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Archiv "Ende der Talfahrt noch nicht in Sicht" (20.02.1975)

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DEUTSCHE S Leserdienst

ÄRZTE BLATT

Hinweise •Anregungen

WIRTSCHAFT:

Ende der Talfahrt noch nicht in Sicht

Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung verbreitet wenig Zuversicht — Höhere Steuern drohen spätestens Anfang 1976

REISE:

National-Parks in den kanadischen Rockies

PRAXIS UND HAUS

AUTO:

BMW 1502 mit Normalkraftstoff Opel-Motoren angepaßt

Die deutsche Wirtschaft hat ein schweres Jahr vor sich. Gab es im Spätherbst des letzten Jahres noch die Hoffnung, den Konjunkturab- schwung rasch bremsen zu kön- nen, so wird nun immer deutlicher, daß die Bundesrepublik ihre schwerste Anpassungskrise der Nachkriegszeit durchmacht. Die Bundesregierung vermeidet es nach wie vor, ein pessimistisches Bild von der künftigen Entwicklung zu zeichnen. Sie hat sich in ihrem Jahreswirtschaftsbericht 1975 je- doch veranlaßt gesehen, ihre Kon- junkturprognose deutlich nach un- ten zu korrigieren. Die überholte Projektion 1975 stammt von Ende September 1974; sie war also gera- de vier Monate alt. Hier die von der Bundesregierung gesteckten neuen wirtschaftspolitischen Ziele:

1. Reales Wirtschaftswachstum von zwei Prozent in 1975. Dies würde voraussetzen, daß das Konjunktur- programm vom Dezember bereits im Frühsommer zu einer deut- lichen Belebung der Konjunktur führt. Dies erscheint aber höchst zweifelhaft. Im Jahreswirtschafts- bericht selbst wird vermerkt, daß die Konjunkturindikatoren noch kei- ne Tendenzwende erkennen ließen.

Allerdings wird festgestellt, daß sich die Nachfrage im Baubereich auf einem niedrigeren Niveau zu konsolidieren beginne.

2. Die Arbeitslosenquote soll im Jahresdurchschnitt auf rund drei

Prozent begrenzt werden. Das ent- spricht einer Arbeitslosenzahl von rund 730 000. Wenn dieses Ziel er- reicht werden soll, so müßte die Arbeitslosigkeit vom Frühjahr an gegenüber heute fühlbar abgebaut und bis zum Sommer praktisch hal- biert werden. Das hier gesetzte Ziel wird also nur unter günstig- sten Bedingungen zu realisieren sein.

3. Die Verbraucherpreise sollen 1975 im Durchschnitt um nicht mehr als sechs Prozent steigen, womit der Trend zur Stabilisierung gefestigt würde. Allerdings ist von den Nahrungsmittelpreisen entge- gen der Entwicklung in den letzten Monaten keine Entlastung mehr zu erwarten. Die Brüsseler Preispolitik wirkt in die andere Richtung.

4. Der Außenbeitrag zum Sozial- produkt wird auf etwa 35 bis 38 Milliarden DM geschätzt; er wird also annähernd so hoch ausfallen wie im letzten Jahr. Vom Abbau der Überschüsse ist nicht mehr die Rede, sie müssen heute wieder einmal als wichtige Konjunkturstüt- ze angesehen werden. Expansive Impulse dürfen vom Außenhandel aber in diesem Jahr nicht erwartet werden.

Damit ergeben sich folgende Per- spektiven: 1975 wird keines der Ziele des

Stabilitätsgesetzes

—angemessenes, stetiges Wirt- schaftswachstum, Vollbeschäfti-

Ende der Talfahrt noch nicht in Sicht

Jahreswirtschaftsbericht der Bundesregierung verbreitet wenig Zuversicht

Höhere Steuern drohen spätestens Anfang 1976

542 Heft 8 vom 20. Februar 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Tabelle: Daten zur Konjunktur

(Veränderung in Prozent gegenüber dem Vorjahr)

Parameter 1974 1975 (neue Projektion)

Sozialprodukt

real + 0,6 + 2

nominal + 7 + 8— 9

Preise:

privater Verbrauch Bruttosozialprodukt Volkseinkommen Unternehm.-Einkommen Arbeitn.-Einkommen Bruttolohn- und Ge- haltssumme je Arb.

+ 7,3 + 6

+ 6,5 + 6— 7

+ 6,8 + 8— 9

+ 0 + 8— 10

+ 9,7 + 7,5— 8,5

Leserdienst Hinweise - Anregungen

gung, Stabilität der Preise und au- ßenwirtschaftliches Gleichgewicht

— zu erreichen sein. Die gesteck- ten Ziele könnten also nicht befrie- digen, meint die Bundesregierung selbst. Sie fügt aber hinzu, daß die Verwirklichung der Ziele derJahres- projektion die Voraussetzung für die Normalisierung der wirtschaftli- chen Entwicklung sein könne. Wie bescheiden die Ziele der Bundes- regierung angesichts des schwe- ren Konjunktureinbruchs geworden sind, zeigt sich daran, daß die Re- gierung Ende September noch an einen realen Zuwachs des Sozial- produkts um drei Prozent geglaubt hatte.

Einige Zahlen aus der Tabelle ver- dienen eine Erläuterung. So ist ein reales Wirtschaftswachstum von zwei Prozent nur zu erreichen, wenn sich die Investitionstätigkeit wieder belebt. Die Regierung rech- net mit einer Zunahme der Anlage- investitionen von vier bis sechs Prozent. Das klingt ganz gut; doch klammert man die zu erwartenden Preissteigerungen aus, so bedeutet dies, daß im günstigsten Fall das Vorjahresergebnis wieder erreicht wird. Die Regierung rechnet also selbst nicht mit einer raschen Wir- kung ihres Konjunkturprogramms.

Alle Hoffnungen werden auf den Frühsommer gesetzt. Von der Ko- stenseite her sind einige Erleichte- rungen zu erwarten: so könnten die Rohstoffpreise sinken; zumal im Zuge einer weiteren Aufwertung der Mark. Der gegenwärtige Verfall des Dollar wird allerdings mit Sor- ge betrachtet, insbesondere wegen der Erschwerung des Exports für bestimmte Schlüsselbranchen (VW- Absatz in den USA). Auch hofft die Regierung auf angemessene Tarif- abschlüsse. Der in der Tabelle an- gegebene Zuwachs der Bruttolohn- und Gehaltssumme je Arbeitneh- mer von neun Prozent läßt Fehlin- terpretationen zu; darauf sind noch die Lohnüberhänge aus 1974 und die tariflichen Vorbelastungen an- zurechnen. Der Spielraum für die vertretbaren Tarifabschlüsse liegt damit bei nur sechs Prozent. Nur unter dieser Voraussetzung kann das Unternehmereinkommen und

damit die Selbstfinanzierungskraft der Unternehmen um acht bis zehn Prozent zunehmen, was wohl allein zu vermehrten Investitionen führen könnte.

Die Haushaltspolitik wirkt ebenfalls expansiv. Die Ausgaben des Bun- des werden nach dem Etat, der in der zweiten Februar-Hälfte vom Bundestag verabschiedet wird, von rund 133 Milliarden DM in 1974 auf 154 Milliarden DM in 1975 steigen.

Diese Ausgaben sind nur durch eine Rekord-Kreditaufnahme in Höhe von etwa 23 Milliarden DM zu finanzieren. Selbst bei einer Bele- bung der Konjunktur wird der Bund dieses Defizit in den kommenden Jahren nicht abbauen können. Das weist schon heute die Finanzpla- nung aus. Eine Steuererhöhung, verbunden mit tiefen Eingriffen in das öffentliche Leistungsrecht ist unausweichlich. Es geht allein um den Zeitpunkt.

Die Koalition möchte natürlich bis zu den Bundestagswahlen 1976 über die Runden kommen. Dies dürfte aber selbst dann nicht möglich sein, wenn es zu einer Konjunkturbelebung kommen soll- te. Wenn nicht alles täuscht, wird der Fiskus zum 1. Januar 1976 die

Konsequenzen aus seiner Fianzmi- sere ziehen und Steuern und Aus- gaben korrigieren müssen. Der Zwang zum Handeln wird mit je- dem Tag größer. wst

Gehört und notiert

Knigge für Anleihesparer — Vor dem Hintergrund eines Auf- schwungs am Markt für festverzins- liche Wertpapiere bringt der ,Bera- tungsdienst für Anleihen von Bund, Bahn und Post" (6 Frankfurt/Main 1, Postfach 23 28) jetzt eine Art

„Knigge" für Besitzer von Bundes- anleihen und solche, die es werden wollen, heraus. „Der Umgang mit Bundesanleihen" — so der Titel der Schrift — ist für ein breites, im Umgang mit Festverzinslichen noch wenig erfahrenes Anlegerpu- blikum gedacht. Die Broschüre ent- hält ein systematisch aufgebautes Informationsprogramm. Damit lernt der Leser Schritt für Schritt unter anderem, welche Renditen er er- warten kann, wie er aus den rund 100 Bundesanleihen die für ihn günstigste herausfindet, warum es Kursunterschiede und Kursschwan- kungen gibt, wie man mit Bundes- anleihen Steuern sparen kann. EB

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 8 vom 20. Februar 1975 543

Referenzen

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