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Archiv "Bestrebungen und Ziele der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin e. V." (24.06.1983)

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Bestrebungen und Ziele

der Deutschen Gesellschaft für Katastrophenmedizin e. V.

Eine Katastrophe ist ein außerge- wöhnliches Schadensereignis, das Leben und Gesundheit einer großen Anzahl von Menschen, er- hebliche Sachwerte und die le- bensnotwendige Versorgung der Bevölkerung in so ungewöhnli- chem Maße schädigt oder gefähr- det, daß mit den örtlich verfügba- ren Mitteln nicht geholfen werden kann und zusätzliche organisierte Hilfe von außen erforderlich ist.

Katastrophen können sowohl durch die Natur selbst als auch direkt oder indirekt durch den Menschen ausgelöst werden. Sie machen die Erklärung des Kata- strophenfalles durch die zuständi- gen Behörden zur Einleitung der Hilfsmaßnahmen erforderlich. Ne- ben Ordnungsdiensten, Feuer- wehr und Technischem Hilfswerk haben auch Rettungsdienste und Ärzte ihren Anteil an der Versor- gung von Katastrophenopfern zu tragen. Dazu müssen sie - genau wie die anderen Fachbereiche - auf diese nicht alltägliche Aufgabe vorbereitet, muß das notwendige Hilfsmaterial bereitgestellt und müssen die organisatorischen Voraussetzungen für den geziel- ten Einsatz aller Kräfte geschaffen sein. Da die medizinische Hilfelei- stung weder umfassend und end- gültig am Schadensort vorgenom- men werden kann, noch die Pa- tienten ihre Primärbehandlung erst im Krankenhaus erhalten dür- fen, ist der medizinische Aufga- benbereich auf den unverzügli- chen Aufbau eines tief und breit gestaffelten Systems von Statio- nen der Ersten Hilfe und der er- sten ärztlichen Hilfe sowie von Transporteinrichtungen und Kran- kenhäusern mit den dazu notwen- digen Versorgungs- und Hilfsquel- len angewiesen. Dies alles im ln-

teresse der bestmöglichen Be- handlung aller Patienten in Gang zu setzen und zu betreiben erfor- dert nicht nur medizinischen Fachverstand, sondern auch ärzt- lich-organisatorisches Können.

Katastrophenmedizin hat zwar ih- re Basis in der Notfallmedizin, un- terscheidet sich aber von der in unserem Alltag erfolgreich prakti- zierten Notfallmedizin durch den weitaus größeren Personal-, Mate- rial- und Zeitaufwand sowie durch den Zwang zu zentraler Leitung der in einem großen Verbund durchzuführenden Maßnahmen.

Die Grenzen ihrer Anwendbarkeit findet die Katastrophenmedizin dort, wo die Gewalt und die Aus- dehnung der Zerstörungen eine planmäßig organisierte Hilfe un- möglich machen. Dies wäre z. B.

in einem Atomkrieg der Fall. Leider werden Wesen und Aufga- ben der Katastrophenmedizin häu- fig fehlinterpretiert Dies führt zur Ablehnung bis hin zum Verwei- gern einer Fortbildung in Katastro- phenmedizin mit möglichen Kon- sequenzen, die jeden Bürger un- seres Landes treffen könnten:

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Ärzte, vor allem der jüngeren Generation, haben ein nur unge- nügendes Wissen über die Mög- lichkeiten einfacher diagnosti- scher und therapeutischer Metho- den, da sie ihre Kenntnisse und Erfahrungen im Zeitalter höchster Technisierung erwerben. Sie sind ohne gezielte Aus- und Fortbil- dung nicht mehr in der Lage, ohne moderne Medizintechnik ärztliche Leistung zu erbringen.

f) Der hohe Grad der ärztlichen Spezialisierung, auch innerhalb

ZW' Fortbildung Aktuelle Medizin NOTIZ

der Fachgebiete, hat dazu geführt, daß die Kenntnisse und Fähigkei- ten zur sicheren Ausübung der ärztlichen Tätigkeit in der ganzen Breite eines Gebietes verloren ge- hen oder fehlen und fachübergrei- fendes ärztliches Wirken vielfach unmöglich geworden ist.

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Da es Ärzten allgemein an ausreichender katastrophenmedi- zinischer Erfahrung mangelt, wird es im Falle der Fortbildungsver- weigerung auch kaum fach- und sachkundige Mitwirkung von Ärz- ten bei der Planung und Vorberei- tung des Katastrophenschutzes, bei der Lösung personeller, mate- rieller und organisatorischer Fra- gen sowie bei der Leitung von Ka- tastrophen-Einsätzen geben.

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Katastrophenmedizinischen Kenntnis- und Erfahrungsgewinn pauschal abzulehnen, heißt letzt-

lich, eine durchaus mögliche und

erfolgversprechende ärztliche Hil- fe für Menschen, die durch eine Katastrophe zu Schaden gekom- men sind, zu verhindern.

