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Archiv "Akupunktur bei chronischen Schmerzen – Ergebnisse aus dem Modellvorhaben der Ersatzkassen: Schlusswort" (23.06.2006)

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(1)

Zweifel

Obwohl oder weil ich seit 25 Jahren akupunktiere, habe ich gediegene Zweifel an dem Optimismus, der in diesen Artikeln ausgedrückt wurde. Im Sinne einer evidenzbasierten Medizin können die Ergebnisse der Modellvor- haben der Kassen nicht interpretiert werden. Nur die TK hatte eine Kon- trollgruppe, die so genannte „Warteli- stenkontrolle“.

Die Studie war so angelegt, dass diese Gruppe von vornherein sehr viel kleiner als die Verumgruppe ausfallen musste. Die anderen Ersatzkassen hat- ten gar keine Kontrollgruppen vorge- sehen. Weiter wurde die Evaluation vom Behandler selbst vorgenommen.

Und der stützte sich auf die subjektive Einschätzung des Patienten („ja ja, Doktor, ist schon besser . . .“). Nur ein gewisser Prozentsatz der überwiegend hausärztlichen Patienten würde dem Arzt des Vertrauens schonungslos ins Gesicht sagen, dass seine Bemühun- gen umsonst waren.

Freilich ist nicht zu übersehen, dass es vielen Patienten nach der Aku-

punkturbehandlung besser geht – sub- jektiv, versteht sich. Dies darf durch- aus als Erfolg gesehen werden – nur eben nicht als Beweis der Effizienz ei- ner Methode.

Initiatoren und Geldgeber der Mo- dellvorhaben waren die Kassen. Fra- gen wir uns also zunächst nach deren Interessen, so wie wir das bei der Phar- maindustrie auch tun müssen.

Dr. med. Albrecht Bärenz Facharzt für Allgemeinmedizin

Akupunktur – Chirotherapie – Homöopathie Gassbacherweg 28

64689 Grasellenbach

Bekannte Ergebnisse

Die mit großem Aufwand erstellte Studie kommt zu den gleichen Ergeb- nissen wie Untersuchungen aus dem Jahre 1978 (1) nämlich, dass hinsicht- lich des Therapieerfolges bei der Mi- gräne eine Nadelung an Placebopunk- ten einer solchen an echten Punkten ebenbürtig ist.

In der sehr kritischen Diskussion am Ende der Arbeit von Melchart et al. vermisse ich allerdings zwei wesent- liche Gesichtspunkte:

> Wieso erwägen die Gesetzlichen Krankenversicherungen die Aufnah- me einer Placebobehandlung in ihren Leistungskatalog?

>Wieso sollen Ärzte an Seminaren und Kursen zwecks Erwerb eines Aku- punktur-Diploms teilnehmen, wenn es doch für die Wirksamkeit völlig gleich- gültig ist, wie und wohin man sticht?

(Man könnte nach der vorliegenden Studie allenfalls bei der Behandlung der Gonarthrose eine Ausbildung for- dern.)

Einzige Voraussetzung für das Tä- tigwerden als Akupunkturarzt ist le- diglich die Beachtung der Asepsis, was ja für jeden Arzt selbstverständ- lich ist.

Literatur

1. Baust W, Stürtzbecher KH: Die Akupunkturbehand- lung der Migräne im Doppelblindversuch. Med Welt 1978; 29; 669–73.

Prof. Dr. med. Walter Baust Kurt Schumacher Straße 29 26131 Oldenburg E-Mail: WBaust@nwn.de

Offene Fragen

Dieses Modellvorhaben der Ersatz- krankenkassen wirft bereits Fragen auf, wenn man die Auswahl der Patien- ten betrachtet.

In meiner rein schmerztherapeu- tisch ausgerichteten Praxis erfuhr ich von circa zehn in Behandlung befindli- chen Patienten von der Teilnahme an einer „Akupunkturstudie“. Aus dem Gedächtnis merke ich dazu an:

>Alle Mitteilungen erfolgten zufäl- lig; ich vermute eine Dunkelziffer.

Ebenso nehme ich an, dass es sich um die Studie in dem Artikel handelt.

