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Archiv "Das Kölner „Ärzte-Urteil“ im Spiegel der Presse" (04.10.1979)

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PRESSESTIMMEN

Das Kölner „Ärzte-Urteil"

im Spiegel der Presse

Der sogenannte „Kölner Ärzte-Prozeß" beschäftigte im September die gesamte deutsche Presse. Gewiß nicht zum letzten Mal, denn der Prozeß geht in die Revision. Das Urteil kann, falls es rechts- kräftig wird, hinsichtlich der von ihm konstatierten Verantwortlich- keit bedeutende Auswirkungen auf die Rechtsstellung des Chef- arztes im Krankenhaus haben. Das läßt das nachstehend wieder- gegebene Presse-Echo bereits deutlich erkennen.

Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

und im Durchschnitt betrachtet — im Krankenhaus angestellt.

Dominierend ist die Zahl der Kran- kenschwestern und -pfleger mit 155 931 sowie des Wirtschaftsper- sonals mit 184 859 Personen. En- de 1977 wurden 63 808 Kranken- hausärzte sowie 3547 Medizinalas- sistenten und 846 festangestellte Zahnärzte registriert. Bereits jeder achte Krankenhausarzt (insge- samt: 7912 — 12,4 Prozent) stammt aus dem Ausland. Am Krankenhaus werden zur Zeit rund 69 000 Krankenpflegeschüler und -pflegeschülerinnen ausgebildet.

Für den eminenten „Wirtschafts- faktor Krankenhaus" sprechen auch diese Zahlen: Sämtliche Krankenhäuser repräsentieren derzeit einen Wert des Anlagever- mögens von mehr als 108 Milliar- den DM. Der Jahresumsatz beträgt rund 33 Milliarden DM (davon 1,5 Milliarden DM bei Lebensmitteln und zwei Milliarden DM bei Arznei- mitteln). Die Investitionskosten je Bett liegen bei der Inbetriebnahme 1977/78 bei 150 000 bis 180 000 DM. Die Planungswerte liegen heute bereits bei 200 000 bis 220 000 DM! HC

In einem Satz

Festgehälter — Im Rahmen der krankenhauspolitischen For- schungsprojekte hat das Bundes- ministerium für Arbeit und Sozial- ordnung an das niederländische

„Institut für Funktionsanalyse bei der Hospitalprojektierung", Ut- recht, ein Gutachten vergeben, das die Auswirkungen der Einfüh- rung von Festgehältern für leiten- de Krankenhausärzte (Dotation:

480 000 DM) ventilieren soll. DÄ Lärmerkrankungen — Erstmals gingen 1978 die den gewerblichen Berufsgenossenschaften ange- zeigten Meldungen über berufsbe- dingte Lärmschwerhörigkeit zu- rück, und zwar um 2417 (12,1 Pro- zent) auf zuletzt 17 634 Fälle. EB

Vor dem Urteil:

„Ein Ärzte-Prozeß macht Geschichte"

„,Die Selbstreinigung bei deut- schen Ärzten hat begonnen.' So kommentierte der Münchner Star- anwalt Rolf Bossi die Gutachter- aussagen des Kölner Ärzteprozes- ses, der sich unversehens zum Musterprozeß in der deutschen Medizinergeschichte entwickelt hat. Der fahrlässigen Tötung ange- klagt ist der Vorsitzende der Ärzte- vereinigung Hartmann-Bund, Chefarzt Dr. Horst Reiner Bour- mer, einer der renommiertesten Mediziner und ärztlichen Standes- politiker; außerdem sein Oberarzt Dr. Balkar Yekebas. In dieser Wo- che wurden die Strafanträge ge- stellt, übermorgen wird das Urteil verkündet. Angestrengt hatte das Verfahren das Ehepaar Kusch.

Dessen 22jähriger Sohn war im städtischen Krankenhaus Köln- Worringen am 8. August 1970 auf dem Operationstisch verblutet.

