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Archiv "Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen: „Silikon ist einer der bestuntersuchten Stoffe“" (09.05.1997)

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ährlich werden in Deutschland et- wa 13 000 Brustimplantate ver- kauft, von denen zirka 15 Prozent für ästhetische Zwecke zur Brust- augmentation benutzt werden. Die Mehrzahl dieser Frauen leidet unter einer Involutionsmammahypoplasie nach Schwangerschaften. Zirka 11 000 Patientinnen erhalten die Sili- konprothesen zum Wiederaufbau der Brust nach deren Amputation wegen eines Karzinoms, also zur Korrektur einer Verstümmelung.

Diese Frauen werden seit 1992 re- gelmäßig wiederkehrend durch Laien- nachrichten in den Medien, aber auch durch Ärzte verschiedener Fachrich- tungen verunsichert, die in unter- schiedlicher Gewichtung behaupten, daß Silikon Immunerkrankungen, Er- krankungen des Bindegewebssystems und sogar Krebs verursache. Verein- zelte anekdotische Berichte hatten da- mals die amerikanische Gesundheits- behörde (FDA) veranlaßt, die Medi- zinindustrie und Wissenschaftswelt aufzufordern, die Unbedenklichkeit der Silikonprodukte nachzuweisen.

Anekdotische Hinweise

Bis dieses geschehen sei, sollten Silikonprothesen nur zur Brustrekon- struktion nach Amputation benutzt werden, weil zur notwendigen Korrek- tur dieser Verstümmelung die Operati- onstechniken mit körpereigenem Ge-

webe eine ungleich höhere Komplika- tions- und Morbiditätsrate hatten. Es wurde daraufhin eine von der FDA kontrollierte Studie in Gang gesetzt, an welcher Patientinnen teilnehmen konnten und können, die ausdrücklich keine kochsalzgefüllten, sondern sili- kongelgefüllte Prothesen für den Brustwiederaufbau haben wollten. Bis heute werden in dieser Studie mehr als 25 000 Implantate kontrolliert.

Innerhalb der ersten dreieinhalb Jahre der Studie wurden weniger als 3,5 Prozent der Implantate wieder ex- plantiert – und zwar aus folgenden Gründen: fehlende Asymmetrie (2,9 Prozent), „Brustschmerzen“ (2,19 Pro- zent), Kapselverhärtung Grad III bis IV (1,23 Prozent), Infektion (0,52 Pro- zent), Serom (0,47 Prozent), Hämatom (0,35 Prozent), Ruptur (0,09 Prozent).

Eine Studie der Mayo-Clinic, die alle Frauen aus den Jahren 1964 bis 1991 mit und ohne Brustprothesen re- gelmäßig durch die Jahre verfolgte, kam zu dem Schluß, daß bei den 749 Frauen mit Implantaten bei einem durchschnittlichen Follow-up von 7,8 Jahren keine Verbindung zwischen Brustimplantaten und Bindegewebs- oder rheumatischen Erkrankungen vorhanden war im Vergleich zur nicht operierten Kontrollgruppe (NEJM 1994; 330: 1697–1702).

Eine zweite große Studie war die Nurses Health Study mit 87 501 Kran- kenschwestern, in der die Gruppe der 1 183 Schwestern mit Brustimplanta- ten nach 14jährigem Follow-up eben-

falls keinen Hinweis auf eine Verbin- dung zwischen Silikonbrustimplanta- ten und Bindegewebserkrankungen zeigen konnte (NEJM 1995; 330:

1667–1670).

Daraufhin gab am 22. Oktober 1995 das American College of Rheu- matology als Berufsverband der Rheumatologen und aller an der The- rapie dieser Erkrankungsgruppe be- teiligten ein Statement heraus mit dem Fazit „. . . daß Silikonimplantate Pati- entinnen nicht einem nachweisbaren zusätzlichen Risiko für Bindegewebs- oder rheumatische Erkrankungen aussetzen“. Weiter hieß es: „Anekdo- tische Hinweise sollten nicht länger vor Gericht oder durch die FDA zur Stützung einer angeblichen derartigen Beziehung genutzt werden.“

Wissenschaft gilt nicht vor Gericht

Inzwischen hatten nämlich ame- rikanische Juristen, die es in den USA in der doppelten Zahl der Ärzte gibt, den Umkehrschluß gezogen, daß ein Produkt, welches seine Unschädlich- keit nachweisen müsse, erst einmal schädlich sei. Bei den immens hohen Entschädigungssummen in den USA (wobei meist die Hälfte der Summe das Anwaltshonorar darstellt) fand sich über kostenlos zugeschickte Vi- deo-Bänder und TV-Reklame-Clips von Rechtsanwälten eine genügend große Zahl von Frauen, die meinte, wenigstens eines der 412 gesammel- ten „Silikonkrankheitssymptome“ an sich zu erkennen.

