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Archiv "Gesundheitsfonds: Mit unwägbaren Risiken" (14.07.2008)

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Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 28–2914. Juli 2008 A1533

P O L I T I K

P

olitiker können sich kurz- fassen, wenn sie es müssen – wie bei der Diskussion des Fritz-Bes- ke-Instituts für Gesundheitssystem- forschung Ende Juni in Kiel. Modera- tor Prof. Dr. med. Fritz Beske ließ auf die Eingangsfrage, ob der Gesund- heitsfonds wie gesetzlich festgelegt am 1. Januar 2009 kommen werde, nur ein Ja oder Nein als Antwort zu.

Und er erlebte eine Überraschung:

Die drei anwesenden Bundestagsab- geordneten Daniel Bahr (FDP), Dr.

Rolf Koschorrek (CDU) und Dr.

med. Wolfgang Wodarg (SPD) ant- worteten allesamt mit Nein. Die bei- den Repräsentanten der Ärzteschaft auf dem Podium, Dr. med. Ulrich Thamer, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung West- falen-Lippe, und Dr. med. Klaus Bitt- mann, Vorsitzender des NAV- Virchow-Bunds, rechnen dagegen ebenso mit einer unveränderten Ein- führung des Fonds wie Dr. Rainer Hess, der Vorsitzende des Gemeinsa- men Bundesausschusses. Unverdros- sen gegen den Gesundheitsfonds und den einheitlichen, von der Bundesre- gierung festzusetzenden Beitragssatz für alle Kassen kämpft der Vorstands- vorsitzende der Deutschen Angestell- ten-Krankenkasse, Prof. Dr. Herbert

Rebscher. Weder für eine gerechtere Finanzzuweisung an die Kranken- kassen, und ebenso wenig als Instru- ment, um der gesetzlichen Kranken- versicherung (GKV) Steuermittel zu- kommen zu lassen, noch als Basis für eine gerechtere Honorierung in der ambulanten Versorgung sei der Fonds notwendig, hob Rebscher hervor. Aus dem Gesundheitsfonds, in den alle Beitragseinnahmen und der Bundes- zuschuss fließen, sollen die Kranken- kassen je Versicherten eine pauschale Zuweisung sowie ergänzende Zu- und Abschläge erhalten, deren Höhe sich nach dem neuen morbiditäts- orientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) bemisst. Kommt eine Kasse mit der Zuweisung aus dem Fonds nicht aus, kann sie einen Zu- satzbeitrag von höchstens einem Pro- zent des beitragspflichtigen Einkom- mens erheben. Hat sie Geld übrig, kann sie ihren Versicherten Vergüns- tigungen gewähren.

„Was wir bekämpft haben, ist Ge- setz geworden“, sagte Dr. Hans Jür- gen Ahrens, Vorstandsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes. Nun gelte es, den Fonds so einzurichten, dass er keinen Schaden anrichte – eine Haltung, die Rebscher besten- falls „verständlich“ findet, weil die Ortskrankenkassen durch den Mor- bi-RSA zu gewinnen glaubten und überdies ihr Insolvenzrisiko per Ge- setz auf alle abgewälzt werde. Reb- scher sieht die GKV auf dem Weg in eine staatliches System. „Überdies kenne ich niemanden, der diese Komplexität administrieren kann.“

Weder die Auswirkungen der Ho- norarreform der Vertragsärzte noch die politsch nicht einmal ent- schiedene Krankenhausfinanzierung (siehe Artikel in diesem Heft) seien für die einzelne Kasse kalkulierbar.

Eine seriöse Haushaltsplanung für 2009 hält Rebscher unter diesen

Umständen nicht für möglich. Der CDU-Gesundheitsexperte Koschor- rek, Zahnarzt in Bad Bramstedt, sieht den Fonds generell als sinnvoll an, gab Rebscher aber dennoch recht. Die Risiken der vielen neuen Instrumente, die parallel eingeführt würden, seien nicht übersehbar.

„Wir lassen auch keine A 380 im Testflug mit 500 Passagieren von Frankfurt nach Australien fliegen.“

Honorarreform angemahnt Koschorrek plädiert deshalb für ei- ne Konvergenzphase, während der die Wirkung der Neuregelungen be- obachtet werden könne. Auch Wo- darg, der im Bundestag gegen die Reform gestimmt hat, rechnet mit Änderungen. An dem Reparatur- gesetz werde ja schon gearbeitet, sagte Oppositionspolitiker Bahr, der außer der Bundeskanzlerin und der Gesundheitsministerin im Bundes- tag keine Befürworter des Gesund- heitsfonds mehr entdecken kann.

Bittmann sprach von einem „ideolo- gisch motivierten Instrument“, das den Weg zu einer staatlich gesteuer- ten Versorgung bereiten solle.

Steht mit gesetzlichen Ände- rungen auch die versprochene Honoraraufstockung für die Kas- senärzte zur Disposition? Thamer warnte eindringlich: „Wenn die zu- gesagten 2,5 Milliarden Euro nicht in das System kommen, wird es Randale geben. Die Unterfinanzie- rung muss endlich beendet werden.“

Einer anderen Befürchtung aus ärzt- licher Sicht gab Rebscher Nahrung:

„Es wird unter den Kassen einen Preiswettbewerb um junge Versi- cherte geben – durch harte Kosten- senkung. Aus dem Beitragsaufkom- men werden dann Rückzahlungen an 18-Jährige gezahlt – zulasten der Versorgung 80-Jähriger.“ I Heinz Stüwe

GESUNDHEITSFONDS

Mit unwägbaren Risiken

DAK-Vorstandschef Herbert Rebscher hält eine seriöse Haushaltsplanung der Krankenkassen für 2009 nicht für möglich. Selbst Koalitionsabgeordnete rechnen mit gesetzlichen Korrekturen.

NEUER RISIKOAUSGLEICH

Mit dem morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleich (Morbi-RSA) sollen von 2009 an die von den Kassen nicht beeinflussbaren Unterschiede in der Risikostruktur ihrer Versicherten besser ausgeglichen werden als bisher.

Das Bundesversicherungsamt hat Anfang Juli das Berech- nungsverfahren des Morbi-RSA festgelegt. Waren zunächst nur Zuschläge für 80 schwerwiegende und kosteninten- sive chronische Krankheiten geplant, sollen die Kassen nun mehr Geld erhalten, wenn Versicherte einer von 106 Morbiditätsgruppen angehören. (Einzelheiten unter www.bva.de/Risikostrukturausgleich/Weiterentwicklung)

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