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Archiv "Wirksamkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Akupunktur – Ein Modellvorhaben mit der Techniker Krankenkasse: Mängel" (23.06.2006)

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(1)

Fragen zu Wirksamkeit und Sicher- heit. Die Fragen zur Wirksamkeit wur- den in den randomisierten, kontrol- lierten Studien (Komponenten I und II) untersucht, wohingegen die Beob- achtungsstudie in Komponente III die Abbildung der Routineversorgung zum Ziel hatte.

Dies ist in unserem Artikel deutlich beschrieben; Einzelpublikationen der detaillierten Studienergebnisse wur- den zitiert. Wir sind daher irritiert, dass Prof. Weber und Dr. Bärenz of- fensichtlich einen Teil der Komponen- te III – die so genannte „Basisdoku- mentation“, in der lediglich eine sehr begrenzte Dokumentation durch den Arzt erfolgte – als Versuch zur Bele- gung der Wirksamkeit fehlinterpretie- ren. Die von den Kollegen genannten Kritikpunkte sind für die kontrollier- ten Studien der Modellvorhaben schlicht unzutreffend.

Prof. Baust stellt in pointierter Wei- se zwei fundamentale Fragen, die sich für den skeptischen Beobachter aus den Resultaten ergeben. Er interpre- tiert dabei die Ergebnisse der rando- misierten Studien, in denen Akupunk- tur und Minimalakupunktur vergli- chen wurde, offensichtlich als Beleg dafür, dass die registrierten deutlichen Verbesserungen – abgesehen von der Indikation Gonarthrose – lediglich

„Placeboeffekte“ sind.

Das Problem bei dieser Interpreta- tion ist, dass es nicht nur in unseren Studien Belege dafür gibt, dass die

„Placebowirkungen“ der Akupunktur offensichtlich stärker ausgeprägt sind als die anderer Therapieformen. In den GERAC-Studien aus dem Mo- dellvorhaben der AOK war die Aku- punktur bei Migräne genauso wirksam wie eine medikamentöse Prophylaxe.

Bei Rücken- und bei Gonarthrose- schmerzen war die Behandlung mit Akupunktur und die Therapie mit Sham-Akupunktur einer leitlinienba- sierten Standardtherapie sogar über- legen (1–3).

Eine leitlinienbasierte Standardthe- rapie wird von den Kassen erstattet.

Wir finden es daher durchaus ange- bracht, zumindest ernsthaft zu diskutie- ren, ob eine Therapie, die mindestens genauso effektiv ist, bezahlt werden sollte.

Aus unserer Sicht ist es die primäre Aufgabe der Versorgung, effektiv zu sein, nicht ein wissenschaftliches Er- klärungsmodell zu liefern.

Statt die Effekte der Akupunktur als „eingebildete Heilung“ abzutun (1), sollten wir – wie im Leserbrief von Dr. Fässler zum Modellvorhaben der TK angeregt – die faszinierenden Er- gebnisse der Modellvorhaben zur Akupunktur zum Anlass nehmen, die Auswirkungen von vermeintlich „un- spezifischen“ Faktoren ernster zu neh- men, besser zu untersuchen und in der medizinischen Versorgung bewusst zu nutzen.

Aus unseren Ergebnissen allgemein abzuleiten, dass eine Akupunkturaus- bildung unnötig ist, halten wir aller- dings für voreilig, auch wenn die Studi- en der Modellvorhaben insgesamt für einen allenfalls kleinen zusätzlichen punktspezifischen Effekt der gewähl- ten Akupunktur bei den untersuchten Indikationen sprechen.

Literatur

1. Hackenbroch V: Die eingebildete Heilung. Der Spie- gel 2004; Heft 44: 196–98.

2. Gerac – Die ersten Ergebnisse zu den Indikationen

„chronischer Kreuzschmerz“ und „chronischer Knie- schmerz“. www.gerac.de.

3. Diener HC, Kronfeld K, Boewing G, Lungenhausen M, Maier C, Molsberger A, Tegenthoff M, Tram- pisch HJ, Zenz M, Meinert R for the GERAC Migraine Study Group: Efficacy of acupuncture for the pro- phylaxis of migraine: a multicentre randomised con- trolled clinical trial. Lancet Neurology 2006 (online first March 2, 2006; DOI: 10.1016/S1474-4422(06) 70382-9)

Dieter Melchart Andrea Streng Andrea Hoppe

Wolfgang Weidenhammer Klaus Linde

Zentrum für naturheilkundliche Forschung II. Medizinische Klinik und Poliklinik Technische Universität München Kaiserstraße 9

80801 München

Die Autoren aller Diskussionsbeiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Internatio- nal Committee of Medical Journal Editors besteht.

