucker, Eva (Hg.):

Patterns And Examples: Experiencing the Spirit of Other Faiths, William Sessions Limited 2005, S. 141-8.

dies.: Berlin Mosaic, London: Starhaven 2005.

Dr. med. Felix Opfer, auf dem Arm seine 1929 geborene Enkelin Eva

Foto:privat

Referenzen

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