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«Sondersession zur Finanzpolitik»

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Academic year: 2022

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Drastische Ver- schlechterung der Haushaltsperspekti- ven durch massive Mindereinnahmen und Mehrbelastun- gen ab dem Jahr 2012

«Sondersession zur Finanzpolitik»

ERKLÄRUNG

des Regierungsrates des Kantons Bern an den Grossen Rat

Sehr geehrter Herr Grossratspräsident

Sehr geehrte Damen und Herren Grossrätinnen und Grossräte

Der Grosse Rat hat in der Junisession 2011 beschlossen, eine Sondersession zum Thema Finanzpolitik durchzuführen.

Im Vordergrund stehen dabei die Debatte über die Volksinitiative «Faire Steuern – für Familien», die Verabschiedung des Voranschlags 2012, die Kenntnisnahme des Auf- gaben-/Finanzplans 2013-2015 sowie die Behandlung von zahlreichen Vorstössen im Zusammenhang mit der Finanzpolitik.

1. Finanzpolitische Entwicklung

Der Kanton Bern hat in den vergangenen Jahren eine erfolgreiche Finanzpolitik betrie- ben. Nachdem die Staatsrechnung des Kantons Bern im Jahr 1997 letztmals ein nega- tives Rechnungsergebnis auswies, wurden in der Folge bis heute in der Laufenden Rechnung immer positive Rechnungsergebnisse erzielt. Gleichzeitig konnten die Steu- ern gesenkt und Schulden abgebaut werden.

In der Zwischenzeit hat sich die finanzpolitische Ausgangslage des Kantons Bern dras- tisch verändert. Bereits der durch den Regierungsrat vor einem Jahr verabschiedete Aufgaben-/Finanzplan für die Jahre 2012-2014 sah Defizite und Finanzierungsfehlbe- träge im Umfang von jährlich über CHF 400 Millionen vor. Diese Prognosen ergaben sich trotz den vom Regierungsrat bereits in den Jahren 2009 und 2010 im Hinblick auf das Jahr 2012 unternommenen grossen Anstrengungen mit Haushaltsentlastungen von über CHF 300 Millionen pro Jahr. Hauptursache der negativen Perspektiven ab dem Jahr 2012 stellten die Mindereinnahmen aus der vom Grossen Rat in der März- session 2010 verabschiedeten Steuergesetzrevision in der Höhe von CHF 200 Millio- nen sowie die Zusatzbelastungen als Folge der Revision des Krankenversicherungs- gesetzes und der Neuordnung der Pflegefinanzierung im Umfang von rund CHF 300 Millionen pro Jahr dar.

Anfang 2011 zeichneten sich weitere Haushaltsverschlechterungen ab dem Jahr 2012 ab: Aufgrund der Annahme des Volksvorschlags zur Senkung der Motorfahrzeugsteu- ern (Ertragsausfall von rund CHF 100 Mio.) sowie der drohenden Mindereinnahmen bei den Gewinnanteilen an der Schweizerischen Nationalbank (drohende Ertragsaus- fälle bis zu CHF 209 Mio.) sah sich der Regierungsrat zu Beginn der Planungsarbeiten mit Fehlbeträgen in der Grössenordnung von CHF 600 bis CHF 800 Millionen konfron- tiert. Zu den hohen Fehlbeträgen trug auch der gegenüber der bisherigen Planung deutlich angestiegene Investitionsbedarf bei.

(2)

Bisherige finanzpoli- tische Position des Regierungsrates

Dem Regierungsrat gelang es schliesslich, mit den im Rahmen des Entlastungspakets 2012 und im diesjährigen Hauptverfahren zur Erarbeitung des Voranschlags 2012 und Aufgaben-/ Finanzplans 2013-2015 beschlossenen Massnahmen das Defizit und die Neuverschuldung auf ein aus seiner Sicht vertretbares Mass zu begrenzen.