Behandelnde Ärzte waren Dr. Ye- kebas und Dr. Alfred Frisse. Ver- antwortlicher Chefarzt: Dr. Bour- mer. Frisse war damals vier Mona- te an jener Klinik als lernender Gastarzt tätig. Er hattezwölf Entzie- hungskuren wegen Alkoholabhän- gigkeit und Drogenmißbrauch hin- ter sich. Er hatte mehr als 10 Jahre nicht mehr als Arzt gearbeitet . . . . nun fällten die chirurgischen Gutachter vor der 5. Großen Straf- kammer des Landgerichts Köln ein überdeutliches Urteil über die Ar-

beit ihrer Kollegen an jenem 8. Au- gust 1970. Prof. Dr. H. W. Schrei- ber, Hamburg: ,Bei einer richtigen Behandlung und der dann not- wendigen Notoperation wäre der junge Uwe Kusch zu keiner Minute gefährdet gewesen. Er hätte den Eingriff überlebt.' Chefarzt Dr.

Gert Carstensen (Mülheim/Ruhr) nannte es erschreckend, daß die reichste Industrienation Europas sich 1970 noch derart desorgani- sierte Krankenhäuser leistete wie das Krankenhaus Worringen.

WELT-SONNTAG

Chefarzt Dr. Bourmer hätte nie zu- lassen dürfen, daß ein so mangel- haft ausgebildeter Mann wie Dr.

Frisse allein und ohne Kontrolle Patienten behandelt. Carstensen:

,Ich hätte den allenfalls Warzen entfernen lassen.' Und der Ham- burger Privatdozent Dr. R. Wink- ler: ,In diesem Krankenhaus war eine Katastrophe vorprogram- miert.' Oberstaatsanwältin Marie Mösch lobte zwar in ihrem Plä- doyer die Verdienste der beiden Ärzte: im Fall Kusch aber hätten sich Yekebas und Bourmer fahr- lässig verhalten und den Tod des Patienten mitverursacht (Das Ver- fahren gegen den am schwersten belasteten Dr. Frisse ist abge- trennt).. .

Rechtsanwalt Rolf Bossi — er ver- trat das Ehepaar Kusch als Neben- kläger — kehrte nach den PIä-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 40 vom 4. Oktober 1979 2543

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Die Information:

Bericht und Meinung PRESSESTIMMEN

doyers aufgeräumt in Kölns be- stem italienischen Speziälitäten- Restaurant ... ein. Die Wirtin, seit Jahren mit dem Gourmet aus Bay- ern befreundet, fragte nach den Gründen für die gute Laune des Advokaten. Seine Antwort: ,Am Landgericht am Appelhofplatz hat sich etwas Unerwartetes, ja Sensa- tionelles zugetragen: Zum ersten Mal in der deutschen Rechtspraxis haben namhafte deutsche Ärzte über einen ihrer Kollegen scho- nungslos offen den Stab gebro- chen. Das wird für die Prozesse, in denen Ärzte vor Gericht stehen, wegweisend sein. — W. Hellmuth

Das Urteil:

„ ... der fahrlässigen Tötung schuldig"

„Der Chefarzt und Vorsitzende der Ärzteorganisation Hartmannbund, Horst Bourmer, und dessen Ober- arzt, der türkische Chirurg Balkar Yekebas, wurden am Dienstag we-

Frankfurieribuidschau

gen fahrlässiger Tötung des 22jäh- rigen Patienten Uwe Kusch zu Geldstrafen von jeweils drei Mo- natsgehältern verurteilt. Sofern das Urteil rechtskräftig wird, muß Bourmer 54 000, Yekebas 13 500 Mark zahlen. Nach Ansicht der Achten Großen Strafkammer des Kölner Landgerichts sind beide Mediziner mitverantwortlich für den Tod des jungen Mannes, der im Sommer 1970 im Krankenhaus Bourmers in Köln-Worringen in- nerlich verblutete.

Im wesentlichen legte die Kammer den beiden zur Last, daß sie dem Gastarzt Alfred Frisse vertrauten, der an dem Krankenhaus Dienst versah. Das Verfahren gegen ihn war wegen Verhandlungsunfähig- keit abgetrennt worden. Frisse, der mehrfach wegen Mißbrauchs von Alkohol und Medikamenten aufgefallen war und seine ärztli- che Praxis für zehn Jahre unter-

brochen hatte, unterließ bei Kusch, so das Gericht, lebens- wichtige Behandlungen wie Blut- transfusionen.