Nach zwölf amerikanischen und acht internationalen Studien (davon zwei aus Deutschland) beklagte sich die Chefredakteurin der Fachzeit- schrift „New England Journal of Med- icine“ öffentlich darüber, daß Wissen- schaft vor amerikanischen Gerichten nichts gilt, bedingt durch den Ritus mit den zwölf Laiengeschworenen, die sich von geschickten Anwälten mehr als durch Fachgutachten beeinflussen lassen (NEJM 1996; 334: l513–1518).

Inzwischen ist in den USA diese Phase der ständigen anekdotischen Sensationsmeldungen über angebliche Silikonkatastrophen in den Medien vorüber. Ein Bundesrichter aus Ore- gon hatte festgelegt, „. . . daß Rechts- A-1254 (30) Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 19, 9. Mai 1997

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen

„Silikon ist einer der

bestuntersuchten Stoffe“

Die Ansichten über das Gesundheitsrisiko von Silikon klaffen auch unter Chirurgen aus-

einander. Während von seiten der Deutschen Gesellschaft für Plastische- und Wiederher-

stellungschirurgie ein Forderungskatalog bezüglich der Verwendung von Silikon in der

Kosmetischen Chirurgie vorgelegt wurde (siehe DÄ, Heft 9, 1997), sieht die Vereinigung

der Deutschen Plastischen Chirurgen eine Disqualifikation dieser Implantate als wissen-

schaftlich nicht gerechtfertigt an. Die Befürworter weisen auch auf ihre Erfahrung im Um-

gang mit Silikon hin im Vergleich zur Vertretung aller loco-regional rekonstruktiv tätigen

Operateure, vorwiegend aus der Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgie, der Hals-Nasen-Ohren-

Heilkunde und der Unfallchirurgie mit insgesamt vierzehn chirurgischen Spezialitäten.

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anwälte nicht mehr von der Tatsache ausgehen können, daß Implantate Krankheiten verursachen, weil ein der- artiger Hinweis wissenschaftlich nicht signifikant ist“. Er sagte außerdem, daß Implantatträgerinnen in Oregon die Hersteller nicht mehr mit der Be- gründung verklagen können, sie fürch- teten, krank zu werden. Nach den wissenschaftlichen Vorentscheidungen war dieses für alle eventuell noch aus- stehenden amerikanischen Gerichts- verfahren ein entscheidendes Signal.

Inzwischen ist es in den USA populär, die Tabakindustrie zu verklagen.

Fehlgeleitete Gruppierungen

In Deutschland aber ziehen Ärz- te verschiedener Fachrichtungen – je- doch kein einziger Facharzt für Plasti- sche Chirurgie, der von seinem Fach her mit Silikon-Brustprothesen medi- zinisch und wissenschaftlich zu arbei- ten hat – und fehlgeleitete Gruppie- rungen noch immer dem FDA-indu- zierten Trott nach, obwohl zuletzt am 28. Juni 1996 die offiziellen Delegier- ten der 20 Mitgliedstaaten der EQUAM (Europäisches Komitee für Qualitätssicherung und Medizinpro-

dukte in der Plastischen Chirurgie) einschließlich der Vertreter von Süd- afrika, Japan und Israel ein neun Punkte umfassendes Statement her- ausgegeben hatten, in dem die Sicher- heit der Silikonimplantate herausge- stellt worden war.

Schießlich haben mehrere große Untersuchungsreihen sozusagen als unerwartetes Nebenprodukt gezeigt, daß Trägerinnen von Silikonbrust- prothesen unabhängig von ihrer Brustgröße ein signifikant niedrigeres Brustkrebsrisiko haben; ein Ergebnis, das inzwischen intensive weitere For- schungen induziert hat.

Der Forderungskatalog von sei- ten der loco-regionär rekonstruktiv tätigen Operateure wird von den Fachärzten für Plastische Chirurgie daher wie folgt beantwortet:

1. Es gibt keine wissenschaftliche Begründung für eine Warnung vor dem Einsatz von Silikon-Brustimplan- taten in der Ästhetischen Chirurgie.

2. Silikon wird vom Facharzt für Plastische Chirurgie schon immer nur nach umfassender Aufklärung der Pa- tientin unter strengen Nachkontrollen bei rekonstruktiven, aber auch bei ästhetischen Eingriffen verwendet.

