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Archiv "Die Ernährung von tumorkranken Patienten: 1 Gesunde Ernährung kann nicht schaden" (05.09.1991)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

D1 KUSSION

1 Gesunde Ernährung kann nicht schaden

Den Ausführungen von Prof.

Kasper ist insofern zu widerspre- chen, als in der Überschrift von „tu- morkranken Patienten", unter Punkt 1 von Kostformen gesprochen wird, die direkten Einfluß auf den Tumor haben sollen. Das sind zwei verschie- dene Dinge.

Die Befürworter „besonderer Kostformen" sagen sämtlich, daß hiermit die allgemeine Abwehrlage des Kranken über den Stoffwechsel gebessert werden soll. Mit Recht wird in der vom Bundesminister für Forschung und Technologie bereits 1984 herausgegebenen Schrift „Er- nährung und Krebs" einerseits auf die Bedeutung der Ernährung für die Krebsentstehung hingewiesen, zum anderen auf die Notwendigkeit, diese Erkenntnisse auch in der Nachsorge als Sekundärprävention einzusetzen.

Wenn in einem Magazin-Inter- view des Rundfunks vor gut vier Wo- chen selbst der Präsident des dies- jährigen Internationalen Krebskon- gresses, Prof. C. G. Schmidt, auf die Bedeutung von Ernährungsfaktoren in der Nachbehandlung hinweist und die Bayerische Krebsgesellschaft seit fast 20 Jahren eine „Anleitung zu stoffwechselaktiver Kost" heraus- gibt, so ist eine jetzt noch veröffent- lichte Warnung des Verfassers vor der Anwendung solcher Kostformen wohl wenig angebracht und überholt.

Schließlich handelt es sich bei den meisten Empfehlungen um eine ge- sunde, ohne Belastungen einzuhal- tende Ernährung. Umstellungen ge- genüber der sogenannten — von Lu- xus, Fortschritt und Industrierekla- me beeinflußten — Normalkost sind allerdings notwendig. Wenn der

Kranke damit aber zudem ein Mittel in die Hand bekommt, selbst etwas zur Besserung seiner Krankheit und seines Befindens beizutragen, hilft dies auch seiner psychischen Verfas- sung und Lebensqualität.

Ein Schaden kann dem Tumor- patienten dadurch nicht entstehen;

oder hat der Verfasser einen solchen bereits wissenschaftlich nachgewie- sen?

Dr. med. Horst Werkmeister Radiologe

Immenstraße 59 W-4200 Oberhausen 11

2 Differenzierende Betrachtung notwendig Die oben genannte Arbeit gibt die zur Zeit gängige und weit ver- breitete Lehrmeinung über die di- ätetische Behandlung von Krebs- kranken wieder. Sie erfaßt jedoch nur einen Teil der Wahrheit, wenn in ihr die Möglichkeit einer Beeinflus- sung des Tumorwachstums durch di- ätetische Maßnahmen verneint wird.

Da diese Verneinung zudem häufig dogmatisch vertreten wird, scheint mir eine Ergänzung der Arbeit von Herrn Kasper erforderlich zu sein.

In einer kürzlich veröffentlich- ten Langzeitstudie berichtete Schlü- ter, daß bei Ratten die Spontanent- stehung von Tumoren durch eine Verzögerung der Glukoseresorption mit Acarbose insgesamt reduziert und darüber hinaus erheblich modi- fiziert wird: so entstand in diesem Versuch bei 6 von 50 Ratten der Kontrollgruppe, aber bei keinem der 150 mit Acarbose behandelten Tiere ein Mammakarzinom. Die Rate der Nierentumoren stieg dagegen unter Acarbose erheblich an: in einer zu- sätzlichen Studie entwickelte nur ein

Tier der Kontrollgruppe, aber 17 Tiere der am intensivsten behandel- ten Therapiegruppe ein Nierenkarzi- nom. Dieser Effekt der Acarbose auf die Tumorentstehung konnte durch die zusätzliche Gabe von Glukose völlig aufgehoben werden. Damit ist bewiesen, daß die Wirkung von Acarbose nur durch die verzögerte Glukoseresorption und somit letzt- endlich diätetisch bedingt ist.

Diese Beobachtung, daß näm- lich relativ viele Tumoren durch Er- nährung stimuliert werden, während einzelne Tumoren unter Nahrungs- entzug schneller wachsen, findet sich auch in der übrigen Literatur wieder, und sie ist keineswegs nur auf die Spontanentstehung von Tiertumoren begrenzt. Dabei scheint eine Bezie- hung zwischen der Reaktion eines Tumors auf Nahrungszufuhr und sei- ner Reaktion auf Insulin, das ja reak- tiv zur Nahrungszufuhr ausgeschüt- tet wird, zu bestehen.

