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Archiv "Reanimation: Weniger Depressionen bei Angehörigen, die zusehen" (19.08.2013)

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A 1562 Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 33–34

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19. August 2013

STUDIEN IM FOKUS

Ein lokal begrenztes Prostatakar- zinom kann man radikal operieren oder bestrahlen. Zum Vergleich dieser beiden Therapiestrategien bezüglich des Überlebens gibt es derzeit keine guten Vergleichsda- ten. Die Wahl der Therapie richtet sich daher häufig nach den zu erwartenden funktionellen Ergeb- nissen, die bisher aber nur für relativ kurze Nachbeobachtungs- zeiten bekannt waren. Da die me- diane Lebenserwartung dieser Pa- tienten bei immerhin knapp 14 Jah - ren liegt, sind die 15-Jahres- Resultate der US-amerikanischen Prostate Cancer Outcomes Study (PCOS) interessant, die jüngst veröffentlicht wurden: Von 1 655 Männern, bei denen 1994 oder 1995 im Alter von 55–74 Jahren ein Prostatakarzinom diagnosti- ziert worden war, hatten sich 1 164 einer radikalen Operation und 491 einer definitiven Strah- lentherapie unterzogen. Der funk- tionelle Status wurde zwei, fünf und jetzt 15 Jahre nach der Dia - gnose erhoben.

Kurz- bis mittelfristig war die Bestrahlung bei Blasen- und sexu- eller Funktion überlegen: Harnin- kontinenz war 2 Jahre nach einer Operation mehr als sechsmal und nach 5 Jahren immer noch mehr als fünfmal häufiger als nach Strah- lentherapie, erektile Dysfunktion etwa dreieinhalbmal bzw. etwa zweimal so häufig. Umgekehrt hat- ten die Patienten 2 Jahre nach der Bestrahlung etwa zweieinhalbmal und nach 5 Jahren ungefähr zwei- mal so häufig erhöhten Stuhldrang wie nach Operation. Nach 15 Jah- ren waren die Unterschiede bei al- len Symptomen verschwunden, je- doch hatten zu diesem Zeitpunkt alle Teilnehmer in diesen funktio- nellen Domänen Einbußen zu be- klagen – vermutlich aufgrund des dann meist fortgeschrittenen Al- ters, aber möglicherweise wegen

zusätzlicher onkologischer Thera- pien.

Fazit: Bei diesen krankheitsspezifi- schen funktionellen Ergebnissen gibt es mittelfristig Unterschiede zwischen Operation und Strahlen- therapie, die sich aber nach 15 Jah- ren nivelliert haben. Diese Daten sollten mit dem Patienten diskutiert werden, der vor der Wahl der Be- handlungsmethode steht. Mögli- cherweise sind die Angaben über die organspezifischen Beschwerden nach 2 und 5 Jahren für den einen oder anderen hilfreich bei der Ent- scheidungsfindung. Josef Gulden Resnick MJ, et al.: Long-term functional out- comes after treatment for localized prostate cancer. NEJM 2013; 368: 436–45.

LOKAL BEGRENZTES PROSTATAKARZINOM

Operation und Bestrahlung langfristig ähnlich effektiv

Etwa 600 000 Menschen pro Jahr sterben an plötzlichem Herztod.

Häufig sind Angehörige beim Er- eignis anwesend und rufen den Not- arzt. Bei der Reanimation werden sie jedoch oft weggeschickt. In ei- ner prospektiven Studie wurde nun untersucht, ob es für die Angehöri- gen besser ist, wenn sie zusehen.

15 Rettungsteams wurden betei- ligt. Randomisiert boten 8 Teams den Angehörigen von Patienten mit Herzstillstand an, bei der Wiederbe- lebung anwesend zu sein. Die übri- gen Teams führten die Einsätze wie üblich durch: Sie bildeten die Kon- trollgruppe. Pro Notfall wurde ein Angehöriger beurteilt. 90 Tage nach dem Ereignis wurden die insgesamt 570 Angehörigen telefonisch mit Hilfe strukturierter Bogen befragt.