3. Silikon gilt inzwischen als einer der am besten und intensivst wissen-

schaftlich untersuchten Stoffe in der Medizin.

4. Die Gründung eines nationa- len Referenzzentrums zur „wissen- schaftlich seriösen Untersuchung von Silikon“ zu fordern ist nur ver- ständlich bei Unkenntnis der bereits vorhandenen wissenschaftlichen Li- teratur und der Tatsache, daß bereits eine Expertengruppe der Europäi- schen Mitgliedstaaten für Medizin- produkte bei der EU-Kommission in Brüssel mit diesem Thema beschäf- tigt ist.

5. Die Forderung, daß Gesund- heitspolitiker schnell und kompetent ihrer Verantwortung nachkommen sollten, ist seit 1992 überholt, weil sich bereits damals die europäischen Fach- leute zusammensetzten und unter an- derem die englischen Gesundheitsbe- amten nun schon vor fünf Jahren die Erklärung abgaben, daß die Anwen- dung von Silikonprodukten in der Medizin unbedenklich sei.

Prof. Dr. med. Rolf R. Olbrisch Präsident der Vereinigung der Deutschen Plastischen Chirurgen Klinik für Plastische Chirurgie Diakoniekrankenhaus

Düsseldorf-Kaiserswerth 40489 Düsseldorf

A-1255

P O L I T I K MEDIZINREPORT

Deutsches Ärzteblatt 94,Heft 19, 9. Mai 1997 (31) cKarzinominzidenz: Die Vermutung, wonach die Inzi-

denz des Prostatakarzinoms infolge einer Vasektomie an- steigen soll, ist entkräftet. Eine positive Familienanamnese ist dagegen prognostisch in zweierlei Hinsicht ungünstig: Pa- tienten laufen ein um 35 Prozent höheres Risiko, selbst ein Prostatakarzinom zu entwickeln, wenn dieses Malignom bei einem Angehörigen im Alter von unter 50 Jahren diagnosti- ziert wurde. Trat es dagegen erst im Alter von über 60 Jah- ren auf, lag das Risiko etwas niedriger. Studien legen zudem nahe, daß diese familiären Neoplasien schlechter zu thera- pieren sind.

cTherapie des Prostatakarzinoms: Nicht erfüllt haben sich die Hoffnungen, mit einer kompletten Androgen- blockade (GnRH-Analoga plus Flutamid) die Progression des Karzinoms aufhalten und die Lebenserwartung verlän- gern zu können. In beiden Punkten war sowohl die Kombi- nation als auch GnRH-Analoga alleine der Orchidektomie nicht überlegen. Neue Substanzen – Retinoid-Abkömmlin- ge – sind derzeit im Test, sie sollen die Differenzierung der Krebszellen fördern und die Apoptoserate steigern. Auch eine Gentherapie mit bestimmten Adenoviren als Vekto- ren wird im Tierversuch geprüft.

cVesikoureteraler Reflux bei Kindern: Bei drohenden Nierenkomplikationen infolge rezidivierender Infektionen besteht die therapeutische Alternative zum chirurgischen Eingriff in einer Antibiotikaprophylaxe. In den Richtlinien empfehlen die Experten, bei milden Formen und jüngeren Kindern diese medikamentöse Prophylaxe; bei älteren Kin- dern mit schweren Refluxformen ist dagegen eher eine Ope- ration zu erwägen. Als ein maßgebliches Kriterium wurde die Vernarbung der Niere infolge häufiger Infektionen bestätigt.

cBlasenkarzinom: Die radikale Zystektomie bleibt – speziell auch bei Senioren – der Eingriff der Wahl, da eine Strahlentherapie alleine keine guten Ergebnisse zeigt und die Überlebenszeit ohne diesen Eingriff maximal zwei bis vier Jahre beträgt. Fortschritte hinsichtlich einer besseren Le- bensqualität sind in der Chemotherapie von neuen Kombina- tionen – auch Taxol – zu erwarten, die besser toleriert werden.

cZwei neue Marker: Mit Hilfe des Ribonukleoproteins Telomerase läßt sich in der Blasenlavage-Flüssigkeit die Dia- gnose eines Blasenkarzinoms relativ spezifisch sichern. Eher für die Verlaufskontrolle eignet sich ein verfeinerter Anti- gentest, der mit unbehandeltem Urin so einfach anzuwenden sein soll wie ein Schwangerschaftstest.

Notizen vom Jahrestreffen der American Urological Society

Referenzen

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