> Nahezu alle Patienten wurden von Mitarbeitern der Kasse angespro- chen, an der Untersuchung teilzuneh- men. Hier dominierten Argumente wie „. . . es kostet Sie ja nichts“; „. . . es kann nichts schaden“.

>Von den mir bekannten Akupunk- tur-durchführenden Ärzten hat sich meines Wissens kein einziger mit Schmerztherapie beschäftigt.

> Nicht in einem einzigen Fall er- folgte die Rückfrage nach der lau- fenden Schmerztherapie. Ein Teil der Patienten hat von sich aus dem Akupunkturarzt darüber berichtet;

diese Hinweise wurden offenbar igno- riert.

> In keinem Fall führte die Aku- punktur zu einer Verbesserung der Leiden, die eine Veränderung/Beendi- gung der Schmerztherapie ermöglicht hätte.

Es fällt schwer, bei diesem Studien- beginn einen aussagefähigen Ausgang anzunehmen. Meine Bedenken rich- ten sich nicht gegen die Akupunktur per se, sondern gegen jeglichen An- spruch solcher Untersuchungen auf Seriosität.

Prof. Dr. med. Friedemann Weber Dresdner Straße 5 a

01968 Großkoschen

Schlusswort

Im Rahmen der wissenschaftlichen Begleitung des Modellvorhabens der Ersatzkassen wurde eine Reihe un- terschiedlicher Studiendesigns ein- gesetzt, um Fragen zur Versorgungs- realität ebenso zu beantworten wie M E D I Z I N

Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 25⏐⏐23. Juni 2006 AA1749

zu dem Beitrag

Akupunktur bei

chronischen Schmerzen

Ergebnisse aus dem Modellvorhaben der Ersatzkassen

von

Priv.-Doz. Dr. med.

Dieter Melchart

Dr. rer. nat. Andrea Streng Andrea Hoppe

Dipl.-Oecotroph.

Susanne Jürgens

Dr. phil. Dr. rer. biol. hum.

Wolfgang Weidenhammer Priv.-Doz. Dr. med. Klaus Linde in Heft 4/2006

DISKUSSION

(2)

Fragen zu Wirksamkeit und Sicher- heit. Die Fragen zur Wirksamkeit wur- den in den randomisierten, kontrol- lierten Studien (Komponenten I und II) untersucht, wohingegen die Beob- achtungsstudie in Komponente III die Abbildung der Routineversorgung zum Ziel hatte.

Dies ist in unserem Artikel deutlich beschrieben; Einzelpublikationen der detaillierten Studienergebnisse wur- den zitiert. Wir sind daher irritiert, dass Prof. Weber und Dr. Bärenz of- fensichtlich einen Teil der Komponen- te III – die so genannte „Basisdoku- mentation“, in der lediglich eine sehr begrenzte Dokumentation durch den Arzt erfolgte – als Versuch zur Bele- gung der Wirksamkeit fehlinterpretie- ren. Die von den Kollegen genannten Kritikpunkte sind für die kontrollier- ten Studien der Modellvorhaben schlicht unzutreffend.

Prof. Baust stellt in pointierter Wei- se zwei fundamentale Fragen, die sich für den skeptischen Beobachter aus den Resultaten ergeben. Er interpre- tiert dabei die Ergebnisse der rando- misierten Studien, in denen Akupunk- tur und Minimalakupunktur vergli- chen wurde, offensichtlich als Beleg dafür, dass die registrierten deutlichen Verbesserungen – abgesehen von der Indikation Gonarthrose – lediglich

„Placeboeffekte“ sind.

Das Problem bei dieser Interpreta- tion ist, dass es nicht nur in unseren Studien Belege dafür gibt, dass die

„Placebowirkungen“ der Akupunktur offensichtlich stärker ausgeprägt sind als die anderer Therapieformen. In den GERAC-Studien aus dem Mo- dellvorhaben der AOK war die Aku- punktur bei Migräne genauso wirksam wie eine medikamentöse Prophylaxe.

Bei Rücken- und bei Gonarthrose- schmerzen war die Behandlung mit Akupunktur und die Therapie mit Sham-Akupunktur einer leitlinienba- sierten Standardtherapie sogar über- legen (1–3).

Eine leitlinienbasierte Standardthe- rapie wird von den Kassen erstattet.