M E D I Z I N

A

A1750 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 25⏐⏐23. Juni 2006

Mängel

Um heute noch eine therapeutische Me- thode der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) anwenden zu wollen, wären sicher wissenschaftliche For- schungen erforderlich. Jedoch, dass ge- setzliche Krankenkassen ausgerechnet auf dem Gebiet der alternativen Me- dizin medizinische Forschungen finan- zieren, lässt vermuten, dass es sich bei dieser Aktion um eine Marketingmaß- nahme im Kampf um heiß umworbene Kassenmitglieder handelt. So sind alle Beteiligten (Ärzte, Patienten, Gesell- schaften für Akupunktur beziehungs- weise für TCM, Krankenkassen) schon vorher von der Wirksamkeit der Aku- punktur überzeugt.

Bei der Auswahl der Vergleichsgrup- pen ist eine Randomisierung allein nicht ausreichend, wenn statistische Beweise der Homogenität der Vergleichsgruppen fehlen.Was heißt „teilweise verblindet“?

Es gibt keine Angaben über Art und Verteilung der „Routineversorgung“

der Patienten in den Vergleichsgruppen.

Durch Fragebogenaktionen kann man vielleicht nicht bezweifelte unspezifische Effekte der Akupunktur bestätigen, aber keine objektiven Wirkungen nach- weisen. Wie ungenau diese Auswertun- gen waren, zeigen zum Beispiel Angaben

zu dem Beitrag

Wirksamkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Akupunktur

Ein Modellvorhaben mit der Techniker Krankenkasse von

Dr. med. Claudia M. Witt Dr. med. Benno Brinkhaus Dipl.-Psych. Susanne Jena Dipl.-Kauf. Dagmar Selim Dr. med. Christoph Straub Prof. Dr. med. Stefan N. Willich in Heft 4/2006

DISKUSSION

(2)

über Häufigkeiten der Nebenwirkun- gen. Entweder die Befragungen der Pati- enten durch Ärzte waren unpräzise oder Patientenangaben wurden ignoriert. Al- lein die Tatsache, dass trotz unterschied- licher Stichtiefe zwischen Akupunktur- gruppe und Minimalakupunkturgruppe keine signifikanten Wirkungsunterschie- de festgestellt wurden, beweist die Un- wirksamkeit der Akupunktur nach der TCM bei den untersuchten Diagnosen.

Die Ineffektivität des „Modellvorha- bens“ wird verdeutlicht durch zwiespäl- tige Formulierungen in der Auswertung.

Einerseits wird geschlussfolgert, die Akupunktur sei eine sichere und wirksa- me Behandlungsmethode. Andererseits wird bestätigt, dass der Gesamteffekt der Akupunktur einen „hohen Anteil unspezifischer Effekte“ beinhaltet. Es wird betont, dass die Akupunktur „zu ei- ner deutlichen Kostensteigerung führt“, aber dennoch durch Anwendung speku- lativer Kalkulationen gefolgert, dass „so- mit zusätzliche Argumente für die Er- stattung der Akupunktur“ durch gesetz- liche Krankenversicherungen geliefert wurden. Genau das vermittelt die vorlie- gende Studie nicht.

Dr. sc. med. Klaus Richter Salanderweg 5, 12685 Berlin

Keine ehrlichen Antworten

Die Autoren schildern die Ergebnisse der deutschen ART-Studien zur Wirk- samkeit der Akupunktur und stellen fest, dass zwar Verum- und Sham- (Minimal-/oberflächliche-)Akupunktur besser als die Therapie der Vergleichs- gruppen (Wartelistekontrollen) wirkten – bis auf eine Ausnahme (Gonarthro- seschmerzen) –, aber die Verum- der Sham-Akupunktur nicht überlegen war.

Nach sechs beziehungsweise zwölf Mo- naten zeigten sich gar keine signifikan- ten Unterschiede mehr zwischen der Verum- und der Sham-Akupunktur- gruppe in allen vier Diagnosekollekti- ven.

Bei diesen „Blind“-studien kam es aber im Oktober 2003 leider zu vorzeiti- gen detaillierten Veröffentlichungen der geheimen Studiendesigns sowohl in Zeitschriften (1, 2) als auch im Internet (3). Selbst in den Summaries findet man

entblindende Informationen („minimal acupuncture“) (3). Die Internetquellen waren nicht durch einen Doc-Check- Zugang geschützt, mithin hatten auch Probanden Zugang. Durch diese Veröf- fentlichungen konnten sich Probanden über das Studiendesign, inklusive aller verwendeten Akupunkturpunkte, ge- nauestens informieren.