Es ist dem Regierungsrat ein wichtiges Anliegen, nachstehend dem Grossen Rat noch einmal die Überlegungen, die ihn zur Einnahme seiner bisherigen Haltung (Inkaufnah- me eines klar begrenzten Defizits, resp. einer klar begrenzten Neuverschuldung) be- wogen haben, darzustellen:

• Auf der einen Seite galt es im diesjährigen Planungsprozess zu vermeiden, dass der Kanton Bern in eine Defizit- bzw. Schuldenspirale – ähnlich wie in den neunzi- ger Jahren – gerät. Das Abgleiten in eine solche wäre mit sehr hohen Risiken ver- bunden (starke Schuldenzunahme, höhere Passivzinsen, weitere Zunahme des bereits grossen Lohnrückstands beim Personal, Einschränkung der finanzpoliti- schen Handlungsfähigkeit, sinkende Standortattraktivität aufgrund drohender Steuererhöhungen, etc.). Dieses Szenario galt es nach Auffassung des Regie- rungsrates auch unter dem Aspekt einer nachhaltigen Entwicklung unbedingt zu vermeiden.

• Auf der anderen Seite war der Regierungsrat bislang aber auch der Ansicht, dass unter Berücksichtigung der finanzpolitischen Erfolge der vergangenen Jahre zum aktuellen Zeitpunkt nicht mit überhasteten Aktionen irreparable politische Schäden angerichtet werden sollten, welche den Wirtschafts-, Bildungs- und Lebensstand- ort Kanton Bern nachhaltig schädigen, indem das staatliche Leistungsangebot zu stark reduziert wird.

• Unter diesem Blickwinkel diskutierte der Regierungsrat bei der Erarbeitung des Entlastungspakets auch Massnahmen, welche er aus politischen Überlegungen zurzeit jedenfalls ablehnt und welche er – ohne dass der Kanton Bern im Rech- nungsvollzug tatsächlich einmal ein Defizit ausweist – als politisch nicht mehrheits- fähig betrachtete.

• Gleichzeitig betonte der Regierungsrat regelmässig, dass er bereit sei, im Rahmen des finanzpolitischen Planungsdialogs mit der Finanzkommission weitere Mass- nahmen zur Begrenzung der ab dem Jahr 2012 drohenden Defizite und Neuver- schuldung zu diskutieren. Im Vordergrund stehe für ihn in einem ersten Schritt aber die vollumfängliche Umsetzung des Entlastungspaktes 2012.

• Daneben vertrat der Regierungsrat die Auffassung, Massnahmen, welche über das vorgelegte Entlastungspaket 2012 hinausgehen, erst dann vorzusehen wenn sich nach dreizehn Jahren mit positiven Rechnungsabschlüssen erstmals Rech- nungsergebnisse ergeben, welche zu einer Neuverschuldung führen.

• Der Regierungsrat sah im Übrigen vor, in den ersten Wochen des Jahres 2012 ei- ne erneute umfassende finanzpolitische Auslegeordnung auf der Basis des Rech- nungsergebnisses 2011, der Signale aus der Haushaltsdebatte 2011 des Grossen Rates sowie der bis dahin gegenüber der nun vorliegenden Planung bereits fest- stehenden Veränderungen vorzunehmen. Sollte sich zu diesem Zeitpunkt eine er- neute Verschlechterung der finanzpolitischen Situation gegenüber dem nun vorlie- genden Zahlenwerk von Voranschlag 2012 und Aufgaben-/Finanzplan 2013-2015 abzeichnen, schloss der Regierungsrat weitere Sparanstrengungen nicht aus, darunter auch solche, die er bisher abgelehnt hatte.

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Differenz zum Antrag der Finanzkommissi- on: Keine Kürzung der Nettoinvestitio- nen im Voranschlag 2012

«Budgetkompro- miss» als Ergebnis eines intensiven Dialogs mit der Fi- nanzkommission

2. Budgetkompromiss für den Voranschlag 2012

Aufgrund der schwierigen finanzpolitischen Situation und der unterschiedlichen politi- schen Haltungen zum Voranschlag 2012 haben in den vergangenen Wochen ausser- halb der ordentlichen Fristen Kontakte zwischen der Finanzkommission und dem Re- gierungsrat stattgefunden. Dabei betonte der Regierungsrat, dass er bereit sei, im Rahmen des finanzpolitischen Planungsdialogs mit der Finanzkommission weitere Massnahmen zur Begrenzung der ab dem Jahr 2012 drohenden Defizite und Neuver- schuldung zu diskutieren.

Im Rahmen dieses intensivierten Dialogs ist es im Hinblick auf die Haushaltsdebatte in der Novembersession aus Sicht des Regierungsrates gelungen, einen «Budgetkom- promiss» zu finden.

