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örgeräte sind eine wich- tige Lebenshilfe, aber Menschen, die auf sie angewiesen sind, klagen häu- fig über zu geringen Benut- zerkomfort. Die häufigen Fehlfunktionen von Hörgerä- ten sind ein Grund, die sozia- le Stigmatisierung durch die deutlich sichtbare Hörhilfe ist ein weiterer Grund, der viele Patienten veranlaßt, das Gerät nicht zu benutzen.Ein erster Schritt Seit Jahren versuchen Me- diziner daher die Vision vom voll implantierbaren Hör- gerät in die Praxis umzuset- zen. Mit den mittlerweile gän- gigen Cochlea-Implantaten ist ein erster Schritt in diese Richtung getan. Doch erst die Fortschritte in der Medizin- technik lassen die Vision so allmählich zur realistischen Perspektive werden.
Die am weitesten fortge- schrittene Entwicklung von miniaturisierten Cochlea-Im- plantaten stellten Wissen- schaftler der Technischen Universität Wien jetzt im Rahmen einer Sonderschau
„Medizintechnik“ auf der Kunststoffmesse, der „K 98“ , in Düsseldorf vor.
Herzstück des Systems ist ein optoelektronischer Sen- sor, der in das Ohr einge- pflanzt werden soll. „Anders als mit herkömmlichen aku- stischen Mikrofonen können wir mit so einem Sensor die Schwingungen des Ohrknö-
chelchens berührungsfrei mes- sen“, erläutert Professor Ru- dolf Pawelka von der TU Wien einen der Vorteile des Systems. Wie ein Wurmfort- satz befindet sich am Ende des Sensors eine winzige Lichtfaser, die als eine Art
Tast-Sonde Schwingungen re- gistriert. Auf diese Weise sol- len die Leistungen gegenüber heutigen Hörgeräten deutlich verbessert werden. Messun- gen im Frequenzbereich zwi- schen 150 und 10 000 Hertz bei einer Amplitude von 100
Piccometern bis hin zu fünf Nanometern soll das implan- tierbare Hörgerät ermögli- chen. „Was wir dann hätten, wäre HiFi-Qualität im Ohr“, erhofft sich Rudolf Pawelka.
Bis dahin ist es allerdings durchaus noch ein weiter
Weg. Zwar ist es den For- schern in Zusammenarbeit mit der Firma Battenfeld jetzt gelungen, ein Kunststoffge- häuse für die Lichtfaser zu entwickeln, das in bislang un- bekannte Dimensionen vor- dringt. Nur 0,0022 g wiegt das winzige Sensorgehäuse aus Polycarbonat und kann trotz- dem im Mikrospritzgußsy- stem vollautomatisch gefer- tigt werden.
Kooperation Doch bei der notwendigen Miniaturisierung der zentra- len Prozessorelemente gibt es noch viel zu tun. Was einmal als Chip ins Ohr gepflanzt werden soll, hat heute noch die Größe einer Zigarrenki- ste. Ohne Kooperation mit Unternehmen aus der Wirt- schaft wird das implantierbare Hörgerät wohl eine Wunsch- vorstellung bleiben, weiß auch Professor Pawelka. Dennoch ist er optimistisch, in den näch- sten Jahren entsprechende Partner finden zu können. An- gesichts der deutlich verbes- serten Hörqualität seien auch die nicht unbeträchtlichen Ko- sten von geschätzt 30 000 DM pro Implantat durchaus zu vertreten. Kay Müllges
A-3231 Deutsches Ärzteblatt 95,Heft 50, 11. Dezember 1998 (59)
V A R I A TECHNIK FÜR DEN ARZT
Implantierbares Hörgerät
Hören in HiFi-Qualität
Ein Modell des noch in der Entwicklung befindlichen im- plantierbaren Hör- gerätes, das Wis- senschaftler der TU- Wien auf der Messe
„K 98“ in Düssel- dorf im Rahmen einer Sonderschau präsentierten.
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