Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
Eine Untersuchung aus Oslo zur Frage der optimalen Therapie der tiefen Bein-Becken-Venenthrombo- se bestätigt Erfahrungen, nach de- nen die Streptokinase- der Heparin- therapie überlegen ist. In einer pro- spektiven, randomisierten Studie wurden 42 Patienten (27 Männer und 15 Frauen im Alter von 13 bis 72 Jahren) mit tiefer Bein-Becken-Ve- nenthrombose von höchstens fünf- tägiger Dauer entweder mit Strepto- kinase oder mit Heparin behandelt.
Die Streptokinasedosierung erfolgte standardisiert: 250 000 IU i. v. über 20 Minuten als Anfangsdosis, dann 100 000 IU/Stunde per lnfusomat über einen mittleren Zeitraum von vier Tagen (zur anaphylaktischen Prophylaxe zusätzlich 100 mg Hy- drokortison i. v. vor Therapiebeginn, anschließend 10 mg Prednisolon 3mal täglich). Die Heparintherapie wurde mit 15 000 IU i. v. begonnen und mit 30 000-50 000 IU/Tag i. v. — entsprechend der Thrombinzeit — fortgesetzt. Mittels Phlebographie vor Therapiebeginn und 3 bis 6 Wo- chen danach ließen sich Ausdeh- nung und Schwere des Befundes sowie der therapeutische Erfolg ob- jektivieren. Nur wenn die Thrombo- se die proximale Grenze der Waden- venen überschritten hatte, erfolgte Aufnahme in die Studie. Eine signifi- kante Befundverbesserung (totale und mittelgradige Thrombusauflö- sung) wurde zu 71 Prozent in der Streptokinasegruppe und zu 24 Pro- zent in der Heparingruppe beobach- tet. Dagegen traten gleichbleibender
Befund sowie Verschlechterung häufiger in der Heparingqippe auf (siehe Tabelle).
Nur bei Beschränkung der Throm- bose auf Wadenvenen und Poplite- alvene zeigte die Heparintherapie ein ausreichendes Ergebnis. Schwe- re Nebenwirkungen traten ohne Un- terschied in beiden Gruppen auf: so- wohl unter Streptokinase- als auch unter Heparintherapie wurden je drei schwere Blutungen beobachtet, die in je zwei der Fälle eine Transfu- sion erforderten. Kleinere Blutungen
— meist Hämatome als Punktionsfol- ge — sowie leichte Temperaturerhö- hungen fanden sich häufiger in der Streptokinasegruppe. In keinem Fall mußte die Streptokinasetherapie ab- gebrochen werden; in der Heparin- gruppe mußte bei einem Patienten wegen Hämatemesis mit Schock die Therapie abgesetzt werden.
Im Hinblick auf die schweren Kom- plikationen — Lungenembolie und postth rombotisches Syndrom — empfehlen die Autoren, tiefe Bein- venenthrombosen mit proximaler Ausdehnung bis zur Poplitealvene mit Heparin und bei weiterer proxi- maler Propagation mit Streptokina- se zu therapieren. Cme
Literatur
Arnesen, H.; Heilo, A., Jakobsen, E.; Ly, B.;
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wurf ernst zu nehmen. H. Otto hat sich hierzu folgendermaßen treffend geäußert:
„In der Häufigkeit und im Risiko der chronischen unspezifischen Lun- generkrankungen mit den Sympto- men Husten, Auswurf, Kurzatmigkeit
— also Symptomen, die jeder Laie schon diagnostizieren kann — und dem Stellenwert, den diese Erkran- kungen in Klinik und Praxis vielfach noch einnehmen, besteht eine er- schreckende Diskrepanz. Ein Trop- fen Blut im Stuhl hat eine stärkere alarmierende Wirkung als 10 Jahre Husten und Auswurf. Was nützt aber alle Frühdiagnostik des Karzinoms, wenn der Patient auch für den klein- sten chirurgischen Eingriff bei der Narkose schon von seiten der Lunge vital gefährdet ist? Frühdiagnostik und Vorsorgeuntersuchungen wer- ben meist nur mit dem Horror vor dem Krebs. Das mag weit publi- kumswirksamer sein als das Risiko von Husten und Auswurf herauszu- stellen. Wer aber das eine für nötig hält, sollte das andere zu tun nicht übersehen."
Literatur
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Anschrift des Verfassers:
Dr. med. Friedrich W. Rieben Medizinische Universitätsklinik (Ludolf-Krehl-Klinik)
Bergheimer Straße 58 6900 Heidelberg
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Streptokinase Heparin
Anzahl Anzahl c)/0
Totale Lyse 11 52,4 2 9,5
M ittelg rad ige Lyse 4 19,0 3 14,3
keine Änderung 2 9,5 8 38,1
Befundverschlechterung 4 19,0 8 38,1
n 21 100 21 100
Bronchitis
1810 Heft 27 vom 5. Juli 1979 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT