Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 104⏐⏐Heft 20⏐⏐18. Mai 2007 A1417
W I R T S C H A F T
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ie gute Nachricht zuerst: Nach- dem die Guthabenverzinsung bei den Kapitallebensversicherun- gen jahrelang gesenkt wurde, gibt es 2007 zum ersten Mal einen leich- ten Anstieg. Nach Ermittlungen des Branchendienstes MAP-Report schütten die Lebensversicherer in diesem Jahr mit 4,25 Prozent etwas mehr aus als im Jahr 2006, als die Gutschrift auf das Nachkriegstiefst- niveau von 4,22 Prozent gesunken war. Die Rendite für 2007 liegt aber immer noch unter dem Wert des Jah- res 2005 (4,35 Prozent).Die schlechte Nachricht: Die Tal- fahrt scheint zwar beendet, aber die Überschussbeteiligungen bleiben auf einem niedrigen Niveau. Es gab Zei- ten, da wurden den Versicherten Zin- sen von sechs bis sieben Prozent gut- geschrieben. So reichen die durch- schnittlichen Ausschüttungen in den zehn Jahren zwischen 1998 und 2007 bei den besten Gesellschaften bis na- he an 6,5 Prozent heran. Allerdings sind darin Zeiten mit weit höheren Inflationsraten enthalten; real blieb den Versicherten kaum mehr.
Die Senkung des Rechnungszin- ses hätte aber auch zu einem weiteren Rückgang der Gesamtverzinsung für das Jahr 2007 führen können. Doch dieser Kelch ging an den Versicher- ten vorüber. „Die laufende Gesamt- verzinsung bleibt trotz Senkung des Rechnungszinses stabil“, konstatiert die Assekurata Rating Agentur in ih- rer aktuellen Marktstudie – und dies trotz der Verunsicherung vieler Ver- sicherer durch das neue Versiche- rungsvertragsgesetz, das eine stärke- re Beteiligung der Versicherten an den stillen Reserven vorschreibt (auch dies muss finanziert werden).
Über dem Durchschnitt bewegt sich mit 4,5 Prozent der Marktführer Allianz, dem viele bei der Deklarie- rung der jährlichen Überschüsse folgen. Der Marktdurchschnitt liegt zwischen den 4,5 Prozent der Alli-
anz und 4,1 Prozent (Gotha). Die Spanne zwischen der schlechtesten und besten Versicherung hat sich, was die Überschussbeteiligung an- belangt, weiter verengt, die schwächs- ten zahlen 3,58 Prozent, die beste 5,4 Prozent (Tabelle).
Wichtig: Die Überschussbeteili- gung bezieht sich nicht auf den Ge- samtbetrag der jährlich gezahlten Prämien, sondern nur auf den Teil, der nach Abzug der Kosten für Ver- waltung und Vertrieb der Policen so- wie nach Abzug der Kosten für den Todesfall der Versicherten in die Ka- pitalanlage fließt. Nach Schätzungen von Insidern gehen von 100 Euro Prämie nur 75 Euro in die Kapitalan- lage, auf die die Überschussbeteili- gung gewährt wird. Auf diese Kapi- talanlagen müssen die Versicherer dem Kunden eine Mindestrendite, den Rechnungszins, garantieren. Die- ser Garantiezins bedeutet für den Versicherten Sicherheit.
Seit dem 1. Januar 2007 beträgt die Mindestverzinsung nur noch 2,25 Prozent, vorher lag sie bei 2,75 Pro- zent. Die tatsächliche Verzinsung der Kapitalanlagen ist indes wesentlich höher – dank der Überschussbe- teiligungen. Diese resultieren daraus, dass die Sterblichkeit der Versicher- ten günstiger verläuft, als von den Anbietern aus Vorsichtsgründen kal- kuliert wird. Zudem können die Ver- sicherungen meist eine höhere Ren- dite am Markt erzielen als die den Kunden garantierte Mindestverzin- sung. Je geringer die garantierte Ren- dite ist, umso mehr Anlagespielraum haben die Versicherer, durch Beimi- schung von riskanteren Anlagen wie Aktien eine höhere Rendite für ihre Kunden herauszuholen. Weil dies so ist, differenzieren einige Versiche- rungen ihre Überschussbeteiligung je nach der Mindestverzinsung.
Im Lauf der Jahre ist der Rech- nungszins des Öfteren verändert worden – zeitweise lag dieser bei vier Prozent. Bei Neukunden, denen nur eine Verzinsung von 2,25 Prozent ga- rantiert werden muss, schreiben ei- nige Versicherungen höhere Über- schussbeteiligungen gut. Ob das durch die Aufsichtsbehörde abgeseg- net wird, ist offen.
Eine erhebliche Rolle für die Ren- dite einer Lebensversicherung spielt aber nicht nur die laufende Über- schussbeteiligung, die jedes Jahr neu festgesetzt wird, sondern auch der Schlussgewinn, der am Ende der planmäßigen Laufzeit mit der Aus- zahlung der Versicherungssumme ausgeschüttet wird. Die Versicherer gehen dazu über, diesen Schlussge- winn zulasten der laufenden Über- schussbeteiligung zu erhöhen. Das bedeutet für Versicherte, die vor Laufzeitende die Versicherung kün- digen, dass wesentliche Teile der Rendite verloren gehen. Das scheint auch beabsichtigt, um die Storno- quote zu senken: Der Anreiz, den Versicherungsvertrag zu erfüllen, wird erhöht. Und bei der Zuteilung der Schlussgewinnanteile kann die Versicherung eine ungünstige Ent- wicklung an den Kapitalmärkten be- rücksichtigen. Gutgeschriebene lau- fende Zinsgutschriften können nicht zurückgenommen werden. I Armin Löwe
KAPITALLEBENSVERSICHERUNGEN
Die Talfahrt ist beendet
Die Überschussbeteiligung steigt, bleibt aber auf niedrigem Niveau.
TABELLE
Die jährliche Gesamtverzinsung der deutschen Lebensversicherungsverträge
Versicherer Zinsgutschrift in % Durch- 2007 2006 schnitt 1998–
2007 in % Die Besten
Europa 5,40 5,40 6,46
Debeka 5,10 5,10 6,48
Karlsruher Hinterbliebenen 4,85 4,85 6,24 Neue Bayerische Beamten 4,75 4,75 6,15
Asstel 4,60 4,60 6,48
Continentale 4,60 4,60 6,09
Die Schlechtesten
LV von 1871 3,88 3,88 5,22
HDI Gerling 3,63 3,66 5,34
Victoria 3,60 3,55 5,31
VPV 3,58 3,60 5,17
Delta Lloyd 3,58 4,00 5,16
Quelle:Map-Report,Portfolio International