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Archiv "„Maladie ès lettres“ – Krankheitsdarstellungen bei Camus, Giono, Beauvoir, Cardinal und Guibert" (09.02.2007)

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Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 6⏐⏐9. Februar 2007 A361

K U LT U R

ROBERT SCHUMANN

Lieben und Leiden

Als junger Mann war Robert Schu- mann, der spätere Komponist (1810–

1856), ein lebensfroher Mensch, der Freundschaften pfleg-

te, gerne einen trank und bei Frauen gut an- kam. Sein Tagebuch, das er schon als He- ranwachsender peni- bel führte, zeugt aber auch von Ängsten und früher Einsamkeit. Die Zeiten der finsteren Me- lancholie häuften sich im Verlauf seines Le- bens. Schumann wur- de kontaktscheu bis

kontaktunfähig, entwickelte Ticks, so hielt er etwa beim Dirigieren den Taktstock vor den Mund, litt unter Versagensängsten und Wahn- vorstellungen und war krankhaft eifersüchtig auf seine erfolgreiche Frau Clara.

Die letzten Lebensjahre (vom 4.

März 1853 bis zum 29. Juli 1856) verbrachte Schumann in einer pri- vaten Nervenklinik in Bonn-Ende- nich, besucht von Johannes Brahms, dem Düsseldorfer Hausfreund, nicht aber von seiner Frau.

Den Autor dieser Schumann-Bio- grafie, ehemals Leiter des Zentrums für Psychiatrie an der Ruhr-Uni Bochum, beschäftigt vor allem, wie Schumann es schaffte, sein Leben trotz langwieriger und schwerer Krankheit zu bewältigen. Payk stützt sich auf die lange verscholle- nen, kürzlich aber publizierten En- denicher Krankenakten, auf Schu- manns eigene Aufzeichnungen sowie auf Briefwechsel, darunter solche mit Clara Schumann.

Der Autor führt Schumanns langsamen geistigen Verfall auf eine Syphilisinfektion zurück, die sich der junge Mann 1831 in Leipzig zu- zog. Doch zuvor schon scheint Schumann unter depressiven Pha- sen gelitten zu haben. Ein Schlag war die Lähmung seines rechten Mittelfingers (1832). Eine Lauf- bahn als Klaviervirtuose blieb ihm somit versperrt (die später seiner Frau gelang). Er konzentrierte sich, zum Glück für die Nachwelt, auf

das Komponieren und blieb kreativ bis auf die Endenicher Jahre. Das Schaffen im letzten Lebensjahr- zehnt gilt Kritikern freilich als rela- tiv flach, während Liebhaber gerade die liedhafte Schlichtheit schätzen.

Payks Buch ist gut zu lesen und wirkt au- thentisch, weil die ori- ginalen Aufzeichnun- gen treffsicher einge- baut werden. Der Au- tor vermerkt wie auch andere Schumann-Bio- grafen die Lebenssta- tionen und das in sie verflochtene musika- lische Schaffen und konzentriert sich auf die psychiatrische Sei- te der Biografie. Und die bietet Stoff genug. Norbert Jachertz

Theo R. Payk: Robert Schumann. Lebenslust und Leidenszeit.Bouvier Verlag, Bonn, 2006, 269 Seiten, 7 SW-Abbildungen, gebunden, 22 A

zum Optimismus, den die Ideologie des sozialisti- schen Systems forderte.

Der Historiker Udo Grashoff hat mit seinem neuen Buch über Selbst- tötungen in der DDR im Rahmen eines Stipendi- ums zur Aufarbeitung der SED-Diktatur promo- viert. Er untersucht meh- rere Tausend Suizidfälle und stellt dar, wie zu DDR-Zeiten solche Fälle bewertet wurden. Es gibt einige Ergebnisse, die überraschen: „Pro- testsuizide“, wie die politisch moti- vierte Selbstverbrennung des Pfar- rers Brüsewitz, waren selten. Im internationalen Vergleich waren die Suizidsterberaten in der DDR sehr hoch. Die Suizide dieser Zeit sieht Grashoff nicht generell als unmittelbare Reaktion auf erfahre- ne politische Repressionen, son- dern sie wurden im Einzelfall eher vor dem Hintergrund eines lebens- geschichtlichen Scheiterns und be- drückender gesellschaftlicher Ver- hältnisse gewählt.

Suizide waren häufig, so das Fa- zit, wie anderswo auch durch Krank- heiten, Beziehungsprobleme und Verlustängste begründet. Statistisch auffällige Zunahmen verzeichnet der Autor allerdings infolge besonderer historischer Ereignisse wie die von 1961 oder 1991. Ingbert Weber DDR-GESCHICHTE

Suizide kaum Folge politischer Repression

Suizide waren in der DDR nicht illegal, doch das wahre Ausmaß dieses Phänomens wurde geheim gehalten. Ausweglosigkeit und Ver- zweiflung standen im Widerspruch

LITERATUR

Krankheit als Metapher

Krankheit dient in der Literatur meist als Metapher. Belletristische Krankheitsschil- derungen sind medizinisch und literarisch sowie psychosozial oder gar politisch für Ärzte und Laien interessant.

Die preisgekrönte Dissertation eines Frei- burger Romanisten untersucht krankheitsbe- zogene Werke französischer Autoren des 20. Jahrhunderts. Die subtile medizinisch- philologische Studie analysiert die Darstel- lung der Pest in Albert Camus’ gleichnami- gem Roman, der Cholera bei Jean Giono und des Sterbens von Simone de Beauvoirs Mut- ter an einem Dickdarmkarzinom sowie eine komplexe Neurose bei Marie Cardinal und das Aidsleiden von Hervé Guibert.

Die Pest als Sinnbild für Bedrohung und Belagerung schien uns gut vertraut. Die detaillierte Betrachtung des berühmten Ro- mans von Camus und der Werke der ande- ren Autoren erweitert jedoch unser Ver- ständnis beträchtlich. Die zahlreichen Lei- densbezüge werden präzise und einfühlsam dargelegt, um Krankheit in ihrer psycho- physischen Vielfalt und Motivfunktion für die Literatur interdisziplinär auszuloten.

Interessenten der faszinierenden Verbin- dung von Medizin und Kultur werden die gründliche Darstellung des frankophilen Sprachwissenschaftlers mit großem Ge-

winn lesen. Horst Nizze

Maximilian Gröne: „Maladie ès lettres“ – Krankheitsdar- stellungen bei Camus, Giono, Beauvoir, Cardinal und Guibert.Klassische Moderne, Band 5. Ergon Verlag, Würz- burg, 2006, 360 Seiten, kartoniert, 45 A

Udo Grashoff:

„In einem Anfall von Depression. . .“.

Selbsttötungen in der DDR. Ch. Links Verlag, Berlin 2006, 520 Sei- ten, Broschur, 29,90 A

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