Wir finden es daher durchaus ange- bracht, zumindest ernsthaft zu diskutie- ren, ob eine Therapie, die mindestens genauso effektiv ist, bezahlt werden sollte.

Aus unserer Sicht ist es die primäre Aufgabe der Versorgung, effektiv zu sein, nicht ein wissenschaftliches Er- klärungsmodell zu liefern.

Statt die Effekte der Akupunktur als „eingebildete Heilung“ abzutun (1), sollten wir – wie im Leserbrief von Dr. Fässler zum Modellvorhaben der TK angeregt – die faszinierenden Er- gebnisse der Modellvorhaben zur Akupunktur zum Anlass nehmen, die Auswirkungen von vermeintlich „un- spezifischen“ Faktoren ernster zu neh- men, besser zu untersuchen und in der medizinischen Versorgung bewusst zu nutzen.

Aus unseren Ergebnissen allgemein abzuleiten, dass eine Akupunkturaus- bildung unnötig ist, halten wir aller- dings für voreilig, auch wenn die Studi- en der Modellvorhaben insgesamt für einen allenfalls kleinen zusätzlichen punktspezifischen Effekt der gewähl- ten Akupunktur bei den untersuchten Indikationen sprechen.

Literatur

1. Hackenbroch V: Die eingebildete Heilung. Der Spie- gel 2004; Heft 44: 196–98.

2. Gerac – Die ersten Ergebnisse zu den Indikationen

„chronischer Kreuzschmerz“ und „chronischer Knie- schmerz“. www.gerac.de.

3. Diener HC, Kronfeld K, Boewing G, Lungenhausen M, Maier C, Molsberger A, Tegenthoff M, Tram- pisch HJ, Zenz M, Meinert R for the GERAC Migraine Study Group: Efficacy of acupuncture for the pro- phylaxis of migraine: a multicentre randomised con- trolled clinical trial. Lancet Neurology 2006 (online first March 2, 2006; DOI: 10.1016/S1474-4422(06) 70382-9)

Dieter Melchart Andrea Streng Andrea Hoppe

Wolfgang Weidenhammer Klaus Linde

Zentrum für naturheilkundliche Forschung II. Medizinische Klinik und Poliklinik Technische Universität München Kaiserstraße 9

80801 München

Die Autoren aller Diskussionsbeiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des Internatio- nal Committee of Medical Journal Editors besteht.

M E D I Z I N

A

A1750 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 25⏐⏐23. Juni 2006

Mängel

Um heute noch eine therapeutische Me- thode der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) anwenden zu wollen, wären sicher wissenschaftliche For- schungen erforderlich. Jedoch, dass ge- setzliche Krankenkassen ausgerechnet auf dem Gebiet der alternativen Me- dizin medizinische Forschungen finan- zieren, lässt vermuten, dass es sich bei dieser Aktion um eine Marketingmaß- nahme im Kampf um heiß umworbene Kassenmitglieder handelt. So sind alle Beteiligten (Ärzte, Patienten, Gesell- schaften für Akupunktur beziehungs- weise für TCM, Krankenkassen) schon vorher von der Wirksamkeit der Aku- punktur überzeugt.

Bei der Auswahl der Vergleichsgrup- pen ist eine Randomisierung allein nicht ausreichend, wenn statistische Beweise der Homogenität der Vergleichsgruppen fehlen.Was heißt „teilweise verblindet“?

Es gibt keine Angaben über Art und Verteilung der „Routineversorgung“

der Patienten in den Vergleichsgruppen.

Durch Fragebogenaktionen kann man vielleicht nicht bezweifelte unspezifische Effekte der Akupunktur bestätigen, aber keine objektiven Wirkungen nach- weisen. Wie ungenau diese Auswertun- gen waren, zeigen zum Beispiel Angaben

zu dem Beitrag

Wirksamkeit, Sicherheit und Wirtschaftlichkeit der Akupunktur

Ein Modellvorhaben mit der Techniker Krankenkasse von

Dr. med. Claudia M. Witt Dr. med. Benno Brinkhaus Dipl.-Psych. Susanne Jena Dipl.-Kauf. Dagmar Selim Dr. med. Christoph Straub Prof. Dr. med. Stefan N. Willich in Heft 4/2006

DISKUSSION

Referenzen

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