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Archiv "Ende der Talfahrt noch nicht in Sicht: Der wirtschaftliche Hintergrund der Sozialpolitik" (29.10.1982)

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1983

Erwerbstätige — 1,5

2,2-2,3 Arbeitslose im

Jahresdurchschnitt in Millionen

—1 0

1,85 2,3-2,4

„Eckdaten” zur Wirtschaftsentwicklung

(Veränderung gegenüber dem Vorjahr in Prozent)

Bundesregierung Sachverständigenrat 1983

1982 Bruttosozialprodukt

real

+ 1 Bruttosozialprodukt

nominal

+ 3,5 + 3,5 + 4,5

Verbraucherpreise Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit Bruttoeinkommen aus unselbständiger Arbeit je Erwerbstätigen

+ 4 + 2,5 + 3

Bruttoeinkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen

+ 8 + 5-6

+ 5-6

—2 — 1,5 + 5 + 4

+ 2,5 + 2,5

+ 4 + 3,5

Die Information:

Bericht und Meinung

„Lohnpause”

de Sozialversicherung soll für ihr Geld verantwortlich sein." Das ge- gliederte System der Sozialversi- cherung werde nur überleben, wenn es auch einen Wettbewerb an Sparsamkeit gebe. Folglich lehnte der neue Bundesarbeitsmi- nister einen Finanzausgleich zwi- schen einzelnen Kassen („der den Anreiz zur sparsamen Haushalts- führung nimmt") ab. Wer einen Fi- nanzausgleich wolle, zerstöre das gegliederte System. Blüm: „Ein überdimensionaler Finanzaus- gleich degradiert die gegliederte Sozialversicherung zu einem Sy- stem unterschiedlicher Türschil- der, hinter dem nichts mehr ist als nur eine Fassade."

Bundesregierung beharrt:

Bußgelder für Ärzte, die aus Gefälligkeit „krankschreiben"

Auch zu einem weiteren heißen Punkt nahm Blüm Stellung, der Stärkung des vertrauensärztlichen Dienstes. Er glaubt, daß der Ver- trauensarzt „treffsicherer den Miß- brauch bekämpfen kann als Maß- nahmen, die Gute und Schlechte über einen Kamm scheren." Die sozialen Einrichtungen würden freilich auch heute nicht kollektiv mißbraucht. Auch Ärzte, die aus Gefälligkeit „krankschreiben", seien nicht die Regel. „Der Miß- brauch ist überall die Ausnahme.

Wir sind kein Volk von Kriminel- len", sagte Blüm. Er bestätigte aber nochmals: „Wer aber Gefäl- ligkeitsatteste ausstellt, muß Buß- gelder bezahlen."

Ein Bußgeld besonderer Art kommt möglicherweise noch auf die sogenannten Besserverdie- nenden zu: Geht es nach dem Wil- len der Sozialausschüsse, dann wird die obligatorische Investi- tionsanleihe nicht zurückgezahlt.

Diesen Auftrag nahmen jedenfalls Blüm und Müller (Remscheid) von ihrer Vorständetagung mit nach Bonn. Müller sprach dann auch in Oberhausen vor der Presse schon nicht mehr von Investitionsanlei- he, sondern von der Ergänzungs- abgabe. NJ

Ende der Talfahrt noch nicht in Sicht

Der wirtschaftliche Hintergrund der Sozialpolitik

Ein Regierungswechsel allein bringt noch keine gute Konjunk- tur. Wer darauf gesetzt haben soll- te, sieht sich zunächst enttäuscht.

Aber ernsthaft konnte niemand mit dem Bonner „Wendemanö- ver" solche Erwartungen verbin- den. Nur auf mittlere Sicht sind Erfolge von einer Politik zu erwar- ten, die einerseits Wachstumsim- pulse setzen will, die aber anderer- seits schrittweise die strukturellen Defizite in den öffentlichen Haus- halten verringern muß. Das lassen die Konjunkturprognosen erken- nen, die vom Sachverständigenrat und vom interministeriellen Ar- beitskreis „Gesamtwirtschaftliche Vorausschätzung" der Bundesre- gierung vorgelegt worden sind.

Die Spanne der Wachstumserwar-

NACHRICHTEN

tungen für 1983 reicht von plus ein Prozent bis minus ein Prozent. Der Sachverständigenrat hat sich dar- auf festgelegt, daß eine reale Wachstumsrate von einem Pro- zent die „wahrscheinlichste" Pro- gnose sei; die zuständigen Mini- sterien der Bundesregierung sind vorsichtiger und rechnen mit plus/

minus null Prozent. Man will nicht falsche Hoffnungen nähren, die nur zu neuen Glaubwürdigkeits- verlusten führen könnten; man will aber auch nicht in Pessimis- mus machen, der ansteckend wir- ken könnte.

Wachstumsprognosen von null bis plus ein Prozent im nächsten Jahr sind keineswegs als ungünstige Voraussagen zu bewerten. Selbst ein Wachstumsziel von null für 1983 wäre nicht als Stagnation zu interpretieren. Das ist damit zu er- klären, daß es gegenwärtig noch kräftig abwärts geht. Alle Daten, die verfügbar sind, sprechen da- für, daß sich die deutsche Volks-

Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 43 vom 29. Oktober 1982 19

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Die Information:

Bericht und Meinung NACHRICHTEN

wirtschaft in einer rezessiven Pha- se befindet. Seit dem Frühsommer zeigen fast alle Konjunkturindika- toren Minuswerte an. Das gilt vor allem für die Entwicklung der Aus- landsnachfrage, die sich in den letzten eineinhalb Jahren als eine kräftige Stütze der Konjunktur er- wiesen hatte. Der Rückgang der Exportnachfrage vor allem hat zur Verschlechterung des konjunktu- rellen Klimas geführt. Die politi- schen Irritationen haben die Stim- mung weiter gedrückt.

Fest steht nun, daß im dritten Vier- teljahr Produktion und Beschäfti- gung kräftig zurückgegangen sind. Diese Entwicklung wird sich auch im vierten Quartal noch fort- setzen. Das jedenfalls ist die Er- wartung der Bonner Ministerien, während der Sachverständigenrat unterstellt, daß sich Produktion und Nachfrage allmählich wieder stabilisieren werden. Diese unter- schiedliche Einschätzung der Ent- wicklung in den nächsten Wochen und Monaten vor allem führt zu den unterschiedlichen Wachs- tumsprognosen für 1983. Der Sachverständigenrat schätzt die negative Vorbelastung für 1983 geringer als die Bundesregierung ein. Die Bonner Ministerien neh- men an, daß im zweiten Halbjahr 1982 das Bruttosozialprodukt real um bis zu zwei Prozent schrump- fen wird. Für das ganze Jahr 1982 ergäbe sich damit eine Minusrate von einem Prozent und für 1983 eine Minusvorbelastung von gut einem Prozent. Wenn von dieser Grundlage aus im Jahresdurch- schnitt die Nullinie erreicht wer- den soll, so muß spätestens im Frühsommer 1983 die konjunktu- relle Wende sichtbar werden und im Jahresverlauf das Sozialpro- dukt um real zwei Prozent steigen.

Einen ähnlichen Konjunkturver- lauf unterstellt auch der Sachver- ständigenrat, der allerdings das Jahr von einer weniger schlechten Basis aus beginnt. Bei der Annah- me, daß 1983 die Talfahrt enden, sich die Konjunktur stabilisieren und allmählich in einen Auf- schwung übergehen werde, set-

zen Sachverständigenrat und Bonner Ministerien darauf, daß die Zinsen weiter sinken, der Woh- nungsbau und die privaten Investi- tionen, auch unter dem Eindruck der vorgesehenen konjunkturbele- benden Maßnahmen, wieder zu- nehmen, die öffentlichen Investi- tionen jedenfalls nicht weiter sin- ken, sich die Auslandsnachfrage stabilisiert und der Rückgang der Verbrauchernachfrage sich in Grenzen hält, weil dem Sinken der Realeinkommen ein Abbau der ho- hen Sparrate gegenüberstehen könnte. Bundesregierung und Sachverständigenrat nehmen im übrigen an, daß die Tarifparteien sich auf niedrige Lohnabschlüsse verständigen. Dies müßte zu ei- nem weiteren Rückgang der Lohn- stückkosten führen, was die Wett- bewerbsfähigkeit der deutschen Unternehmen kräftigen würde.