Bezüglich der Reaktion von be- reits etablierten experimentellen Tu- moren auf Ernährung und Insulin ist bekannt, daß das DMBA-induzierte Mammakarzinom der Ratte, das als das beste Kleintiermodell für die Hormontherapie des menschlichen Mammakarzinoms gilt, unter einer Reduktionsdiät in Teilremission geht. Dieser Tumor wird durch Insu- lin und noch stärker durch Insulin und Glukose stimuliert und geht nach Diabetesinduktion mit Alloxan oder dem auch klinisch anwendba- ren Diazoxid in Remission. Auch ein weniger Diazoxid-empfindlicher Tu- mor, nämlich das MNU-induzierte Mammakarzinom der Ratte, zeigt unter 30prozentiger Nahrungsre- striktion eine signifikante Wachs- tumshemmung. Ein Gegenmodell hierzu wurde von Sauer et al. publi- ziert: sie fanden einen anderen Rat- tentumor, dessen Wachstum durch Diabetesinduktion und durch Fasten stimuliert wird.

Entsprechende Daten über menschliche Tumoren sind spärli- cher vorhanden. Die Möglichkeit der Reduktion einer Tumormasse durch

Fasten wird jedoch grundsätzlich ak- zeptiert,

wenn auch nach Beendi- gung des Fastens meistens eine ra- sche Wiederzunahme auftreten soll.

Es darf weiterhin als wahrscheinlich

Die Ernährung von

tumorkranken Patienten

Zu dem Beitrag von Prof. Dr, med.

Heinrich Kasper in Heft 37/1990

Dt. Ärztebi. 88, Heft 36, 5. September 1991 (75) A-2909

(2)

gelten, daß das Mammakarzinom ein

„Wohlstandskarzinom" ist, das be- sonders in hochentwickelten Län- dern mit (über-)reichlicher Ernäh- rung auftritt. Ein epidemiologischer Zusammenhang zwischen dem Zuk- kerverzehr und dem Auftreten von Mammakarzinom gilt ebenfalls als wahrscheinlich, die zuckerbedingte Insulinausschüttung wird dabei als pathophysiologisch relevant angese- hen.

Mammakarzinom-Zellen tragen in praktisch allen Fällen Insulinre- zeptoren und werden in der Regel durch Insulin stimuliert. Interessant ist in diesem Zusammenhang, daß der „insulin-like growth factor 1"

(IGF-1) unter anderem in Abhängig- keit von Insulin und dem Ernäh- rungszustand ausgeschüttet wird und daß nahezu alle Mammakarzinome Rezeptoren für IGF-1 besitzen.

Das Kolonkarzinom ist ein wei- terer Tumor, der durch Insulin sti- muliert wird. Über dieses Karzinom liegt außerdem eine Arbeit vor, die eine signifikante Verkürzung des Überlebens durch intravenöse Er- nährung aufzeigt; in einer weiteren Arbeit über das Kolonkarzinom sind die Ergebnisse einer Chemotherapie unter gleichzeitiger intravenöser Er- nährung etwas schlechter. Dieser Tumor wird also offensichtlich durch eine intensive Ernährung in seinem Wachstum beschleunigt.

Das Problem der Ernährung von Tumorpatienten ist somit meines Er- achtens weitaus komplizierter, als es der Autor dargestellt hat, und es ist nicht nur die Möglichkeit einer Le- bensverlängerung, sondern auch ei- ner Lebensverkürzung durch intensi- vierte Ernährung zu diskutieren. Die vorliegenden Daten über das Wachs- tumsverhalten menschlicher Tumo- ren unter Ernährung und Insulin, die zu einem besseren Verständnis die- ses Problems führen könnten, sind jedoch noch lückenhaft: so ist zum Beispiel noch kein menschlicher Tu- mor definiert, dessen Wachstum wie im oben genannten Tiermodell durch Insulinentzug und/oder Fasten stimuliert wird.

Bevor jedoch solche Daten vor- liegen, scheint mir die vom Autor er- hobene Forderung nach einer diäte- tischen Schulung von Ärzten ins Lee-

re zu zielen. Vor einer solchen Schu- lung ist vielmehr eine intensive wis- senschaftliche Auseinandersetzung mit dieser Problematik erforderlich.