Die am 29. Juli 1980 gegründete Deutsche Gesellschaft für Kata- strophenmedizin hat es sich daher zur Aufgabe gemacht,

... wissenschaftliche und prakti- sche Belange der Katastrophen- medizin zu fördern,

... notwendige interdisziplinäre und gebietsübergreifende Bezie- hungen der Katastrophenmedizin herzustellen und zu vertiefen, ..,.. sowie Kontakte zu in- und aus- ländischen medizinischen Gesell- schaften, Organisationen, Verbän- den und staatlichen Einrichtun- gen, die sich mit dem Katastro- phenschutz befassen, herzustel- len und zu pflegen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ka- tastrophenmedizin hält es für not- wendig,

... Ärzte und Studenten der Medi- zin sowie Angehörige der medizi- nischen Assistenzberufe und der Ausgabe A DEUTSCHES ARZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 25 vom 24. Juni 1983 45

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin Katastrophenmedizin

Hilfsorganisationen in den Verfah- ren der Ersten Hilfe und der ersten ärztlichen Hilfe zu schulen,

~ die Fähigkeiten zur Anwen- dung einfacher diagnostischer Maßnahmen zu vermitteln und zu erhalten,

~ die Entscheidungsfähigkeit der Ärzte für lebensrettende und stabi- lisierende Behandlungsmaßnah- men unter außerklinischen Um- weltverhältnissen sowie zum Ab- transport Hilfebedürftiger in ein Krankenhaus zu fördern,

~ und das Verständnis für eine der Gesamtheit medizinischer Maßnahmen dienende Planung und Organisation zu verbreiten. Die Deutsche Gesellschaft für Ka- tastrophenmedizin ist bereit, die dazu erforderliche fachliche Un- terstützung zu leisten. Sie wird sich ferner mit den Fragen der Be- schaffung, Vorratshaltung und Dislozierung geeigneter Medika- mente, Verbandmittel und medizi- nischer Groß- und Kleingeräte für den Einsatz im vorstationären Raum bei Katastrophen unter- schiedlicher Art und Wirkung aus- einandersetzen.

Schließlich wird sie sich des Zu- sammenwirkens aller am medizini- schen Katastrophenschutz Betei- ligten bis hinein in die Kranken- häuser und ebenso der fachlich kompetenten Leistungsverantwor- tung in den Katastrophenschutz- stäben und Einsatzleitungen för- dernd annehmen und darauf ach- ten, daß alle medizinischen Pro- bleme von der Planung des Kata- strophenschutzes bis zum Ende der Wiederherstellungsphase nach einer Katastrophe sach- und fachgerecht behandelt werden. München, den 21. 2. 83

Professor Dr. med. G. Heberer Professor Dr. med. K. Peter Professor Dr. med. E. Rebentisch Deutsche Gesellschaft für Kata- strophenmedizin e. V.

NOTIZ

Implantation von Schweinehirn in die Bauchhaut von

Multiple-Sklerose-Kranken

Nach Auffassung der Internationa- len Vereinigung der Multiple-Skle- rose-Gesellschaften (IFMSS) sollte die chirurgische Implantation von Schweinehirn in die Bauchwand als ineffektiv und gefährlich ange- sehen werden. ln ihrem Verbands- organ "Therapeutic Claims in Mul- tiple Sclerosis" wies die Vereini- gung darauf hin, daß unter den verschiedenartigen physikali- schen und chirurgischen Manipu- lationen die Implantation von Fremdgewebe (ähnlich der Zell- therapie) ein immer wiederkehren- des Diskussionsthema in der Me- dizin sei.

Die neueste Variante auf diesem Gebiet stelle die Implantation von Schweinehirn bei Multiple-Sklero- se-Patienten dar. Zeitungsmeldun- gen zufolge habe sich eine Besse- rung der Symptomatik bei 13 von 15 Patienten innerhalb von 24 Stunden ergeben.

Eine kritische Stellungnahme der Deutschen Multiple-Sklerose-Ge- sellschaft wies auf die fehlende wissenschaftliche Grundlage die- ses Verfahrens und seine vielfälti- gen Gefahren hin. Die behaupte- ten Ergebnisse wurden als Plaze- boeffekt eingestuft.

. Das Behandlungsverfahren ist teu- er (etwa 500 DM) und beinhaltet die üblichen Risiken einer chir- urgischen Behandlung, die im- plantationsbedingt auf der Entste- hung von verschiedenen Infektio- nen und Abszessen beruhen, da das Schweinehirn, wie jedes Fremdgewebe, Abstoßungsreak- tionen verursacht.

Solches Gehirngewebe birgt au- ßerdem das Risiko der Induktion einer Autoimmunerkrankung des

ZNS, die dem EAE-Tiermodell äh-

nelt, ebenso in sich, wie die Ge-

fahr der Übertragung von Schwei- neviren auf die so behandelten Pa- tienten.

Schon 1957 und erneut 1977 hat der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer zur soge- nannten "Zelltherapie" Stellung genommen und vor der Einfüh- rung dieser Methoden dringlich gewarnt.

Nach Auffassung des Wissen- schaftlichen Beirates wurde bis- her ein nach anerkannten wissen- schaftlichen Regeln geführter Be- weis für die Wirksamkeit der Zell- therapie nicht erbracht.

Zudem entspricht die Zelltherapie einer heterologen Transplantation und löst auch dann immunologi- sche Abstoßungsreaktionen aus, wenn das implantierte Zellmaterial von Embryonen oder Jungtieren entnommen wurde. Bei Verwen- dung von Frischzellen ist über die immunologische Gefährdung hin- aus die Gefahr einer Krankheits- übertragung nicht sicher aus- schließbar.

ln Anbetracht des nicht erbrach- ten Nachweises der Wirksamkeit der Zelltherapie bei den vielen empfohlenen Indikationen hielt der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekammer es nicht für gerechtfertigt, die Zelltherapie als wissenschaftlich begründetes Heilverfahren anzuerkennen.

Vor der Verwendung von Frisch- zellen wird wegen der zusätzli- chen Infektionsgefährdung des Patienten ganz besonders ge- warnt.

Dr. med. Michael Popovic Bundesärztekammer Haedenkampstraße 5 5000 Köln 41

46 Heft 25 vom 24. Juni 1983 80. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausgabe A

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