Uwe Kusch war im Juni 1970 nach einem Verkehrsunfall in Bourmers Krankenhaus die Milz entfernt worden. Zwei Wochen nach seiner Entlassung ging er aus eigenen Stücken wegen Schmerzen erneut in die Klinik und wurde dort von Frisse nach Auffassung des Ge- richts falsch behandelt. Yekebas hatte zu der Zeit Bereitschafts- dienst und unterließ es, sich recht- zeitig selbst um den Patienten zu kümmern. ,In seltener Überein- stimmung' — so die Vorsitzende — hätten alle Sachverständigen in dem Prozeß erklärt, in dieser Si- tuation hätte Yekebas ,sich selbst an das Krankenbett begeben müs- sen', auf Frisse hätte er sich nicht verlassen dürfen. Wäre der türki- sche Chirurg an jenem Abend selbst in die Klinik gegangen, hät- te Kusch ,mit an Sicherheit gren- zender Wahrscheinlichkeit über- lebt'. Chefarzt Bourmer, so die Kammer, hätte die Unwissenheit Frisses nicht entgehen dürfen und sein Wissen testen müssen." dpa

Zur Urteilsbegründung:

„Unzulänglich ausgebildeten Arzt eingestellt"

„ ,Dieses Urteil zu sprechen ist der Kammer schwergefallen', sagte die Vorsitzende Richterin Ingrid Bohner... Bourmer und auch Ye- kebas wurden zu einer Geldstrafe von je 90 Tagessätzen verur- teilt ... Oberstaatsanwältin Maria Mösch hatte die Schuld anders verteilt. Für sie waren Yekebas' Fehler an jenem 7. Juli 1970 schwerwiegender als die des Chefarztes; das Gericht freilich kehrte es geradewegs um: ,Die Pflichtverletzung Bourmers ist gravierender.' Warum? Nach An- sicht der fünf Richter hatte Bour- mer zu Beginn des Jahres 1970 mit Alfred F. einen ,völlig unzulänglich ausgebildeten Arzt' eingestellt. Da

das Worringer Hospital ein Unfall- krankenhaus war und ist, müssen die dort tätigen Mediziner die Schockbehandlung bei starkem Blutverlust genau kennen — F.

kannte sie nicht, meinte das Ge- richt, weil er über ein Jahrzehnt lang ohne klinische Praxis war.

,Wenn F. von Bourmer besser ge- prüft worden wäre, hätte ihm die- ser Mangel nicht entgehen dür- fen.' Erschwerend kommt hinzu, daß Chefarzt Bourmer auch nach dem Tod Uwes den Gastarzt F.

(Richterin Bohner: ,Ein hohes Risi- ko für die Patienten') weiter be-

eitürdie NunDfitjau

schäftigte. ,Bei Bourmer, argu- mentierte das Gericht, liegt also nicht nur ein einmaliges Versagen vor. Andererseits ist strafmildernd, daß er versuchte, einen Kollegen zu resozialisieren.' F. war wegen seiner Medikamenten- und Alko- holsucht mehrfach in Entzie- hungskuren gewesen — was der zuständige städtische Amtsarzt im Detail wußte. Von einer Mitschuld der Stadt Köln, die im Verlaufe des Prozesses anklang, war indes in der Urteilsbegründung keine Rede mehr.

Während das Bourmer-Urteil ganz offensichtlich innerhalb des Ge- richts umstritten war, liegen die Dinge bei Yekebas einfacher' (Bohner). Die Strafkammer hielt sich eng an die Darstellungen der vier chirurgischen Sachverständi- gen, die ,in seltener Übereinstim- mung bekundet hatten, daß beim Verdacht einer inneren Blutung der Patient nicht der Obhut eines Arztes wie F. anvertraut werden durfte'. Yekebas hätte sich nicht auf die telefonischen Angaben F.s verlassen dürfen, er hätte ans Krankenbett Uwe Kuschs eilen müssen, dann wäre ihm am Abend dessen schlechter Zustand aufge- fallen. Bei sofortiger Operation hätte der Patient überlebt.' Einen Kunstfehler während des zu spä- ten Eingriffs lastete ihm das Ge- richt nicht an . .." Georg Bönisch

2544 Heft 40 vom 4. Oktober 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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