Die Lage von Akupunkturpunkten können aber selbst Laien mit öffentlich und kostenlos zugänglichen Informa- tionen und Bildern aus dem Internet leicht bestimmen. Ob oberflächlich oder tief gestochen wurde, konnte jeder Teilnehmer spüren oder durch einfa- ches Hinschauen leicht erkennen. Diese Probanden waren danach selbstver- ständlich entblindet.

Deshalb können alle Teile der ART- Studien, die nach den entblindenden Veröffentlichungen stattfanden, nicht mehr als Blindstudien gelten. Pro- banden der Sham-Akupunkturgruppe könnten sich aus Frustration, zu dieser Gruppe zu gehören, unerlaubt – und ohne Mitteilung an den Prüfarzt – Zu- satztherapien, auch auf Krankenversi- chertenkarte, besorgt und dadurch ihren Therapieerfolg wesentlich ver- bessert haben. Scheinbares Ergebnis:

Sham-Akupunktur wirkt genau so gut wie Verum-Akupunktur.

Überdies durften auch Personen mit Akupunkturvorerfahrung teilnehmen, die leicht zwischen Verum- und Sham- Akupunktur unterscheiden konnten.

Auch diese Sham-Probanden hatten die Möglichkeit durch Zusatztherapien

„heimlich“ ihre Schmerzen zu verrin- gern. Ehrliche Antworten auf die Ent- blindungsfrage waren dann natürlich nicht mehr zu erwarten.

Literatur

1. Brinkhaus B, Becker-Witt C, Jena S et al.: Acupuncture randomized trials (ART) in patients with chronic low back pain and osteoarthritis of the knee – design and protocols. Forsch Komplementärmed Klass Natur- heilkd 2003; 10: 185–91.

2. Melchart D, Linde K, Streng A et al.: Acupuncture ran- domized trials (ART) in patients with migraine or ten- sion-type headache – design an protocols. Forsch Komplementärmed Klass Naturheilkd 2003; 10:

179–84.

3. www.content.karger.com/ProdukteDB/produkte.asp?

Doi=73474; www.content.karger.com/ProdukteDB/

produkte. asp?Doi=73473 Dr. med. Dieter Wettig

Erlkönigweg 8, 65199 Wiesbaden-Dotzheim

Denkanstoß

Die Autoren räumen ein, dass die ein- trägliche Wirksamkeit der Akupunk- tur höchstwahrscheinlich auf unspezi- fische Effekte zurückzuführen ist, zu- mindest zu einem großen Teil. Hof- fentlich ist dies ein Anlass für viele Ärzte, mal wieder (oder endlich ein- mal) über die eigenen klinischen Fähigkeiten im Umgang mit Patienten nachzudenken. Wie vermag ich mit meinem Verhalten und meinen the- rapeutischen Optionen unspezifische positive Effekte bei meinen Patienten zu erzeugen? Eine hervorragende Pu- blikation von Kaptchuk (1) fasst die Forschung und Therorien auf dem Ge- biet der unspezifischen Effekte zu- sammen.

Generell sollten wir Ärzte davon ab- kommen, nur diejenigen Therapien anzuerkennen und anzuwenden, von denen eine Spezifität, das heißt eine in- trinsische Wirksamkeit, in wissenschaft- lichen Untersuchungen gezeigt wurde.

Ansonsten würden wir unseren Pa- tienten viele wirksame und oft neben- wirkungsarme Therapieoptionen vor- enthalten und sie damit nicht optimal versorgen. Dies gilt vor allem bei Ge- sundheitsstörungen, für die es keine oder nur wenig überzeugende wissen- schaftlich fundierte Behandlungen gibt.

Die klinische Relevanz von unspezifi- schen Therapieeffekten sollte von uns nicht länger unterschätzt werden.

In der randomisierten Teilstudie der Ersatzkassen, die Metoprolol mit Akupunktur bei Migränepatienten verglich, hätte man unspezifische Ef- fekte besser kontrollieren (balancie- ren) können, indem man der Metopro- lolgruppe zusätzlich eine Scheinaku- punktur und der Akupunkturgruppe zusätzlich Placebotabletten gibt. Dann hätte es in der Metoprololgruppe wahrscheinlich auch weniger Thera- pieabbrecher gegeben.

Literatur

1. Kaptchuk TJ: The placebo effect in alternative medi- cine: can the performance of a healing ritual have clinical significance? Ann Intern Med 2002; 136:

817–25.

Dr. med. Margrit Fäßler Meggendorfer Straße 60 80992 München M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 25⏐⏐23. Juni 2006 AA1751

Referenzen

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