Primärer Endpunkt war der Anteil der Angehörigen mit posttraumati- schen Belastungsstörungen (PTBS) an Tag 90. Zu den sekundären End-

punkten gehörten Angst und De- pression und der Einfluss der An- wesenheit der Familienmitglieder auf die medizinische Versorgung und Rettungsteams.

In der Interventionsgruppe wa- ren 211 von 266 (79 %), in der Kontrollgruppe 131 von 304 Ange- hörigen (43 %) bei Wiederbele- bungsmaßnahmen dabei. PTBS waren in der Kontrollgruppe signi- fikant häufiger als in der Interven- tionsgruppe (adjustierte Odds Ra- tio [OR] 1,7; p = 0,004) und bei Angehörigen, die die Wiederbele- bungsmaßnahmen nicht sahen, im Vergleich zu den Angehörigen, die sie direkt verfolgten (adjustierte OR 1,6; p = 0,02). Zeugen der Re- animation entwickelten seltener Angst und Depression. Die An - wesenheit der Angehörigen hatte keinen Einfluss auf die Wieder - belebungsmaßnahmen, auf das Pa- tientenüberleben oder den Stress REANIMATION

Weniger Depressionen bei Angehörigen, die zusehen

GRAFIK

Sexuelle Funktion in der gesamten Kohorte (höhere Scores zeigen bessere Funktion an)

Score

Baseline 6 Mona

te 12 Monate

24 Monate

5 Jahre

15 Jahr e Balken zeigen Spannbreiten an

modifiziert nach: NEJM 2013; 368: 436–45

Radiotherapie Prostatektomie 100

90 80 70 60 50 40 30 20 10 0

M E D I Z I N R E P O R T

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des Rettungsteams. Möglicherweise vermittelt die Anwesenheit beim Reanimationsversuch Angehörigen im Todesfall das Gefühl, dass alles Mögliche getan wurde, um den Kranken zu retten.

Fazit: Angehörige, die bei einem nicht erfolgreichen Reanimations- versuch anwesend waren, leiden später seltener unter PTBS, unter Angst und Depression. Der Stress für das Rettungsteam erhöht sich durch die Anwesenheit nicht. „Die Ergebnisse sind sehr erfreulich“, kommentiert Prof. Dr. med. Bernd W. Böttiger, Direktor der Klinik für Anästhesiologie und Operative In- tensivmedizin an der Universitäts-

klinik Köln. „Die Studie bestätigt unsere bisherigen Vermutungen und eine entsprechende vorsichtige Empfehlung in internationalen Leit - linien.“ Eine weitere interessante Fragestellung wäre nach Meinung von Böttiger, ob die aktive Teil - nahme von Angehörigen an der Reanimation einen noch stärkeren positiven Effekt auf die psychische Belastung der Angehörigen habe.

Schließlich erhöhe der Beginn von Reanimationsmaßnahmen durch Angehörige die Überlebensrate um das Zwei- bis Dreifache.

Dr. rer. nat. Susanne Heinzl

Jabre P, Belpomme V, Azoulay E, Jacob L, et al.: Family presence during cardiopulmonary resuscitation. NEJM 2013; 368: 1008–18.

Die gastrointestinalen und vaskulä- ren Nebenwirkungen von nichtste- roidalen Antiphlogistika (NSAID) wurden in einer Metaanalyse von 639 randomisierten klinischen Stu- dien mit 353 389 Teilnehmern neu untersucht. In den Studien wurden Coxibe vs. Placebo oder vs. NSAID (inklusive Ibuprofen, Diclofenac und Naproxen) untersucht, aber auch verschiedene NSAID unter - einander und Coxibe im Vergleich.

Die Rate schwerwiegender vas- kulärer Ereignisse (nichttödliche Herzinfarkte oder Schlaganfälle oder kardiovaskulär verursachter Tod) war bei Coxiben um 37 % er- höht (Hazard Ratio [HR] 1,37;

95-%-Konfidenzintervall [KI] 1,14–

1,66; p = 0,0009) und bei Diclofe- nac um 41 % (HR 1,41; 95-%-KI

1,12–1,78, p = 0,0036). Das Risiko für schwere koronare Ereignisse (nichttödlicher Myokardinfarkt oder Herztod) war unter Ibuprofen um das Doppelte erhöht (HR 2,22;

95-%-KI 1,10–4,48; p = 0,0253).

