Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 107|
Heft 11|
19. März 2010 A 465 Die Beschäftigten der Pflegebran-che in Deutschland müssen weiter auf einen Mindestlohn warten. Eine vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) eingerichtete Kommission konnte sich bei einem Treffen Anfang März nicht auf eine Lohnuntergrenze einigen. Das Gre- mium soll erneut am 25. März zu- sammenkommen, wie das BMAS auf Anfrage mitteilte.
In der Kommission vertreten sind die Dienstleistungsgewerkschaft Ver- di, die kommunalen und privaten Ar- beitgeber sowie Diakonie und Cari- tas für die Kirchen. Nur wenn die Verhandlungen eine Einigung erge- ben, kann Bundesarbeitsministerin PFLEGEBRANCHE
Entscheidung über Mindestlohn vertagt
Ursula von der Leyen (CDU) einen Mindestlohn in der Pflege per Ver- ordnung für allgemeinverbindlich erklären. Dies ist wiederum mög- lich, weil die Große Koalition die Branche im vergangenen Jahr in das Entsendegesetz aufgenommen hatte.
Die Kommission steht unter ei- nem gewissen Einigungsdruck. Denn ab Mai 2011 gilt in der Europä- ischen Union die volle Arbeitneh- merfreizügigkeit. Die Pflegeanbie- ter in Deutschland befürchten, dann könnten ausländische Unternehmen hierzulande Pflege zum Billigtarif anbieten. Über das Entsendegesetz wäre der Mindestlohn auch für An- bieter aus dem Ausland bindend. BH
Die Stiftung „Humanitäre Hilfe für durch Blutprodukte HIV-infizierte Personen“ wird weiter finanziert. Da- mit erhalten Menschen, die Anfang der 1980er Jahre unverschuldet durch Blutprodukte mit dem menschlichen Immunschwächevirus (HIV) infiziert wurden, auch über das Jahr 2010 hinaus finanzielle Hilfen. Darauf hat
das Bundesgesundheitsministerium (BMG) hingewiesen.
Der Bund stellt demnach im nächsten Jahr nochmals 25 Millio- nen Euro zur Verfügung. Die phar- mazeutischen Unternehmen steuern vier Millionen Euro bei. „Weitere jährliche Beiträge wurden für die Folgejahre als feste Absicht ange- kündigt“, heißt es weiter in der Er- klärung des BMG. Das heißt: Si- cher einzuplanen sind sie nicht.
BLUTPRODUKTE
Stiftung zahlt weiterhin an HIV-Infizierte
Die Stiftung wurde im Jahr 1995 auf Basis des HIV-Hilfegesetzes er- richtet. Sie zahlt seitdem monatli- che Hilfen an HIV-Infizierte in Hö- he von circa 750 Euro und an Aids- kranke in Höhe von rund 1 500 Eu- ro. Insgesamt hat die Stiftung nach Angaben des BMG bis heute für mehr als 1 500 Menschen Leistun-
gen in Höhe von etwa 200 Millionen Euro erbracht.
Derzeit leben noch circa 800 Anspruchsberechtigte.
Deren Infektionen sind Folge des Umgangs mit Blutspenden in den 80er Jah- ren. Obwohl damals Infor- mationen über möglicher- weise verseuchte Blutkon- serven vorlagen, versäumten es Blutspendedienste und Unternehmen, Sicherheitsmaßnah- men vorzusehen. Von einem Unter- suchungsausschuss des Bundestags wurden später auch den Aufsichts- behörden, und anderem dem dama- ligen Bundesgesundheitsamt, schwe- re Versäumnisse vorgeworfen. Dass es nun Diskussionen um die finan- zielle Ausstattung der Stiftung gibt, hängt damit zusammen, dass die Betroffenen länger leben, als ur- sprünglich angenommen. Rie In den Acht -
zigerjahren steckten sich viele Menschen durch Blutkon- serven mit dem
HI-Virus an.
Foto: dpa
RANDNOTIZ
Sabine Rieser
Mal raus aus der Großstadt, auf an- dere Gedanken kommen – das ist auch Politikern wichtig. Gerade ver- anstaltete die Arbeitsgruppe Ge- sundheit der CDU/CSU-Bundestags- fraktion eine Klausurtagung im west- fälischen Gronau.
Ob Zeit war fürs „rock’n’popmu- seum“, das 2004 Gronaus berühm- ter Sohn Udo Lindenberg eröffnete, ist nicht bekannt. Im Gegensatz zu
dessen Liedtexten sind die Erkennt- nisse der Parlamentarier aber sehr konventionell ausgefallen.
Es sei wichtig, dem zunehmen- den Ärztemangel vor allem im ländli- chen Raum zu begegnen, befand man. Dazu gehöre, Niederlassungen in unterversorgten Regionen zu för- dern und attraktive Lebens- und Ar- beitsbedingungen am Praxisstandort zu schaffen. Die Bedarfsplanung soll reformiert, der Anteil der Medizinstu- dierenden, die tatsächlich ihren ge- lernten Beruf ausüben, erhöht werden.
Ab in einen Sonderzug nach Pan- kow und neu ans Werk, müsste man rufen. Statt Forderungen aufzustel- len, könnte die schwarz-gelbe Koali- tion endlich Vorschläge unterbreiten.
Ärzte kann man nicht zur Patienten- versorgung zwingen, Traumhonorare für Mediziner in öden Landstrichen sind Illusion. Und statt weiter von ar- men Bürgermeistern attraktive Le- bens- und Arbeitsbedingungen in schrumpfenden Orten zu fordern, wäre es an der Zeit, der Bevölkerung klarzumachen, dass ein Leben auf dem Land und eine medizinische Versorgung wie in der Großstadt nicht möglich sein werden.
Vielleicht müssen andere Fahr- dienste her als heute. Möglicherwei- se hat der ärztliche Nachwuchs selbst gute Ideen. Unter Umständen hilft die Telemedizin. Hinter’m Hori- zont geht’s weiter, sang schon Udo – wenn man nicht davor stehenbleibt.