Literatur beim Verfasser

Dr. med. habil. Michael Fink Klinikum

2. Medizinische Klinik W-8510 Fürth

Schlußwort

In dem Beitrag „Die Ernährung von tumorkranken Patienten" sollten wissenschaftlich gesicherte Fakten dargestellt werden, an denen man sich in der Praxis orientieren kann.

Auf die Wiedergabe von Spekulatio- nen und experimentellen Befunden, die mögliche Ansätze für ernäh- rungstherapeutische Maßnahmen geben, wurde bewußt verzichtet.

In der Stellungnahme von Fink werden einige solcher, meist an Ver- suchstieren gewonnener Befunde ge- schildert. Wenn man schon aufgrund experimenteller Befunde spekuliert, dann sind nach meiner Einschätzung folgende Ergebnisse von wesentlich größerem Interesse: Vitamin C und

K3 hemmen das Wachstum verschie- dener Tumorzell-Linien in der Kul- tur und potenzieren die Wirkung von Zytostatika; unter Gabe von Beta- Karotin und Vitamin A bilden sich präkanzeröse Läsionen der Mund- schleimhaut zurück; 80 Prozent aller Mammakarzinome besitzen Rezep- toren für 1,25-Dihydroxi-Vitamin D, und rezeptorpositive Mammakarzi- nomzellen lassen sich durch diese aktive Form des Vitamin D hemmen;

in einer prospektiven Studie fand sich eine negative Korrelation zwi- schen der Höhe des Fettverzehrs und der Überlebenszeit von Frauen mit metastasierendem Mammakarzi- nom; eine Reduktion des Fettanteils auf 20 Prozent der Gesamtenergie- zufuhr steigert die Aktivität von Na- tural-Killer-Zellen signifikant; Fisch- öle, reich an Omega-3-Fettsäuren, hemmen das Tumorwachstum und.

die Tendenz zur Metasierung; Garn- ma-Linolensäure hemmt das Wachs- tum verschiedener Tumorzellinien in der Zellkultur, nicht hingegen das

Wachstum benigner Zellen etc. etc.

Diese unvollständige Auflistung zeigt, daß viele experimentelle und vereinzelte klinische Studien mit Nährstoffen beziehungsweise beson- deren Kostformen positiv verliefen.

Die Befunde berechtigten aber nicht

— wie es leider immer wieder ge- schieht — zu voreiligen positiven Äu- ßerungen über Möglichkeiten, mit einer Diät oder einem speziellen Nährstoff den Verlauf einer Tumor- erkrankung positiv zu beeinflussen.

In der Stellungnahme von Werk- meister wird auf die Broschüre der Bayrischen Krebsgesellschaft hinge- wiesen. Die hierin empfohlene Kost erfüllt die von mir genannten Vor- aussetzungen einer vollwertigen Mischkost. Eine solche Kost kann zur optimalen Deckung des Energie- und Nährstoffbedarfes eingesetzt werden. Es gibt jedoch keinerlei Hinweise darauf, daß die ebenfalls in dieser Broschüre empfohlenen Mol- ketrinktage oder die F.X.-Mayr-Diät irgendeinen positiven Einfluß auf den Verlauf einer Tumorerkrankung haben. Kostformen, mit denen nach Angaben der Autoren pro Tag etwa 1000 bis 1500 kcal und 40 Gramm Protein aufgenommen werden, sind bei Tumorkranken mit einem oft er- höhten Energiebedarf, bei denen es gilt, eine Kachexie zu verhindern, kontraindiziert. Es sind auch keine exakten wissenschaftlichen Untersu- chungen bekannt, die folgende, von der genannten Gesellschaft bezie- hungsweise den Autoren der Bro- schüre gemachten Aussagen bele- gen: Aktivierung der sich in den Zel- len abspielenden energieliefernden Oxidationsprozesse; geringste mögli- che Bildung von Fäulnis- und Gä- rungsgiften; Erleichterung der Aus- schwemmung von Endprodukten des Stoffwechsels und von Toxinen, die aus zerfallendem Tumorgewebe stammen; Öffnung der kapillaren Strombahn, um durch optimale Durchblutung der Zellgewebe die Sauerstoffversorgung zu verbessern etc. etc.

Prof. Dr. med. Heinrich Kasper Medizinische Klinik

der Universität Würzburg Josef-Schneider-Straße 2 W-8700 Würzburg A-2910 (76) Dt. Ärztebl. 88, Heft 36, 5. September 1991

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