Dieser umfasst die folgenden Elemente:

• Kürzung des Voranschlags 2012 der Justiz um CHF 2,28 Millionen (gemäss An- trag der Finanzkommission im Bericht vom 31. Oktober 2011)

• Berücksichtigung der Mehrerträge aus Motorfahrzeugsteuern im Zahlenwerk des Voranschlags 2012 aufgrund der späteren Inkraftsetzung (1.1.2013) des Gesetzes zur Besteuerung der Strassenfahrzeuge

• Kürzung des Lohnsummenwachstums um 0,2 Prozent

• Weitere gesamtstaatliche Haushaltsentlastungen in der Laufenden Rechnung im Umfang von CHF 17 Millionen

• «Budgetmotion» der Finanzkommission, welche vom Regierungsrat bei einem all- fälligen Ausbleiben der budgetierten Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank im Budgetvollzug 2012 Entlastungen im entsprechenden Umfang verlangt.

Zusätzlich zu den vorstehenden Elementen beantragt die Finanzkommission dem Grossen Rat eine Kürzung der Nettoinvestitionen um CHF 50 Millionen. Im Interesse des Ganzen ist der Regierungsrat bereit, auch im Investitionsbereich zusätzliche Massnahmen vorzusehen, welche zu einem besseren Ergebnis im Voranschlag 2012 führen.

Anders als die Finanzkommission schlägt der Regierungsrat indessen vor, nicht eine Kürzung des Investitionsvolumens, sondern eine zusätzliche Entnahmen aus dem Fonds zur Deckung von Investitionsspitzen im Umfang von CHF 50 Millionen vorzu- nehmen. Die zusätzliche Fondsentnahme von CHF 50 Millionen wird im gleichen Jahr abgeschrieben und erhöht somit die Abschreibungen um diesen Betrag. Dadurch er- höht sich die Selbstfinanzierung um CHF 50 Millionen. Bei unveränderten Nettoinvesti- tionen ergibt sich so eine Verbesserung des Finanzierungssaldos um CHF 50 Millio- nen. Damit wird der von der Finanzkommission gewünschte Effekt erreicht.

Der Regierungsrat nimmt diese Haltung vor dem Hintergrund des auch im Voranschlag 2012 unverändert hohen Investitionsbedarfs im Kanton Bern ein. Daneben erachtet der Regierungsrat die Kürzung der Nettoinvestitionen um CHF 50 Millionen im Hinblick auf die bis zur Umsetzung des Voranschlags 2012 verbleibende knappe Zeitspanne als anspruchsvoll. Gerade die Planung und Realisierung von Bauprojekten benötigt eine lange Vorlaufzeit. Eine kurzfristig beschlossene Kürzung von Nettoinvestitionen ist deshalb kaum möglich (u.a. auch aufgrund von vertraglichen Abmachungen).

Es erscheint dem Regierungsrat wichtig, an dieser Stelle noch darauf hinzuweisen, dass er – auch wenn er seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise die Einnahme

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Grosse finanzpoliti- sche Unsicherheiten im Hinblick auf den Budgetvollzug 2012

Regierungsrat lehnt nicht nachhaltig finan- zierte Steuersenkun- gen ab.

einer kürzerfristigeren finanzpolitischen Optik gegenüber der Öffentlichkeit kommuni- zierte – die mittel- bis langfristigen finanzpolitischen Perspektiven nie aus den Augen verloren hat. Die vorstehenden Ausführungen belegen das ein weiteres Mal.

Dies äussert sich zudem beispielsweise in der Erarbeitung des Entlastungspaketes 2012, welches massgeblich dazu beitragen hat, dass die noch im Aufgaben-/Finanz- plan 2012-2014 ausgewiesene Neuverschuldung von durchschnittlich CHF 415 Millio- nen pro Jahr im Aufgaben-/Finanzplan 2013-2015 um über CHF 150 Millionen auf durchschnittlich CHF 262 Millionen pro Jahr reduziert werden konnte.