Der Sachverständigenrat, der das von der Bundesregierung vorge- legte Maßnahmenpaket zur Kon- solidierung der Staatsfinanzen und zur Belebung der Konjunktur insgesamt positiv bewertet, hat Einwände gegen den vorgesehe- nen Termin der Erhöhung der Mehrwertsteuer (1. Juli 1983) gel- tend gemacht. Diese Steuererhö- hung komme konjunkturpolitisch zum falschen Zeitpunkt; sie sollte bis 1984 zurückgestellt werden.

Nach Meinung des Rates sollte statt dessen das Instrument der zinslosen, obligatorischen Anleihe ausgebaut werden. Er schlägt vor, die geplante Einkommensgrenze von 50 000/100 000 Mark (Ledige/

Verheiratete) zu versteuerndem Einkommen auf 20 000/40 000 Mark abzusenken, womit diese Anleihe jährlich ein Aufkommen von etwa 10 Milliarden Mark errei- chen könnte.

Eine plausible ökonomische Be- gründung für diesen Weg der Fi- nanzierung von Investitionen gibt der Rat ebenso wenig wie die Bun- desregierung. An anderer Stelle seines Sondergutachtens setzt er sich dagegen nachdrücklich für eine Absenkung der direkten Ab- gabenbelastung ein. -wst-

Personalrotation

bei Gesundheitspolitikern

Der CSU-Bundestagsabgeordnete Stephan Höpfinger, Diözesan-Se- kretär aus Augsburg, ist am 14.

Oktober 1982 zum neuen Vorsit- zenden des Bundestagsausschus- ses für Jugend, Familie und Ge- sundheit (JFG) gewählt worden.

Höpfinger, der diesem Ausschuß bislang als stellvertretendes Mit- glied angehörte, tritt an die Stelle von Rudolf Hauck, SPD-MdB, Sozialarbeiter aus Helmstedt.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion wählte den CDU-Abgeordneten Hermann Kroll-Schlüter, Landwirt aus Warstein-Belecke, zum ge- sundheitspolitischen Obmann der Fraktion. Kroll-Schlüter wird or- dentliches Mitglied des JFG-Aus- schusses sein. Dr. med. Karl Bek- ker, Internist aus Frankfurt, CDU- MdB, wird Mitglied im A+S-Aus- schuß.

Der Bundestagsausschuß für Ar- beit und Sozialordnung wird wei- ter vom SPD-MdB Hermann Rap- pe, Gewerkschaftssekretär aus Sarstedt geleitet werden. Dieser wird aber dem Vernehmen nach noch im Laufe der Legislaturperio- de hauptamtlich in die Gewerk- schaftsarbeit zurückkehren und für den Posten des Ersten Vorsit- zenden der IG Chemie, Papier, Ke- ramik kandidieren. Zum neuen Vorsitzenden der Arbeitsgruppe

„Arbeit und Sozialordnung" der CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. jur. utr. Haimo George, Nagold, gewählt worden.

Die Fachabteilung „Gesundheits- wesen" im Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit (BMJFG) wird weiter von Ministe- rialdirektor Prof. Dr. med. Manfred Steinbach geleitet werden; dage- gen sind im BMJFG drei von fünf Abteilungsleitern vom neuen Ge- sundheitsminister Dr. Heiner Geiß- ler in den einstweiligen Ruhestand versetzt worden. Wer Nachfolger wird, ist noch offen. EB

20 Heft 43 vom 29. Oktober 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Ausgabe B

Referenzen

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