Ausnahme war Naproxen (HR 0,93; 95-%-KI 0,69–1,27; p = 0,0187). Es könnte möglicherweise eine ähnlich protektive Wirkung ha- ben wie ASS und war das einzige untersuchte NSAID, für das keine signifikant erhöhte Rate von vasku- lären Todesfällen gefunden wurde.

Die Substanz erhöht jedoch, wie al- le anderen NSAID, das Risiko für Herzinsuffizienz. Außerdem erwies sich Naproxen bei den gastrointesti- nalen Komplikationen, darunter die gefürchteten Blutungen, als das ris- kanteste NSAID.

Den Autoren zufolge kommen auf 1 000 Patienten mit einem mitt- leren kardialen Ausgangsrisiko, die ein Jahr lang mit einem hochdo - sierten NSAID (außer Naproxen) behandelt wurden, drei schwere kardiovaskuläre Ereignisse, eines davon tödlich. Auf 1 000 Patienten mit mittlerem Ausgangsrisiko für gastrointestinale Komplikationen kommt es während eines Jahres – je nach NSAID – zu 4 bis 16 gastro - intestinalen Komplikationen, die meisten unter Naproxen. Bei mitt - lerem Ausgangsrisiko liegt die Zehnjahreswahrscheinlichkeit für kardiovaskuläre oder gastrointesti- nale Komplikationen bei 4–19 %.

Fazit: „Die Ergebnisse dieser um- fangreichen, akribischen und vom Ansatz her überzeugenden Analyse sind als endgültig ansehen, denn bald sind alle NSAID patentfrei und da- mit für eine industriegeförderte For- schung nicht mehr attraktiv“, kom- mentiert Prof. em. Dr. med. Kay Bru- ne vom Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie der Universität Erlangen. Die Studie er- laube einige wichtige Schlüsse: „Ei- ne Erhöhung des Schlaganfallrisikos ist für keinen der Zyklooxygenase- hemmer nachweisbar, vorausgesetzt, der Blutdruck ist im Normbereich.

Alle erhöhen das Risiko von Magen- Darm-Blutungen und -Perforatio- nen, am stärksten Ibuprofen und Naproxen, am wenigsten Diclofenac und Coxibe. Mit einer Ausnahme, nämlich hochdosiertes Naproxen (≥ 1 g/Tag), erhöhen alle NSAID das Herzinfarktrisiko, aber auch Napro- xen fördert, wie alle anderen Me - dikamente der Substanzklasse, das Auftreten von Herzinsuffizienz“, re- sümiert Brune. „Als Wirkstoffklasse werden die NSAID weiterhin an der Spitze der Verordnungen rangieren.“

Sichere, wirksame Alternativen seien nicht in Sicht. „Es bleibt also nur, für jeden Patienten die beste Substanz zu finden und sie bedarfsorientiert do- siert anzuwenden.“ Rüdiger Meyer Coxib and traditional NSAID Trialists’ Collabo- ration: Vascular and upper gastrointestinal effects of non-steroidal anti-inflammatory drugs: meta-analyses of individual participant data from randomised trials. Lancet 2013;

e-pub before print: http://dx.doi.org/

10.1016/S0140–6736(13)60900–9 NICHTSTEROIDALE ANTIPHLOGISTIKA

Erhöhtes Herzinfarktrisiko bei Langzeitanwendung

GRAFIK

Absolute jährliche Ereignis- und Komplikationsrate bei der Einnahme von Coxiben

hrliches zusätzliches Risiko r Ereignis oder Komplikation (pro 1 000 Patienten)

schwere vaskuläre Ereignisse Komplikationen im unteren Gastrointestinaltrakt tödlich

tödlich + nichttödlich

modifiziert nach: Lancet 2013; doi.org/10.1016/S0140–6736(13)60900–9

20 15 10 5 0

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