Die kürzerfristigere Finanzpolitik ist aber nicht zuletzt auch Ausfluss der Schulden- bremse für die Laufende Rechnung, welche im Voranschlag kein Defizit in der Laufen- den Rechnung zulässt und so in Zeiten knapper Finanzen (wie nach der Finanz- und Wirtschaftskrise) den Regierungsrat in ein sehr enges, teilweise kurzfristig angelegtes, finanzpolitisches Korsett zwingt.

3. Finanzpolitischer Ausblick

Der Regierungsrat ist sich bewusst, dass der Finanzhaushalt auch mit der Umsetzung des Entlastungspaketes 2012 und der von ihm erhofften Zustimmung zum Budget- kompromiss mittelfristig noch immer ein Ungleichgewicht aufweist. Der aktuelle Aufga- ben-/Finanzplan für die Jahre 2013 bis 2015 sieht in der Laufenden Rechnung Defizite von insgesamt über einer halben Milliarde, resp. eine Neuverschuldung von gegen CHF 800 Millionen vor. Umso wichtiger ist in dieser Situation, dass die Massnahmen des Entlastungspaketes wie durch den Regierungsrat geplant umgesetzt werden kön- nen. Andernfalls führt dies zu einer zusätzlichen Verschlechterung der finanzpoliti- schen Perspektiven.

Kurz- und mittelfristig bleiben die finanzpolitischen Unsicherheiten hoch. Insbesondere die konjunkturelle Entwicklung wird durch den Regierungsrat genau beobachtet. Sollte der von den führenden Konjunkturforschungsinstituten prognostizierte Abwärtstrend eintreffen, so wird sich dieser relativ rasch auf die Steuereinnahmen der juristischen Personen auswirken.

Daneben bleibt nach wie vor ungewiss, ob der Kanton Bern im Jahr 2012 eine Ge- winnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank (SNB) erhält. Ebenfalls noch mit Fragezeichen behaftet sind die konkreten finanziellen Auswirkungen der Umsetzung der Teilrevision des Bundesgesetzes vom 18. März 1994 über die Krankenversiche- rung (KVG-Revision).

Weitere Unsicherheiten bestehen aber auch über den Ausgang der Wiederholung der Abstimmung über die Besteuerung der Strassenfahrzeuge sowie der beiden Volksiniti- ativen «Faire Steuern – für Familien» und «Schluss mit gesetzlicher Verteuerung der Wohnkosten für Mieter und Eigentümer». Je nach Ausgang dieser Abstimmungen, verändern sich auch die finanzpolitischen Rahmenbedingungen für den Kanton Bern erheblich.

Vor dem Hintergrund der im Aufgaben-/Finanzplan 2013-2015 ausgewiesenen Defizite und Neuverschuldung sowie der vorstehend beschriebenen finanzpolitischen Risiken, lehnt der Regierungsrat nicht nachhaltig finanzierte Steuersenkungen ab. Der Regie- rungsrat unterstützt in diesem Zusammenhang auch die Stossrichtung der Initiative

«Faire Steuern - für Familien». Aus finanzpolitischen Gründen ist es richtig, dass die mit der Steuergesetzrevision 2011/2012 beschlossenen Steuersenkungen teilweise rückgängig gemacht werden sollen.

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Finanzpolitische Lagebeurteilung im Frühjahr 2012

Der Regierungsrat wird in den ersten Wochen des Jahres 2012 eine umfassende fi- nanzpolitische Auslegeordnung auf der Basis des Rechnungsergebnisses 2011, der Signale aus der Haushaltsdebatte 2011 des Grossen Rates sowie der bis dahin ge- genüber der nun vorliegenden Planung bereits feststehenden Veränderungen vorneh- men. Insbesondere wird der Regierungsrat zu diesem Zeitpunkt auch definitiv wissen, ob der Kanton Bern für das Jahr 2012 eine Gewinnausschüttung der Schweizerischen Nationalbank aus deren Geschäftsergebnis 2011 erhält oder nicht. Auf der Basis die- ser Auslegordnung wird er das weitere Vorgehen in Bezug auf die Fortsetzung der Finanzpolitik festlegen. In diesem Zusammenhang wird er auch prüfen, inwieweit allen- falls weitere Massnahmen zur Entlastung des Finanzhaushaltes ergriffen werden müs- sen.

Bern, 23. November 2011 / 1979 Im Namen des Regierungsrates:

Der Präsident: Pulver

Der Staatsschreiber: Nuspliger

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